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Buch 125 Geschichten / 125 Faszination Gornergrat

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<strong>Gornergrat</strong> Bahn –<br />

<strong>Faszination</strong> seit <strong>125</strong> Jahren<br />

Erzählt in <strong>125</strong> <strong>Geschichten</strong>


Geschichte 1<br />

Touristische Erschliessung des <strong>Gornergrat</strong>s<br />

Am 20. August 1898 erreichte der 1. Zug der <strong>Gornergrat</strong> Bahn die damalige Bergstation (3018 m ü.M.). Mit<br />

der Bahn-Erschliessung festigte Zermatt seine Position als weltberühmte Feriendestination. Dazu trug die<br />

Kunde von den alpinistischen Eroberungen – insbesondere der Erstbesteigung des Matterhorns 1865 –<br />

und die verkehrstechnische Erschliessung von Zermatt im Jahre 1891 mit der Visp – Zermatt-Bahn bei.<br />

Die «Entdeckung» des <strong>Gornergrat</strong>s<br />

Mit der Annahme der Bundesverfassung<br />

wurde 1848 der Schweizer Bundesstaat<br />

gegründet. Geschichtsschreiber:innen datieren<br />

die «Entdeckung» des <strong>Gornergrat</strong>s<br />

ebenfalls im Jahr 1848 mit der angeblichen<br />

Erstbegehung durch den Engländer<br />

James David Forbes. Wir können aber<br />

davon ausgehen, dass Menschen schon<br />

früher auf dem <strong>Gornergrat</strong> unterwegs<br />

waren. Denn der <strong>Gornergrat</strong> ist technisch<br />

einfach zu besteigen. Zudem waren 1848<br />

schon diverse Gipfel um Zermatt bestiegen<br />

worden, wie das Kleine Matterhorn<br />

im Jahr 1792 sowie diverse Viertausender,<br />

wie zum Beispiel das Breithorn, die Vinzentpyramide,<br />

die Zumsteinspitze und die<br />

Ludwigshöhe, zwischen 1813 und 1822.<br />

Schon 1579 regelte die «Purenzunft»<br />

(Bauernzunft), wie die Alpen auf Riffelberg<br />

genutzt und wann die Schafe auf<br />

den «Gorneren» gelassen werden konnten.<br />

Es ist deshalb naheliegend, dass<br />

Einheimische aus landwirtschaftlichen<br />

Gründen schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

auf den <strong>Gornergrat</strong> gingen.<br />

Touristische Attraktivität<br />

des <strong>Gornergrat</strong>s<br />

1838 wurde in Zermatt das erste Hotel mit<br />

drei Betten eröffnet. Schon bald suchten<br />

immer mehr Gäste aus aller Welt die Nähe<br />

zu den majestätischen Schneebergen.<br />

Ein Gipfel hat die frühen Besucher:innen<br />

speziell fasziniert: das 4478 m ü.M. hohe<br />

Matterhorn. Dementsprechend gross war<br />

auch das Interesse an der Besteigung des<br />

<strong>Gornergrat</strong>s. 1856 fand das <strong>Gornergrat</strong>-<br />

Panorama erstmals Aufnahme in das bekannte<br />

Reisehandbuch «Die Schweiz»<br />

von Karl Baedeker. Seit 1862 ist der <strong>Gornergrat</strong><br />

auf der Schweizer Dufourkarte<br />

verzeichnet. Ab 1870 entwickelte sich ein<br />

reger Tourismus auf den <strong>Gornergrat</strong>.<br />

Erste elektrische Zahnradbahn<br />

der Schweiz<br />

Was lag da näher, als eine Bahn auf dem<br />

bekannten und beliebten Aussichtsberg<br />

zu bauen? Mit ihrer Fertigstellung 1898<br />

war die <strong>Gornergrat</strong> Bahn die erste elektrische<br />

Zahnradbahn der Schweiz und<br />

erst die Dritte weltweit, nach dem 1892<br />

erbauten «Chemin de fer du Salève» in<br />

Frankreich und der 1894 erbauten «Barmer<br />

Bergbahn» in Deutschland. Diese beiden<br />

Bahnen wurden allerdings 1937 und<br />

1959 abgebaut. Somit ist die <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn heute die älteste noch existierende<br />

elektrische Zahnradbahn der Welt.<br />

Mit der Eröffnung der <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

war es in Europa auch erstmals möglich,<br />

mit einer Bahn auf über 3000 m ü.M. zu<br />

fahren. Die <strong>Gornergrat</strong> Bahn löste damit<br />

die «Brienzer Rothornbahn» ab, die bis<br />

dahin den höchsten, mit einer Bahn erreichbaren<br />

Gipfel auf 2252 m ü.M. in der<br />

Schweiz aufwies. Die Bergstation der<br />

<strong>Gornergrat</strong> Bahn überragte sie um 766<br />

Meter. Weltweit war einzig die nordamerikanische<br />

«Manitou and Pike’s Peak<br />

Railway» in Colorado höher gelegen. Die<br />

1891 mit Dampfbetrieb eröffnete Bahn<br />

startete auf 2015 m ü.M. und fuhr bis zur<br />

Bergstation auf 4260 m ü.M.<br />

«Nirgends gibt es eine solche Ausstellung<br />

von Grösse und Schönheit,<br />

wie sie vom <strong>Gornergrat</strong>gipfel<br />

geschaut werden kann.»<br />

Mark Twain, anno 1878<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 1


Geschichte 2<br />

Rekordbau in nur zwei Jahren<br />

Die Bauzeit der spektakulären Ausflugsbahn von Zermatt auf den <strong>Gornergrat</strong> dauerte nur 2 Jahre. Doch<br />

die Topografie und die Höhenlage stellten die Bauherren vor ungeahnte Herausforderungen.<br />

Geschichte 3<br />

Eine elektrische Bahn dank Drehstrom<br />

In der Schweiz war Wasser zur Produktion von Strom immer in genügender Menge verfügbar, sodass<br />

der Betrieb von elektrischen Bahnen möglich war. Was lag da näher, als die vorhandenen Ressourcen<br />

zu nutzen?<br />

Von der Idee zur Umsetzung<br />

Schon vor der Eröffnung der Visp – Zermatt-Bahn<br />

reichte der Bieler <strong>Buch</strong>drucker<br />

und Bergfreund Leo Heer-Bétrix<br />

am 22. August 1890 im Bundeshaus ein<br />

Konzessionsgesuch ein. Ziel des Gesuches<br />

war, die Visp – Zermatt-Bahn mit zwei<br />

Zermatter Hochgebirgsbahnen zu verlängern.<br />

Eine Bahn sollte auf den <strong>Gornergrat</strong><br />

fahren und die andere auf das Matterhorn.<br />

Im neuen Gesuch durch die Firma<br />

«Haag & Greulich» vom 10. Juni 1895<br />

wurde nur noch das <strong>Gornergrat</strong>-Projekt<br />

weiterverfolgt.<br />

Die Opposition der Gemeinde Zermatt,<br />

des Grossen Rates und des Kantons Wallis<br />

gegen den Bau der <strong>Gornergrat</strong> Bahn war<br />

gross. Hauptgrund für die Opposition war<br />

die drohende Konkurrenz für die Bergführer<br />

und Träger. Der Bundesrat widersprach<br />

in seinem Schreiben vom 29.10.1895 den<br />

Ängsten mit dem Hinweis, dass sich dieselben<br />

Befürchtungen im Berner Oberland<br />

als grundlos erwiesen hatten.<br />

Kurze Bauzeit in ungewohnter Höhe<br />

Im Mai 1896 wurden die Arbeiten aufgenommen.<br />

Wegen der Höhenlage war<br />

die Bauzeit zwischen der Schneeschmelze<br />

und dem Wintereinbruch äusserst kurz.<br />

In den Jahren 1896 bis 1898 kamen über<br />

1000 Arbeiter gleichzeitig zum Einsatz –<br />

die meisten von ihnen waren Italiener.<br />

Wegen der starken Schneefälle im Frühling<br />

1898 wurde die geplante Eröffnung<br />

auf den 20. August 1898 verschoben.<br />

Die Bergstation lag damals 71 m tiefer<br />

als heute und wurde erst zwischen 1907<br />

und 1909 an den aktuellen Standort auf<br />

3089 m ü.M. verlegt.<br />

«Zu Pferd dauert der zu Fuss nicht<br />

unbeschwerliche Aufstieg 4 Stunden;<br />

der Rückweg zu Fuss oder im<br />

Tragstuhl nimmt für die Meisten<br />

ebenso viel Zeit in Anspruch, so dass<br />

die Tour auf einen vollen Tag anzuschlagen<br />

ist. Mit der Bahn wird sie<br />

auf die Hälfte reduziert (…)»<br />

30. Januar 1892, Auszug aus der<br />

Botschaft des Bundespräsident Walter<br />

Hauser, im Namen des Bundesrates,<br />

an die Bundesversammlung<br />

In den Büchern der ersten Direktoren<br />

und Projektleiter ist vermerkt, dass die<br />

Leistungen der Arbeiter auf Rotenboden<br />

(2700 m ü.M.) nur noch die Hälfte derer<br />

im Tal betrug – und auf dem <strong>Gornergrat</strong><br />

scheinbar gänzlich aufhörte. Die Bauleitung<br />

liess den Arbeitern damals eine<br />

ausserordentliche Pflege zuteilwerden<br />

und ärztliche Untersuchungen wurden<br />

regelmässig durchgeführt.<br />

Besondere Herausforderungen<br />

Der schwierigste Teil des Trassebaus lag<br />

zwischen Zermatt und Riffelalp. Kurz nach<br />

Zermatt mussten die Arbeiter eine Brücke<br />

über den Dorfbach bauen. Weit schwieriger<br />

war die Realisierung der 90 Meter langen<br />

Brücke über die Findelbachschlucht.<br />

Aus Zeitnot verzichteten die Ingenieure<br />

auf die geplanten steinernen Rundbögen.<br />

Stattdessen spannten die Arbeiter<br />

ein eisernes Fachwerk auf die Pfeiler.<br />

Im ersten Streckenteil mussten des Weiteren<br />

vier Tunnels gebaut werden. Damit<br />

der Dampfbauzug das Material zu den<br />

Baustellen transportieren konnte, wurden<br />

die Gleise sukzessive verlegt. Damit<br />

die Steigungen von 200 Promille bewältigt<br />

werden konnten, mussten die Gleise<br />

durch Zahnstangen ergänzt werden. Die<br />

Bauingenieure entschieden sich für das<br />

Zahnstangensystem von Ingenieur Roman<br />

Abt.<br />

Die Strecke von Zermatt (1604 m ü.M.) bis<br />

auf den <strong>Gornergrat</strong> (3089 m ü.M.) misst<br />

heute 9,3 Kilometer und überwindet<br />

1485 Höhenmeter.<br />

Die Elektrizität bildete damit die Grundlage,<br />

um die dampfbetriebenen Züge zu<br />

ersetzen. Das hatte den Vorteil, dass die<br />

von weit her angeschaffte Kohle für den<br />

Betrieb der Dampfzüge wegfiel. Ende<br />

des 19. Jahrhunderts verkehrten in der<br />

Schweiz auf den rund 3000 Kilometern<br />

Bahnlinie ausschliesslich dampfbetriebene<br />

Züge, die nach und nach durch elektrische<br />

Züge ersetzt wurden.<br />

Strom statt Dampf<br />

1895 testeten Mitarbeitende der Firma<br />

Brown Boveri zwischen Lugano und Paradiso<br />

einen mit Drehstrom angetriebenen<br />

Tramwagen. Die Technologie wurde auch<br />

beim <strong>Gornergrat</strong>-Projekt verwendet, wo<br />

die Firma Haag & Greulich eine leistungsfähige<br />

reine Zahnradbahn mit dem System<br />

Abt sowie mit elektrischem Betrieb<br />

baute. Die Bauingenieure entschieden<br />

sich für den Drehstrom mit 725-Volt Drehstromversorgung.<br />

Voraussetzung dafür war unter andern<br />

eine ausreichende Stromproduktion. Diese<br />

sicherte sich August Haag am 11. Oktober<br />

1895 für 100 0000 Franken, als er das<br />

beschränkte Nutzungsrecht des Findelbaches<br />

von der Gemeinde Zermatt erwarb.<br />

Das Turbinenhaus Zentrale Findelbach<br />

wurde am Fusse der Findelbachbrücke gebaut<br />

und versorgte die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

mit der nötigen Energie.<br />

Am 24. November 1897 wurde der erste<br />

Motorwagen der <strong>Gornergrat</strong> Bahn mit<br />

der Visp – Zermatt-Bahn angeliefert. Im<br />

Anschluss wurden auf den bereits bestehenden<br />

zwei Kilometern Geleise erste,<br />

erfolgreiche Tests durchgeführt.<br />

Energieeffizienz dank Rekuperation<br />

Charakteristisch für den Drehstrombetrieb<br />

sind zwei Fahrleitungsdrähte und<br />

zwei zweipoligen Bügel, welche die Bahn<br />

mit den Fahrleitungsdrähten verbinden.<br />

Die Konstruktion erlaubt durch Rekuperation,<br />

dass die Bahn eigenen Strom produzieren<br />

kann. Dafür dient der Motor bei<br />

der Talfahrt als Generator und speist die<br />

gewonnene Energie direkt ins Netz zurück.<br />

Auf der Bergfahrt kann die Bahn die<br />

erzeugte Energie dann wieder einsetzen.<br />

Die <strong>Gornergrat</strong> Bahn nutzt diese umweltfreundliche<br />

Technik bereits seit der ersten<br />

Fahrt am 20. August 1898. 3 talwärts fahrende<br />

Züge der <strong>Gornergrat</strong> Bahn produzieren<br />

auch heute noch genügend Strom<br />

für eine bis zwei bergwärts fahrende<br />

Kompositionen. Die Zentrale Findelbach<br />

liefert seit vielen Jahrzehnten den restlichen<br />

Strom für die <strong>Gornergrat</strong> Bahn aus<br />

Wasserkraft. Aktuell wird die elektrische<br />

Energie zu 100 Prozent beim Elektrizitätswerk<br />

Zermatt bezogen.<br />

Die ehemalige Zentrale Findelbach wird<br />

heute als Eventlokal «Turbina» betrieben.<br />

Dort können Gäste die historischen Turbinen<br />

noch heute bestaunen.<br />

2 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 3


Geschichte 4<br />

Schwingfest auf Riffelberg 2014<br />

«Schwingen im Oberwallis leider vernachlässigt» lautete der Titel eines Artikels der Sonderbeilage des<br />

