18.07.2023 Aufrufe

Abschied - SIFAT Heft 2/2023 - Leseprobe

Abschied ist ein universelles menschliches Erlebnis, das jeden von uns in einer Vielzahl von Formen berührt. Es ist ein Phänomen, das uns vereint und doch individuell betrifft. Unsere Beiträge untersuchen dieses Thema aus einer Vielzahl religiöser und spiritueller Perspektiven, in der Hoffnung, tieferes Verständnis und mehr Raum für Reflexion und Dialog zu bieten. Abschied kann eine schmerzhafte Erfahrung sein, ein Gefühl des Verlusts und der Trauer hervorrufen. Aber wie es in den verschiedenen Beiträgen dieser Ausgabe beschrieben wird, kann Abschied auch ein Neubeginn sein, ein Übergang in eine neue Phase des Lebens. Es ist eine Gelegenheit, das Alte loszulassen und das Neue zu begrüßen. In jeder großen Religion finden wir den Glauben an diese Wiedergeburt, diese Erneuerung, diese Veränderung. Darüber hinaus erkennen wir, dass der Abschied ein Prozess ist, kein einmaliges Ereignis. Man kann das Ende eines Kapitels betrachten als den Beginn des nächsten, wobei jeder Schritt uns auf einen Pfad führt, der uns verändert und uns auf eine unerwartete Weise wachsen lässt.

Abschied ist ein universelles menschliches Erlebnis, das jeden von uns in einer Vielzahl von Formen berührt. Es ist ein Phänomen, das uns vereint und doch individuell betrifft. Unsere Beiträge untersuchen dieses Thema aus einer Vielzahl religiöser und spiritueller Perspektiven, in der Hoffnung, tieferes Verständnis und mehr Raum für Reflexion und Dialog zu bieten.

Abschied kann eine schmerzhafte Erfahrung sein, ein Gefühl des Verlusts und der Trauer hervorrufen. Aber wie es in den verschiedenen Beiträgen dieser Ausgabe beschrieben wird, kann Abschied auch ein Neubeginn sein, ein Übergang in eine neue Phase des Lebens. Es ist eine Gelegenheit, das Alte loszulassen und das Neue zu begrüßen. In jeder großen Religion finden wir den Glauben an diese Wiedergeburt, diese Erneuerung, diese Veränderung.

Darüber hinaus erkennen wir, dass der Abschied ein Prozess ist, kein einmaliges Ereignis. Man kann das Ende eines Kapitels betrachten als den Beginn des nächsten, wobei jeder Schritt uns auf einen Pfad führt, der uns verändert und uns auf eine unerwartete Weise wachsen lässt.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zeitschrift für Universalen Sufismus

51. Jg.

Heft 2

Juli 2023

Abschied


Die Reise

Ich spüre es ganz deutlich.

Mein Körper und meine Seele werden weich und durchlässig.

Ich nehme Abschied von alten Mustern,

öffne mich Neuem und Unbekanntem.

Lange war ich Beschützerin, Pflegerin, Wächterin und Kontrolleurin.

Ich habe meinen Dienst gewissenhaft verrichtet.

Meine Liebe und mein Herz waren im Gleichklang mit dem deinen.

Nun ist es Zeit,

dieses Gewand abzulegen.

Es ist mir zu eng geworden.

Ein Erwachen aus der Starre.

Ein taumelndes Auftauchen aus dem Eise.

Ich durfte in der Vergangenheit eine große Liebe leben.

Sie ging in die tiefste Tiefe des Herzens.

Manchmal lagen wir dicht beieinander auf einer Welle der Liebe

und ließen uns lachend und singend treiben.

Ein anderes Mal erreichten wir gemeinsam Abgründe,

waren ohne Halt und vergossen zusammen Tränen.

Nun erwarten mich Liebe und Weite.

Wie wird das sein?

Wer bin ich?

Wer werde ich sein?

Wo führt mich dieses Abenteuer hin?

Sehnsucht.

Loslassen.

Entdecken.

Ich reise in unerforschte Länder.

Im Gepäck das Vertrauen meiner Vergangenheit

und die Zuversicht der Zukunft.

Vielleicht werde ich irgendwo erwartet

und kann mich dort ein wenig niederlassen.

In einem Land der Freiheit,

Leichtigkeit,

Freude und des Tanzes.

Claudia Nüssen, 09.04.2023

In Erinnerung an Michael Nüssen


Inhaltsverzeichnis

Abschied

Vorwort der Redaktion 4

Claudia Nüssen: Abschied von Wolfgang Huraksh Meuthen 5

Hazrat Inayat Khan: Gedanken über Sterben und Tod 8

Elisabeth de Jong-Keesing: Inayat Khans Abschied vom Westen 12

Pir Zia Inayat Khan: Reflexionen über Leben und Tod 14

Musharaff Moulamia Khan: Der Tod meines Vaters 19

Sufi-Geschichte: Wie kann man vor dem Tod sterben? 21

Llewellyn Vaughan-Lee: Sterben 22

Moineddin Jablonski: Zwei Briefe in Erwartung des bevorstehenden Todes 26

Rabindranath Tagore: Abschied 28

Matthieu Ricard: Abschied von Tokden Rinpoche 29

Hauke Burgarth: Mehr als Trauer:

