Fine_315_Luce-della-Vite
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
das andere Licht der Antike, das den Geistesblitz bezeichnet.<br />
Wer unwiederholbare Lebensereignisse wie Geburt, Taufe und<br />
Hochzeit angemessen feiern will, kleidet sich sorgfältig, deckt<br />
den Tisch mit kostbarem Geschirr und genießt besondere, nicht<br />
alltägliche Speisen. Auf solch eine festliche Tafel gehört <strong>Luce</strong>.<br />
Die Komposition des <strong>Luce</strong> bringt eine zuvor nicht gezeigte<br />
Stärke des Terroirs von Montalcino zum Vorschein: Der Merlot<br />
wirkt wie ein Katalysator, der die besten Eigenschaften des<br />
Sangiovese, seine vibrierenden Tannine, die lebendige Fruchtsäure,<br />
den Grip und die delikate Fruchtaromatik, verstärkt. In<br />
der <strong>Luce</strong>-Cuvée ist der Sangiovese Muskel und Seele zugleich.<br />
Der Merlot prägt mit seiner mediterranen Würze und Opulenz<br />
den Körper des Weins. Er gibt dem Sangiovese Halt und<br />
Raum, seine Virtuosität höchst eigen entfalten zu können.<br />
Wenn man die Chargen Merlot und Sangiovese separat verkostet,<br />
wird deutlich, dass die <strong>Luce</strong>-Komposition mehr ist als<br />
die Summe zweier Sorten: Sie bildet ein Drittes, das in seiner<br />
Struktur, Aromatik und Komplexität stärker ist als Merlot und<br />
Sangiovese für sich. In großen Brunello-Jahrgängen wie 2010,<br />
Vorschein. Besonders bei jenen <strong>Luce</strong>-Jahrgängen, die mehr als<br />
zehn Jahre Entwicklung hinter sich haben: Mit zunehmender<br />
Reife verschlankt sich der <strong>Luce</strong>, sein Körper wird transparenter.<br />
Zugleich treten geschmackliche Qualitäten wie Delikatesse,<br />
kühle Aromatik, Saftigkeit und mineralische Frische noch stärker<br />
in den Vordergrund. Während er in der Jugend noch von der<br />
Würze und Frucht des Merlot geprägt ist, werden im Alter die<br />
Frische und Eleganz des Sangiovese besonders präsent. Dabei<br />
bleibt die Cuvée in Balance, weshalb sie eine überdurchschnittliche<br />
Langlebigkeit besitzt. Die Intensität und <strong>Fine</strong>sse des <strong>Luce</strong><br />
vermag dabei mit fortschreitender Zeit eine andere Gestalt anzunehmen,<br />
doch die Substanz bleibt konstant. Es ist ein sehr ausgewogener,<br />
voluminöser Wein, der zugleich fein und nicht zu<br />
schwer ist. Er öffnet sich langsam und gibt seine geschmacklichen<br />
Qualitäten subtil preis.<br />
Die siebenundsiebzig Hektar Weinberge der Tenuta <strong>Luce</strong><br />
<strong>della</strong> <strong>Vite</strong> befinden sich zwischen dreihunderfünfzig und<br />
vierhundertzwanzig Metern Höhe über dem Meeres spiegel.<br />
Die Höhenlagen der Tenuta gehören zu den höchsten in<br />
Die goldene »20« auf den Flaschen des Jahrgangs 2012 feiert den seit<br />
zwei Dekaden ungebrochenen Erfolg des <strong>Luce</strong>, von dem auch die Schatzkammer<br />
Zeugnis gibt. Im Keller, für den seit Anfang dieses Jahres der junge Önologe<br />
Filippo Magni zuständig ist, reift der Wein zwei Jahre in Barriques.<br />
die den Sangiovese reinsortig auf der Höhe seiner Expression<br />
und seines Potentials zeigen, ist der <strong>Luce</strong> ebenfalls überdurchschnittlich<br />
gut. Seine Singularität offenbart er jedoch eher in<br />
mittleren Brunello-Jahren. Hier zeigt sich die Stärke der <strong>Luce</strong>-<br />
Komposition, die dank des Merlot-Anteils an <strong>Fine</strong>sse, Komplexität<br />
und Potential zulegt.<br />
Balance von Kühle und Wärme<br />
Man hat diesem Wein oft vorgeworfen, der Merlot<br />
habe lediglich die Funktion eines Weichmachers, der<br />
den toskanischen Charakter des Sangiovese verstelle.<br />
Eine fachliche Vertikalverkostung aller <strong>Luce</strong>-Jahrgänge ab 1993<br />
hält dieser Behauptung nicht stand. Vielmehr bringt der <strong>Luce</strong><br />
einen bisher kaum belichteten Charakter von Montalcino zum<br />
Montalcino; in den oberen, nach Südwesten aus gerichteten<br />
wächst Sangiovese. Der mineralreiche Boden ist hier von<br />
Galèstro- Schiefer geprägt, dessen farbliches Spektrum von<br />
einem bläulichen Schimmern bis zu Ocker- und Cappuccino-<br />
