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ich liebe auch jüngere Kolleginnen und Kollegen, wie Daniela Dill,<br />
Lidija Burcak oder Michael Fehr. Und grossartig finde auch Mundartliteratur<br />
in der Musik wie bei Lo & Leduc, Noti Wümié oder Steff<br />
la Cheffe.<br />
«Ganz ehrlich, für mich gibt<br />
es keinen Dialekt, der nicht schön<br />
klingen kann.»<br />
Pedro Lenz,<br />
Kein & Aber<br />
CHF 29.90<br />
Primitivo<br />
Waldfest in Herzogenbuchsee,<br />
Bacardi am Fluss, Konzerte<br />
und die schöne Laurence. Der<br />
Sommer 1982 hätte so gut<br />
werden können für Charly,<br />
doch dann stirbt sein Kollege<br />
Primitivo plötzlich bei einem<br />
Arbeitsunfall.<br />
© Liliane Holdener<br />
Jetzt mal ganz unter uns: Welcher Dialekt liegt dir jetzt nicht<br />
so, zum Zuhören?<br />
Jeder Dialekt, der sich auf verkrampfte Art mehr Bedeutung geben<br />
will, langweilt mich. Ganz ehrlich, für mich gibt es keinen Dialekt,<br />
der nicht schön klingen kann.<br />
Schwingt da doch noch ein «Aber» mit?<br />
Unschön wird es erst, wenn jemand versucht, einen Dialekt aufzumotzen<br />
mit grammatikalischen Formen, die der Dialekt gar nicht<br />
kennt, Futur- oder Lehnwörtern, die im Sprachalltag gar nicht gebraucht<br />
werden und deshalb in Mundarttexten gestelzt wirken …<br />
Da wären wir auch um Beispiele froh …<br />
«Ich han dich nöd gsuecht, doch du häsch mich gfunde», oder auch<br />
mit langen, komplexen Wetterberichten voller Fachbegriffe auf<br />
Mundart. Mit solcher vermeintlich «besserer» Mundart kann man<br />
mir jeden Text zum Verleiden bringen. Aber einen Dialekt an sich<br />
finde ich nie wüst, höchstens mal ungewohnt und dadurch auch<br />
wieder interessant.<br />
Isch das aues?<br />
Die in diesem Buch versammelten<br />
vierundsechzig<br />
sprachliche Moden und<br />
Marotten hat Pedro Lenz auf<br />
Hochdeutsch geschrieben,<br />
seine Affinität zur Mundart<br />
begleitet uns <strong>Lesen</strong>de aber<br />
fast auf jeder Seite.<br />
Pedro Lenz,<br />
Knapp Verlag,<br />
CHF 29.90<br />
Chöit ders eso näh?<br />
Ist die Aare der schönste Fluss<br />
der Welt? Machen Sie gerne<br />
Geschenke? Kann man Glück<br />
aufsparen? <strong>Lesen</strong> Sie Outdoor-<br />
Prospekte? Dürfen Kinder<br />
unanständige Wörter sagen?<br />
Ist die Verpackung wichtiger<br />
als der Inhalt?<br />
«Mich persönlich inspirieren<br />
vor allem Bücher, Schallplatten<br />
und Menschen.»<br />
Pedro Lenz,<br />
Cosmos Verlag AG,<br />
CHF 28.90<br />
Als geborener Langenthaler lebst du schon lange in Olten.<br />
Viele Schreibkolleginnen und -Kollegen ziehen nach Berlin<br />
oder nach Zürich. Gut, Olten bietet für sein Grössenverhältnis<br />
viel Kultur, Literatur und auch Kabarett. Ist es das, was dich<br />
hierbleiben lässt?<br />
Es würde vermutlich wenig ändern, wenn ich nach Zürich zöge,<br />
ausser dass ich mir keine geräumige Unterkunft für eine fünfköpfige<br />
Familie leisten könnte. Zürich wäre vielleicht fünfundzwanzig<br />
Mal Olten nebeneinander, aber mir genügt ein Olten völlig. Und<br />
wenn du die Inspiration ansprichst, der Wohnort ist nur eine von<br />
ganz vielen Inspirationsquellen. Mich persönlich inspirieren vor<br />
allem Bücher, Schallplatten und Menschen. Das finde ich fast überall.<br />
Wir leben in «struben» Zeiten, die Welt spielt verrückt. Gibt<br />
es Themen, die sich lieber nicht in Mundart kommentieren<br />
lassen? Oder anders gefragt, wie entscheidest du, was du in<br />
welcher Sprache ansprechen möchtest?<br />
Tatsächlich gibt es Themen, die sich mehr für die eine oder die andere<br />
Sprache eignen. Dort, wo die Beschreibung eines literarischen<br />
Sujets wichtiger ist als die gesprochene Sprache, dort komme ich<br />
mit Hochdeutsch besser zurecht. Oder<br />
kurz gesagt: Zum Beschreiben lieber Hochdeutsch,<br />
und wenn ich die Figur reden<br />
lassen will, lieber Mundart.<br />
Du bist voll und ganz freiberuflich, als<br />
Autor aber auch mit Bühnenprojekten.<br />
Im Unternehmertum heisst es, dass<br />
die Abteilung Entwicklung immer der<br />
Produktion voraus sein sollte. Wie kann<br />
man sich bei dir die «Produkte-Entwicklung»<br />
für deine Arbeit vorstellen?<br />
Das ist eine interessante Frage. Bei mir läuft<br />
die Produkte-Entwicklung meistens nach<br />
dem Try-and-Error-Prinzip. Das heisst, ich<br />
probiere etwas, und wenn es funktioniert,<br />
gehe ich weiter, aber wenn es nicht funktioniert,<br />
fange ich wieder von vorne an.<br />
Oft habe ich anfangs nur eine sehr vage Vorstellung von dem, was<br />
ich schreiben will. Und nicht selten merke ich erst nach Tagen oder<br />
Wochen, dass ich mich in eine Sackgasse geschrieben habe. Aber ich<br />
muss es auf jeden Fall ausprobieren. Ich kann nie sagen: Aha, das<br />
ist ein todsicherer Stoff, aus diesem Stoff kann ich bestimmt einen<br />
Roman schreiben.<br />
«Ich suche den Witz<br />
nicht, aber ich weiche ihm<br />
auch nicht aus.»<br />
Melancholie und Ironie oder Wahrheiten<br />
und Witz liegen in deinen Texten immer<br />
dicht nebeneinander. Welche Gefühlslage<br />
ist für dich der wichtigste Motor für<br />
dein Schaffen?<br />
Mein Motor ist eindeutig die Sehnsucht,<br />
ich meine diese nie ganz befriedigte Sehnsucht<br />
nach Klarheit, nach Weite, nach<br />
Verständnis oder nach Versöhnung mit der<br />
Vergangenheit. Sie ist es, die mich immer<br />
wieder antreibt. Die Sehnsucht treibt mich<br />
an, und der Witz oder die Ironie sind dann<br />
nur noch die Schmiermittel. Ich suche den<br />
Witz nicht, aber ich weiche ihm auch nicht<br />
aus.<br />
10 <strong>Lesen</strong> <strong>Magazin</strong> Interview<br />
<strong>Lesen</strong> <strong>Magazin</strong><br />
Interview<br />
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