Kaddisch – Gebet für die Lebenden, nicht die Toten 32

Uri Rothschild: Abschied im Takt mit der Religion 34

Elisabeth Kübler-Ross: Bedingungslose Liebe 38

Nico ter Linden: Menschenfischer (nach Markus 1, 14-20) 39

Blerta Kamberi: „Ist die Seele meiner Mutter hier bei uns?“ –

Erfahrungen einer muslimischen Leichenwäscherin 42

Hildegard Thevs und Claudia Nüssen: Reise ohne Wiederkehr 44

Christel Ludewig: „Abschied muss man üben“ oder „Die Kraft der Rituale“ 48

Peter Wehmann: Abschied 50

Jan Alim Müntinga: Abschied von Irmgard 52

Texte aus den Heiligen Schriften der Weltreligionen 53

Blick aus dem Fenster: …in eine Kunstwerkstatt mit ukrainischen Mädchen 57

Regina Armaiti Winkler-Reber: Die Karawane ist weitergezogen:

Bach meets Ney-Flute: J. S. Bachs h-Moll Messe in der St. Agnes Kirche Köln 59

Buchbesprechung: Chris Paul: Ich lebe mit meiner Trauer 60

Buchbesprechung: Wali van der Zwan: Die Reise der Seele 62

Impressum 63

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 3


Vorwort der Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser,

Abschied ist ein universelles menschliches Erlebnis, das jeden von uns in einer

Vielzahl von Formen berührt. Es ist ein Phänomen, das uns vereint und doch

individuell betrifft. Unsere Beiträge untersuchen dieses Thema aus einer Vielzahl

religiöser und spiritueller Perspektiven, in der Hoffnung, tieferes Verständnis

und mehr Raum für Reflexion und Dialog zu bieten.

Abschied kann eine schmerzhafte Erfahrung sein, ein Gefühl des Verlusts und

der Trauer hervorrufen. Aber wie es in den verschiedenen Beiträgen dieser Ausgabe

beschrieben wird, kann Abschied auch ein Neubeginn sein, ein Übergang

in eine neue Phase des Lebens. Es ist eine Gelegenheit, das Alte loszulassen und

das Neue zu begrüßen. In jeder großen Religion finden wir den Glauben an

diese Wiedergeburt, diese Erneuerung, diese Veränderung.

Darüber hinaus erkennen wir, dass der Abschied ein Prozess ist, kein einmaliges

Ereignis. Man kann das Ende eines Kapitels betrachten als den Beginn des

nächsten, wobei jeder Schritt uns auf einen Pfad führt, der uns verändert und

uns auf eine unerwartete Weise wachsen lässt.

Die Beiträge in dieser Ausgabe bieten eine Fülle von Einsichten in diese vielschichtigen

Aspekte des Abschieds. Sie erkunden sowohl die Herausforderungen

als auch die Chancen, die damit einhergehen.

Indem wir uns diese verschiedenen Perspektiven anschauen, laden wir Sie,

liebe Leserinnen und Leser, ein, über Ihre eigenen Erfahrungen und Überzeugungen

nachzudenken. Wir hoffen, dass Sie ermutigt werden, Ihre eigenen

Abschiede als Teil des Lebensprozesses anzunehmen.

Während der Arbeit an diesem Heft erreichte uns die Nachricht vom Übergang

von Huraksh Meuthen – unserem sehr geschätzten und jahrzehntelangem Leiter

in unserem Orden. Zudem war er zusammen mit seiner Frau Ishtar Dvorak

jahrelang der Herausgeber und Redakteur dieser Zeitschrift. Claudia Nüssen

verbindet eine langjährige Freundschaft mit ihm. Sie hat Huraksh sehr persönliche

Worte gewidmet, denen die anderen Redaktionsmitglieder und die Herausgeber

nichts hinzufügen wollten. Möge in unser aller Namen das Licht Gottes

seine Seele mit der alles umfassenden Liebe empfangen.

Hans-Peter Baum, Claudia Nüssen, Regina Armaiti Winkler-Reber

& Uta Maria Baur, Josef Ries

Redaktion & Verlag

4 SIFAT 2 | 2023 – Abschied


Claudia Nüssen: Abschied von Wolfgang Huraksh Meuthen

Claudia Nüssen

Abschied von Wolfgang Huraksh Meuthen

Einige persönliche Erinnerungen

Lieber weiser Freund und Wegbegleiter,

nun hast auch du dich auf die große Reise begeben.

Ich empfinde es als kostbares Geschenk, dass ich dich während deiner letzten Tage

einige Male besuchen konnte und Abschied von dir nehmen durfte. Liebevoll,

manchmal mit einem Schmunzeln, blicke ich auf einige gemeinsame Erlebnisse

zurück.

Verzeih mir die Unvollständigkeit meiner Aufzählung. Es sind nur ein paar

Stationen und Highlights, die mir spontan eingefallen sind. Vielen Dank für

deine Freundschaft!

