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FINE_122_Das-Grosse-Dutzend-Monteverro

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CHÂTEAU LAFLEUR<br />

DAS GROSSE RÄTSEL VON POMEROL<br />

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Fünf Güter, Olivier Krug Grans Muralles und Zwölf Jahrgänge Hofgut Falkenstein und<br />

fünf Stile im Interview Milmanda von Torres <strong>Monteverro</strong> Bischöfliche Weingüter Trier


DAS GROSSE DUTZEND MONTEVERRO –<br />

ROTE WUCHT<br />

VON ROTEN BÖDEN<br />

Von SIGI HISS<br />

Fotos GUIDO BITTNER<br />

Was vor bald einer Dekade stimmte, ist immer<br />

noch wahr: »Die besten Reben sehen das Meer«,<br />

diesen Titel trug in der <strong>FINE</strong>-Ausgabe 2|2013<br />

eine Reportage über die neue Weltklasse, herausragende<br />

Weine der Maremma. Ausblick auf das<br />

Tyrrhenische Meer hat man da auch von den Weinbergen<br />

des Guts <strong>Monteverro</strong> nahe dem Städtchen<br />

Capalbio in der südtoskanischen Provinz<br />

<strong>Grosse</strong>to. Dort herrscht ein Klima mit warmen,<br />

trockenen Sommern und eher milden, mitunter<br />

auch kühlen und feuchten Wintern. Bedeutsamer<br />

als das traumhafte Panorama sind für die Qualität<br />

des roten <strong>Monteverro</strong> die permanente Brise<br />

und die damit verbundene optimale Durchlüftung<br />

der Rebzeilen. Ein vor allem in der Nacht spürbar<br />

erfrischender Luftstrom ist Wellness pur für<br />

den Weinstock – dem geht es nicht anders als den<br />

Menschen, die im Kühlen besser schlafen und sich<br />

von der Wärme des Tages erholen.<br />

74 <strong>FINE</strong> 1 | 2022 DAS GROSSE DUTZEND<br />

DAS GROSSE DUTZEND <strong>FINE</strong> 1 | 2022 75


Mindestens ebenso entscheidend sind die<br />

weithin sichtbaren rötlich eingefärbten<br />

Böden, auf denen die Reben stehen. Georg<br />

Weber, Besitzer des Weinguts, erklärt: »Unter der<br />

Leitung von Claude und Lydia Bourguignon, den<br />

weltweit führenden Beratern auf diesem Feld,<br />

wurden in allen Parzellen bis zu vier Meter tiefe<br />

Bodenproben gezogen.« Diese belegten einen<br />

enorm hohen Mineralgehalt, vor allem an Eisen,<br />

ein Merkmal der hier vorherrschenden roten Tonerde.<br />

Die speichert zudem die Niederschläge des<br />

Winters und garantiert den Reben somit die nötige<br />

Wasserversorgung über den Sommer hinweg. Unterschiedlich<br />

große Gesteinsformationen verhelfen<br />

den Weinbergen darüber hinaus zu einer natürlichen<br />

Drainage.<br />

So fundiert und wissenschaftlich das alles<br />

klingt, die Wahl des Standorts basierte nicht nur<br />

auf technischen Daten. Vielmehr stand Georg Weber<br />

auf einem dieser so charakteristischen Hügel, schaute<br />

über die leicht abfallenden Hänge aufs Meer, und<br />

der Entschluss war gefasst. Heute führt er zusammen<br />

mit seiner Frau Julia das Gut, dessen Name übersetzt<br />

»Berg des Ebers« bedeutet. <strong>Das</strong> passt bis heute<br />

besser, als den Winzern lieb sein kann: »Unsere<br />

Weinberge«, erzählt Georg Weber, »grenzen an<br />

den hier Macchia genannten Steppwald mit großem<br />

Wildschweinbestand. Wir hatten keine andere Wahl,<br />

als in stabile Zäune zu investieren.«<br />

Stilistisch beruht der <strong>Monteverro</strong> auf der<br />

Cuvée der klassischen Bordeaux-Sorten Cabernet<br />

Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot.<br />

Um sich alle Möglichkeiten zum Assemblieren offenzuhalten,<br />

wird jede noch so kleine Parzelle separat<br />

ausgebaut. Abgesehen davon lassen sich quer durch<br />

die mit 2008 beginnenden Jahrgänge mehrere rote<br />

Fäden herausschmecken: einmal die erstaunliche<br />

Säurefrische, dann die sehr präzise Frucht und<br />

zuletzt eine ganz eigene steinige Würze im Abgang –<br />

bemerkenswert, da der <strong>Monteverro</strong> nicht wirklich<br />

ein Leichtgewicht ist.<br />

Die Lagerfähigkeit des Weins scheint mit dem<br />

Jahrgang 2010 einen Schritt nach vorn gemacht zu<br />

haben. Dem stimmt auch Georg Weber zu, wenn<br />

er sagt: »Mit den älter werdenden Rebanlagen<br />

streben wir nach noch mehr Eleganz, Frische und<br />

Balance, die sich in Lagerfähigkeit und zunehmender<br />

Komplexität durch Flaschenreifung zeigt.« Die<br />

Arbeit des Önologen Matthieu Taunay und der<br />

international bekannten Berater Jean Hoefliger und<br />

Michel Rolland dürfte das in dieser kurzen Zeit schon<br />

erstaunliche Niveau noch weiter steigern. Umso<br />

mehr verwundert das Solisten-<strong>Das</strong>ein <strong>Monteverro</strong>s<br />

