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immobilia 2023/10 - SVIT

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IMMOBILIENPOLITIK<br />

EIGENMIETWERT<br />

SCHULDZINSEN­<br />

ABZUG BEIM<br />

SYSTEMWECHSEL<br />

In der aktuellen politischen Diskussion<br />

über den Systemwechsel weg von der<br />

Eigenmietwertbesteuerung steht der<br />

Schuldzinsabzug im Zentrum. Für<br />

private Vermieter ist dessen Höhe<br />

finanziell relevant. TEXT — ERICH ETTLIN*<br />

Für private Vermieter<br />

ist die Beibehaltung<br />

des<br />

Schuldzinsabzugs<br />

finanziell relevant<br />

(Foto: Herisau AR).<br />

BILD: 123RF.COM<br />

«MECHANIK» DES<br />

SCHULDZINSABZUGS<br />

Die Politik müht sich seit Jahren mit dem<br />

Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung<br />

ab. Der Eigenmietwert soll abgeschafft<br />

werden. Die Besteuerung eines<br />

fiktiven Einkommens für die Nutzung der<br />

eigenen Wohnung oder Liegenschaft wird<br />

nicht verstanden und kann insbesondere<br />

ältere Eigentümerinnen und Eigentümer<br />

an finanzielle Grenzen bringen.<br />

So weit so gut. Bei einem konsequenten<br />

Systemwechsel können aber auch die<br />

Schuldzinsen und Unterhaltskosten nicht<br />

mehr abgezogen werden. In der Debatte<br />

im Parlament und in den Kommissionen<br />

wurden verschiedene Varianten für einen<br />

möglichen, verbleibenden Schuldzinsenabzug<br />

diskutiert. Denn steuersystematisch<br />

ist ein Schuldzinsenabzug weiterhin<br />

zu gewähren, wenn man einen Ertrag<br />

(z. B. Mieteinnahmen auf einer vermieteten<br />

Wohnung) versteuert. Und für Neuerwerber,<br />

die sich verschulden müssen,<br />

ist der Wegfall des Eigenmietwerts kein<br />

Trost, da übersteigen die Schuldzinsen<br />

meistens den Eigenmietwert. Dort will<br />

man einen auf zehn Jahre beschränkten,<br />

abnehmenden Schuldzinsenabzug weiterhin<br />

zu lassen.<br />

Für alle übrigen Eigentümer, bei denen<br />

der Eigenmietwert wegfällt, fällt auch<br />

der Schuldzinsenabzug weg. Mit dieser<br />

Ausgangslage stellte sich die Frage der<br />

«Mechanik» eines solchen Abzugs. In der<br />

ersten Version der ständerätlichen Beratung<br />

wollte eine Kommissionsmehrheit<br />

den Schuldzinsenabzug ganz streichen,<br />

also auch für vermietete Wohnungen.<br />

Dass das falsch ist, erkannte dann der Rat<br />

und entschied sich für den Minderheitsvorschlag,<br />

nämlich für einen Schuldzinsenabzug<br />

von 70% des Vermögensertrags.<br />

Das führt zum Ergebnis, dass Schuldzinsen<br />

nur abgezogen werden können, wenn<br />

auch ein steuerbarer Vermögensertrag<br />

(Dividenden, Mietertrag usw.) vorliegt.<br />

Hält jemand nur eine selbstbewohnte<br />

Liegenschaft im Vermögen, ist kein<br />

Schuldzinsenabzug möglich, weil auch<br />

kein Vermögensertrag (der Eigenmietwert<br />

fällt ja weg) vorliegt.<br />

DROHENDER NACHTEIL FÜR<br />

PRIVATE VERMIETER<br />

Warum nun 70% des Vermögensertrags?<br />

Das ist ein «politischer Preis», um<br />

der Vorlage mehr Chancen zu geben. Es<br />

wurde nämlich in der Beratung die Kritik<br />

laut, dass reiche Personen mit Aktien<br />

Schuldzinsen abziehen könnten (in der<br />

Höhe der Dividenden daraus), die «normalen»<br />

Bürgerinnen und Bürger aber keinen<br />

Abzug machen könnten.<br />

Im Nationalrat kam dann plötzlich die<br />

Idee auf, diesen Wert auf 40 %des Vermögensertrags<br />

zu senken. Dieser Prozentsatz<br />

ist jedoch klar zu tief. Beim Kauf einer<br />

Wohnung zur Vermietung führt eine übliche<br />

Hypothekarbelastung mit einem mittlerweile<br />

wieder höheren Zinssatz schnell<br />

dazu, dass mit einer Vorgabe von 40%<br />

nicht alle Schuldzinsen abgezogen werden<br />

können. Dies trotz der vollen Besteuerung<br />

des Mietertrags.<br />

Zu beachten ist zudem grundsätzlich,<br />

dass die Vorlage zu Steuerausfällen<br />

beim Bund und den Kantonen führt,<br />

wenn der Hypothekarzinssatz unter 3,5%<br />

liegt. Bei höheren Zinssätzen kehrt sich<br />

das Blatt und der Staat profitiert von höheren<br />

Steuereinnahmen durch den Systemwechsel.<br />

Es ist deshalb klar: Wenn<br />

die Zinsen weiter steigen, wird die Abschaffung<br />

des Eigenmietwerts für einzelne<br />

Steuerpflichtige (die mit wenigen oder<br />

gar keinen Hypothekarschulden) weiterhin<br />

attraktiv bleiben, für die Gesamtheit<br />

der Eigentümer jedoch zu einem Nachteil<br />

führen. Deshalb schliesst sich bei steigenden<br />

Zinsen das Fenster für die Reform.<br />

Wir sollten deshalb mit den Reformbemühungen<br />

vorwärts machen und die Differenzen<br />

bereinigen. <br />

*ERICH ETTLIN<br />

Der Autor ist Ständerat des Kantons<br />

Obwalden, Treuhandexperte<br />

und Mitglied des Politischen Beirats<br />

des <strong>SVIT</strong> Schweiz.<br />

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IMMOBILIA / Oktober <strong>2023</strong>

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