Zunächst fällt mir die erste Begegnung zwischen Michael und dir im Grindelhof

ein. Es war Liebe auf den ersten Blick zwischen euch. Du wurdest sein

spiritueller Mentor und hast ihn zu einer Cheragarbeit über das Judentum animiert.

Damit hast du ihm einen entscheidenden Anstoß gegeben, sich mit seiner

Ursprungsreligion und -kultur auseinanderzusetzen und wieder zu verbinden.

Eine wichtige Station war dabei das Cheragseminar in Wien mit dem Schwerpunkt

Jüdische Religion. Nie werde ich ein lustiges Erlebnis in einem israelischen

Restaurant vergessen. Es sollte ein Festmahl am Abschlussabend einer

wunderbaren Seminarwoche werden. Wir waren alle entspannt und ausgelassen

und wollten uns bei einem leckeren Essen voneinander verabschieden. Leider

gab es dort zu wenige Plätze für alle Teilnehmer*innen. Deshalb bekam ich

spontan einen Platz auf deinem Schoß angeboten. Es wurde ein sehr lustiger

Abend! Richtig bequem wurde es allerdings erst, als ich später selbst einen Stuhl

erhielt.

Ich erinnere mich an zahlreiche Meditationsabende unter deiner Leitung.

Zunächst im Grindelhof und später in der Virchowstraße. Ein paarmal hast du

deinen Freund Gerhard Kissel eingeladen.

Er verzauberte uns mit seiner schönen Musik. Neben diesem wunderbaren

Klangerlebnis war es für mich berührend zu sehen, wie dich diese Begegnungen

erfreuten. Ich danke dir für die Teilhabe!

Du hattest eine spezielle Variante beim Einführen des Dhikrs. Damit auch die

Unbegabtesten unter uns (zu denen ich sicher ebenfalls gehörte) begriffen, wel-

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 5


Claudia Nüssen: Abschied von Wolfgang Huraksh Meuthen

che Worte sie dabei zu sprechen hätten, hast du ein Schild in die Mitte gestellt,

von dem wir ablesen konnten z. B. La ilaha ila Hu.

Jedes Mal war ich gespannt, ob das Schild heute Abend wieder zum Vorschein

kommt. Die Antwort lautete stets Ja!

Auch als deine Kräfte schwächer wurden, bist du noch einmal von Lüneburg

mit der Bahn nach Hamburg gefahren und hast eine Meditationseinheit (mit

Schild) für uns durchgeführt.

Es fiel dir bereits sehr schwer, den Weg zu bewältigen. Deshalb geleitete ich

dich auf dem Rückweg durch die Menschenmassen am Hauptbahnhof zum

Zug. Weil ich mich fürsorglich bei dir einhakte, um ein mögliches Fallen zu

verhindern, war dein Kommentar: Jetzt glauben alle, wir sind ein Liebespaar. Ich

war sehr berührt und habe dich in dem Glauben gelassen, mein Freund!

Häufig haben Michael und ich euch in Lüneburg besucht. Der Gesprächsstoff

ging uns niemals aus. Es gab eine große Bandbreite an Themen, die uns alle

beschäftigten. Oh je, konnten wir zusammen lachen und herrlich albern sein!

Aber auch mit ernsten Themen beschäftigten wir uns gemeinsam. Wir tauschten

uns über unsere zukünftigen Grabplätze, Vollmachten, Patientenverfügungen,

dem ganzen Rundum-Vorsorgepaket, wenn man älter wird, aus. Von der

Kindheit bis zur Bahre wurde kein Thema ausgelassen!

Deine Lebensplanung erschien mir oftmals weitsichtig und konsequent. Wenn

du merktest, dass etwas dem Ende entgegen ging, hast du Abschied genommen.

Beizeiten hast du deine Ämter im Sufiorden niedergelegt und Jüngeren übergeben.

Du bist als Herausgeber der Zeitschrift Sifat zurückgetreten und hast die

Verantwortung in unsere Hände gelegt. Deine Arbeit als Psychotherapeut hast

du beendet, um als Privatier dein Leben zu genießen. Und als es Zeit wurde,

das große Haus in Undeloh zu verlassen, hast du nicht lange gezögert, nach

Lüneburg umzusiedeln.

Lieber Huraksh,

scheinbar ist jetzt für dich der richtige Zeitpunkt für den nächsten Wechsel

gekommen. Ich durfte Zeugin sein, wie ruhig und friedlich du dich auf den

Weg begeben hast. Ich wünsche dir, dass du an einem Ort ankommst, der dir

zum Labsal für Herz, Geist und Seele sein wird.

6 SIFAT 2 | 2023 – Abschied


Claudia Nüssen: Abschied von Wolfgang Huraksh Meuthen

Während unseres letzten Studienkreises zitierte Ishtar folgende Zeilen von

Johann Wolfgang von Goethe:

Zum Sehen geboren,

Zum Schauen bestellt,

Dem Turme geschworen,

Gefällt mir die Welt.

Ich blick in die Feme,

Ich seh in der Näh

Den Mond und die Sterne,

Den Wald und das Reh.

So seh ich in allen

Die ewige Zier,

Und wie mir's gefallen,

Gefall ich auch mir.

