immobilia 2023/10 - SVIT
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IMMOBILIENRECHT<br />
BAUREKURSGERICHTSENTSCHEID<br />
ERSCHLIESSUNG,<br />
LÄRM UND<br />
ORTSBILD<br />
Eine prächtige Badeanstalt am<br />
Zürichsee. Doch inwiefern steht ihr<br />
Umbau im Widerspruch zu künftigen<br />
Er schliessungsinteressen sowie<br />
Lärm- und Schallschutzmassnahmen?<br />
Und bettet sie sich in die geschützte<br />
See- und Reblandschaft ein?<br />
TEXT — SIMON SCHÄDLER*<br />
Immobilienrechtliche<br />
Fragen rund um Badeanstalten<br />
sind komplex.<br />
Die Erschliessung von<br />
Nachbarparzellen oder<br />
ausreichender Schallschutz<br />
sind nur zwei der<br />
komplexen Fragestellungen<br />
in der Praxis.<br />
BILD: 123RF.COM<br />
NACH DER SAISON IST VOR<br />
DER SAISON<br />
Die diesjährige Badesaison ist vorbei,<br />
aber auch 2024 werden Sonne und Wasser<br />
locken. Dass die Modernisierung der<br />
schweizweit über 600 öffentlichen Freibäder<br />
auch Anlass zu bau- und immobilienrechtlichem<br />
Ärger geben kann, zeigt<br />
der Herrliberger Badi-Fall. Pünktlich zu<br />
Sommerbeginn hatte die kommunale Baukommission<br />
im Juni 2022 grünes Licht<br />
für den Neubau eines Garderobengebäudes<br />
mit Kiosk und für die Erweiterung und<br />
Sanierung der Badeanstalt erteilt. Das lauschige<br />
Badi-Areal mit direktem Seeanstoss<br />
in der örtlichen Erholungszone wird<br />
abgetrennt durch die kantonale Seestrasse.<br />
Gegen die Verfügung rekurrierten die<br />
Nutzniesser und Eigentümer des nahe gelegenen<br />
Rebguts und der angrenzenden<br />
Parzelle. Eine Besonderheit: Das Landgut<br />
der Rekurrierenden sowie der Seeuferhang<br />
in un mittelbarer Umgebung sind im Bundesinventar<br />
der schützenswerten Ortsbilder<br />
der Schweiz von nationaler Bedeutung<br />
(ISOS) sowie im Inventar der Denkmalschutzobjekte<br />
überkommunaler Bedeutung<br />
aufgeführt. Ein Stein des Anstosses<br />
war mitunter die ein Meter hohe Stützmauer,<br />
welche die Sonnenhungrigen gegen die<br />
verkehrsreiche Seestrasse abgrenzen soll.<br />
RECHT AUF (POTENZIELLE)<br />
ERSCHLIESSUNG?<br />
Die Rekurrierenden rügten zunächst die<br />
fehlende Erschliessungsmöglichkeit ihrer<br />
Privatparzelle, die der Badi Herrliberg verpachtet<br />
wird und Badegästen Platz bietet.<br />
Es könne nicht sein, dass ihr Grundstück<br />
durch die Bade-Anstalt blockiert werde.<br />
Die Parzelle müsse jederzeit erschlossen<br />
werden können. Schliesslich sei die Pacht<br />
kündbar. Die geplante Mauer verhindere<br />
widerrechtlich die Zufahrt und Parkmöglichkeiten,<br />
Wasser- und Elektroanschlüsse<br />
oder das Abwasser-Management für die<br />
Nachbarsparzelle. Die Baubehörde widersprach.<br />
Es seien Mauerunterbrüche geplant<br />
und der Zugang zum Grundstück<br />
bleibe gewährleistet. Sowieso hätten die<br />
Rekurrenten keinen planungsrechtlicheren<br />
Erschliessungsanspruch. Die Parzelle<br />
liege ausserhalb der Bauzone in einer Erholungszone<br />
im Nichtsiedlungsgebiet und sei<br />
für jede Überbauung ungeeignet.<br />
Das Baurekursgericht prüfte also, ob<br />
Grundstückseigentümer ein Recht auf<br />
künftige Erschliessung haben. Ein Grundstück<br />
ist erschlossen, wenn es für die darauf<br />
vorgesehenen Bauten und Anlagen zugänglich<br />
ist, jene mit Wasser und Energie versorgt<br />
werden können und die Behandlung<br />
von Abwässern, Abfallstoffen und Alt lasten<br />
garantiert ist. Vorbehältlich eines Fussund<br />
Fahrwegrechts bestehe jedoch keine<br />
öffentlich-rechtliche Pflicht, beim Bauen<br />
auf allfällige künftige Erschliessungsbedürfnisse<br />
der Nachbarn Rücksicht zu nehmen,<br />
so das Baurekursgericht. Mit einer<br />
Ausnahme: Rücksicht ist geboten, wenn<br />
eine ausstehende oder durch den Gemeinderat<br />
beantragte planungsrechtliche Festlegung<br />
nachteilig beeinflusst würde und<br />
eine fehlende planungsrechtliche Baureife<br />
nach § 234 PBG vorliege. Dies sei in casu<br />
nicht der Fall. Grundstücke müssten zwar<br />
für die Eigentümer zugänglich sein – eine<br />
Zufahrt für Fahrzeuge sei aber nicht zwingend,<br />
urteilte das Gericht.<br />
LÄRMSCHUTZ – FÜR DIE<br />
BADEGÄSTE?<br />
Weiter vermissten die Rekurrierenden<br />
Lärmschutzmassnahmen für die Badegäste<br />
und Angestellten. Schliesslich verdienten<br />
diese Schutz vor übermässiger<br />
Lärmbelästigung durch die Seestrasse. Die<br />
Öffnung zwischen Wänden und Dach fange<br />
Strassenlärm ein, der in die Garderoben,<br />
Toiletten und in den Kiosk gelange, wo Personen<br />
arbeiten würden. Wo bleibe da der<br />
Erholungswert? In der Umgebung der Zürcher<br />
Seestrasse seien laut GIS-ZH-Karte<br />
Lärmabklärungen nötig und die Gefahr<br />
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IMMOBILIA / Oktober <strong>2023</strong>