Walliser Boten vom 14. Mai 1969. Dies änderte sich 2014. Am Wochenende vom 12. bis 14. September<br />

2014 organisierten Mitarbeitende der <strong>Gornergrat</strong> Bahn und zahlreiche externe Helfer:innen das erste<br />

Schwingfest auf Riffelberg auf 2582 m ü.M.<br />

Geschichte 5<br />

Tunnels als bauliche Herausforderung<br />

Bei ihrer Eröffnung durchquerte die <strong>Gornergrat</strong> Bahn auf der Strecke zwischen Zermatt und Riffelalp<br />

5 Tunnels: Gsässtunnel (40 m Länge), Bränfluhtunnel (58 m), Kühlerbrunnentunnel (19 m), Landtunnel<br />

(179 m – früher auch als Unteralptunnel bezeichnet) und den Signaltunnel (51 m) nach der<br />

Station Riffelalp.<br />

Schwingende und Zuschauende waren<br />

von der einmaligen Schwingarena im<br />

herbstlichen Bergpanorama begeistert.<br />

Und auch der Eidgenössische Schwingerverband<br />

unterstütze den Event in Zermatt.<br />

Die 4 Schweizer Top-Schwinger Matthias<br />

Sempach, Jörg Abderhalden, Matthias<br />

Glarner und Niklaus Zenger nahmen teil.<br />

Förderung des Schwingsports<br />

im Wallis<br />

Die Schwingerkönige Abderhalden und<br />

Sempach führten am 12. September auf<br />

Riffelberg 60 Mädchen und Jungen in<br />

den Schwingsport ein. Vor vollen Rängen<br />

fand auch ein Podiumsgespräch unter<br />

der Leitung der Sportmoderatorin Steffi<br />

<strong>Buch</strong>li statt. Alle waren sich einig: Das<br />

Schwingen passt perfekt zum Wallis. Darum<br />

sollte der Schwingsport in der Region<br />

wiederbelebt werden. Zwar existierten im<br />

Oberwallis drei Schwingklubs (Leukerbad,<br />

Mörel und St. Niklaus), diese hatten aber<br />

2014 keine Aktiv-Schwinger.<br />

Erster Sieger<br />

Am 13. September kämpften rund 50<br />

Schwinger im Sägemehl auf dem Riffelberg<br />

um den Sieg. Der Eidgenosse Matthias<br />

Glarner entschied das 1. <strong>Gornergrat</strong><br />

Schwingfest mit 6 Siegen und 60 Punkten<br />

souverän für sich.<br />

Koreanische Schwinger<br />

Das Programm und die milden Temperaturen<br />

zogen auch am 14. September ein<br />

zahlreiches Publikum an. Die südkoreanischen<br />

Ssireum-Ringer überraschten mit<br />

schwungvollen Techniken. Interessant ist<br />

die Tatsache, dass Griffe und Regeln bei<br />

Ssireum fast identisch mit den Schweizer<br />

Schwingregeln sind.<br />

Über 10 000 Zuschauern verfolgten an<br />

den drei Tagen die spannenden Wettkämpfe.<br />

Abgerundet wurde der Event mit<br />

einer Flugshow der Air Zermatt.<br />

«Schwingen vor einer derartigen<br />

Kulisse macht doppelt Freude. Ich<br />

bin ein Fan vom Duo «Matterhorn<br />

und Schwingen.»<br />

Jörg Abderhalden, Aussage zum<br />

Schwingfest auf Riffelberg<br />

Schwingklub Oberwallis<br />

Letztlich gelangt es, dass der Schwingsport<br />

im Oberwallis wieder Fuss fasste.<br />

Im November 2016 entschieden die Delegierten<br />

des Walliser Kantonalen Schwingverbandes,<br />

den kurz zuvor gegründeten<br />

Schwingklub Oberwallis in den Verband<br />

aufzunehmen. Die ersten Trainings fanden<br />

in der Landwirtschaftsschule in Visp<br />

statt. Am 30. September 2020 erhielt<br />

der Schwingklub Oberwallis schliesslich<br />

die Baubewilligung zum Bau der eigenen<br />

Halle in Visp.<br />

Die positiven Entwicklungen im Schwingsport<br />

im Oberwallis wurden damit auch<br />

durch das Schwingfest auf dem Riffelberg<br />

angestossen.<br />

Grosses Projekt — wenig Zeit<br />

Die Baufirma Greulich & Haag baute aufgrund<br />

des ambitiösen Bauplans auch im<br />

Winter an den Tunnels. Denn jeder Tag<br />

Verspätung der Eröffnung wurde mit CHF<br />

2000.– gebüsst. Die Firma Greulich &<br />

Haag verpflichtete sich damals, die Bahn<br />

zu vertraglich festgesetzten Bedingungen<br />

zu bauen. Das Pflichtenheft verlangte von<br />

der Baufirma gegen die Pauschalsumme<br />

von CHF 3 000 000.– folgende Leistungen:<br />

Die definitive Bauprojektierung, den<br />

Bau der Bahn einschliesslich Kraftwerk<br />

und der elektrischen Anlagen, den Erwerb<br />

des Landes und der Wassernutzungsrechte<br />

sowie die Beschaffung des Rollmaterials<br />

und des Mobiliars.<br />

Um die Zeit zu nutzen, brachte die Baufirma<br />

rund 150 Männer in Baracken auf<br />

der Riffelalp unter, damit die Arbeiter<br />

während des Winters 1896/97 alle Tunnels<br />

durchschlagen konnten. Probleme<br />

bereiteten der Bauleitung das nächtliche<br />

Sprengverbot des Kantons Wallis und die<br />

teilweise sehr harten Felsbänder. Für ein<br />

Loch von 35 cm verschlissen die Bauarbeiter<br />

bis 30 Bohrer. Die ersten drei Tunnels<br />

wurden in festen Fels geschlagen und bedurften<br />

keiner Ausmauerung. Dagegen<br />

wurden der Landtunnel und der letzte<br />

Tunnel oberhalb der Riffelalp auf der ganzen<br />

Länge ausgemauert.<br />

Verzögerte Eröffnung<br />

Die Bahngesellschaft vereinbarte die Eröffnung<br />

der Bahn auf den 1. Juli 1898. Die<br />

Baufirma konnte diesen Termin aufgrund<br />

des späten Schneefalls im Frühjahr nicht<br />

einhalten. Die Verantwortlichen eröffneten<br />

die Bahn schliesslich am 20. August<br />

1898. Ob die Bahn die Baufirma für die<br />

Verspätung eine Busse in Rechnung stellte,<br />

konnte nicht festgestellt werden.<br />

Heute durchfährt die Bahn noch vier Tunnel.<br />

Der Signaltunnel oberhalb der Station<br />

Riffelalp wurde 1962 abgetragen.<br />

Er durchquerte eine wasserführende Geländerippe.<br />

Eine nachhaltige Sanierung<br />

war nicht mehr möglich. Der Landtunnel<br />

musste wegen des hohen Felsdrucks zwischen<br />

1971 und 1973 saniert werden.<br />

Da die Bahn zu Beginn nur während vier<br />

Sommermonaten (Juni bis September)<br />

verkehrte, genügten diese Tunnels. Für<br />

die Aufnahme des Winterbetriebs waren<br />

aber weitere bauliche Massnahmen nötig.<br />

Mehr dazu später.<br />

4 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 5


Geschichte 7<br />

Mit 7,2 km/h auf den <strong>Gornergrat</strong><br />

Vor der Eröffnung der <strong>Gornergrat</strong> Bahn dauerte die Wanderung von Zermatt zum 1854 gebauten Hotel<br />

Riffelhaus rund eineinhalb Stunden. Die Sesselträger rechneten für den Aufstieg rund vier Stunden.<br />

Teilweise nutzten die Reisenden auch die Möglichkeit, den Aufstieg mit dem Pferd oder mit einem<br />

Maultier zu bewältigen.<br />

Geschichte 6<br />

Gipfelfahrt mit 6 Stationen<br />

Bahnhöfe sind Verbindungsorte, wo sich Menschen auf Reisen begeben, in den Zug einsteigen und<br />

sich auf zu neuen Zielen machen. Auch deshalb haben die Stationen und Haltestellen der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn eine wichtige emotionale Bedeutung, die sich im Verlauf der <strong>125</strong> Jahre sukzessive verändert<br />

hat. Als Stationen wurden zu Beginn Zermatt, Riffelalp, Riffelberg und <strong>Gornergrat</strong> erwähnt. Findelbach,<br />

Riffelboden und Rotenboden wurden als Haltestellen mit Kreuzungsmöglichkeiten bezeichnet.<br />

Lange Zeit waren für Fahrgäste neben Zermatt und <strong>Gornergrat</strong> nur die Stationen Riffelalp und Riffelberg<br />

bedient.<br />

Zermatt: Bahnhof und Depots<br />

Der alte Holzbahnhof in Zermatt wurde<br />

1962 abgerissen und durch ein neues<br />

Gebäude ersetzt. Das heutige Bahnhofsgebäude<br />

wird im Inneren seitdem regelmässig<br />

den neusten Bedürfnissen angepasst.<br />

Auch die Depots der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn beim Bahnhof wurden aufgrund<br />