in diesem Teil der Maremma. Offensichtlich hat<br />

außer Georg Weber niemand erkannt, welches<br />

enorme Potenzial für große Weine das Umland<br />

von Capalbio bietet.<br />

2015 <strong>Monteverro</strong> 95/98 P<br />

Tiefdunkle Nase mit Kakao, Bitterschokolade, etwas schwarzem und weißem<br />

Pfeffer und einem Touch Röstaromen. Kraftvoller Gaumen? Unbedingt, doch<br />

sehr gut ausbalanciert durch eine herrlich saftige Art, etwas nussig-karamellige<br />

Tannine, erdig-herbe Frucht sowie eine enorm frische Säure. Die ist neben der<br />

Herbheit und der steinigen Würze eines der Charaktermerkmale, die sich in<br />

fast jedem Jahrgang herausschmecken lassen. Hat viel Zeit vor sich, man darf<br />

ihn gern noch einige Jahre liegen lassen.<br />

2011 <strong>Monteverro</strong> 94/96 P<br />

Feingliedrige, komplexe Nase, erste Reifenoten mit Nugat, Kakaopulver, etwas<br />

salziger Kühle und Amarenakirschen im Hintergrund, dazu Kräuter der Provence,<br />

Zedern und wiederum etwas Sauerkirsche. Kompakt und fest der Gaumen mit<br />

viel Kraft, gleichzeitig aber auch einer richtig guten Balance und druckvoller<br />

Eleganz. Zu den Aromen der Nase gesellen sich Waldboden und Waldbeeren.<br />

Scheint jetzt für weitere fünf bis zehn Jahre in einer idealen Trinkphase zu sein,<br />

gereift, doch mit ausreichend Leben vor sich.<br />

<strong>FINE</strong>TASTING|Sigi Hiss verkostet zwölf Jahrgänge<br />

<strong>Monteverro</strong> von 2008 bis 2020<br />

des toskanischen Weinguts <strong>Monteverro</strong><br />

2014 <strong>Monteverro</strong> 93/97 P<br />

Kein Charmeur in der Nase, auf eine dezente, leicht herbe Weise drahtig und<br />

schlank, mit Wacholderbeeren und etwas Cassis, Kirschkernen und Nussschalen.<br />

Viel Power mit enorm antrocknender Art, weit ausladendem Stil, doch nie<br />

mastig, sondern eher karg und kalkig. Sollte mit den Jahren zulegen, samtiger<br />

und offener werden. Schon jetzt gefällt das geschliffene Tannin, dieser kernige<br />

Gaumen. Langer, enorm kraftvoller Abgang mit Noten von Kakao und Astwerk.<br />

Wirkt nach einigen Stunden etwas stimmiger.<br />

2010 <strong>Monteverro</strong> 96/97 P<br />

Eine aristokratisch wirkende Nase mit kompakter, kühler und steiniger Würze,<br />

herb-fruchtigen Wacholderbeeren samt Zweigen und danebenstehender, klar<br />

gezeichneter schwarzroter Frucht. Wie ein Fels in der Brandung wirkt der<br />

Gaumen, das Tannin reif und mürb, aber überraschend dicht, geradlinig und<br />

fest verwoben. Die präsente Säure, Gegengewicht zum mächtigen Alkohol, gibt<br />

dem Wein seinen Charakter. Selten findet man diese enorme Power mit einer<br />

solchen Frische und glasklaren Frucht.<br />

2020 <strong>Monteverro</strong> (Fassprobe) 95/97 P<br />

2017 <strong>Monteverro</strong> 94/96 P<br />

2013 <strong>Monteverro</strong> 93/96 P<br />

2009 <strong>Monteverro</strong> 91/94 P<br />

Einerseits eine cremige, dezent vanillige Nase, andererseits schwarze Früchte,<br />

Petersilie, Schwarzbrot und Barriquewürze, all das bislang kaum verwoben. Am<br />

Gaumen herbe Frische von Kräutern, Gemüse und anderen Pflanzen; man fragt<br />

sich, ob mit einem Anteil Rappen gearbeitet wurde. Tolle Säure, Artischocken,<br />

festes, reifes Tannin, eine satte Holznote und dazu eine sehr reintönige, seidige<br />

