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Klaus Hock | Claudia Jahnel | Klaus-Dieter Kaiser (Hrsg.): Mission in Film und Literatur (Leseprobe)

Mission hat in Film und Literatur weiterhin Konjunktur – sei es explizit wie in Scorseses »Silence« (2016) oder in der Netflix-Neuverfilmung von »Black Narcissus« (2020), sei es en passant wie im »Kanonenboot am Yangtse-Kiang« (1966) oder implizit wie in Herzogs »Der Nomade – Auf den Spuren von Bruce Chatwin«. Die Beiträge dieses Bandes befassen sich mit der Inszenierung von Mission in Romanen und Filmen. Dabei zeigen sich verbindende Motive wie etwa das der Grenzüberschreitung, der Begegnung mit dem »Fremden«, des Scheiterns oder der Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Macht. Gleichzeitig bleibt in der Spannung von Fiktion und Faktizität, Story und History das Verständnis von Mission offen und entzieht sich klassischen historischen, religionswissenschaftlichen und interkulturell-theologischen Deutungsmustern.

Mission hat in Film und Literatur weiterhin Konjunktur – sei es explizit wie in Scorseses »Silence« (2016) oder in der Netflix-Neuverfilmung von »Black Narcissus« (2020), sei es en passant wie im »Kanonenboot am Yangtse-Kiang« (1966) oder implizit wie in Herzogs »Der Nomade – Auf den Spuren von Bruce Chatwin«.
Die Beiträge dieses Bandes befassen sich mit der Inszenierung von Mission in Romanen und Filmen. Dabei zeigen sich verbindende Motive wie etwa das der Grenzüberschreitung, der Begegnung mit dem »Fremden«, des Scheiterns oder der Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Macht. Gleichzeitig bleibt in der Spannung von Fiktion und Faktizität, Story und History das Verständnis von Mission offen und entzieht sich klassischen historischen, religionswissenschaftlichen und interkulturell-theologischen Deutungsmustern.

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8 <strong>Klaus</strong> <strong>Hock</strong> / <strong>Claudia</strong> <strong>Jahnel</strong> / <strong>Klaus</strong>-<strong>Dieter</strong> <strong>Kaiser</strong><br />

risch oder filmisch <strong>in</strong>szenierten Erzählungen historische Fakten <strong>und</strong> gegenwärtige<br />

gesellschaftliche <strong>und</strong> globalpolitische Entwicklungen? Welche Geschichts- <strong>und</strong><br />

<strong>Mission</strong>s-Narrative sowie Gegen-Narrative werden generiert oder reproduziert?<br />

Wie sieht das Bild der <strong>Mission</strong> <strong>in</strong> <strong>Film</strong>en <strong>und</strong> Büchern aus dem globalen Süden<br />

aus? Gibt es gender-, race- oder class-bezogene Differenzierungen? Welches globaluniversalisierte,<br />

nationale, regionale oder lokale Wissen über, welche Deutung<br />

von <strong>Mission</strong>, Kultur, Kulturbegegnung, Kolonialismus wird von wem wie erzeugt<br />

bzw. rezipiert?<br />

Unter diesem sehr breiten Fragespektrum wurden Beiträge für die Fachgruppentagung<br />

der Sektion Religionswissenschaft <strong>und</strong> Interkulturelle Theologie <strong>in</strong><br />

der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie erbeten, die von 31. März bis<br />

2. April 2021 <strong>in</strong> Neuendettelsau stattfand. Konkrete E<strong>in</strong>zelfallstudien <strong>und</strong> -analysen<br />

waren dabei ebenso willkommen wie konzeptionell-theoretische Reflexionen<br />

<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen. Die Beiträge durften <strong>und</strong> sollten aus unterschiedlichen<br />

fachlichen Perspektiven <strong>und</strong> Zugängen kommen – sei’s aus <strong>Literatur</strong>-<br />

oder Medienwissenschaft, sei’s aus Geschichtswissenschaft, postkolonialer<br />

Theorie oder Genderforschung, sei’s aus Religionswissenschaft, Theologie, Ethnologie<br />

oder anderen Bereichen.<br />

Zugleich war klar, dass es nicht primär darum gehen konnte, Religion im S<strong>in</strong>ne<br />

religiöser Inhalte zu thematisieren – abgesehen von ihrer <strong>in</strong> <strong>Film</strong> bzw. Buch<br />

expliziten oder gegebenenfalls zu explizierenden Verb<strong>in</strong>dung zum Thema <strong>Mission</strong>.<br />

In den Fokus rücken sollte vielmehr, welche Inhalte sich mit Blick auf <strong>Mission</strong><br />

<strong>in</strong> den <strong>Film</strong>en <strong>und</strong> Büchern spiegeln <strong>und</strong> entsprechend auff<strong>in</strong>den lassen – etwa<br />

im Plot oder <strong>in</strong> den dazugehörigen Narrativen. Dabei ist <strong>in</strong>sbesondere sowohl<br />

der historische Kontext der Entstehung des jeweiligen Werkes zu berücksichtigen<br />

(<strong>in</strong>klusive se<strong>in</strong>er potenziellen Invisibilisierung) als auch se<strong>in</strong>e rezeptionsästhetische<br />

Nachwirkung: Inwieweit spiegeln die dort verhandelten Debatten <strong>in</strong> unserer<br />

Wahrnehmung heutige Themen?<br />

Innerhalb e<strong>in</strong>er Tagung <strong>Mission</strong> im <strong>Film</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> der <strong>Literatur</strong> zu verhandeln,<br />

versprach durchaus <strong>in</strong> vielfacher H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong>en Erkenntnismehrwert. Denn <strong>in</strong><br />

beiden Fällen geht es um die künstlerische Transformation von Themen – <strong>in</strong> unserem<br />

Fall: des Themas »<strong>Mission</strong>« – <strong>und</strong> <strong>in</strong> beiden haben wir es mit Projekten zu<br />

tun, die sich als Bemühen um S<strong>in</strong>nstiftung mittels kultureller Transformation<br />

durch ausgewählte <strong>und</strong> aktualisierte bzw. aktualisierende Deutungsversuche verstehen<br />

lassen. Zudem s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong>o – bzw. Fernsehen, Videotheken oder Stream<strong>in</strong>gportale<br />

– <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong> nicht selten durch das Genre der <strong>Literatur</strong>verfilmungen<br />

mite<strong>in</strong>ander verknüpft, woraus sich aus der Perspektive des <strong>Film</strong>s e<strong>in</strong> doppelter<br />

Bezug (a) zur literarischen Verarbeitung (b) e<strong>in</strong>es Geschehens – fokussiert auf die<br />

<strong>in</strong> der Begegnung mit dem oder den Anderen gegebene Fremdheitserfahrung – sowie<br />

e<strong>in</strong>e doppelte Übersetzung dieses Ereignisses oder dieser Erzählung a) über<br />

die Zeit h<strong>in</strong>weg (b) <strong>in</strong> e<strong>in</strong> anderes Medium ergibt.<br />

Entsprechend der bewusst offen formulierten E<strong>in</strong>ladung traktierten die Beiträge<br />

zur Tagung Themen aus e<strong>in</strong>em weiten thematischen Feld – sowohl, was die<br />

konkreten Beispiele aus <strong>Film</strong> <strong>und</strong> <strong>Literatur</strong> anbelangt, als auch h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

verschiedenen Zugänge <strong>und</strong> Deutungsperspektiven. Angesichts der unterschied-

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