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ERF Medien Magazin November 2023

Heimat

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THEMA<br />

Heimatbild des Herzens<br />

Eine Heimat zu haben, ist für mich eine Selbstverständlichkeit.<br />

Heimat war in meinem Leben immer schon da.<br />

Ich bin zwar nicht in meine Heimat in den Bergen hineingeboren<br />

worden, aber just zu der Zeit, wo man sich aus<br />

dem Schoss der Familie wagt, habe ich hier meine frühen<br />

Sozialisationserlebnisse mit Menschen und der Umgebung<br />

gemacht und mir so meine Heimat aufgebaut und erworben.<br />

Sie wurde mir nie geraubt. Ich habe sie nie wirklich<br />

verlassen, ausser für Studienzwecke und Auslandsaufenthalte<br />

in meinen Lehr- und Wanderjahren. Und in diesen<br />

Zeiten hatte ich Heimweh nach den Bergen. Mich zog es<br />

in die Berge zurück. Ich habe dann in meiner alten Heimat<br />

meine Familie gegründet und fühle mich als Einheimischer.<br />

Mein Name gehört zu einem alten, bekannten<br />

Geschlecht in der Bündner Herrschaft. Auch der Begriff<br />

«Heimat» ist für mich unbelastet. Es haftet ihm nichts<br />

Problematisches an. Ich achte ihn als wichtigen Wert,<br />

den ich nicht verehren und überhöhen, geschweige denn<br />

instrumentalisieren will. In Bezug auf Heimat bin ich ein<br />

sicher gebundener Mensch. Das bringt auch Gefahren mit<br />

sich, doch davon später.<br />

Ich schreibe diese Zeilen über Heimat in einer gemieteten<br />

Alphütte. Sie liegt auf gut 1500 Metern auf dem<br />

Furnerberg. Dieses Refugium, wohin ich mich zur Sammlung<br />

und Erholung zurückziehe, liegt eine gute halbe<br />

Stunde von unserem Wohnort entfernt. Ich habe von hier<br />

eine wundervolle Aussicht in die Berge, von denen ich die<br />

meisten mit Namen kenne. Mit vielen Gipfeln verbinden<br />

mich Geschichten. Dort an der Drusenfluh ging ich einst<br />

mit meinem älteren Bruder klettern. Plötzlich steckten<br />

wir fest, doch zum Glück befreite uns ein österreichischer<br />

Bergsteiger aus dieser misslichen Lage. Dort ist die Scesaplana,<br />

ich besteige sie einmal im Jahr. Rechts des Tales<br />

liegt ganz oben der Weissfluhgipfel mit seinen Skigebieten,<br />

bei guten Schneeverhältnissen machten wir jeweils mit<br />

unseren vier Kindern die Parsennabfahrt bis ins Tal. Wenn<br />

ich so zu erzählen beginne, kommen gute, starke Gefühle<br />

in mir auf: Ich gehöre hierher. Ich gehöre dazu. Das ist<br />

ein Teil von mir. Das hat mich geprägt. Ich bin dankbar<br />

und ein bisschen stolz. Heimat ist Ausdruck und Ermöglichung<br />

von Identität und Partizipation. Ich erlebe sie als<br />

sicheren, überschaubaren Ort. Ich kenne nicht nur die<br />

Sprache, sondern vermag in der Kommunikation auch das<br />

Unausgesprochene bis hin zum feinsten nonverbalen Code<br />

zu deuten. Ich erkenne die verschiedensten Färbungen<br />

des Humors und merke, wenn er in Sarkasmus kippt. Das<br />

Kostbare an meiner Heimat ist meine Vertrautheit mit dem<br />

Raum, die Zugehörigkeit zum sozialen Gefüge, das Verwobensein<br />

meiner Geschichte und der Geschichte meiner Sippe<br />

mit der Region. Heimat ermöglicht mir ein entspanntes,<br />

berechenbares Leben, bei dem ich weiss, wer ich bin, wo<br />

ich bin und woran ich bin.<br />

Fremde als Gäste<br />

Für mich gehören zur Heimat auch die Fremden. Sie<br />

passen einfach ins Bild unseres Tourismuskantons. Was<br />

wäre ein Hochwinter oder Hochsommer ohne Touristinnen<br />

und Touristen? Sie ermöglichen uns durch ihr Geld nicht<br />

nur unser Auskommen, sie bringen auch die weite Welt in<br />

unsere engen Bergtäler. Manche von ihnen sind still und<br />

zurückhaltend, andere schräg und extravagant, manche

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