20 | Lesen Sie mehr unter www.dergesundheitsratgeber.ch BRANDREPORT Lebensqualität und Demenz KD Dr. med. Markus Baumgartner, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, CEO und ärztlicher Leiter der Sonnweid AG, spricht über die Herausforderungen <strong>im</strong> Umgang mit Demenz und erklärt, warum gerade bei Fortschreiten der Erkrankung eine hohe Lebensqualität möglich ist.
MEDIAPLANET | 21 Herr Dr. Baumgartner, worauf kommt es in der Betreuung von Demenzpatienten an? Die zwischenmenschliche Beziehung in der Betreuung, in der Pflege und in der Behandlung steht absolut <strong>im</strong> Zentrum. Und wir als Sonnweid sind der Überzeugung, dass diese persönliche Beziehung zu den Betroffenen und ihren Angehörigen auch den entscheidenden Unterschied macht. Ich bin Psychiater und Psychotherapeut, spezialisiert auf die <strong>Alter</strong>spsychiatrie und da auf kognitive Störungen und Demenz. Was ich in meinem beruflichen Alltag gelernt habe, ist, dass die Begegnung von Mensch zu Mensch letztlich den Schlüssel darstellt, um mit den Betroffenen einen guten Weg gehen zu können. Bei Ihnen in der Sonnweid AG wird vor allem auf die Emotionen Betroffener eingegangen, warum ist dies so wichtig? Die Kognition n<strong>im</strong>mt ab, die Emotion aber bleibt. Und das Gegenüber mit Demenz spürt sehr genau, ob ich mich auf die Beziehung einlasse oder ob ich einfach «nur» meinen Job mache. Die Menschen können gut und sauber angezogen sein, dre<strong>im</strong>al am Tag mit feinem Essen versorgt werden und genug zu trinken bekommen. Und doch fehlt etwas – die «emotionale Versorgung» nämlich. Es muss uns gelingen, den einzelnen Menschen dort abzuholen, wo er gerade steht. Dazu brauchen wir nicht ein Konzept für das ganze Haus oder mehrere Stationen, sondern wir brauchen ein Konzept für jeden einzelnen Menschen. Wie schaffen Sie es, die Betroffenen auch «emotional» zu versorgen? Die Beziehung ist zentral. Nur so kann ein Gefühl des Angenommen- Seins und der Zugehörigkeit entstehen. Beziehung kann anstrengend sein. Das wissen wir aus der Partnerschaft, aus der Familie, aus dem Umgang mit Freunden. Aber ohne Beziehung sind wir allein. Beziehung ist Arbeit. Arbeit, die sich für alle lohnt. Oft kommt viel zurück. Das macht uns reich und unsere Arbeit so wertvoll. So kann man mit Menschen mit Demenz etwa überdurchschnittlich viel und häufig lachen. Das gemeinsame Lachen stellt bei uns ein zentrales Beziehungselement dar. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Demenzpatienten offenbar «mehr» Emotionen zulassen? Viele Menschen sind oft kognitiv sehr kontrolliert. Dadurch sind Emotionen schwerer wahrnehmbar. Wenn aber die kognitive Kontrolle langsam schwindet, werden die ehrlichen Emotionen sichtbarer. Aus meiner Sicht ist der Zugang zur Emotionalität eines Betroffenen eine grossartige Sache. Letztlich geht es doch um das Wohlbefinden <strong>im</strong> Hier und Jetzt. Würden Sie sagen, Betroffene können trotz ihrer Demenzerkrankung eine hohe Lebensqualität haben? Die Vergangenheit ist für Betroffene nur noch begrenzt zugänglich, die Zukunft «Out of Range». Das Leben findet <strong>im</strong> Hier und Jetzt statt. Was uns kognitiv <strong>Gesund</strong>en oftmals nicht gut gelingt, das gelingt Menschen mit Demenz sehr gut. Das emotionale Aufgehoben-Sein <strong>im</strong> Hier und Jetzt kann viel Wohlbefinden und Lebensqualität erzeugen – trotz schwerer Erkrankung. Ich würde sagen, die Lebensqualität bei unseren Bewohnenden ist gut bis sehr gut. Was bei Weitem die Lebensqualität der Allgemeinbevölkerung übertrifft. Demenz schützt etwa auch vor Verbitterung. Wie wirkt sich eine Demenzerkrankung auf Angehörige aus? Angehörige leiden oft viel stärker, sind von der Demenz oft mehr betroffen als die Erkrankten selbst. Im Verlauf der Erkrankung zeigt sich bei vielen Betroffenen eine erstaunlich gute Lebensqualität. Und das kann für Angehörige bei aller Schwere der Situation etwas Versöhnliches haben. FOTOS: ZVG KD Dr. med. Markus Baumgartner Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie , CEO und Ärztlicher Leiter Sonnweid AG Kompetenzzentrum für Demenz: Beziehung <strong>im</strong> Fokus • Zuhause für 174 Bewohnerinnen und Bewohner mit 16 Stationen • Ausschliesslich Menschen mit Demenz (unterschiedlichste Formen und Schweregrade) • Haupt-Zielsetzung: Wohlbefinden trotz schwerer Erkrankung • Demenzfreundliche Infrastruktur: Offene Strukturen, Rampen statt Treppen, viel Bewegungsraum, grosse Aussenanlage • Bewohnerinnen und Bewohner sind <strong>im</strong> ganzen Haus unterwegs • Einer der grössten Arbeitgeber in Wetzikon • 325 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 3 Wohnformen, 2 Spezialangebote, Ambulante Gedächtnis-Sprechstunde • 3 Wohngruppen für Menschen, die kognitiv noch relativ stark sind • 2 Oase-Stationen für Menschen, die schwerer pflegebedürftig sind • 9 Betreuungs- und Pflegestationen • 1 Semiakutstation für Demenzerkrankte mit besonders herausforderndem Verhalten • 1 Tag/Nacht-Station zur Entlastung der betreuenden Angehörigen durch Ferien- und Tagesaufenthalte