von Neuanschaffungen von Rollmaterial<br />

regelmässig vergrössert. 1961 wurden die<br />

Gleisanlagen erweitert.<br />

Findelbach mit Güterbahnhof<br />

Die Haltestelle Findelbach liegt auf 1774<br />

m ü.M. und dient vorwiegend als Kreuzungsstelle.<br />

Von hier verläuft aber auch<br />

die Abzweigung zur Güteranlage, welche<br />

1956/57 für die Materialtransporte zum<br />

Bau der Stauseemauer Grande Dixence<br />

erstellt wurde. Das heutige Gebäude<br />

stammt aus dem Jahr 1962.<br />

Riffelalp mit Tramverbindung<br />

Eine hohe Bedeutung hatte von Beginn an<br />

die Station Riffelalp. Sie liegt auf 2211 m<br />

ü.M. und dient als Zubringer zum Hotel<br />

Riffelalp. Von der Station transportierte ab<br />

1899 eine Trambahn Gäste zum Hotel Riffelalp<br />

(2222 m ü.M.). Nach dem Brand des<br />

Hotels 1961 nahm die Bedeutung der Station<br />

vorübergehend ab. Dies änderte sich<br />

mit der Neueröffnung des 5-Sterne-Hotels<br />

«Riffelalp Resort 2222 m» im Jahr 2000.<br />

Der Betrieb des Trams wurde wieder aufgenommen<br />

und das alte Holzgebäude<br />

der Station wurde 2003–2004 abgerissen<br />

und durch einen Neubau ersetzt, um den<br />

neuen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.<br />

Riffelboden für Skifahrende<br />

und Materialtransporte<br />

Am 4. Dezember 1933 berichtete der<br />

Walliser Volksfreund auf Seite 4, dass die<br />

Stationen Findelbach, Riffelalp und Riffelboden<br />

gemäss einem in den Hotels aufgehängten<br />

Fahrplan bedient werden. Allerdings<br />

war der auf 2358 m ü.M. gelegene<br />

Riffelboden nie eine offizielle Haltestelle.<br />

Sie wurde einige Jahre lang im Winter als<br />

Stopp für Skifahrer:innen genutzt und<br />

dient seit 1958 als Güterumschlagplatz<br />

für diverse Bauprojekte.<br />

Riffelberg und Riffelhaus<br />

Die Station Riffelberg (2582 m ü.M.) ist ein<br />

wichtiger Ausgangspunkt für Wanderende<br />

und Schneesportler:innen und dient<br />

als Zubringer für die Gäste des Hotels<br />

«Riffelhaus 1853».<br />

Rotenboden:<br />

Haltestelle auf Wunsch des SAC<br />

1917 eröffnete die <strong>Gornergrat</strong> Bahn die<br />

bisher fakultative Haltestelle Rotenboden<br />

2825 m ü.M. offiziell. Damit kam sie dem<br />

Wunsch des Schweizer Alpenclubs (SAC)<br />

nach, dessen Mitglieder Rotenboden als<br />

Ausgangspunkt für Höhentouren zum<br />

Riffelsee, zum Riffelhorn und zur Monte<br />

Rosa-Hütte nutzen. Das Gebäude für<br />

die Station wurde allerdings erst 1952<br />

errichtet.<br />

<strong>Gornergrat</strong>:<br />

Endstation mit Aussicht<br />

Die Endstation <strong>Gornergrat</strong> liegt heute auf<br />

3089 m ü.M. 1909 wurde mit der Höherlegung<br />

der Bahn auch der neue Bahnhof<br />

eröffnet, der 71 m höher lag als der ursprüngliche<br />

Standort. 2004 erfolgte ein<br />

grösserer Umbau. Im Hauptgeschoss<br />

wurden Verkaufsflächen, ein Warteraum<br />

kombiniert mit den Schalteranlagen und<br />

der Betriebsleitstelle eingerichtet. Die<br />

Aussenfassaden blieben in ihrer Grundform<br />

bestehen.<br />

Ab dem 20. August 1898 verkürzte sich<br />

die Erreichbarkeit des <strong>Gornergrat</strong>s deutlich.<br />

Die Rowan-Kompositionen der<br />

<strong>Gornergrat</strong> Bahn fuhren mit einer Geschwindigkeit<br />

von 7,2 km/h dem Gipfel<br />

entgegen. Reisende konnten den <strong>Gornergrat</strong><br />

ab Zermatt in einer Stunde und dreissig<br />

Minuten erreichen. Die reine Fahrzeit<br />

lag bei 80 Minuten, in den Stationen Riffelalp<br />

und Riffelberg gab es jeweils einen<br />

Aufenthalt von fünf Minuten.<br />

Raschere Erreichbarkeit<br />

Vor der Eröffnung der Visp – Zermatt Bahn<br />

(VZ) und der <strong>Gornergrat</strong> Bahn dauerte die<br />

Reise von Visp auf den <strong>Gornergrat</strong> rund<br />

13 Stunden. Mit der Inbetriebnahme der<br />

VZ benötigten Reisenden nur noch sieben<br />

Stunden. Mit der Eröffnung der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn 1898 verkürzte sich die Reise<br />

auf vier Stunden.<br />

Drei Bahngesellschaften stellten die<br />

Bahnlinie von Lausanne durch das Wallis<br />

bis nach Visp und Brig 1878 fertig und<br />

ermöglichten so eine gute Erreichbarkeit<br />

von Westen her. Mit der Eröffnung des<br />

Simplontunnels 1906 durch die Schweizerischen<br />

Bundesbahnen verkürzte sich<br />

die Reisezeit auch von Italien her deutlich.<br />

Von Norden dauerte die Fahrt von Zürich<br />

auf den <strong>Gornergrat</strong> rund 12,5 Stunden<br />

und von Bern rund neuneinhalb Stunden.<br />

Mit der Eröffnung der Bern-Lötschberg-<br />

Simplon-Bahn (BLS) 1913 konnte die<br />

Reisezeit reduziert werden. Seit der Inbetriebnahme<br />

des Lötschberg-Basistunnels<br />

2007 können Bahnpassagiere den<br />

<strong>Gornergrat</strong> in einer Zeit von unter drei<br />

Stunden erreichen.<br />

«Ich kenne keine gleichbedeutende<br />

Höhe der Schweiz, der so leicht beizukommen<br />

ist, wo man, ohne einen<br />

Schweisstropfen zu vergiessen, auf<br />

dem Rücken eines Pferdes 9000 Fuss<br />

hoch gelangen und so ruhig und<br />

sicher die Aussicht geniessen kann.»<br />

Alpinist Johann Jakob Weilenmann<br />

erstieg 1885 den <strong>Gornergrat</strong><br />

6 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 7


Geschichte 22<br />

Ein Ausflug zu den Sternen<br />

Die Sternwarte auf dem <strong>Gornergrat</strong> ermöglicht atemberaubende Aussichten auf das Weltall. Urs und<br />

Leandra haben am Ausflug zu den Sternen teilgenommen.<br />

Geschichte 23<br />

Theresa Mays Lieblingsroute<br />

Theresa May, die ehemalige Premierministerin des Vereinigten Königreichs, ist Stammgast in Zermatt.<br />

Im Interview mit dem Walliser Boten verrät sie ihre Lieblingswanderung.<br />

Den Sternbildern auf der Spur<br />

Es ist eine klare und wolkenlose Nacht, als<br />

Urs gemeinsam mit seiner Enkelin an der<br />

Hand im Kuppelraum ankommt. Gemeinsam<br />

mit anderen Gästen hören die beiden<br />

Peter Salzmann zu. Er ist Sternführer und<br />

erzählt ihnen alles über die Sternbilder.<br />

Urs ist leidenschaftlicher Astronom.<br />

Schon als er ein kleiner Junge war, hat<br />

ihn der Himmel und das Sonnensystem<br />

fasziniert. Sein Vater hat ihm mit 9 Jahren<br />

sein erstes Teleskop geschenkt. Seither<br />

ist Urs im Bann der Sterne. Er freut sich<br />

darüber, diese Leidenschaft nun auch<br />

seiner Enkelin Leandra mitzugeben. Die<br />

8-Jährige schaut durch das Teleskop im<br />

Observatorium und kann die Sterne aus<br />

nächster Nähe betrachten.<br />

Der schönste Nachthimmel<br />

in Mitteleuropa<br />

Das Kulmhotel am <strong>Gornergrat</strong> ist für<br />

einen Blick in die Sterne ideal geeignet.<br />

Das Kulmhotel: ein besonderer Ort<br />

Als Urs und seine Enkelin sich mit der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn wieder auf den Rückweg ins<br />

Tal machen, will Leandra noch mehr über<br />

den Ort erfahren.<br />

«Das Kulmhotel in dem wir gerade waren,<br />

ist das höchste Hotel in den Schweizer<br />

Alpen. Es dauerte 10 Jahre, dies zu bauen.<br />

Es hat 22 Zimmer», erzählt Urs. «Ich war<br />

früher schon oft mit deiner Grossmutter<br />

hier. Wir haben von hier aus Bergsteiger-<br />

Touren auf die vielen, umliegenden Gipfel<br />

gemacht.» Leandra staunt. «Der Bau der<br />

Zahnradbahn brachte viele Touristen hier<br />

nach oben auf den <strong>Gornergrat</strong>, deshalb<br />

baute die Gemeinde Zermatt das Kulmhotel»,<br />

sagt Urs weiter. «Zum Glück!<br />

Dadurch können wir jetzt von hier aus<br />

sogar die Milchstrasse sehen», freut sich<br />

Leandra.<br />

«Nirgendwo in Mitteleuropa gibt<br />

es einen schöneren Nachthimmel<br />

als auf dem <strong>Gornergrat</strong>. Wer diesen<br />

Himmel gesehen hat, vergisst<br />

ihn nie mehr.»<br />

Claude Nicollier<br />

Erster Schweizer im Weltall<br />

Wenn Theresa May durch Zermatt schlendert,<br />

fühlt sie sich zu Hause. Seit über 20<br />

Jahren verbringt die ehemalige Premierministerin<br />

des Vereinigten Königreichs<br />

ihre Ferien im Dorf. Gemeinsam mit ihrem<br />

Ehemann ist die Engländerin Stammgast<br />

im Grand Hotel Zermatterhof.<br />

Ziel: der <strong>Gornergrat</strong><br />

Theresa May wandert leidenschaftlich<br />

gerne. Das hat sie am 23. August 2019<br />

im Interview mit dem Walliser Boten verraten.<br />

Im Matterhorndorf hat die heute<br />

67-jährige auch eine bestimme Lieblingsroute:<br />

«Am liebsten mag ich den Weg<br />

vom Dorf bis hinauf zum <strong>Gornergrat</strong>.»<br />

Wanderung von Zermatt<br />

nach <strong>Gornergrat</strong><br />

Von der Talstation Zermatt fährt alle 24<br />

Minuten die <strong>Gornergrat</strong> Bahn nach Riffelalp.<br />

Von hier aus sind es rund zwei Stunden<br />

Wanderung bis auf den <strong>Gornergrat</strong>.<br />

Der nicht zu steile Bergweg führt unter<br />

anderem zum Gagenhaupt, wo Wandernde<br />

oft Steinböcke bewundern können.<br />

Weiter geht es Richtung Riffelsee,<br />

an welchem die Fotografen jeweils warten,<br />

bis es total windstill ist. Dann lässt<br />

sich die Spiegelung des Matterhorns auf<br />

der Seefläche bestmöglich einfangen.<br />

An den Steinmännchen vorbei erreicht<br />

man im Anschluss den <strong>Gornergrat</strong> auf<br />

3100 m ü.M., wo man die Aussicht über<br />

das Bergpanorama geniessen kann.<br />

«Es gibt so viel zu entdecken.<br />

Man sieht die Edelweiss wachsen,<br />

die ganzen Blumen, die frische Luft.<br />

Hier oben sind die Sorgen des Alltags<br />

weit weg. Ich kann abschalten.<br />

In England sagen wir: ‘You get<br />

away from it all.’»<br />

Theresa May in einem Interview<br />

mit dem Walliser Boten<br />

22 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 23


Geschichte 24<br />

Alfons Julen, ein Mann der Tat<br />

Der Zermatter Skifahrer Alfons Julen begeisterte Generationen von Schweizerinnen und Schweizern<br />

für den Skisport. Das Portrait gibt Einblick in sein Leben, das er den Alpen verschrieb, und auch in seine<br />

Anstellung bei der <strong>Gornergrat</strong> Bahn.<br />

Geschichte 25<br />

François Gos:<br />

Ein Künstler inspiriert von Zermatt<br />

Der Maler François Gos hat seine Kunst der Zermatter Bergwelt verschrieben. Wie tief sie ihn berührte,<br />

zeigen nicht nur seine Arbeiten, sondern auch sein 1925 erschienenes <strong>Buch</strong>.<br />

