05.12.2023 Aufrufe

Freude - SIFAT Heft 3/2023 - Leseprobe

In allen großen Weltreligionen, in den Gedanken der Philosophen seit der Antike und ganz einfach in unserem Alltag kommt der Freude eine besondere Bedeutung zu. Sie versetzt uns in einen positiven Gemütszustand, hebt manche Momente aus der Fülle der Erfahrungen hervor, ist für uns ein Wegweiser auf dem Weg zur Reifung und Selbstverwirklichung. Im Buddhismus ist die Fähigkeit zur reinen Freude (Mudita, als Freude an der Freude des anderen) eine der vier grundlegenden Tugenden, die es auf dem Weg zur Verwirklichung zu erlangen gilt. Wie kann Freude ein Wegweiser für unsere Entfaltung sein? Wie können wir uns überhaupt der Freude öffnen, uns für sie bereithalten, wenn wir gleichzeitig in einer Welt voller Leid, Zerstörung, Naturkatastrophen und Gewalt leben? Diese Frage ließ einst dem Prinzen Siddharta keine Ruhe und sie war Antrieb seiner Suche nach einem Weg zur Transformation von Leid. Einer der Wege der Freude ist die Kultivierung von Dankbarkeit für die Segnungen, die wir bereits erfahren haben – Dankbarkeit, die uns immer wieder in den Gemütszustand versetzen kann, der die Tür öffnet für die Freude an der Wirklichkeit, an unserer Existenz, am Leben selbst. Hazrat Inayat Khan hat – wie Wali van der Zwan zeigt – Freude und Frieden in seinen Gebeten in einem unmittelbaren Zusammenhang gesehen. Freude ist hierbei eine Herzensqualität, die es vermag, uns mit der Tiefe unseres Wesens zu verbinden und damit den Frieden zu erfahren, der unser Wesen ist.

In allen großen Weltreligionen, in den Gedanken der Philosophen seit der Antike und ganz einfach in unserem Alltag kommt der Freude eine besondere Bedeutung zu. Sie versetzt uns in einen positiven Gemütszustand, hebt manche Momente aus der Fülle der Erfahrungen hervor, ist für uns ein Wegweiser auf dem Weg zur Reifung und Selbstverwirklichung. Im Buddhismus ist die Fähigkeit zur reinen Freude (Mudita, als Freude an der Freude des anderen) eine der vier grundlegenden Tugenden, die es auf dem Weg zur Verwirklichung zu erlangen gilt. Wie kann Freude ein Wegweiser für unsere Entfaltung sein? Wie können wir uns überhaupt der Freude öffnen, uns für sie bereithalten, wenn wir gleichzeitig in einer Welt voller Leid, Zerstörung, Naturkatastrophen und Gewalt leben? Diese Frage ließ einst dem Prinzen Siddharta keine Ruhe und sie war Antrieb seiner Suche nach einem Weg zur Transformation von Leid. Einer der Wege der Freude ist die Kultivierung von Dankbarkeit für die Segnungen, die wir bereits erfahren haben – Dankbarkeit, die uns immer wieder in den Gemütszustand versetzen kann, der die Tür öffnet für die Freude an der Wirklichkeit, an unserer Existenz, am Leben selbst. Hazrat Inayat Khan hat – wie Wali van der Zwan zeigt – Freude und Frieden in seinen Gebeten in einem unmittelbaren Zusammenhang gesehen. Freude ist hierbei eine Herzensqualität, die es vermag, uns mit der Tiefe unseres Wesens zu verbinden und damit den Frieden zu erfahren, der unser Wesen ist.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Hazrat Inayat Khan: <strong>Freude</strong> und Leid – Worte aus Gayan, Vadan, Nirtan<br />

bat, sagte dieser: „Ja“ und setzte sich fröhlich mit der Familie zu Tisch. Der<br />

Bauer war darüber hocherfreut, und gleichzeitig bedauerte er, dass all die jungen<br />

Männer nicht essen wollten. Sie aber dachten: „Unser Murshid hat es vielleicht<br />

vergessen; vielleicht ist er ganz in seinen Träumen gefangen.“<br />

Als sie ihr Mahl beendet hatten, war der Bauer sehr glücklich. Dann verließ<br />

der Murshid mit seinen Schülern das Haus. Einer seiner mutigen Schüler ging<br />

zu ihm und sagte: „Murshid, es ist mir unangenehm zu fragen, aber haben Sie<br />

vielleicht vergessen, dass wir fasten?“ Er antwortete: „Nein, mein Kind, ich habe<br />

es nicht vergessen, aber ich breche lieber das Fasten, so heilig es auch ist, als das<br />

Herz eines Menschen, der so liebevoll ein Essen für mich zubereitet hat.“ Das<br />

war seine Lehre. Es geht darum, die Anforderungen des Lebens angemessen zu<br />

beantworten. In jenem Augenblick hatte das Leben verlangt, dass der Murshid<br />

sein Fastengelübde nur innerlich einhielt.<br />

aus: Hazrat Inayat Khan, Centennial Edition, Band 3, Die Kunst der Persönlichkeit,<br />

Verlag Heilbronn, 2020, S. 19ff<br />

Hazrat Inayat Khan<br />

<strong>Freude</strong> und Leid – Worte aus Gayan, Vadan, Nirtan<br />

Nichts kann dem Einsichtigen die <strong>Freude</strong> nehmen. (94)<br />

<strong>Freude</strong> und Leid gehören zusammen. Gäbe es keine <strong>Freude</strong>, würde auch das Leid<br />

nicht existieren. Gäbe es kein Leid, könnte die <strong>Freude</strong> nicht erfahren werden. (446)<br />

Genieße das Leben nicht mehr, als das Leben dir zu genießen zubilligt, sonst<br />

wird sich deine <strong>Freude</strong> in Leid verwandeln. (1002)<br />

<strong>Freude</strong>nboten sind immer Kinder des Leids gewesen. (1105)<br />

Im Herzen des Leids ist die Saat der <strong>Freude</strong>. (1446)<br />

Täusche dich nicht, o Nacht: der Morgen wird anbrechen.<br />

Sei auf der Hut, o Dunkelheit: die Sonne wird scheinen.<br />

Sei nicht eitel, o Nebel, es wird wieder klar werden.<br />

Vergiss nicht, mein Kummer: die <strong>Freude</strong> wird sich wieder erheben. (1473)<br />

aus: Hazrat Inayat Khan: „Gayan, Vadan, Nirtan“, Verlag Heilbronn, 1996<br />

6 <strong>SIFAT</strong> 3 | <strong>2023</strong> – <strong>Freude</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!