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Tabuthema Frauenarmut - Zonta Club Karlsruhe e.V.

Frauenarmut hat viele Gesichter. Tun wir etwas!

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Zukunftsperspektiven. Aber<br />

auch manchmal um erzieherische<br />

Interventionen, die in der Herkunftsfamilie<br />

oder auch im Heim<br />

nicht geleistet oder nicht abgeschlossen<br />

waren. Die jungen Frauen<br />

lernen mit dem Gut Wohnraum<br />

umzugehen und vor allem ihre<br />

Rechte und Pflichten als Mieterin.<br />

Alleinerziehend<br />

mit Kindern<br />

ist das größte<br />

Armutsproblem,<br />

das sich dann<br />

bis ins Alter<br />

durchzieht.<br />

Falls weiterhin eine niederschwellige<br />

Teilhabe am Arbeitsleben<br />

gebraucht wird, haben wir ein<br />

Projekt für junge Erwachsene, wo<br />

sie Unterstützung bei der Ausbildungssuche<br />

erhalten. In <strong>Karlsruhe</strong><br />

gibt es für junge, wohnungslose<br />

Frauen auch noch das Projekt<br />

„Iglu“ von der Heimstiftung der<br />

Stadt <strong>Karlsruhe</strong>. Dort können sich<br />

junge Menschen wie im TafF täglich<br />

versorgen, eine Postadresse<br />

einrichten und sozialarbeiterische<br />

Unterstützung erhalten.<br />

WAS RÄTST DU JUNGEN FRAUEN?<br />

Auf jeden Fall, dass die Grundlage<br />

eine Ausbildung ist beziehungsweise<br />

dass sie ihre schulische Ausbildung<br />

beenden sollen. Manche<br />

haben aus Frustration abgebrochen,<br />

aber auch weil sie keine<br />

Unterstützung von Eltern oder<br />

anderen Bezugspersonen hatten.<br />

Wir begleiten die jungen Menschen<br />

auch zu den öffentlichen<br />

Stellen wie dem Jobcenter oder das<br />

Sozialamt, damit sie die Termine<br />

wahrnehmen und vor allem ohne<br />

Ängste hingehen. Auch, wenn es<br />

schwierig ist, gibt es gerade im<br />

Bildungsbereich für junge Erwachsene<br />

sehr viele aktivierende<br />

und unterstützende Angebote. Sie<br />

müssen nur mit sanftem Nachdruck<br />

dahin orientiert werden.<br />

Aber wir erfahrene Sozialarbeiterinnen<br />

kennen ja nicht nur Frauen<br />

in Armut. Auch junge Sozialarbeiterinnen<br />

schätzen am Anfang<br />

ihrer beruflichen Laufbahn häufig<br />

nicht gut ein, dass das Arbeitsleben<br />

auch endlich ist und sie,<br />

besonders wenn sie früh Kinder<br />

bekommen und sich finanziell<br />

nicht absichern, im Alter in der<br />

<strong>Frauenarmut</strong> landen.<br />

Daher raten wir den jungen<br />

Frauen auch nach Schwangerschaft<br />

und Elternzeit in Richtung<br />

Vollzeiterwerbstätigkeit zu gehen,<br />

da besonders in den helfenden<br />

Berufen die Vergütung schlecht ist<br />

und sie bei Teilzeit zu wenig für<br />

die Rente ansparen können. Wir<br />

können allen Frauen nur ans Herz<br />

legen, sozial- und frauenpolitisch<br />

aktiv zu werden, damit diese Rentenlücken<br />

nicht entstehen.<br />

WO LIEGEN, DEINER ANSICHT<br />

NACH, DIE PROBLEME IN DER<br />

BEKÄMPFUNG VON FRAUEN-<br />

ARMUT?<br />

Alleinerziehend mit Kindern<br />

ist das größte Armutsproblem,<br />

welches sich dann bis ins Alter<br />

durchzieht. Es hängt immer noch<br />

an strukturellen Verhältnissen,<br />

wie fehlende Betreuungsplätze,<br />

verlässliche ganztägige Schulbetreuung<br />

oder auch Unternehmen<br />

mit eigenen Betreuungsangeboten<br />

für die Kinder.<br />

Ebenso an der verlässlichen<br />

häuslichen Pflege für ältere Angehörige.<br />

Meistens geben dann<br />

die Frauen alles auf, um Eltern<br />

oder Schwiegereltern zu pflegen,<br />

was sich dann wiederum auf die<br />

eigene finanzielle Absicherung<br />

auswirkt. Auch wenn Frauen gut<br />

ausgebildet sind, sind sie diejenigen,<br />

die zu Hause bleiben,<br />

um die Kinder zu versorgen. Und<br />

wenn dann noch eine pandemische<br />

Krise ist, sind vor allem die<br />