Frucht. Dichtmaschig und unprätentiös – diese Fassprobe besteht noch aus<br />

Einzelteilen, verspricht aber Großartiges.<br />

Offene und komplexe Nase mit ziselierter Frucht, dann reiferen Noten von<br />

Liebstöckel, dunklen Kräutern, Bittermalz, einem Hauch Teer und schwarzem<br />

Pfeffer – eigener Stil mit Klasse und Charakter. Wirkt auch am Gaumen wie<br />

ein reiferer Jahrgang mit feinen, netzartigen Tanninen. Die leichte Holzwürze<br />

ist durch Extrakt und Fruchtsüße gut ausbalanciert. Wieder sind da die sehr<br />

animierende frische Säure und im Abgang die dem <strong>Monteverro</strong> eigene steinige<br />

Würze. Langer Luftkontakt bringt ihn weiter!<br />

Beim Einschenken eine Nase mit etwas würziger Vanille und einer cremigsahnigen<br />

Note, mit Luft dann reife rote Früchte wie Johannisbeeren und mürbe<br />

Waldbeeren; mit der Zeit zeigen sich Waldboden, Zedernduft sowie im Hintergrund<br />

Wacholderbeeren. Der griffge Gaumen bietet mit sattem Tanningerüst<br />

und Eichenwürze Power und Struktur, zeigt dabei im Gegensatz zur Nase<br />

auch eine relativ konzentrierte rotbeerige Frucht. Nicht der Elegante und Ausbalancierte,<br />

schon eher mit Ecken und Kanten.<br />

Erst eine dezente Nase mit süßlicher Frucht wie reifen Brombeeren und Gelee<br />

von Roten Johannisbeeren. Nach kurzer Zeit im Glas gesellt sich die Würze von<br />

Liebstöckel, etwas Sojasauce und Ledernoten dazu. So ausgeprägt saftig er daherkommt,<br />

so kraftvoll zeigt sich der Gaumen, trotzdem wirkt er gut ausbalanciert.<br />

Sehr offen und mit einer süßlichen Johannisbeernote dabei. So etwas wie die<br />

Burgundersüße zieht sich über den Gaumen bis in den mächtigen Abgang. In<br />

den nächsten Jahren genießen!<br />

2018 <strong>Monteverro</strong> 91/96 P<br />

2016 <strong>Monteverro</strong> 93/97 P<br />

2012 <strong>Monteverro</strong> 92/96 P<br />

2008 <strong>Monteverro</strong> 90/95 P<br />

Dezente pflanzlich-herbe Frucht in der Nase mit leicht medizinalen Tönen,<br />

Salbei, Artischocken und grünen Nüssen, rassig und geradlinig, kühl und frisch.<br />

Saftige, recht herbe und erdige Aromatik am Gaumen, die aber viel Kräuterfrische<br />

und dann doch rote Kirschen, Granatapfel und Sauerkirsche zeigt. <strong>Das</strong><br />

ist nicht übermäßig lang und komplex, dafür wunderbar mineralisch, frisch,<br />

elegant, zugleich straff – viel Trinkspaß auf allerhöchstem Niveau. Erdige Würze<br />

im schlanken Abgang. Vielleicht unterbewertet.<br />

Pechschwarze Aromen mit Teer, Pumpernickel und etwas kaltem Tabakrauch.<br />

Die Nase verschließt sich erst, gibt dann wieder Neues frei – Cassis, Blaubeeren<br />

und grüne ätherische Noten. Auch am Gaumen ist Bewegung: Anfangs etwas<br />

sperrig und hart, wirkt er beim Nachprobieren offener, klarer und fruchtiger,<br />

hat etwas von Grafit, eingemachten Sauerkirschen und Kräutern der Provence.<br />

Der zwar feine, doch griffge und feste Kern bleibt. Kommt der Wein aus der<br />

zugeschnürten Ecke heraus, legt er noch deutlich zu.<br />

Erst verhalten, was sich mit Luft und Zeit legt. Dann folgt eine recht intensive<br />

rußig-röstige Aromatik mit einem leichten Duft nach Rost, Blutorangen und<br />

eingelegten Waldbeeren. Tief ja, aber nicht besonders vielschichtig. Ungemein<br />

satter, kompakter, dabei saftiger Gaumen mit stark erdiger und etwas kalkiger<br />

Note, fester Struktur, leicht nussigem, süßlichem Tannin und stimmiger Säure.<br />

Offen und am Gaumen mit angetrockneten schwarzen Früchten, die auf ein<br />

sehr warmes Jahr hindeuten.<br />

Präsente würzige Reifenoten mit Schokolade, einem Hauch Nugat und Walnüssen.<br />

Mit mehr Luft kommen dann süßlich-animalische Noten wie Liebstöckel,<br />

Sojasauce und Nelken dazu, etwas getrocknete Petersilie und Leder<br />

sind auch noch mit dabei. Ähnlich ist auch der Gaumen mit feingliedriger,<br />

komplexer, reifer Aromatik, dazu mürben Tanninen. Ein kraftvoller, mit Stil<br />

gereifter Wein, der erste Jahrgang des Guts <strong>Monteverro</strong>.<br />

76 <strong>FINE</strong> 1 | 2022 DAS GROSSE DUTZEND<br />

DAS GROSSE DUTZEND <strong>FINE</strong> 1 | 2022 77


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