Tönen reicht. Der steinige Boden ist tiefgründig, bildet eine<br />
gute Drainage, weshalb die Wurzeln des Sangiovese auch bei<br />
starkem Regen trocken bleiben – da es hier besonders im<br />
Frühling und Frühsommer öfter regnen kann, ist diese Bodeneigenschaft<br />
die Voraussetzung für hochwertige Sangiovese-<br />
Qualität. Die wichtigsten Sangiovese- Lagen sind Caselli und<br />
Casa Rossa. Unten am Fuß der Hügel wächst der Merlot in der<br />
Lage Cavallino. Sie ist etwas südlicher situiert und wärmer, hier<br />
prägen kräftige ton- und kalkhaltige Lehmböden die Reifung<br />
der Trauben. <strong>Luce</strong> ist ein Wein der Indicazione Geografica<br />
Tipica (IGT).<br />
Die Reben der Tenuta werden nach den Methoden des<br />
biodynamischen Weinbaus gepflegt. Alle Trauben werden<br />
mit Handlese eingebracht und selektioniert. Der Merlot wird<br />
meist Mitte September gelesen, der Sangiovese etwa drei bis vier<br />
Wochen später. Jede Parzelle und Rebsorte wird separat verarbeitet<br />
und ausgebaut. Der biologische Säureabbau geschieht<br />
im Barrique-Keller der Tenuta. In den 1990er Jahren wurde<br />
der Wein teils auch in großen Holzfässern ausgebaut, wie sie<br />
beim Brunello verwendet werden. Davon hat man sich emanzipiert<br />
und setzt nun ganz auf Barriques. Seither hat der <strong>Luce</strong><br />
an Komplexität und Dichte zugelegt. Der Anteil an neuen<br />
Barriques wird jahrgangsbedingt modifiziert. Dabei werden<br />
ver schiedene Arten von französischer Eiche eingesetzt. Auch<br />
die Röstgrade der Fässer, die sogenannten Toastings, werden<br />
individuell variiert. Erst nachdem die verschiedenen Chargen<br />
Merlot und Sangiovese eine Zeit lang gereift wurden, werden sie<br />
in der <strong>Luce</strong>-Cuvée zusammengeführt, die dann weitere Monate<br />
in Holzfässern reifen – insgesamt sind es rund zwei Jahre, die<br />
jeder <strong>Luce</strong>-Jahrgang in Barriques verbringt.<br />
Auch die beiden anderen Weine der Tenuta <strong>Luce</strong> <strong>della</strong><br />
<strong>Vite</strong> haben eine spannende Entwicklung erlebt: Die Cuvée des<br />
<strong>Luce</strong>nte wurde 2007 von Lamberto Frescobaldi überarbeitet.<br />
Seitdem besteht er jahrgangsabhängig etwa zu drei Vierteln aus<br />
Sangiovese und einem Viertel Merlot. Der <strong>Luce</strong>nte ist entschiedener<br />
und expressiver geworden, ein veritabler Zweitwein mit<br />
Potential, dessen Trauben in den <strong>Luce</strong>-Parzellen selektioniert<br />
werden. Der <strong>Luce</strong> Brunello, ein reinsortiger Sangiovese, ist in der<br />
letzten Dekade konsequent zu einem Topwein weiter entwickelt<br />
worden. Er kommt von einer kleinen, fünf Hektar umfassenden<br />
Höhenlage, dem Vigneto Madonnino. Sie liegt am neunhundert<br />
Jahre alten Castel Giocondo und gehört zur DOCG<br />
Brunello di Montalcino. Der Boden schimmert im Morgenlicht<br />
bläulich vom Galèstro-Schiefer, der dem Wein mineralische<br />
Feinnervigkeit und Tiefe verleiht. Der <strong>Luce</strong> Brunello ist<br />
ein langlebiger und komplexer Rotwein. Mit ihm interpretiert<br />
Lamberto Frescobaldi die Brunello-Tradition des Montalcino<br />
auf finessenreiche Weise.<br />
Der Wein <strong>Luce</strong> <strong>della</strong> <strong>Vite</strong> vereint nicht nur eine toskanische<br />
mit einer Bordelaiser Rebsorte – er verbindet<br />
auch zwei Elemente des Montalcino: die Kühle der<br />
steinigen Höhenlagen und die Wärme und Fruchtbarkeit der<br />
tiefer gelegenen Hügellagen. Die Mineralität und Expressivität<br />
des Galèstro-Schiefers prägen den Sangiovese, die kalkreichen,<br />
tonhaltigen Lehmböden den Merlot. Beide Rebsorten repräsentieren<br />
diese unterschiedlichen Welten und gelangen im <strong>Luce</strong><br />
in Balance und Harmonie, ohne ihre Divergenzen und Eigenheiten<br />
zu nivellieren. Jedes Jahr ist im Montalcino anders, und<br />
der <strong>Luce</strong> ist es auch. Die Klima erwärmung ist mit ihren ungewöhnlichen<br />
Wettern längst auch in den toskanischen Weinbergen<br />
angekommen. <strong>Luce</strong> spiegelt sie in seinem Geschmack<br />
wider und bringt sie in Balance. •<br />
108 109<br />
FINE 3 | 2015 FINE TOSKANA