Ihr glücklichen Augen,

Was je ihr gesehn,

Es sei wie es wolle,

Es war doch so schön!

Ich wünsche dir, dass du diesem Credo rückblickend und vorwärtsschauend,

auf dein eigenes Leben bezogen, zustimmen kannst.

Viel Licht und Frieden

Claudia

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 7


Hazrat Inayat Khan: Gedanken über Sterben und Tod

Hazrat Inayat Khan

Gedanken über Sterben und Tod

Sterben vor dem Tod

„Der Mensch kann aus dem lebenslangen Studium von Philosophie und

Metaphysik durch Nachdenken Beweise dafür ableiten, dass es eine Kontinuität

des Lebens über den Tod hinaus gibt, doch wird ihm diese durch geistige

Anstrengung erhaltene Erkenntnis nicht das Gefühl von Sicherheit geben, das

er sich wünscht. Daher übt sich der Sufi in einem Prozess, der ihm ermöglicht,

mit dem Teil des Lebens in Berührung zu kommen, der dem Tod nicht unterworfen

ist; und wenn er diesen Teil des Lebens gefunden hat, beginnt er auf

natürliche Weise die Gewissheit des Lebens zu spüren.“

The Sufi Message of Hazrat Inayat Khan, Vol. VI 272

„In der anderen Welt' meint eine Welt, die unseren Augen, unseren physischen

Augen verborgen ist, aber es bezeichnet nicht eine Welt, die weit entfernt von

uns und unerreichbar ist. Beide, die Lebenden und die Toten, bewohnen denselben

Raum; wir leben alle zusammen. Nur ein Schleier trennt uns, der Schleier

dieses physischen Körpers.“ X 39

„Der Mensch ist bewegungslos, steif geworden dadurch, dass er dieser Welt

anhaftet, in die er hineingeboren wurde und der sein ganzes Interesse gilt. Wenn

er es schafft, seine Seele beweglicher zu machen und sich dadurch von all dem

abzuwenden, kann er alles erfahren, was über die verschiedenen Ebenen der

unterschiedlichen Welten gesagt wurde, die in Wirklichkeit verschiedene Ebenen

des Bewusstseins sind.“ VIII 321

„In den Heiligen Schriften, in den Hadith, heißt es: 'Stirb, bevor du stirbst!'

(mutu qabla an tamutu). Was ist dieses Sterben? Dieses Sterben ist ein Spiel mit

dem Tod. Alle Mystiker haben ihr ganzes Erdenleben lang das Spiel mit dem

Tod geübt. Durch das Spiel mit dem Tod vermochten sie zu erkennen, was der

Tod ist. Dadurch blieb es nicht nur intellektuelles Wissen, sondern sie haben

gesehen, dass die Seele unabhängig von ihrer physischen Hülle existiert.“ VI 27

„Ich sehe das jenseitige Leben hier; es ist nicht nach dem Tod. Ich sehe die Vergangenheit

und Gegenwart und Zukunft alle im selben Moment.“ IX 58

8 SIFAT 2 | 2023 – Abschied


Hazrat Inayat Khan: Gedanken über Sterben und Tod

Die Angst vor dem Tod

„Ich erinnere mich, dass ich als Kind, als ich zuerst vom Tod erfahren habe,

stundenlang traurig war und dachte: ‚Dieser mein Körper, das Instrument,

durch das ich das Leben erfahre, wird eines Tages im Grabe liegen. Ich werde

weg sein von allen Dingen und Wesen, denen heute das ganze Interesse meines

Lebens gilt. Alles um mich herum, das mich interessiert und mich den ganzen

Tag lang fesselt, wird sich eines Tages in Nebel auflösen; weder werde ich jemanden

sehen noch wird mich jemand sehen; alle, die ich jetzt liebe, werden eines

Tages von mir getrennt sein.‘ Mein eigenes Erleben in der Vergangenheit sagt

mir deutlich, wie andere sich fühlen müssen bei dem Gedanken, sich von etwas

in nichts zu verwandeln. Jedenfalls ist das der Fall bei all jenen, die so im Traum

des Lebens gefangen sind, dass die Idee des Todes, der eigentlich ein viel realerer

Seinszustand ist, sie in Schrecken versetzt.“ V 123

„Wenn der Gedanke in einem Menschen auftaucht: ‚Eines Tages muss ich all

das verlassen und ins Grab steigen‘, überfällt ihn eine tiefe Trauer. Einige begleitet

diese Angst eine Strecke ihres Lebens, andere ihr ganzes Leben lang. Der

Beweis für die Stärke der Angst vor dem Tod ist, dass der Tod als schlimmste

Bestrafung angesehen wird, obgleich er nicht annähernd so schlimm ist wie die

Schmerzen, der Kummer und die Sorgen im Leben.“ V 44

„Sobald der Mensch einmal das innere Leben erfahren hat, lässt die Angst vor

dem Tod nach, denn dann weiß er, dass der Tod nur den Körper betrifft, nicht

aber sein inneres Wesen. Wenn er das Leben in seinem Herzen und in seiner

Seele erkennt, betrachtet er seinen Körper nur noch als Kleidungsstück. Wenn

das Kleidungsstück alt geworden ist, legt er es ab und zieht ein neues an. Die

Angst vor dem Tod hält nur so lange an, bis er realisiert, dass sein wahres Wesen

nicht vom Körper abhängt.“ I 80

S uizid

„Es gibt zahllose Menschen, die unglücklich, deprimiert oder total verzweifelt

sind und vielleicht Selbstmord begehen möchten, die aber, nachdem sie es

versucht haben, schließlich erkannten, dass das Leben doch lebenswert ist.“

VI 104

„Wie unglücklich ein schwacher Mensch auch sein mag, sein Leben ist zu kostbar,

um es zu opfern. Suizid ist nur möglich unter großem emotionalem Stress.