Kindheit in den Bergen<br />

Es war ein sonniger Tag, als François Gos<br />

im Jahr 1880 in Genf in eine Künstlerfamilie<br />

geboren wurde. Von klein auf war<br />

er ein kreativer Geist, der sich in vielen Bereichen<br />

der Kunst ausprobierte und sich<br />

später als Maler einen Namen machte. Besonders<br />

sein Vater Albert, der ebenfalls<br />

Maler war, prägte ihn und er weckte in<br />

ihm die Liebe zur Berglandschaft.<br />

Die Familie Gos verbrachte oft ihre Ferien<br />

in Zermatt und verliebte sich in die<br />

atemberaubende Landschaft rund um<br />

das Matterhorn. Vater Albert wurde<br />

durch diese Gegend inspiriert und malte<br />

in seinem Leben über tausend Bilder des<br />

berühmten Berges.<br />

Arbeiten für die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

Es war eine kalte Winternacht, als Alfons<br />

Julen im Februar 1899 in Zermatt das Licht<br />

der Welt erblickte. Er wuchs inmitten der<br />

majestätischen Schweizer Alpen auf und<br />

erkannte frühzeitig seine Liebe zum Skifahren.<br />

Schon als junger Mann verbrachte<br />

er Stunden auf den verschneiten Pisten<br />

und entwickelte schnell ein Talent für den<br />

Sport.<br />

Von Medaillen und Erfolgen<br />

1924, im Alter von 25 Jahren, trat Alfons<br />

bei den Olympischen Winterspielen in<br />

Chamonix an und zeigte der Welt sein<br />

Können. Mit einer Goldmedaille in der<br />

Tasche kehrte er in die Schweiz zurück,<br />

um sich auf seine nächsten Herausforderungen<br />

vorzubereiten. Vier Jahre später<br />

nahm er an den Olympischen Spielen in<br />

St. Moritz teil und erkämpfte sich als Mitglied<br />

der Patrouille die Bronzemedaille.<br />

Doch das war erst der Anfang seiner Erfolge.<br />

In den folgenden Jahren wurde er<br />

auch im alpinen Skisport immer erfolgreicher.<br />

Bei den Schweizer Skirennen 1932<br />

in Zermatt erreichte Alfons den zweiten<br />

Platz in der nordischen Kombination.<br />

Stelle bei der <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

Trotz seiner vielen Siege blieb Alfons dem<br />

Skisport und der Schweizer Alpenlandschaft<br />

immer treu. Auch nach seiner aktiven<br />

Karriere arbeitete er weiterhin in der<br />

Branche und wurde schliesslich Angestellter<br />

der <strong>Gornergrat</strong> Bahn. Dort arbeitete er<br />

als Linienmeister und trug dazu bei, dass<br />

die Skifahrer sicher auf den Berg gebracht<br />

wurden.<br />

Die Liebe zum Skisport<br />

Alfons war auch ein Mann, der nie aufhörte<br />

zu kämpfen. 1948, im Alter von fast<br />

50 Jahren, trat er beim <strong>Gornergrat</strong>-Derby<br />

an und gewann die Abfahrt in der Kategorie<br />

Senioren III. Es war ein unglaublicher<br />

Erfolg für einen Mann in seinem Alter<br />

und zeigte, dass Alfons noch immer ein<br />

erstklassiger Skifahrer war.<br />

Alfons Julen war nicht nur ein begnadeter<br />

Athlet, sondern auch ein Mann, der<br />

mit seiner Leidenschaft für den Skisport<br />

eine ganze Generation inspirierte. Bis zu<br />

seinem Tod im Jahr 1985 blieb er eine<br />

Legende im Schweizer Skisport und ein<br />

Symbol für den Mut und die Ausdauer,<br />

die es braucht, um in diesem Sport erfolgreich<br />

zu sein.<br />

François selbst war von der Schönheit der<br />

Region ebenso begeistert. Er gestaltete<br />

mehrere Plakate für Zermatt und die<br />

<strong>Gornergrat</strong> Bahn, in denen er eine besondere<br />

Fähigkeit dafür bewies, die Essenz<br />

von Zermatt und der Bergwelt in seinen<br />

Werken festzuhalten und sie so lebendig<br />

zu machen.<br />

François Gos als Zeitzeuge<br />

In seinem 1925 erschienenen <strong>Buch</strong> «Zermatt<br />

und sein Tal» schrieb er zum <strong>Gornergrat</strong>:<br />

«Um einen vollständigen Eindruck<br />

dieser wunderbaren Gegend zu bekommen,<br />

müsste man sie im Flugzeug überfliegen,<br />

oder, was einfacher ist, sie vom<br />

<strong>Gornergrat</strong> aus betrachten, wo ein überraschendes<br />

Bild vor dem Beschauer sich<br />

ausbreitet. Dem, der die Bahn zum <strong>Gornergrat</strong><br />

benützt, unterbrechen zunächst<br />

noch Tunnels die Folge des Panoramas.<br />

In der Dunkelheit wechselt der Zug seine<br />

Richtung. Man ist verwirrt in all dem<br />

Rütteln und Dröhnen. Manchmal hebt<br />

sich eine bestimmte Form von den fliehenden<br />

Wänden ab, einförmige Flächen,<br />

Grau in Schwarz. Dann erscheint plötzlich<br />

eine helle Stelle, vergrössert sich zu einem<br />

Kreis und wird zur blendenden Helligkeit<br />

eines Sonnentages. Jetzt tauchen auch<br />

die Arven auf mit ihrem dunklen Gerät,<br />

und hinter ihnen überall die Schneegipfel,<br />

bis die scharf ausgeprägte Waldgrenze<br />

das Grün verdrängt und das strahlende<br />

Weiss uneingeschränkt zur Herrschaft<br />

gelangt.»<br />

François’ Kunst war eine Hommage an die<br />

Schönheit der Schweizer Berge und an die<br />

Menschen, die in dieser wunderschönen<br />

Landschaft leben.<br />

24 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 25


Geschichte 27<br />

Iglu-Dorf Zermatt –<br />

Ein Geheimtipp für die Bucket-List<br />

Eine Erfahrung<br />

aus einer anderen Welt<br />

Weiche Felle zum Sitzen. Flackerndes Licht<br />

von Kerzen, welche die Schneeskulpturen<br />

an den Wänden beleuchten. Rundbögen,<br />

die von Raum zu Raum führen. Warme<br />

Schlafsäcke um sich geborgen zu fühlen.<br />

Es ist so, als wäre man auf einem anderen<br />

Planeten.<br />

Auf einem Planeten auf 2727 m ü.M.,<br />

umgeben von Schnee und Eis und mit<br />

Aussicht auf den bekanntesten Berg der<br />

Schweiz.<br />

Schützt sogar vor Pistenbullys<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter errichten<br />

das Iglu-Dorf Jahr für Jahr neu und<br />

brauchen dafür sagenhafte 3000 Arbeitsstunden.<br />

Im Zentrum der Konstruktion<br />

steht ein Gangsystem mit Hauptgängen<br />

von mehr als zwei Metern Höhe. Dieses<br />

ermöglicht, dass Gäste von Iglu zu Iglu<br />

gelangen können, ohne draussen an die<br />

kalte Luft zu gehen.<br />

Besucherinnen und Besucher können sich<br />

in Zermatt jährlich von Mitte Dezember<br />

bis Mitte April im Iglu-Dorf einquartieren<br />

lassen. Von Zuhause aus können sie das<br />

Iglu-Dorf auch virtuell besuchen – ganz<br />

ohne Handschuhe.<br />

Geschichte 26<br />

Pflanzenreichtum am <strong>Gornergrat</strong><br />

Der Botaniker Josias Braun-Blanquet erfand im Gebiet um den <strong>Gornergrat</strong> eine wichtige wissenschaftliche<br />

Methode zur Analyse der Pflanzenvielfalt, die Pflanzensoziologie. Bei seinen Recherchen untersuchte<br />

er vor allem den enormen Pflanzenreichtum an der Südflanke des <strong>Gornergrat</strong>s.<br />

Das Iglu-Dorf in Zermatt zu besuchen, gehört<br />

neben Bungee-Jumping, einer Safari<br />

oder einer Fahrt mit dem Heissluftballon,<br />

definitiv auf die Liste der Dinge, die man<br />

einmal im Leben gemacht haben sollte.<br />

Besonders am Iglu Dorf ist, dass es durch<br />

seine spezielle Bauweise äusserst stabil<br />

und somit ungefährlich ist. Der Schnee<br />

verfestigt sich im Winter nämlich so sehr,<br />

dass sogar ein Pistenbully darüberfahren<br />

kann, ohne dass die Struktur nachgibt.<br />

«Die reichste Flora<br />

in dieser Höhe im Alpenraum»<br />

Der Botaniker Josias Braun-Blanquet war<br />

35 Jahre alt, als er zum ersten Mal Zermatt<br />

besuchte. Als leidenschaftlicher Botaniker<br />

war er von der Vielfalt der Pflanzenwelt<br />

überwältigt. Also begann er damit, die<br />

Flora und Vegetation der Region genauer<br />

zu untersuchen. Er schrieb Berichte darüber<br />

und sammelte Informationen, um sein<br />

Wissen zu erweitern. Seine <strong>Faszination</strong><br />

für die Pflanzenwelt war so gross, dass<br />

er schliesslich ein <strong>Buch</strong> darüber schrieb.<br />

1928 veröffentlichte er «Pflanzensoziologie.<br />

Grundzüge der Vegetationskunde»,<br />

ein Standardwerk der modernen Pflanzensoziologie.<br />

Darin entwirft er eine Methode<br />

der Vegetationskartierung, in der<br />

Pflanzenbestände systematisch erfasst<br />

werden können. Die Methode erhielt in<br />

Fachkreisen viel Anerkennung und wurde<br />

1974 mit der Linné-Medaille der Linnean<br />

Society of London ausgezeichnet.<br />

Speziell daran ist auch, dass Braun-Blanquet<br />

die Methode durch seine Beobachtungen<br />

der Flora rund um den <strong>Gornergrat</strong><br />

bis zum Hohtälligrat entwickelte. Gemäss<br />

Josias Braun-Blanquet hat die Südflanke<br />

des <strong>Gornergrat</strong>s bis zum Hohtälligrat «die<br />

reichste Flora in dieser Höhe im Alpenraum».<br />

31 Arten haben hier ihre Höhenrekorde!<br />

Europas höchster Alpingarten<br />

Braun-Blanquet hätte den Alpingarten,<br />

welcher im Spätsommer 2023 am <strong>Gornergrat</strong><br />

entsteht, sicherlich geliebt. Er liegt<br />

auf 2800 m ü.M. bei der Station Rotenboden<br />

und ist damit der höchste Alpingarten<br />

Europas.<br />

Mit dem wunderbaren Blick auf das Matterhorn<br />

und den Gornergletscher kann<br />

ein Garten kaum schöner gelegen sein.<br />

Sicherlich hätte auch Josias hier Stunden<br />

damit verbracht, die einmalige Flora und<br />

Vegetation des <strong>Gornergrat</strong>s zu erkunden.<br />

Die wertvollsten und<br />

erhaltenswertesten Landschaften<br />

der Schweiz<br />

Bei seinem Besuch in Zermatt erforschte<br />

Braun-Blanquet das BLN-Gebiet 1707<br />

«Dent-Blanche – Matterhorn – Monte<br />

Rosa», das im Bundesinventar der Landschaften<br />

und Naturschutzdenkmäler von<br />

nationaler Bedeutung festgehalten ist.<br />

Es ist eine von eindrücklichen Gebirgsmassiven<br />

umgebene Hochgebirgslandschaft<br />

im südlichen Teil des Kantons Wallis<br />

und an der Grenze zu Italien. Das Gebiet<br />

um den <strong>Gornergrat</strong> erstreckt sich über<br />

eine Fläche von 26 951 ha (269,51 km²)<br />

und umfasst auch Teile des <strong>Gornergrat</strong>s,<br />

untern anderen die Südflanke, das Riffelhorn,<br />

den Riffelsee und die Gletscherwelt.<br />

26 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 27


Geschichte 28<br />

Die erste Wintersaison in Zermatt<br />

Viele Gäste kennen Zermatt als Winterskiort. Doch vor noch 95 Jahren zog die heutige Tourismusdestination<br />

nur im Sommer Besucher aus aller Welt an. Die erste Wintersaison war damals für Hoteliers<br />

ein Abenteuer.<br />

Wintertourismus: Eine neue Vision<br />

John war im Sommer schon mehrmals<br />

in Zermatt gewesen und hatte dort ausgiebige<br />

Wanderungen unternommen.<br />

Nicht im Traum hätte er gedacht, den Ort<br />

auch im Winter zu besuchen. Umso überraschender<br />

war es für ihn, als ihm sein<br />

Freund Dr. Hermann Seiler, Direktor des<br />

Hotels Victoria, mitteilte, dass er das Hotel<br />

auch im Winter 1927/28 öffnen wolle.<br />

Der Plan schien riskant, aber auch verwegen.<br />

Dr. Seiler überzeugte John und gemeinsam<br />

beschlossen die beiden Männer,<br />

dass John und 179 weitere Engländerinnen<br />

und Engländer im Winter nach Zermatt<br />

reisen sollten.<br />

Eine winterliche Schlittenfahrt<br />

Geschichte 29<br />

29 Viertausender auf einen Blick<br />

Blühende Tulpenfelder, Windmühlen und grüne Flächen, soweit das Auge reicht. Luzia und Merle kennen<br />

ihr Leben lang nichts anderes. Umso mehr freuen sich die zwei Holländerinnen auf ihre Sommerferien.<br />

Sie hatten René und Verena im letzten Jahr kennengelernt, als die beiden bei ihnen in Rotterdam<br />

ein Austauschsemester belegten. Nun verbringen sie eine Woche bei ihnen im Chalet in Zermatt.<br />

An einem sonnigen Vormittag Ende August<br />

brechen die vier Freunde mit ihren<br />

Rucksäcken und Wanderschuhen auf zum<br />

<strong>Gornergrat</strong>. Luzia und Merle kleben förmlich<br />

an den Fensterscheiben der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn. Sie können nicht genug von<br />

der atemberaubenden Aussicht auf die<br />

Bergwelt kriegen.<br />

Von der Dufourspitze<br />

bis zum Allalinhorn<br />

«Wartet nur, bis wir oben sind», sagt<br />

Verena verheissungsvoll. Am Bahnhof<br />

steigen sie aus und spazieren hinauf zur<br />

Aussichtsplattform. Der Blick ist atemberaubend.<br />

Durch die aufgestellten Ferngläser<br />

zählen Luzia und Merle die Berggipfel.<br />

Gespannt reiste die Gruppe an einem<br />

kalten Januarmorgen in London ab. In<br />

der Schweiz angekommen, genoss John<br />

die Extrafahrt mit der Visp – Zermatt-<br />

Bahn durch das verschneite Mattertal bis<br />

St. Niklaus. Wegen fehlender Lawinenverbauungen<br />

ging die Fahrt mit fünfzig<br />

Pferdeschlitten weiter bis nach Zermatt.<br />

Ein wunderschöner Anblick! Als die Gruppe<br />

in Zermatt eintraf, war das ganze Dorf<br />

auf den Beinen, um die Wintergäste in<br />

Empfang zu nehmen. Der Versuch war<br />

ein voller Erfolg!<br />

Erste Wintersaison!<br />

Ein Mitarbeiter der Visp – Zermatt-Bahn<br />

erklärte John und den weiteren Gästen,<br />

dass die Bahn schon im Sommer 1928<br />

die dringendsten Lawinenverbauungen<br />

realisieren und einen bescheidenen Winterfahrplan<br />

einführen wird. Die <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn werde den Winterbetrieb an<br />