Frauen in der Doppelbelastung<br />

und leisten von der Lehrerin über<br />

die Hauswirtschafterin alles. Und<br />

gleichzeitig sind sie noch im Homeoffice.<br />

Niemand kann zu Hause<br />

arbeiten und zeitgleich noch ausgleichen,<br />

wozu der Staat nicht in<br />

der Lage war. Das ist körperliche<br />

und emotionale Ausbeutung.<br />

In unserem Bereich ist es so, dass<br />

wir Frauen ermutigen nicht aufzugeben.<br />

Auch wenn sie Schlimmes,<br />

wie Gewalt, Obdachlosigkeit,<br />

Armut und Abbrüche erlebt haben.<br />

Trotzdem erleben die Frauen<br />

natürlich, dass sie hauptsächlich<br />

im Niedriglohnbereich oder in der<br />

Gastronomie Arbeit finden. Meist<br />

als nicht sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeit, sondern als<br />

Minijob. Das ist die größte Falle<br />

für Frauen, da sich das erst viele<br />

Jahre später auswirkt.<br />

Selbst Frauen, die 40 Jahre im<br />

Niedriglohnbereich gearbeitet<br />

haben, brauchen ergänzende<br />

Sozialhilfe im Alter. Manchmal<br />

brauchen sie schon während ihrer<br />

Arbeitszeit ergänzende Transferleistungen,<br />

was manche nicht<br />

annehmen wollen. Trotz Arbeit<br />

arm zu sein, ist erniedrigend und<br />

nicht motivierend. Ein Mindestlohn,<br />

der noch nicht einmal das<br />

mindeste abdeckt und beschämend<br />

für so ein reiches Land wie<br />

Deutschland ist. Wenn wir daran<br />

nicht arbeiten, werden wir noch<br />

einige Generationen brauchen, um<br />

die <strong>Frauenarmut</strong> abzuschaffen.<br />

WAS RÄTST DU DENEN,<br />

DIE HELFEN MÖCHTEN?<br />

Frauen in Armut und Wohnungslosigkeit<br />

brauchen professionelle<br />

Hilfe von Sozialarbeiterinnen. Es<br />

gibt sicherlich viele Menschen, die<br />

großes Interesse haben, Frauen<br />

individuell und persönlich zu<br />

unterstützen, aber das ist oft<br />

nicht ganz so einfach. Auch was<br />

das Vertrauensverhältnis angeht.<br />

Niemand outet sich gerne als bedürftig<br />

und arm. Daher geben wir<br />

den Frauen auch gerne Gutscheine<br />

von Discountern oder Drogeriemärkten,<br />

damit sie sich das kaufen<br />

können, was sie brauchen.<br />

Was wir allerdings immer brauchen,<br />

sind bestimmte Professionen<br />

wie Rechtsanwälte für Familienrecht<br />

oder Sozialrecht, die wir den<br />

Frauen an die Seite stellen können.<br />

Auch zum Thema Teilhabe freuen<br />

wir uns, wenn wir den Frauen<br />

Theater oder Konzertbesuche<br />

ermöglichen können. Genauso<br />

Weitere Projekte<br />

BOW • BürgerInnen ohne<br />

Wohnung<br />

SPFH • Sozialpädagogische<br />

Familienhilfe<br />

Frauenberatungsstelle •<br />

für Frauen und Paare<br />

in Wohnungsnot<br />

TafF • Tagestreff für Frauen<br />

Frauenpension Wohnen 18+ •<br />

Wohnen für junge Erwachsene<br />

SOZPÄDAL: Scheffelstr. 37, 76135 <strong>Karlsruhe</strong><br />

Schwimmbad, Zoo für Familien.<br />

Oder auch mal finanzielle Mittel,<br />

um mit den Kindern einen Kurzurlaub<br />

machen zu können. Neulich<br />

sagte mir eine Frau, dass ihr größter<br />

Wunsch wäre, dass ihre Kinder<br />

mal das Meer sehen. Sie selbst hat<br />

das auch noch nie, stellt es sich aber<br />

wunderschön vor. Das rührt mich<br />

immer sehr an, weil dieser Wunsch<br />

so nachvollziehbar ist und doch zu<br />

teuer, um es umzusetzen.<br />

WAS LIEGT DIR PERSÖNLICH<br />

BESONDERS AM HERZEN?<br />

Mir liegen alle Frauen in Armut am<br />

Herzen. Aber ganz besonders die<br />

Frauen mit Kindern in den Obdachlosenunterkünften.<br />

Dort können<br />

sie keine anderen Kinder einladen,<br />

keinen Geburtstag feiern und die<br />

Hausaufgaben müssen auf der Bettkante<br />

gemacht werden. Wir brauchen<br />

Wohnungen für Familien, wo<br />

ein Leben in Würde möglich ist.

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