Alle Anstrengung, alle Kämpfe sollten eingesetzt werden, um zu leben.“ VII 184

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 9


Hazrat Inayat Khan: Gedanken über Sterben und Tod

Euthanasie und künstliche Lebensverlängerung

„Ist es falsch, einen Menschen, der sehr leidet, sterben zu lassen? Sollte man

künstliche Mittel einsetzen, einen Menschen am Leben zu halten? Es ist nicht

empfehlenswert, dass ein Arzt, ein Verwandter oder sonst wer einen Menschen,

der sehr stark leidet, tötet, um ihm weitere Schmerzen zu ersparen, denn die

Natur ist weise, und jeder Augenblick, den man hier auf der physischen Ebene

verbringt, hat seinen Sinn. Wir Menschenwesen sind zu begrenzt, um die Situation

zu beurteilen und zu entscheiden, dem Leben und Leiden eines andern

ein Ende zu setzen. Wir müssen versuchen, den Schmerz dieses Menschen zu

lindern, alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit er sich besser fühlt. Aber

es ist auch nicht das Richtige, einen Menschen künstlich für Stunden oder Tage

am Leben zu halten, denn es wirkt der Weisheit der Natur und dem göttlichen

Plan entgegen. Es ist ebenso schlimm wie einen Menschen zu töten. Der

Mensch neigt dazu, immer weiter zu gehen, als er sollte; an der Stelle macht er

einen Fehler.“ IV 46

Der Tod von geliebten Angehörigen

Begräbnisansprache

„Ruft die wandernde Seele nicht zurück, die sich auf ihrer Reise zum Ziel befindet,

denn ihr wisst nicht, wonach sie sucht. Wenn ihr um den Toten (die Tote)

weint, werdet ihr die Seele traurig machen, die nicht auf die Erde zurückkehren

kann. Wenn ihr euch mit ihm (ihr) zu verbinden sucht, werdet ihr ihn (sie) nur

betrüben. Er (sie) ist glücklich dort, wo er (sie) jetzt ist. Mit dem Wunsch, zu

ihm (ihr) zu gelangen, könnt ihr ihm (ihr) nicht helfen; Euer Lebensziel hält

euch noch auf der Erde.

Kein Geschöpf, das je geboren wurde, hat in Wirklichkeit einem andern angehört.

Jede Seele wird von Gott geliebt. Deshalb ist der Tod nichts anderes als die

Vereinigung mit Gott. Denn wem die Seele in Wahrheit angehört, zu dem kehrt

sie am Ende zurück. Wahrlich, der Tod ist ein Schleier, hinter dem das Leben

verborgen ist. Das ist für den Menschen auf der Erde jenseits allen Begreifens.

Wenn ihr nur um die Freiheit jener Welt wüsstet, und wie den betrübten Herzen

ihre Last abgenommen wird! Wenn ihr wüsstet, wie die Kranken gesund

gemacht und die Verletzten geheilt werden und welche Befreiung die Seele

erfährt, wenn sie aus diesem Leben der Begrenzungen fortschreitet! Ihr würdet

nicht mehr um die Verstorbenen trauern, sondern ihr würdet beten für ihr

Glück auf ihrer Weiterreise und für den Frieden ihrer Seele.“

10 SIFAT 2 | 2023 – Abschied


Hazrat Inayat Khan: Gedanken über Sterben und Tod

S piritismus

„Wir tun den Seelen Verstorbener, die keinen Körper mehr haben, nichts

Gutes, wenn wir sie zurückrufen. Warum lassen wir sie nicht in Ruhe die Erfahrungen

dieser Welt der Illusion vergessen, anstatt sie an uns zu binden?“ VII 151

„Über das heikle Thema der Kommunikation mit Geistern Verstorbener möchte

ich sagen, dass wir lieber mehr Verbindung mit den Wesen, die hier auf der Erde

leben, aufnehmen sollten, als von dem Wunsch besessen zu sein, Wesen auf der

anderen Seite des Lebens zu begegnen. Wir sollen uns hier entwickeln, und

wenn wir uns zu intensiv mit denen befassen, die diese Erde verlassen haben,

entfernen wir uns aus unserem Leben, das uns zugeteilt wurde.“ V 70

„Ich habe mich für das Wohl einiger Medien eingesetzt, die von den großen

Erforschern des Spiritismus ausgenutzt wurden, indem ich mein Missfallen an

dieser Praxis geäußert habe; nicht als jemand, der nicht daran glaubt, auch nicht

als jemand, der sich darüber lustig macht, sondern allein aus Sorge um die einfachen

Seelen, die benutzt wurden und deren Leben ruiniert wurde, damit die

anderen irgendein Geheimnis herausfinden konnten. Aber was für ein Geheimnis

finden sie denn heraus? Nichts. Nicht der Zuschauer ergründet das Geheimnis

eines Theaterstücks, sondern der Schauspieler, der es spielt. Wenn jemand

etwas erfahren will, dann muss er es selbst erfahren und die Folgen davon tragen.

