Höhenzug Sommer 2023

Die Züge «in der Freiheit»…
Aussenbereich mit dem Bahnhof Reckingen.
Grosse Begeisterung
Bevor Vinzenz Dahinden sein Jahrzehnteprojekt
präsentiert, erzählt er bei einem Kaffee,
Als das Landschaftsrelief fertig gebaut war,
wandte sich Dahinden den Fahrzeugen zu
während der Besichtigung eine Eidechse
über die Eisenbahnbrücke. Das Reptil sieht
wie es zum Vorhaben kam. Seine Erzäh-
und begann, eigene Modelle aus Messing
im Vergleich zur Modelleisenbahn riesig aus.
lungen sind bunt und gehen weit über die
anzufertigen. An seinem Lieblingsobjekt, der
Tiere hätten die Bahn aber noch nie zum
für die kleine Spur
Modelleisenbahn hinaus. Ein leidenschaftlicher
Exkurs führt zum nächsten. Es geht
Tunnellok GE443, arbeitete er ein ganzes
Jahr; und das Endresultat lässt sich sehen.
Entgleisen gebracht, versichert Dahinden.
Im Garten steht auch das Lieblingsgebäude
um Spurbreiten, die historischen Ursachen
Das künstlich gealterte Dach ist nur einer
des Erbauers: der Bahnhof Reckingen. Trotz
für die Stromfrequenz auf dem Schweizer
der vielen Kniffe, die am Modell zu finden
oder gerade wegen seiner Liebe zum Detail
Seit ihrer Entstehung begeistert die Eisenbahn Menschen. Bei einigen
Schienennetz und Bautechniken. «Das sind
Nebensächlichkeiten», fügt Dahinden teils
sind. Die grösste Herausforderung sei dabei
gewesen, den Radius der Dachkrümmung
blieb Dahinden bei der Wahl des Bahnhofs
realistisch und wählte eine der schlichteren
geht die Faszination so weit, dass die Schienenfahrzeuge zu ihrer Passion
werden. Das ist auch bei Vinzenz Dahinden der Fall. Der pensionierte
Entwickler baute in jahrelanger Arbeit die Matterhorn Gotthard Bahn nach.
an, aber es ist klar, dass diese den Reiz für
sein Projekt ausmachen. So wandte er sich
auch an die MGBahn, um beispielsweise zu
erfahren, wofür ein spezifischer Schlauch an
der Front des Glacier-Expresses verwendet
richtig hinzubekommen, sagt Dahinden – ein
Detail, das den allermeisten von uns nie auffallen
würde, aber viel über die Leidenschaft
des Bastlers aussagt.
Haltestellen auf dem MGBahn-Netz.
Weitgereist und angekommen
Während des Besuchs wird klar, dass Vinzenz
Dahinden weit gereist ist. Er erzählt, wie er
Dabei besticht seine Modelleisenbahnlandschaft von den Bahnhöfen bis
zu den Zugmodellen durch bemerkenswerte Detailtreue.
wird. Auf die Frage, ob es wichtig sei, welche
Funktion ein Teil des Lokmodells in Realität
habe, meint Dahinden knapp: «Es wäre
ja lächerlich, wenn man es nicht weiss.» Bei
Hohe Ambitionen
Vinzenz Dahinden wohnt in der Nähe des
Zürichsees, weit entfernt von alpinen Verhältnissen.
Nichtsdestotrotz war eine Böschung in
als 26-jähriger Entwickler für die Arbeit nach
Brasilien ging und dort zunehmend von seinen
technischen Aufgaben wegbefördert
wurde. Man merkt ihm an, wie sehr er sein
Autor: Simon Helbling
aller Liebe zum Detail beim Gestalten seiner
Modelle ist Dahinden weit mehr Techniker
seinem Garten entscheidend dafür, dass sich
Dahinden für die MGBahn als Streckenbetrei-
Handwerk geliebt hat. «Irgendwann war ich
nur noch am Managen, zum Tüfteln blieb
als Ästhet.
berin entschieden hat. Während sich die meis-
keine Zeit», erzählt Dahinden. Nach seiner
ten Modelleisenbahnen auf den Innenraum
Zeit in Brasilien wurde aus dem Techniker ein
Bahnhofplatz Brig
mit «integriertem»
Sebastiansplatz (rechts).
Der perfektionistische Bastler
Nachdem die technischen Fragen geklärt
sind, führt Vinzenz Dahinden in den ehemaligen
Veloraum, das Herzstück seiner Modelleisenbahn.
Neben einem komplizierten
Schienennetz auf mehreren Ebenen stechen
besonders die beiden Orte Brig und Disentis
beschränken, führt seine Strecke nämlich
durch einen «Tunnel» in den Garten und von
dort über eine Steigung zur Terrasse hinauf.
«Gleich zu Beginn habe ich mit dem Hammer
ein Loch in den Eisenbeton geschlagen und
einen Durchbruch in den Garten geschaffen»,
erklärt Dahinden im Keller. «Für die Überwin-
Unternehmer, der weit und viel reisen musste.
Bereuen tut Dahinden nichts – «Ich würde
es wieder machen, es war eine gute Zeit» –,
aber es ist wenig erstaunlich, dass er im Ruhestand
wieder zum Bastler wurde.
Angesprochen auf seine Reiselust sagt der
hervor. Wer mit den Bahnhöfen vertraut ist,
dung der Höhendifferenz von 1.5 Metern
Pensionär: «Ich habe 2.6 Millionen Flugkilo-
Machen Sie eine
erkennt neben den Perrons sofort die um-
kam nur eine Zahnstrecke infrage und da die
meter auf dem Buckel, wenn ich Flugzeuge
virtuelle Reise auf
gebenden Gebäude wieder, die Dahinden
Furka-Oberalp-Bahn (seit 2003 zur MGBahn
nur schon rieche, wird mir übel.» Seine Frau
Vinzenz Dahindens
detailgetreu nachgebaut hat. Dabei sparte
fusioniert) mehrere solcher Streckenabschnit-
Erika Dahinden zeigt sich hier unterneh-
Bahnstrecke:
er keine Mühen für das perfekte Imitat. «Die
te hat, war die Wahl naheliegend.»
mensfreudiger. «Ich möchte manchmal noch
Widmung über dem Eingang hat mir der Abt
weg, aber mein Mann ist hier der Brems-
zukommen lassen», erklärt Dahinden und
Ein Zug fährt los und Dahinden läuft im
klotz.» Kaum verwunderlich, wer will schon
zeigt auf eine winzige Plakette über dem
Gleichschritt mit der Bahn der Strecke ent-
reisen, wenn er ein perfektes Verkehrsnetz in
Eingang des Klosters Disentis.
lang hinauf in den Garten. Dort kraxelt
den eigenen vier Wänden hat?
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