Weihnachten aufnehmen. So kehrten<br />

John und viele weitere Engländer auch<br />

im nächsten Winter wieder nach Zermatt<br />

zurück, um die täglich angebotenen zwei<br />

Sportzüge bis Riffelalp zu nutzen, um Ski<br />

zu fahren.<br />

«In der Schweiz gibt es insgesamt 48 Berge,<br />

die höher als 4000 m ü.M. sind. Von<br />

hier aus könnt ihr 29 Viertausender davon<br />

sehen», sagt René.<br />

«Das ist unglaublich», entgegnet Merle.<br />

«Der höchste Berg in Holland misst gerade<br />

einmal 322 Meter.»<br />

René und Verena grinsen sich an und freuen<br />

sich über die Begeisterung ihrer zwei<br />

Gäste. «Die Dufourspitze ist mit 4634 Meter<br />

der höchste Berg, den man von hier<br />

aus sieht», sagt Verena und zeigt in die<br />

Richtung des Bergs.<br />

Luzia und Merle folgen ihr und finden den<br />

Berg schnell, denn die Ferngläser verraten<br />

die Namen der Gipfel.<br />

Bewegung mit Rundumblick<br />

Von der Aussichtsplattform machen sie<br />

eine kurze Rundwanderung. Hier bestaunen<br />

sie das Monte-Rosa-Massiv und<br />

sehen den Gornergletscher.<br />

«Steinböcke!», sagt Luzia aufgeregt.<br />

Schnell knipsen sie einige Bilder fürs Fotoalbum.<br />

Der Ausflug scheint gelungen.<br />

28 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 29


Geschichte 72<br />

Blanca Imboden:<br />

«Gletscher sind schmelzende Zeitzeugen.»<br />

Die erfolgreiche Bestseller-Autorin Blanca Imboden veröffentlichte 2018 ihr <strong>Buch</strong> «Matterhörner». Im<br />

Interview erzählt sie, wie sie sich in den berühmtesten Berg der Welt verliebte und weshalb sie die<br />

Gletscher rund um den <strong>Gornergrat</strong> so faszinieren.<br />

Wie war es für Sie,<br />

den Roman zu schreiben?<br />

Blanca Imboden: «Zunächst bedeutete<br />

das Projekt viel Recherchearbeit vor Ort.<br />

Ich sprach mit vielen Menschen, besuchte<br />

das Museum und las Bücher über Zermatt.<br />

Dann galt es, die richtige Erzählstimme zu<br />

finden. So fand ich die Hauptfigur Antonia,<br />

eine Seilbähnlerin, aus deren Perspektive<br />

die Geschichte erzählt ist.»<br />

Kommt Antonia im Roman<br />

auch beim <strong>Gornergrat</strong> vorbei?<br />

Blanca Imboden: «Ja, auf Seite 72, wo<br />

sie zu ihrem Besuch sagt: «Dann stehe<br />

ich mitten in der Gletscherwelt und bewundere<br />

sie … ich stehe vor dem Gornergletscher,<br />

dem Grenzgletscher, dem<br />

Zwillingsgletscher, dem Breithorn- und<br />

dem Theodulgletscher. Es ist faszinierend.<br />

Ich fühle die Kraft der Gletscher, ihre alte,<br />

kalte Stärke.»<br />

Geschichte 73<br />

Prominente und ihre <strong>Faszination</strong><br />

für die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

Zermatt und die <strong>Gornergrat</strong> Bahn sind seit langem ein Anziehungspunkt für Prominente aus aller Welt.<br />

Jedes Jahr strömen sie ins Wallis, um die atemberaubende Natur und die unvergleichliche Atmosphäre<br />

zu geniessen.<br />

Was war die Inspiration<br />

für das <strong>Buch</strong> Matterhörner?<br />

Blanca Imboden: «2013 reiste ich nach<br />

Zermatt und übernachtete im Hotel Riffelhaus.<br />

Ich wollte höchstpersönlich das<br />

Matterhorn sehen, da ich dachte, es werde<br />

ein grosses Geschrei darum gemacht.<br />

Schöne Berge haben wir in meiner Heimat,<br />

der Innerschweiz, schliesslich auch.»<br />

Und, hat das Matterhorn<br />

Sie enttäuscht?<br />

Blanca Imboden: «Wer hätte es gedacht –<br />

bin ich dem Zauber des Matterhorns erlegen.<br />

Ich habe viele Fotos geschossen<br />

und sie an Bekannte in der ganzen Welt<br />

verschickt. Auch an meine Verlegerin. Sie<br />

hat über meine Begeisterung gelacht und<br />

schlug mir vor, einen Matterhorn-Roman<br />

zu schreiben. Weil ich gerne noch einmal<br />

nach Zermatt reisen wollte, fand ich die<br />

Idee grossartig.»<br />

Was fasziniert Sie an der Umgebung<br />

rund um den <strong>Gornergrat</strong>?<br />

Blanca Imboden: «Gletscher berühren<br />

mich ganz tief im Herzen. Die Tatsache,<br />

dass wir ihnen beim Sterben zusehen, ist<br />

ergreifend. Gletscher sind schmelzende<br />

Zeitzeugen. Ein Erlebnis, das mich besonders<br />

betroffen gemacht hat, war die<br />

Bekanntschaft mit einer alten Frau. Sie erzählte,<br />

wie die Gletscher früher aussahen.<br />

In meinem <strong>Buch</strong> wollte ich die Kraft der<br />

Gletscher festhalten.»<br />

Die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

als Weltwunder<br />

Roger Taylor, der Schlagzeuger der Rockband<br />

Queen, reiste 1980 zum ersten Mal<br />

nach Zermatt und war sofort begeistert<br />

vom Matterhorndorf, wie er 2014 in einem<br />

Interview mit dem Telegraph (Roger<br />

Taylor‘s Zermatt: My Kind of Town – Telegraph)<br />

erzählte. Vor allem die <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn hat es dem heute 73jährigen Briten<br />

angetan:<br />

«You‘ve also got to take the <strong>Gornergrat</strong><br />

railway from Zermatt to <strong>Gornergrat</strong>,<br />

which is more than 3,000 m<br />

(10,000 ft) high. The train has been<br />

around since Victorian times when<br />

it must have been a wonder of the<br />

world.»<br />

Roger Taylor, The Telegraph<br />

Die Begeisterung von Filmstars<br />

Nicht nur Musiker wie Roger Taylor sind<br />

von der <strong>Gornergrat</strong> Bahn fasziniert. Auch<br />

zahlreiche Filmstars haben sich von ihrer<br />

Magie einfangen lassen. Hollywood-<br />

Grössen wie Audrey Hepburn und Charlie<br />

Chaplin wurden oft dabei gesichtet, wie<br />

sie die Bahn bestiegen und den Aufstieg<br />

zum <strong>Gornergrat</strong> genossen. Für sie war es<br />

eine willkommene Flucht aus dem hektischen<br />

Leben in der Filmindustrie.<br />

Eine Tradition der Wiederkehr<br />

Nicht nur Erstbesucher, sondern auch<br />

langjährige Gäste kehren immer wieder<br />

zurück. Prominente wie der britische<br />

Schauspieler Sir Michael Caine und die<br />

Schweizer Sängerin Nubya haben eine<br />

besondere Bindung zu Zermatt und der<br />

<strong>Gornergrat</strong> Bahn entwickelt. Jedes Jahr<br />

finden sie Zeit, um in diese malerische<br />

Kulisse zurückzukehren und die unvergleichliche<br />

Aussicht vom <strong>Gornergrat</strong> zu<br />

geniessen.<br />

Die Inspiration<br />

der Kunstschaffenden<br />

Die <strong>Gornergrat</strong> Bahn hat viele Künstlerinnen<br />

und Künstler inspiriert. Maler, Schriftsteller<br />

und Fotografen haben die spektakuläre<br />

Landschaft rund um Zermatt und<br />

den <strong>Gornergrat</strong> in ihren Werken verewigt.<br />

Die malerische Schönheit der Gletscher<br />

und die majestätischen Berge dienen<br />

ihnen als Quelle der Kreativität und als<br />

Bühne für ihre Meisterwerke. So war es<br />

beispielweise auch bei François Gos.<br />

72 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 73


Geschichte 75<br />

Der Eagle Cup:<br />

Ein Golfturnier am Matterhorn<br />

Jedes Jahr im September findet der 9-Loch Golf Adventure Wettkampf Matterhorn Eagle Cup am Fusse<br />

des Matterhorns statt. Marcel Mooser, passionierter Golfspieler und ehemaliges Geschäftsleitungsmitglied<br />

der Matterhorn Gotthard Bahn, hat verschiedentlich am Turnier teilgenommen. Er erzählt von<br />

seinen Erfahrungen.<br />

Geschichte 74<br />

Wohnen mit Blick auf die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

Mit der touristischen Entwicklung von Zermatt war es für die Angestellten der <strong>Gornergrat</strong> Bahn oft<br />

schwer, geeigneten Wohnraum zu finden. Deshalb erbaute das Unternehmen in den 1970er-Jahren ein<br />

Wohnhaus für Angestellte.<br />

Angespannte Wohnsituation<br />

Mit der zunehmenden Entwicklung von<br />

Zermatt als internationaler Tourismusdestination<br />

wurde der Wohnraum in Zermatt<br />

knapp. In der Zeit nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg war dies vor allem für die Angestellten<br />

der Bergbahnen ein Problem.<br />

Um als Arbeitgeberin attraktiv zu sein,<br />

musste der Verwaltungsrate der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn bezahlbaren Wohnraum zur<br />

Verfügung stellen. Nur wenn genügend<br />

Wohnungen, Studios und Angestelltenzimmer<br />

verfügbar waren, konnte die Bahn<br />

auch auswärtige Fachkräfte rekrutieren.<br />

Bahneigenes Wohnhaus<br />

Der Verwaltungsrat reagierte auf die angespannte<br />

Situation und beauftragte den<br />

Bau eines Wohnhauses für Angestellte.<br />

1972 begann der Bau auf der bahneigenen<br />

Parzelle etwas oberhalb der Getwingbrücke<br />

über die Vispa und gleich neben<br />

dem Eingang zum Depotstollen der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn. Bereits ein Jahr später war<br />

der Rohbau des Gebäudes erstellt.<br />

Gornerhaus<br />

Anfangs September 1974 konnten zahlreiche<br />

Angestellte das «Gornerhaus» mit<br />

9 Wohnungen, 3 Studios und 9 Angestelltenzimmern<br />

beziehen. Wir sprachen dazu<br />

mit Meinrad Heynen, einem ehemaligen<br />

Bewohner des Gornerhauses:<br />

Als Meinrad bei der <strong>Gornergrat</strong> Bahn zu<br />

Arbeiten begann, wohnte er zuerst in<br />

einem kleinen Zimmer im Obergeschoss<br />

des <strong>Gornergrat</strong>-Depots, ab 1977 dann<br />

in einem der Angestelltenzimmer im<br />

Gornerhaus. 1979 heiratete er und das<br />

junge Paar konnte eine 2½-Wohnung in<br />

Gornerhaus beziehen. 1983 schliesslich<br />

wechselten sie in eine 4½-Wohnung im<br />

dritten Stock.<br />

Wie Meinrad ebenfalls erzählte, waren<br />

die Wohnungen auf einem für damalige<br />

Verhältnisse sehr guten Standard. Speziell<br />

erwähnte er die günstigen Mietpreise für<br />

die Mitarbeitenden, der Name «Dienstwohnungen»<br />

war deshalb berechtigt.<br />

Von beiden Wohnungen hatten sie eine<br />

schöne Matterhornsicht. Als er 1988 das<br />

Unternehmen verliess, musste er auch die<br />

Wohnung aufgeben, da diese Mitarbeitenden<br />

vorbehalten waren.<br />

Neueröffnung im Jahr 2023<br />

2022 startete die Totalsanierung des<br />

inzwischen in die Jahre gekommenen<br />

Wohnhauses mit den aktuell 17 Wohnungen.<br />

Diese umfasste den Rückbau<br />

des gesamten Hauses in den Rohbau und<br />

eine Altlastensanierung. Seit dem 1. März<br />

2023 vermietet BVZ Asset Management<br />

AG die neuen Wohnungen. Wie in der<br />

Vergangenheit gibt sie den interessierten<br />

Mitarbeitenden der Bahn den Vorrang.<br />

Marcel Mooser, was macht den Matterhorn<br />

Eagle Cup speziell für Sie?<br />

Marcel Mooser: «Am besten gefällt mir<br />

das Golfspielen in traumhafter Kulisse:<br />

Die Bälle schlägt man mit Blick auf das<br />

Matterhorn zwischen 2500 und 1400<br />

Metern über Meer. Der Wettkampf rückt<br />

dabei eher in den Hintergrund.»<br />

Was unterscheidet den Matterhorn<br />

Eagle Cup, in dem Adventure Golf<br />

gespielt wird, von einem normalen<br />

Golfturnier?<br />

Marcel Mooser: «Der grosse Unterschied<br />

am Matterhorn Eagle Cup ist, dass man<br />

in freiem Gelände und nicht auf einem<br />

präparierten Golfplatz spielt. Damit man<br />

dennoch trifft, verfügt das Loch über<br />

einen Durchmesser von 75 cm. Zudem<br />

darf man den Ball um eine Schlägerlänge<br />

versetzen.»<br />

Was reizt Sie daran?<br />

Marcel Mooser: «Die Bälle fliegen auf<br />

dieser ausserordentlichen Höhe über dem<br />

Meeresspiegel viel weiter als üblich, was<br />

jeden Golfer freut. Der Luftdruck ist tiefer,<br />

das merkt man.»<br />

Sie waren mehrmals am Eagle Cup<br />

dabei, was war Ihr Highlight?<br />

Marcel Mooser: «Am Matterhorn Eagle<br />

Cup steht vor allem der Spass und die Geselligkeit<br />

im Vordergrund. Im vierer Team<br />

mit engen Freunden haben wir das Turnier<br />

sogar einmal gewonnen!»<br />

Willst auch du teilnehmen? 2024 findet<br />

der Matterhorn Eagle Cup am 31. August<br />

statt. Weitere Informationen zum Turnier<br />

findest du unter: Eagle Cup – Golf Club<br />

Matterhorn Zermatt<br />

74 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 75


Geschichte 77<br />

<strong>Gornergrat</strong>-Derby:<br />

Internationaler Ski-Wettkampf in Zermatt<br />

In den 1950er- und 1960er-Jahren war das <strong>Gornergrat</strong>-Derby einer der bekanntesten Ski-Events in Europa.<br />