Aber eine junge, unerfahrene und als Medium geeignete Person zu wählen

und von ihrem Ruin zu profitieren, das bringt weder Segen noch das Wissen,

das man sucht.“ IV 249/50

„Manchmal gibt es Visionen der Murshids, der höheren Wesen, die zu den Eingeweihten

kommen. Sie kommen, um zu leiten und in allen Schwierigkeiten

zu helfen. Jemand, der ganz und gar in Gedanken an einen Propheten oder

Murshid absorbiert ist, kann so darin aufgehen, dass auf seinen Ruf das Wesen,

das er angerufen hat, immer erscheint und ihm hilft.“ V 70

„Im Evangelium wird berichtet, dass Christus einige Male von seinen Jüngern

gesehen wurde. Es ist die Erfahrung jedes Menschen, der Konzentration und

Meditation geübt hat, zu sehen, was er in seinem Bewusstsein gehalten hat,

nicht nur im Innern, sondern auch vor sich im Außen. Das ist die erste Erfahrung,

die jeder Mystiker macht. Die Jünger waren ganz in ihre Gedanken an

Christus eingetaucht; wie sollten sie ihn da nicht sehen?“

VIII

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 11


Elisabeth de Jong-Keesing: Inayat Khans Abschied vom Westen

Elisabeth de Jong-Keesing

Inayat Khans Abschied vom Westen

Am Ende seiner Autobiografie beschreibt Inayat Khan sein Idealbild von

Indien – Sonne, offene Weite, wahre Kultur, wahrer Respekt. Jahrelang war

es nur ein Traum. Doch im Sommer 1926 war die Entscheidung gefallen: Er

wollte nach Hause gehen. Er schrieb voller Leidenschaft:

‚Indien, Indien, du Land meiner Geburt,

kein Gebiet auf der Erde lässt sich mir dir vergleichen …

In meiner tiefsten Verzweiflung hörte ich dich rufen.

Deine heiligen Flüsse, deine Pilgerstätten,

deine erhabene Natur, dein göttlicher Geist,

deine Mondschein-Nächte und dein herrliches Morgenrot …

Sie zogen mich so sehr an, dass ich wünschte zu fliegen.‘

Seine Abreise wurde lange geheim gehalten, aber sie war zu spüren. Während

der Sommerschule wurde sein am meisten orientalisches Theaterstück aufgeführt,

das mit einem Abschied endet: ‚Ich gehe auf die Suche nach einem anderen

Königreich.‘ Die Zeremonie der Grundsteinlegung und die Einführung der

Confraternity waren ebenfalls Akte des Lebewohl.

Zu Weihnachten 1926 erhielten seine Mitarbeiter/innen seine Weihnachtsgrüße

aus Indien (deren Text später in die Sammlung Nirtan aufgenommen wurde):

‚Bevor Du meine Taten richtest, bitt‘ ich, o Herr, mir zu vergeben.

Bevor das Herz mir stille steht, hilf meiner Seele, hilf ihr leben.

Bevor mir noch die Augen brechen, darf ich Dein Angesicht wohl sehn?

Bevor die Füße mir ermüden, darf ich zu Deiner Wohnstatt gehn?

Bevor ich aus dem Schlaf erwache, bewahre mich vor Not und Harm.

Bevor die Hülle von mir fällt, nimm mich in Deinen Vaterarm.

Bevor ich noch mein Werk vollende, mach‘ wieder gut, was mir misslang.

Bevor Du Deine Weise spielst, lässt Du mir Zeit für meinen Sang?‘

Dieses Gedicht war am Ende ein Trost für Menschen, die ihr Leben ohne Religion

gelebt hatten. Alle, die an den eigenen Tod denken, können das sagen. Es

ist nicht so schwierig wie viele andere Gedichte Inayats, in denen der Mystiker

leidenschaftlich nach Gott sucht und Ihn in sich selbst, in der Natur oder in

anderen Wesen findet. Die Bilder erinnern an frühere Werke – in Minqar-é-

Musiqar sagt er schon: ‚Lass mich Dein Angesicht sehen‘, und in Nirtan: ‚Ich

erreiche Dich, bevor meine Füße Deine Wohnstatt erreichen können‘ und

12 SIFAT 2 | 2023 – Abschied


Elisabeth de Jong-Keesing: Inayat Khans Abschied vom Westen

‚Ich sehe Dich, bevor meine Augen Deine Sphären erreichen können‘. Das

Abschiedsgedicht ist einfacher in Ton und Form.

