immobilia 2023/10 - SVIT
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IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />
STEUERN<br />
STEUERABZUG<br />
BEI SANIERUNGEN<br />
Das Bundesgericht hat kürzlich bei<br />
der steuerlichen Qualifikation von Kosten<br />
für die Totalsanierung einer Liegenschaft<br />
eine Praxisänderung vorgenommen.<br />
Diese Änderung dürfte für<br />
viele Steuerpflichtige zu steuerlichen<br />
Vorteilen führen. TEXT—CHRISTIAN AMREIN*<br />
Bei Liegenschaftssanierungen lohnt es sich, die möglichen Steuerabzüge<br />
zu beachten. BILD: 123RF.COM<br />
WELCHE KOSTEN KÖNNEN<br />
ABGEZOGEN WERDEN?<br />
Werden Sanierungen an privat gehaltenen<br />
Liegenschaften vorgenommen, gilt es,<br />
hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung<br />
dieser Kosten eine Unterscheidung<br />
zwischen werterhaltenden Liegenschaftsunterhaltskosten<br />
und wertvermehrenden<br />
Anlagekosten vorzunehmen.<br />
Jene Kosten, die als werterhaltende Liegenschafsunterhaltskosten<br />
qualifiziert werden,<br />
können dabei vom steuerbaren Einkommen<br />
in Abzug gebracht werden (vgl. Art. 32<br />
Abs. 2 DBG). Als Unterhalt gelten die Kosten<br />
für Massnahmen, die der Werterhaltung<br />
dienen. Aufwendungen gelten dann als werterhaltend,<br />
wenn sie den Verschleiss der<br />
Liegenschaft ausgleichen oder wenn Installationen<br />
ersetzt werden.<br />
Anders sind die wertvermehrenden Anlagekosten<br />
zu behandeln. Als solche gelten<br />
beispielsweise der Bau eines neuen Gebäudes,<br />
der Anbau eines bisher nicht bestehenden<br />
Wintergartens, der Bau eines Swimmingpools,<br />
das Aufstocken der Liegenschaft,<br />
der Einbau eines neuen Dachfensters oder<br />
der Ausbau eines bisher nicht bewohnbaren,<br />
unbeheizten Dachgeschosses in ein zusätzliches<br />
Dachzimmer. Diese Kosten können<br />
nicht bei den Einkommenssteuern in<br />
Abzug gebracht werden. Stattdessen erhöhen<br />
diese Kosten den Anlagewert einer Immobilie<br />
und können bei einem Verkauf der<br />
Liegenschaft im Zuge der dabei anfallenden<br />
Grundstückgewinnsteuer geltend gemacht<br />
werden. Diese Kosten wirken sich somit erst<br />
beim Verkauf der Immobilie positiv auf die<br />
Steuerbelastung aus.<br />
WANN LIEGT EIN «WIRTSCHAFT-<br />
LICHER NEUBAU» VOR?<br />
Strittig ist nun die Frage, wie die Totalsanierung<br />
einer Liegenschaft zu qualifizieren<br />
ist. In diesem Fall wird oft sehr umfassend<br />
saniert und die Liegenschaft wird in<br />
einem solchen Ausmass verändert, dass<br />
wirtschaftlich betrachtet von einem Neubau<br />
auszugehen ist. Ein sogenannter «wirtschaftlicher<br />
Neubau» liegt insbesondere in<br />
den folgenden Fällen vor. Mit hohem Kostenaufwand<br />
wird eine grundlegende Nutzungsänderung<br />
vorgenommen. Nach der<br />
Renovation liegt eine andere Liegenschaft<br />
vor als vor der Renovation. Es liegt eine Gebäudeauskernung<br />
vor, bei der lediglich die<br />
Gebäudehülle bestehen bleibt. Ein Gebäude<br />
oder ein Gebäudeteil wird bis auf den<br />
Keller abgebrochen und anschliessend neu<br />
erstellt. Im Zuge einer Totalsanierung wird<br />
nebst dem gesamten Ausbau mehr als die<br />
Hälfte der bestehenden Gebäudekonstruktion<br />
abgebrochen oder umgebaut.<br />
Bei solchen Konstellationen haben die<br />
Steuerbehörden nach der bisherigen Praxis<br />
die analoge Beurteilung wie bei einem<br />
Neubau vorgenommen. Demnach wurden<br />
sämtliche Kosten als wertvermehrende<br />
Anlagekosten qualifiziert und bei der Einkommenssteuer<br />
folglich kein Abzug zugelassen.<br />
Diese Praxis wurde auch vom Bundesgericht<br />
in verschiedenen Entscheiden<br />
gestützt.<br />
BUNDESGERICHT ÄNDERT<br />
PRAXIS<br />
Kürzlich hat das Bundesgericht jedoch<br />
eine Praxisänderung vorgenommen. Das<br />
Bundesgericht hatte in einem Entscheid<br />
von Februar <strong>2023</strong> die Frage zu klären, ob bei<br />
einem Steuerpflichtigen die Kosten für den<br />
Umbau eines stark renovationsbedürftigen<br />
Bauernhauses bei der Einkommenssteuer<br />
zum Abzug zugelassen werden. Die Vorinstanzen<br />
liessen die entsprechenden Kos<br />
STEUERN<br />
Die Auswirkungen guter Steuerpolitik<br />
gehen über die Finanzen hinaus.<br />
Massvolle Steuern belassen<br />
den Unternehmen die Mittel für Zukunftsprojekte:<br />
Hohe Investitionen in<br />
Forschung und Entwicklung lohnen<br />
sich, so Christian Frey in einem aktuellen<br />
Artikel von Economie suisse,<br />
dem Dachverband der Schweizer<br />
Wirtschaft. Auch dank einer Steuerpolitik,<br />
die Forschung und Entwicklung<br />
begünstige, sei die Schweizer<br />
Wirtschaft Weltmeisterin auf dem<br />
Gebiet der Innovation. Das sorge für<br />
viele hochproduktive und damit gut<br />
bezahlte Arbeitsplätze. Es ist das Ergebnis<br />
dieser Innovationsstärke,<br />
dass das Lohnniveau in der Schweiz<br />
ausserordentlich hoch ausfällt, auch<br />
kaufkraftbereinigt. Laut Christian<br />
Frey kommt das, was in der Schweiz<br />
an Wohlstand geschaffen wird,<br />
grösstenteils den Arbeitnehmenden<br />
zugute. Und: Der Wohlstand, wie wir<br />
ihn heute in der Schweiz kennen, ist<br />
nicht selbstverständlich. Denn die<br />
Kaufkraft fällt nicht vom Himmel,<br />
sie muss produktiv erarbeitet werden.<br />
Gute Rahmenbedingungen für<br />
die Wirtschaft – dazu zähle die Steuerpolitik<br />
– seien entscheidend dafür,<br />
dass der Wohlstand in der Schweiz<br />
heute höher sei als anderswo, hält<br />
Christian Frey, Economiesuisse, im<br />
Weiteren fest.<br />
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IMMOBILIA / Oktober <strong>2023</strong>