Für die Abfahrenden war das Rennen vom <strong>Gornergrat</strong> aufgrund seiner ausserordentlichen Länge<br />

eine grosse Herausforderung; die Herrenabfahrt war unglaubliche sechs Kilometer lang.<br />

Zermatt organisiert erstmals<br />

internationale Ski-Rennen<br />

Vor 77 Jahren, im Februar 1946 fanden<br />

erstmals Abfahrtsrennen unter der Bezeichnung<br />

«<strong>Gornergrat</strong>-Derby» statt. Die<br />

Herrenabfahrt startete vom <strong>Gornergrat</strong>,<br />

nahe vom Bahnhof der <strong>Gornergrat</strong>-Bahn;<br />

die Damen vom Riffelberg. Das gemeinsame<br />

Ziel war auf der Wiese «Tuftra» südlich<br />

von Zermatt.<br />

Geschichte 76<br />

Sternenforschung auf dem <strong>Gornergrat</strong><br />

Der <strong>Gornergrat</strong> ist einer der besten Standorte für astronomische Beobachtungen in ganz Mitteleuropa.<br />

Von 1967 bis 2010 erforschten Astronominnen und Astronomen den Sternenhimmel von den beiden<br />

Kuppeln des Kulmhotels <strong>Gornergrat</strong>.<br />

Warum auf dem <strong>Gornergrat</strong>?<br />

Hauptgrund für die Wahl des <strong>Gornergrat</strong>s<br />

als Standort war der weltweit grosse Mangel<br />

an Sternwarten in Bergeshöhe. Denn<br />

hier, auf über 3000 Metern über Meer,<br />

kann das Sternenlicht mit grossen Teleskopen<br />

möglichst unbeeinflusst von atmosphärischen<br />

Verunreinigungen untersucht<br />

werden. Der <strong>Gornergrat</strong> wies zusätzlich<br />

konstant günstige Bedingungen für astronomische<br />

Beobachtungen auf, durch den<br />

geringen Wassergehalt in der Luft, die<br />

niedrige Luftverschmutzung und die guten<br />

meteorologischen Bedingungen. Ein<br />

weiterer Grund für die Forschenden war<br />

die ganzjährige gute Erreichbarkeit.<br />

Ausbau Observatorium<br />

<strong>Gornergrat</strong> Süd<br />

Zwischen Ende der 1960er-Jahre und<br />

2010 forschten Astronominnen und Astronomen<br />

auf dem <strong>Gornergrat</strong>.<br />

Eine wichtige bauliche und technische<br />

Weiterentwicklung erfolgte Mitte der<br />

1970er-Jahre. Wie die internationale Stiftung<br />

Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch<br />

und <strong>Gornergrat</strong> (HFJG) in einer<br />

Medienmitteilung berichtet, wurde 1976<br />

auf dem Südturm des Hotels <strong>Gornergrat</strong><br />

Kulm eine 7,5 Meter hohe Kuppel aufgebaut.<br />

Darin installierte die Forschungsgesellschaft<br />

ein leistungsfähiges 1-Meter-<br />

Teleskop.<br />

1986 ersetzte die Universität Köln, welche<br />

zwischen 1984 und 2010 auf dem <strong>Gornergrat</strong><br />

forschte, dieses durch ein Radioteleskop<br />

von drei Metern Durchmesser.<br />

Grösstes Teleskop Europas<br />

im Nordturm<br />

1979 errichtete die Universität Mailand<br />

zusätzlich eine Sternwarte im Nordturm,<br />

die bis 2005 bestand. Wie Professor Citterio<br />

dem Redaktor der Zeitung «Walliser<br />

Volksfreund» berichtete, installierte die<br />

Uni Mailand dort das damals grösste Infrarot-Teleskop<br />

Europas mit einem Durchmesser<br />

von 1,5 Metern. Aktuell wird der<br />

Nordturm aber nicht genutzt.<br />

Pädagogisches Teleskop<br />

2010 versetzte das physikalische Institut<br />

der Universität Köln das 3 m Radioteleskop<br />

nach Yangbajing/Lssa (Tibet) und<br />

stellte damit die Forschung auf dem<br />

<strong>Gornergrat</strong> ein. Heute ist im Südturm<br />

ein pädagogisches Teleskop in Betrieb.<br />

Die HFJG setzt es in der Lehre und Ausbildung<br />

ein. Jugendliche und Studierende<br />

können über einen Informatikzugang erste<br />

Erfahrungen in der wissenschaftlichen<br />

Forschung mit Himmelskörpern sammeln.<br />

Wenn auch du einen Einblick bekommen<br />

möchtest, findest du weitere Informationen<br />

unter www.hfsjg.ch/de/gornergrat &<br />

www.stellarium-gornergrat.ch<br />

Die Herrenstrecke war sechs Kilometer<br />

lang und wies eine Höhendifferenz von<br />

rund 1500 Höhenmetern auf. Als Vergleich:<br />

Das heute längste Weltcup-Abfahrtsrennen<br />

ist mit 4,5 km das Lauberhornrennen.<br />

Zwei Einheimische steigen als Sieger und<br />

Siegerin auf das Podest: Bei den Herren<br />

war es Adolf Aufdenblatten und bei den<br />

Damen Dorly Lehner.<br />

1947 erfolgte die zweite Durchführung<br />

als «Internationales <strong>Gornergrat</strong>-Derby».<br />

Aufdenblatten gewann die Abfahrt in 8<br />

Minuten und 16 Sekunden.<br />

Erweiterung auf drei Rennen<br />

1948 erweiterten die Organisatoren das<br />

<strong>Gornergrat</strong>-Derby um weitere Rennen:<br />

Dazu kam die Kombination der Blauherdabfahrt<br />

und der Slalom. In dieser Ausführung<br />

dauerte das Derby drei Tage.<br />

Der Derbysprecher Karl Erb, der den Zermatter<br />

Anlass während vieler Jahre moderierte<br />

, widmete dem <strong>Gornergrat</strong>-Derby<br />

1973 in der Zeitung «Sport» den folgenden<br />

Text: «Im März fand in den 50er- und<br />

60er-Jahren jenes Rennen statt, das sich<br />

weit über die Grenzen unseres Landes<br />

hinaus grösster Popularität erfreute: Das<br />

<strong>Gornergrat</strong>-Derby in Zermatt. An der<br />

Blauherdabfahrt mit dem dazugehörigen<br />

Slalom und auch dem abschliessenden<br />

Derby vom <strong>Gornergrat</strong> herunter beteiligten<br />

sich jeweils die Weltbesten... Sie wurden<br />

nicht durch irgendwelche Prämien,<br />

sondern durch eine einmalige herzliche<br />

Gastfreundschaft, eine begeisterte Ambiance<br />

und tadellos organisierte Rennen<br />

auf erstklassige Pisten gelockt.»<br />

Anpassung an den internationalen<br />

Wettkampfkalender<br />

Im Laufe der 1960er-Jahre hatte die Neuorganisation<br />

der Skirennen in Form des internationalen<br />

Weltcups den Wettkampfkalender<br />

stark verändert und Zermatt<br />

verzichtete auf die weitere Durchführung<br />

des Derbys.<br />

Bei der letzten Durchführung im Jahr<br />

1967 stellte Jean-Daniel Dätwyler aus der<br />

Schweiz einen neuen Streckenrekord auf:<br />

Er erreichte das Ziel in 6 Minuten und 10<br />

Sekunden.<br />

Abfahrtspisten noch heute offen<br />

Die Pisten vom <strong>Gornergrat</strong> nach Zermatt<br />

und von Blauherd ins Dorf (Piste National)<br />

können Skigäste nach wie vor geniessen:<br />

Fahre die Pisten und du erhältst einen<br />

Eindruck der unglaublichen Leistung der<br />

Rennfahrenden von damals.<br />

76 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 77


Geschichte 78<br />

Mark Twain: Riffelberg in der Literatur<br />

Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain besuchte auf seiner zweiten Europareise 1878 Zermatt<br />

und bestieg den <strong>Gornergrat</strong>. Berichte von Bergsteigenden inspirierten ihn zu einer literarischen Interpretation<br />

der Besteigung des Riffelbergs.<br />

Geschichte 79<br />

Ein Actionfilm in Zermatt<br />

Das Bergdorf Zermatt diente schon vielen Filmen als Drehort. So auch dem britischen Action-Klassiker<br />

Ein Mann räumt auf (org. Love and Bullets) aus dem Jahr 1979, wo die imposante Bergwelt von Zermatt<br />

Schauplatz für atemberaubende Verfolgungsjagden bildete.<br />

Bummel durch Europa<br />

In «A Tramp Abroad» (Bummel durch<br />

Europa) schilderte Mark Twain auf halbsatirische<br />

Art die Erlebnisse seiner zweiten<br />

Europareise im Jahr 1878. Diese führte ihn<br />

im August auch nach Zermatt, wo er im<br />

Hotel Monte Rosa übernachtete und Tagebuch<br />

schrieb.<br />

Mit seinem Begleiter Harris bestieg er<br />

während seines Aufenthalts den <strong>Gornergrat</strong>.<br />

Besteigung des Riffelbergs<br />

Im Tagebuch ist auch festgehalten, dass er<br />

den ersten Abend in Zermatt mit der Lektüre<br />

von Bergsteiger-Büchern verbrachte.<br />

Die abenteuerlichen Schilderungen regten<br />

seine Fantasie an und mündeten in<br />

einer humorvollen Passage über die Besteigung<br />

des Riffelbergs in «A Tramp Abroad»<br />

(Kapitel 36–39):<br />

«Die Expedition umfasste 198 Personen<br />

einschliesslich der Maultiere oder 205<br />

einschliesslich der Kühe» wie Twain über<br />

seine Expedition zum Riffelberg schrieb.<br />

Zu den Teilnehmenden gehörten unter<br />

anderen 17 Bergführer, 4 Ärzte und 15<br />

Büffettiers. Aber auch die Vorräte und<br />

Ausrüstung waren beeindruckend. Dazu<br />

gehörten 22 Fässer Whisky, 2000 Zigarren,<br />

143 Krücken, 25 Sprungfedermatratzen,<br />

29 Zelte, 22 Leitern und 154 Regenschirme.<br />

Twain beschrieb die Wanderung auf den<br />

Riffelberg als abenteuerliche Bergbesteigung,<br />

die sieben Tage dauerte. Entsprechend<br />

umfassend war die Gruppe ausgerüstet.<br />

Mark Twain Weg<br />

Auch Du kannst zwischen Riffelalp und<br />

Riffelberg auf den Spuren von Mark Twain<br />

wandern. Bei Zermatt Tourismus findest<br />

du die Wegbeschreibung und weitere Informationen.<br />

«Ich hatte von dieser Höhe einen<br />

herrliche Aussicht auf den Monte<br />

Rosa und allem Anschein nach auf<br />

die ganze übrige Alpenwelt. Der<br />

Horizont war rundum ein hochgetürmter,<br />

mächtiger Wirrwarr schneebedeckter<br />

Kämme.»<br />

Mark Twain<br />

Ein kalter Wintertag bricht in Zermatt an,<br />

während eine sanfte Brise durch die engen<br />

Strassen des Bergdorfs weht. Das majestätische<br />

Matterhorn erhebt sich stolz<br />

am Horizont. Die Szenerie wirkt beinahe<br />

zeitlos, als ein einsamer Mann zwischen<br />

den alten Scheunen hindurchstapft. Diese<br />

ersten Bilder entfalten sich auf der Leinwand<br />

und eröffnen den Film «Ein Mann<br />

räumt auf», der im Jahr 1979 seine deutsche<br />

Erstaufführung feierte.<br />

Auf Leben und Tod<br />

Im Film wird Kommissar Charlie Congers<br />

von der Polizei Phoenix im US-Bundesstaat<br />

Arizona von der amerikanischen<br />

Regierung beauftragt, die Freundin des<br />

Gangsters Joe Bompasa zu entführen. Jackie<br />

soll belastende Informationen preisgeben<br />

und dabei mithelfen, Joe ins Gefängnis<br />

zu bringen. Die Verfolgungsjagd<br />

beginnt und schnell wird klar, dass sie sich<br />

in der Schweiz versteckt.<br />

Viele Teile von Charlies Mission wurden in<br />

und um Zermatt gefilmt. Im Actionfilm, in<br />

dem Stuart Rosenberg Regie führte, sind<br />

die Protagonisten unter anderem an der<br />

BVZ-Station Stalden-Saas/Zermatt zu sehen<br />

oder im Zug der Matterhorn Gotthard<br />

Bahn. Auf der Flucht vor Joes Leuten,<br />

stoppen Charlie und Jackie sogar die <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn. Die Rivalen verfolgen die<br />