‚Wenn du Gott nicht im Menschen siehst, wirst du Ihn nirgendwo sehen.‘

Der Mensch, der sich in diesem Gedicht ausdrückt, ist in Erwartung seines

Todes, und er wendet sich nicht nur an ein Gottesideal außerhalb seiner selbst

– angesprochen als Du; es spricht auch Gott im Menschen an, in dir. ‚Gott in

meinem Mitmenschen, in Schülerin und Schüler, bevor du richtest‘ (und sie

haben gerichtet!), vergib mir‘. ‚Bevor das Herz mir stille steht‚ wirst du meiner

Seele helfen zu leben?‘ Aber lebt die Seele eines Mystikers nicht tief und vollständig?

‚Wirst du mich dein Angesicht schauen lassen?‘ Gott in meinen Schülerinnen

und Schülern, in meinen Mitgeschöpfen, enthülle dich. Lass mich deine

Wohnstatt sehen, wo du bist und dass es dich gibt. ‚Bevor ich erwache‘ – das

Leben ist für ihn ein Traum – ‚wirst du mich anschauen‘. ‚Bevor ich mein Leben

niederlege, nimm mich in dein Leben.‘ Und dann kommt der Musiker auf den

Anfang zurück, eine beeindruckende Variation. Er bittet nicht um Vergebung,

sondern dass seine Fehler wiedergutgemacht werden. Er fragt nicht nach etwas,

sondern er vertraut: ‚Du wirst wiedergutmachen, was misslang.‘ Und schließlich

als Bestätigung die persönliche Note, Worte, die nur ein Sänger sagen kann:

‚Lass mich mein Lied singen.‘ Bittet der Mystiker, dessen ganzes Leben Gottes

Musik war (‚Geh und vereine Ost und West mit der Musik deiner Seele‘), Gott

in seinen Schülerinnen und Schülern (die es immer besser wussten: ‚Im Westen

gibt es keine Lernenden, nur Meister‘), auf seine Note zu hören, bevor sie auf

eigene Weise weitermachen?

Es ist beides, und noch mehr. Es ist auch der Künstler, der seine Musik für seine

Mission geopfert hat. Es ist auch das Kind aus dem Haus von Maula Bakhsh,

das sich so lange angepasst hat und nun zum Schluss, nach sechzehn Jahren

Umherwandern im Westen, die so wundervoll waren, mit Freude zurückkehrt.

‚Engel würden sich in Demut tief verbeugen, wenn sie mein Land sähen.‘ Das

nie vergessene Haus in Baroda, wo er als Kind nachts in seinem Bett dem gesungenen

Koran lauschte und am Morgen der Großvater

kam und ihn dazu brachte, sein Lied zu lernen.

aus: Elisabeth de Jong-Keesing, Inayat Khan – a biography.

East-West Publications, 1974, S. 254-256,

Übersetzung H.-P. Baum

Elisabeth Keesing (1911-2003) war eine niederländische

Schriftstellerin, die ab 1938 eine Zeit lang in Niederländisch-Ostindien

lebte. Nach umfangreicher Recherche

schrieb sie eine Biografie von Inayat Khan, die 1973 auf

Niederländisch und ein Jahr später auf Englisch erschien

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 13


Claudia Nüssen: Buchbesprechung: Chris Paul: Ich lebe mit meiner Trauer

„Music for Peace“ hat mit diesem Konzert bewiesen, dass Musik in der Lage

ist, Grenzen zu überwinden und die Herzen der Menschen zu berühren

Der Vorstand des Vereins möchte allen Unterstützerinnen und Unterstützern

ausdrücklich und von Herzen für die großzügigen Spenden danken. Ohne diese

finanzielle Zuwendung hätten wir das Konzertprojekt nicht durchführen können.

Claudia Nüssen: Buchbesprechung

Chris Paul: Ich lebe mit meiner Trauer

Manchmal kann ein Buch in einer schwierigen Phase Trost spenden. Das

Buch „Ich lebe mit meiner Trauer“ der Psychotherapeutin und Trauerbegleiterin

Chris Paul war ein richtiger Glücksgriff für mich. Ich entdeckte es

im Bücherschrank einer Freundin und kaufte es mir später selbst. Inzwischen

wurde es ein wertvoller Wegbegleiter, während ich mich im Trauerprozess um

einen geliebten Menschen befand.

Bereits die Einleitung „Trauern ist die Lösung, nicht das Problem!“, klingt

vielversprechend, gab mir die Erlaubnis zu trauern und machte mich neugierig

auf mehr. Beim weiteren Lesen kam es mir teilweise vor, als wenn ich ein

Buch über mich selbst lesen würde, ergänzt mit Erklärungen und Vorschlägen,

die Bewältigungsstrategien und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Ich suchte

nach Antworten auf das „Warum“ und „Was nun?“ und bekam wertvolle Anregungen.

Chris Paul zeigt verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten eines Trauerweges auf

und macht deutlich, dass dieser nicht nur mit Leid und Schmerz, sondern auch

mit Dankbarkeit und Liebe verbunden sein kann. Beim Lesen des Buches fühlte

ich mich plötzlich nicht mehr alleingelassen mit meiner Trauer, es war jemand

da, der mich an die Hand nahm und mich auf meinem steinigen Weg begleitete.