Bahn dann mit dem Hubschrauber. Ob es<br />

ihnen gelingt, die Fliehenden einzuholen<br />

und wie die Geschichte ausgeht, erfahren<br />

Filmliebhaberinnen und -liebhaber im Film<br />

«Love and Bullets».<br />

Zermatt als Drehort<br />

Die Schönheit der Schweizer Alpen und<br />

die <strong>Gornergrat</strong> Bahn haben die <strong>Faszination</strong><br />

vieler Filmschaffenden geweckt und<br />

werden sicherlich auch in Zukunft in weiteren<br />

Produktionen zu sehen sein.<br />

Weitere Filme, die in Zermatt spielen, findest<br />

du auch in unseren <strong>Geschichten</strong> 11,<br />

35, 37 und 49.<br />

78 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 79


Geschichte 110<br />

Schneller auf dem <strong>Gornergrat</strong><br />

1913 brauste der erste Zug durch den Lötschbergtunnel. Dank dem Eisenbahntunnel wurde die Reisezeit<br />

aus der Deutschschweiz ins Wallis deutlich verkürzt. Ein grosser Vorteil für die <strong>Gornergrat</strong> Bahn.<br />

Vor 110 Jahren eröffnete die Bahngesellschaft<br />

BLS mit dem 14,6 km langen<br />

Lötschbergtunnel eine Verbindung<br />

zwischen den Kantonen Bern und Wallis.<br />

Der Eisenbahntunnel zwischen den<br />

Orten Kandersteg und Goppenstein ist<br />

das Herzstück der Lötschberg-Bergstrecke<br />

und verkürzt seit seiner Eröffnung<br />

die Reisezeit zwischen den Regionen<br />

deutlich.<br />

3,5 Stunden weniger Reisezeit<br />

Die neue Verbindung ist sehr zum Vorteil<br />

der <strong>Gornergrat</strong> Bahn. Im <strong>Buch</strong> «<strong>Gornergrat</strong><br />

Chronik» heisst es:<br />

«Die Schweizer besuchen den <strong>Gornergrat</strong><br />

noch viel zu wenig! […] Man sieht den<br />

Grund in der zeitraubenden Zugfahrt:<br />

Von Zürich nach Zermatt 11 Stunden, von<br />

Bern 8 Stunden. Mit der Eröffnung der<br />

Lötschbergbahn werden sich die Reisezeiten<br />

aus der Nord- und Ostschweiz um<br />

3,5 Stunden verkürzen.»<br />

Und es half. Im Geschäftsbericht der <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn von 1913 steht, dass die Eröffnung<br />

des Lötschbergtunnels, die Mitte<br />

der Sommersaison erfolgte, eine erfreuliche<br />

Zunahme an Reisenden brachte.<br />

50 Millionen verladene Autos<br />

Die Möglichkeit, sich mit dem Auto unter<br />

dem Lötschberg durchfahren zu lassen,<br />

wurde mit der Zunahme des Individualverkehrs<br />

immer reger genutzt: 1970<br />

konnte die BLS im Herbst den millionsten<br />

Autoverlad feiern. Ein Anlass, der gebührend<br />

gefeiert wurde.<br />

Der Verkehr auf der rollenden Strasse am<br />

Lötschberg nahm über die Jahre sprunghaft<br />

zu. 1960 waren es 13 000 Autos, 10<br />

Jahre später eine Million und 2018 wurden<br />

50 Millionen verladene Autos am<br />

Lötschberg gezählt.<br />

Das Wallis wird zum Vorort<br />

Im Rahmen des Schweizer Grossprojektes<br />

«Neue Alpentransversale» (NEAT), mit<br />

dem der Nord-Süd-Transitverkehr mit der<br />

Eisenbahn verbessert wird, wurde 2007<br />

der 34,6 Kilometer lange Lötschberg-Basistunnel<br />

eröffnet. Damit verringerte sich<br />

die Reisezeit für den Personenverkehr<br />

enorm. In Zahlen: 33 statt wie zuvor 56<br />

Minuten dauert die 74 Kilometer lange<br />

Fahrt von Spiez nach Brig oder umgekehrt.<br />

Damit wurde das Wallis zur Agglomeration<br />

von Bern, Zürich und Basel.<br />

Direktor Anliker überreichte dem<br />

«Millionär» Ernst Bart aus Spreitenbach<br />

eine goldene Armbanduhr mit<br />

Widmung. Mit Blumen empfangen<br />

und mit sinnigen Geschenken bedacht<br />

wurden auch die Insassen<br />

zweier weiterer Autos: ein Ehepaar<br />

aus Mannheim und zwei Freunde<br />

aus Turtmann im Oberwallis.<br />

Der Bund, 9. September 1970<br />

Geschichte 111<br />

Mit Alphörnern zum Rekord<br />

Am 20. August 1898 nahm die <strong>Gornergrat</strong> Bahn ihren Betrieb als erste elektrische Zahnradbahn der<br />

Schweiz auf. Zum 111. Jubiläum im Jahr 2009 organisierte sie einen Alphorn-Rekord auf dem <strong>Gornergrat</strong>.<br />

Die etwas andere Jubiläumsfeier<br />

Am 20. August 2009 feierte die <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn ihren 111. Geburtstag. Doch es<br />

sollte keine gewöhnliche Jubiläumsfeier<br />

werden, denn die Organisatoren hatten<br />

eine Vision, welche die Welt ins Staunen<br />

versetzen sollte. Der Geburtstag sollte mit<br />

einem Weltrekord gefeiert werden.<br />

Die <strong>Gornergrat</strong> Bahn wollte am besagten<br />

Tag um 11.11 Uhr das eigens komponierte<br />

Geburtstagsstück «Vom <strong>Gornergrat</strong>» von<br />

möglichst vielen Alphornbläsern spielen<br />

lassen und dabei einen Weltrekord aufstellen.<br />

Alphornbläser aus aller Welt<br />

Viele Musikantinnen und Musikanten<br />

begeisterten sich und nahmen am Weltrekordversuch<br />

teil. An diesem Donnerstag<br />

im Jahr 2009 versammelten sich<br />

insgesamt 366 Alphornbläser auf dem<br />

<strong>Gornergrat</strong> und spielten gemeinsam einige<br />

Stücke. Aus der ganzen Schweiz und<br />

sogar aus dem Ausland reisten sie an, um<br />

zu musizieren.<br />

Der zweite Weltrekord<br />

Motiviert und inspiriert vom ersten Erfolg<br />

versammelten sich zwei Jahre später<br />

508 Musikerinnen und Musiker mit ihren<br />

Alphörnern auf 3089 Höhenmetern. Das<br />

weltgrösste Alphorn-Orchester führte vor<br />

der Alpenkulisse ein weiteres extra komponiertes<br />

Stück von Gilbert Kolly auf. 26<br />

Fahnenschwinger untermalten das Konzert<br />

optisch. Dieser Event fand den Eintrag<br />

ins Guinnessbuch und die einmaligen<br />

Bilder gingen um die ganze Welt.<br />

110 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 111


Geschichte 112<br />

Gemeinsam für eine gute Reklame<br />

Reklame, wie damals die Werbung genannt wurde, war für die <strong>Gornergrat</strong> Bahn von Beginn an sehr<br />

wichtig. Um für mehr nationale und internationale Bekanntheit zu sorgen, ging die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

Partnerschaften ein.<br />

Präsenz an Ausstellungen<br />

Die Werbepartner nahmen auch immer<br />

wieder an internationalen Ausstellungen<br />

teil. So beispielsweise 1906 an der Weltausstellung<br />

in Mailand, wo sie die weltgrösste<br />

Fotografie vom <strong>Gornergrat</strong>-Panorama<br />

als Blickfang aufstellten.<br />

1911, vor 112 Jahren, waren die Partner<br />

in Berlin präsent, wie es im Geschäftsbericht<br />

heisst: «Eine günstige Gelegenheit<br />

auf die Schönheiten unserer Gegend<br />

aufmerksam zu machen, bot sich durch<br />

die Ausstellung eines grossen Panoramas<br />

nebst einigen Bildern vom Matterhorn an<br />

der Internationalen Reise- und Verkehrsausstellung<br />

in Berlin.»<br />

Geschichte 113<br />

Die Geschichte des Kulmhotels<br />

Das Kulmhotel <strong>Gornergrat</strong> auf 3100 m ü.M. ist das höchst gelegen Hotel in den Schweizer Alpen. Heute<br />

machen die eindrucksvolle Lage und die Aussicht auf die umliegenden Berggipfel das Hotel zu einer<br />

erstklassigen Destination für Bergsteiger und Skifahrer. Der Weg zur Eröffnung war allerdings von<br />

vielen Herausforderungen geprägt.<br />

Reklame ist ein<br />

Gemeinschaftsprojekt<br />

Schon im ersten Betriebsjahr 1898 investierte<br />

die <strong>Gornergrat</strong> Bahn fast CHF<br />

10 000 in die Reklame. Im Geschäftsbericht<br />

von 1899 ist von einem Gemeinschaftsprojekt<br />

die Rede:<br />

Von der Ansicht ausgehend, dass es<br />

keinen rechten Sinn habe, wenn die<br />

Visp – Zermatt­Bahn, die Hoteliers in<br />

Zermatt und die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

separat Reklame machen, da es<br />

ja allen gleichmässig zum Nutzen<br />

gereiche, wenn die Fremden überhaupt<br />

nach Zermatt kommen, haben<br />

wir angestrebt, die Reklame soweit<br />

als möglich gemeinschaftlich zu betreiben<br />

und die bezüglichen Kosten<br />

gemeinschaftlich zu tragen.<br />

Broschüren, Plakate, Inserate<br />

Ein wichtiges Werbeinstrument waren<br />

mehrsprachige Prospekte mit ausführlichen<br />

Beschreibungen und Details zu<br />

Fahrplänen und Preisen. Auch erste Karten<br />

mit Wanderwegen wurden produziert<br />

und den Gästen zur Verfügung gestellt.<br />

Schön gestaltete Plakate und Zeitungsinserate<br />

ergänzten die Werbung.<br />

Schweizer Markt<br />

als Herausforderung<br />

In den ersten Jahrzehnten war der Anteil<br />

der Schweizerinnen und Schweizer<br />

mit rund 10 Prozent am Total der Gäste<br />

relativ gering. Deshalb investierten die<br />

Partner auch Geld für die Werbung in<br />

der Schweiz. 1907 liessen sie eine grosse<br />

Fotografie vom <strong>Gornergrat</strong>-Panorama in<br />

der Halle des Bahnhofs Luzern anbringen,<br />

1908 zusätzlich im Bahnhof Basel. Im<br />

Bahnhofbuffet von Lausanne warben sie<br />

mit einem grossen Gemälde für Zermatt.<br />

Wie alles begann<br />

1886 wurde auf der heutigen Aussichtsplattform<br />

auf dem <strong>Gornergrat</strong> eine kleine<br />

«Cabane» namens «Gifthittji» gebaut.<br />

Neun Jahre später entstand am selben<br />

Ort das Hotel Belvédère.<br />

Beide Projekte wurden allerdings von<br />

Zeitgenossen kritisiert. Sie argumentierten,<br />

dass die Verbauung des Standorts die<br />

beste Aussicht vereinnahme.<br />

Der Bau des Kulmhotels<br />

Als 1898 die <strong>Gornergrat</strong> Bahn ihren Betrieb<br />

aufnahm, befand sich die Bergstation<br />

am <strong>Gornergrat</strong> zunächst rund 71 Meter<br />

unter dem heutigen Standort. 1909<br />

wurde das Hotel Belvédère abgerissen<br />

und so entstand Platz für die höher gelegene<br />

Bergstation der <strong>Gornergrat</strong> Bahn.<br />

Unter dem Aspekt der ökonomischen<br />

Entwicklung bewilligte der Burgerrat von<br />

Zermatt den Bau des Kulmhotels am heutigen<br />

Standort, wie es im <strong>Buch</strong> «100 Jahre<br />

im Banne des Monte Rosa» heisst:<br />

«Ein grosszügiges Berghotel mit 43 Zimmern<br />

und 70 Betten kam auf ungefähr<br />

CHF 50 0000 zu stehen. Es trug alle Voraussetzungen<br />

in sich, der damaligen<br />

Gästeschar zu gefallen und die Kasse<br />

klingelte».<br />

Vor 113 Jahren, 1910, feierte das Kulmhotel<br />

<strong>Gornergrat</strong> seine Eröffnung.<br />

Das heutige Kulmhotel hat eine lange Geschichte<br />

hinter sich. Heute ist dort sogar<br />

ein Ausflug zu den Sternen möglich.<br />

Geschäftsbericht von 1899<br />

Insbesondere die Visp – Zermatt-Bahn und<br />

die Seiler Hotels beteiligten sich an den<br />

Ausgaben.<br />

112 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 113


Geschichte 115<br />

Oft beobachtet: Murmeltiere am <strong>Gornergrat</strong><br />

Für Naturliebhaber sind die Murmeltiere auf dem <strong>Gornergrat</strong> ein besonderes Highlight. In der Umgebung<br />

rund um das Matterhorndorf leben gegen 1000 «Murmunde», wie sie von den Zermattern liebevoll<br />

genannt werden. Sie sind rund einen halben Meter gross und ihr Schwanz hat eine Länge von 115 mm.<br />

Frühlingserwachen<br />

Am 19. März, dem Josefstag, kommen die<br />

Murmeltiere aus ihrem Bau. Das besagt<br />

zumindest die Volksweisheit in Zermatt.<br />

Die Murmeltiere erwachen aus ihrem<br />

Winterschlaf und erkunden die Frühlingswelt.<br />

Nach dem langen Winter ernähren sie<br />

sich von den ersten Kräutern, Gräsern<br />

und Blumen und wärmen ihre Körper in<br />

der Frühlingssonne. Im Winter sinkt ihre<br />

Körpertemperatur auf 5 Grad und ihre<br />

kleinen Herzchen schlagen nur noch rund<br />

20 mal pro Minute. Im Sommer sind es<br />

200 Schläge.<br />

Schlaue Kerlchen<br />

Geschichte 114<br />

10 600 Zahnstangen bei der <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

Abnützung gibt es nicht nur bei menschlichen Zähnen: Davon betroffen sind auch die Zahnstangen der<br />

<strong>Gornergrat</strong> Bahn.<br />

Seit ihrer Eröffnung 1898 fährt die <strong>Gornergrat</strong><br />

Bahn auf der gesamten Strecke<br />

von Zermatt bis auf den <strong>Gornergrat</strong> mit<br />

dem Zahnrad. Um das reibungslose Funktionieren<br />

der Bahn zu gewährleisten, sind<br />

regelmässige Erneuerungen bei der Infrastruktur<br />

Pflicht. So auch ab 2012 als in<br />

einem 4-jährigen Projekt die Zahnstangen<br />

teilweise ersetzt wurden.<br />

28 Kilometer Zahnstange<br />

Melanie Truffer, damalige Leiterin Unternehmenskommunikation<br />

der Bahn, beschrieb<br />

2013 – 114 Jahre nach der Eröffnung<br />

der Bahn – das Projekt in der<br />

Mitarbeiter-Zeitung «Pantograph»:<br />

«Eine Strecke von 9,3 Kilometer überwindet<br />

ein Fahrgast auf der Reise von Zermatt<br />

auf den <strong>Gornergrat</strong>.» Die gesamte Länge<br />

der Zahnstangen misst jedoch mit 28 Kilometern<br />

mehr als das Dreifache.<br />

Truffer erklärte dies wie folgt: «Dies mag<br />

erstaunen! Zählt man jedoch sämtliche<br />

Kreuzungsstellen, Stationen, Doppelspurabschnitte<br />

und den Fakt der doppelten<br />

Zahnstange mit, kommt man tatsächlich<br />

auf eine Zahnstangenlänge von 28 Kilometern.<br />

Eine einzelne Zahnstange misst<br />

2,64 Meter und wiegt 67 Kilogramm, das<br />

heisst rund 10 600 einzelne Zahnstangen<br />

sind bei der <strong>Gornergrat</strong> Bahn eingebaut,<br />

diese wiegen im Total rund 710,6 Tonnen.»<br />

Zahn auf Zahn führt zur Abnützung<br />

Truffer schrieb weiter: «Bei der Befahrung<br />

der Zahnstangen nützt das Zahnrad die<br />

Zahnstangenzähne ab. Sowohl bei der<br />

Tal- als auch der Bergfahrt wirken die<br />

Kräfte des Zahnrands auf die untere, also<br />

die talwärts-zeigende Seite der Zahnstangenzähne.»<br />

Gedreht oder ersetzt?<br />

«Aus diesem Grund ist es möglich, die<br />

Zahnstangen nach einer rund 10-jährigen<br />

Nutzung, statt zu ersetzen zu drehen, d.h.<br />

sie werden ausgebaut und umgekehrt<br />

wieder eingebaut. Durchschnittlich sind<br />

die Zahnstangen während 20 Jahren im<br />

Betrieb.»<br />

Im Jahr 2015 schloss die <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

die Erneuerungsarbeiten ab, die Kosten<br />

für die Arbeiten betrugen rund CHF 2,5<br />

Millionen.<br />

Die Murmeltiere sind intelligente Wesen.<br />

Ihren Lebensraum verlegen sie immer näher<br />

an die Menschen. Das hat den Vorteil,<br />

dass sie vor natürlichen Feinden wie Füchsen<br />

und Adlern etwas sicherer sind. Falls<br />

aber dennoch Raubtiere unterwegs sind,<br />

pfeifen die Murmeltiere, um ihre Kolonie<br />

zu warnen. Dann sind ihre langen, gelben<br />

Schneidezähne zu sehen.<br />

Murmeltiere beobachten<br />

Am <strong>Gornergrat</strong> sind sie häufig am Riffelberg<br />

und auf der Riffelalp anzutreffen.<br />

Sie siedeln gerne in der Nähe der Bergbahnen,<br />

an den Wanderwegen, an der<br />

Eisenbahn und bei Siedlungen.<br />

Wer sich ruhig hinsetzt und sich nicht bewegt,<br />

kann dem Familienleben der Murmeltiere<br />

vor ihrem Bau zuschauen. Füttern<br />

sollte man die Tiere aber nicht.<br />

Neben den Schwarznasenschafen und<br />

den Steinböcken hat Zermatt noch andere<br />

Tiere, die die Herzen der Besucherinnen<br />

und Besucher höherschlagen lassen.<br />

114 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 115


Geschichte 116<br />

Zwei eigene Chalets für Mitarbeitende<br />

1907 waren die Wohngelegenheiten für Mitarbeitende in Zermatt so knapp, dass sich der Verwaltungsrat<br />

der <strong>Gornergrat</strong> Bahn einschaltete. In der Folge schuf die <strong>Gornergrat</strong> Bahn Unterkünfte für 35 Mitarbeitende.<br />

Im Geschäftsbericht der <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

von 1907 heisst es: «Schon seit einigen<br />

Jahren genügten die Wohnräume zur<br />

Unterbringung unseres Personals nicht<br />

mehr.» Deshalb beschloss der Verwaltungsrat<br />

den Bau von zwei Wohngebäuden,<br />

welche den Mitarbeitenden zur Verfügung<br />

gestellt werden sollten.<br />

Eigene Bodennutzung<br />

Geschichte 117<br />

Vieni, vieni – Italienische Touristen im Fokus<br />

1906 wurde der Simplontunnel als Bahnverbindung zwischen Italien und der Schweiz eröffnet. Damit<br />

verkürzte sich die Anreise vom Süden her massiv. Die <strong>Gornergrat</strong> Bahn intensivierte deshalb ihre<br />

Werbung in Italien.<br />

Eröffnung des Bahnbetriebes durch den<br />

Simplontunnel vom 1. Juni bis 19. September<br />

ein Postkurs über den Simplon<br />

verkehrt, ab Brig 6.30 Uhr, an Simplon-<br />

Hospiz 11.30 Uhr, an Iselle 3.25 Uhr.» Die<br />

Eisenbahn konnte deutlich mehr Reisende<br />

transportieren als die Postkutschen, dies<br />

erhöhte die Frequenzen bei der Visp – Zermatt-Bahn<br />

und bei der <strong>Gornergrat</strong> Bahn.<br />

Mehr Passagiere dank Werbung<br />

Um den Beschluss umzusetzen, versuchte<br />

die <strong>Gornergrat</strong> Bahn vor 116 Jahren,<br />

einen Streifen Land zu erwerben. Da man<br />

sich mit dem Bodenbesitzer aber nicht einigen<br />

konnte, wurde für die zwei geplanten<br />

Chalets eigenes Terrain verwendet.<br />

Das erste Chalet wurde beim Depot am<br />

Bahnhof Zermatt errichtet.<br />

Das zweite, kleinere Chalet enthielt zwei<br />

Wohnungen zu je drei Zimmern und eine<br />

Küche für das Personal der Kraftzentrale.<br />

Aufgrund des Bodenmangels wurde es in<br />

der Nähe der Zentrale erbaut.<br />

Die Wohnungsnot hält an<br />

Mit der touristischen Entwicklung von<br />

Zermatt war es für die Angestellten der<br />

<strong>Gornergrat</strong> Bahn auch in den 1970er-Jahren<br />

schwer, geeigneten Wohnraum zu finden.<br />

Deshalb erbaute das Unternehmen<br />

in den 1972 Jahren ein Wohnhaus für Angestellte.<br />

(Siehe Geschichte Nr. 74)<br />

Mit dem Simplontunnel wurde 1906, vor<br />

117 Jahren, nicht nur der bis Ende der<br />

1970er-Jahre längste Gebirgstunnel der<br />

Welt eröffnet. Die Weltausstellung 1906<br />

in Mailand fand anlässlich der Eröffnung<br />

des Eisenbahntunnels statt und wählte<br />

als Leitthema das Transport- und Verkehrswesen.<br />

Vielleicht machte auch diese<br />

neue Verbindung, die Italien näher an<br />

die Westschweiz und an Frankreich rückte,<br />

die Weltausstellung zu einem Erfolg:<br />

Zwischen 7,5 und 10 Millionen Personen<br />

sollen die Ausstellung besucht haben.<br />

Mehr Verkehr<br />

bei der <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

Im Mai 1906 wurde der 19,8 km lange<br />

Tunnel zwischen der Schweiz und Italien<br />

in Betrieb genommen. Die Fahrt von Domodossola<br />

nach Brig dauerte nun nur<br />

noch rund 50 Minuten statt wie bisher<br />

9 Stunden. Zuvor mussten Reisende den<br />

Simplonpass mit Postkutschen traversieren.<br />

Die Neue Zürcher Zeitung schrieb<br />

in ihrer Ausgabe vom 30. Mai 1906: «Es<br />

sei noch erwähnt, dass auch nach der<br />

Im Geschäftsbericht der <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

von 1905 war nachzulesen: «Rechtzeitig<br />

wurde für eine wirksame Vertretung unserer<br />

Bahn an der Simplon-Ausstellung<br />

in Mailand Sorge getragen; unter anderem<br />

wird daselbst das grosse Wehrli’sche<br />

<strong>Gornergrat</strong>-Panorama zur Ausstellung<br />

gelangen.»<br />

Im Geschäftsbericht 1906 stand schliesslich:<br />

«Neben der allgemeinen Reklame<br />

wurde dieses Jahr speziell an der Simplon-<br />

Ausstellung in Mailand gemeinsam mit<br />

der Visp – Zermatt-Bahn und den Herren<br />

Gebrüder Seiler eine intensive Reklame<br />

betrieben. Der Erfolg derselben ist nicht<br />

ausgebliegen, und es kann ein grosser<br />

Teil der diesjährigen Mehreinnahmen (Anmerkung<br />

+17 Prozent) auf diese Reklame<br />

zurückgeführt werden.»<br />

Das Chalet enthält ausser vier Schlafzimmern<br />

für das Zugspersonal, ein<br />

Krankenzimmer, ein Sitzungszimmer,<br />

eine kleine Wohnung für den<br />

Stationsvorstand, im Parterre ein<br />

Magazin und eine Schreinerwerkstätte<br />

sowie Küche, Speisezimmer<br />

und Bad für die Angestellten.<br />

Geschäftsbericht der <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

116 <strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn<br />

<strong>125</strong> Jahre <strong>Gornergrat</strong> Bahn 117


Das <strong>Buch</strong><br />

zum Jubiläum<br />

<strong>125</strong> <strong>Geschichten</strong> über Historie,<br />

Meilensteine, Menschen<br />

und Natur zur ersten elektrischen<br />

Zahnradbahn der Schweiz.<br />

CHF 18.90

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