Ich denke, hilfreicher kann ein Buch nicht sein und dafür bin ich der

Autorin dankbar.

Chris Paul präsentiert einen ganz neuen Ansatz des Trauerns und bezeichnet

ihn als „Kaleidoskop des Trauerns“. Hiermit bietet sie uns ein lebensnahes,

verständliches Bild an und zeigt viele unterschiedliche Reaktionen und Gestaltungsmöglichkeiten

eines Trauerweges.

60 SIFAT 2 | 2023 – Abschied


Claudia Nüssen: Buchbesprechung: Chris Paul: Ich lebe mit meiner Trauer

Hier ein kurzer Überblick über Inhalt und Aufbau des Buches:

Die Autorin hat ein Modell entwickelt, mit dem sie den Trauerprozess vom

Eintritt des Todes bis in die Zeit der Jahre nach dem Tod erklären.

Sie nennt es „das Kaleidoskop des Trauerns“ und definiert darin sechs Elemente,

die von Anfang an immer gleich präsent sind:

• Überleben

• Wirklichkeit

• Gefühle

• Sich anpassen

• Verbunden bleiben

• Einordnen

Nachdem sie zu Beginn des Buches diese Elemente kurz erläutert, erklär sie ihre

Bedeutung und ihr Wirken in jeder der folgenden Phasen des Trauerns:

• Die ersten Stunden. Der Trauerweg beginnt

• Die ersten Wochen. Eine besondere Zeit

• Das erste Trauerjahr. Der Trauermarathon hat begonnen

• Todestage. Der erste Todestag

• Die weiteren Trauerjahre. Trauerwege und Trauerentwicklungen

Mit ihrem Modell des Kaleidoskops bietet Chris Paul Trauernden in den unterschiedlichen

Phasen ein lebensnahes, leicht verständliches Bild, in dem sie sich

wiedererkennen und durch das sie Kraft und Hoffnung für ihr eigenes Leben

schöpfen können.

Ein hilfreiches Buch, das durch seine Systematik und durch die immer wiederkehrenden

Elemente wirken kann wie eine Stütze, wie ein Korsett und

Lebensanker, der einen durch die Zeit der Trauer begleiten kann. Aber auch für

die Unterstützung von Freunden und Bekannten, die vom

Tod betroffen sind, kann es wichtige Impulse und Hinweise

geben.

Und es ist eine wichtige Unterstützung für alle, die professionell

mit Tod, Trauer und Seelsorge zu tun haben.

Chris Paul, Ich lebe mit meiner Trauer,

Gütersloher Verlagshaus 270 Seiten, 2. Ausgabe 2022

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 61


Anahita Junge: Buchbesprechung: Wali van der Zwan: Die Reise der Seele

Anahita Junge: Buchbesprechung

Wali van der Zwan: Die Reise der Seele

H

azrat Inayat Khan auf dem Rücken eines Pferdes – dieses ungewöhnliche

Bild ziert den Umschlag des Buches, und der Untertitel weist auf seinen

weiten Horizont hin: „Der Aufenthalt der Seele auf der Erde gemäß Hazrat Inayat

Khan, Ramakishna und den Upanischaden“. Wali van der Zwan stellt mit seinem

Wissen und seiner Erfahrung dieses grundlegende und umfassende Thema in

gut lesbarer Form dar, und er legt Wert darauf, Bezüge zum täglichen Leben

herzustellen.

Für Inayat Khan, den indischen Sufi-Meister, der seinen Sufismus in den

Westen brachte und ihn zu einem universellen spirituellen Weg machte, ist

die Kultivierung des Charakters und der Persönlichkeit die Essenz seiner Sufi-

Botschaft, denn diese Lehren beziehen sich direkt auf das tägliche Leben und

fördern Frieden und Harmonie im Inneren und Äußeren.

Seine 1923 verfassten und 1931 veröffentlichten Vorträge „Die Entwicklung

des Charakters“ und „Die Kunst der Persönlichkeit“ enthalten einen Plan für die

Reise der Seele auf der Erde und eine Anleitung zur Kultivierung des eigenen

Charakters. Von diesen Vorträgen sagte Inayat Khan, dass sie – zusammen mit

„Die Seele, Woher und Wohin“ über den Abstiegs- und Aufstiegsweg der Seele –

seine Sufi-Lehren zu einem Ganzen machten.

Inayat Khans indische Ausbildung und sein tiefes Interesse an der hinduistischen

Spiritualität würdigend, vergleicht der Autor seine Lehren mit den Lehren

des großen indischen Heiligen des 19. Jahrhunderts, Sri Ramakrishna, und mit

den Upanischaden, wobei er den Schwerpunkt auf die Katha-Upanischad legt,

einen Dialog mit Yama, dem König des Todes.

Mit Kapiteln über das Erwachen der Seele, die Verwirklichung und den Weg

der Meisterschaft (sadhana), das persönliche Lebensziel, die Alchemie der Persönlichkeit,

das Loslassen und die Frage, was die Persönlichkeit

und das Ich-Gefühl ausmachen, bis hin zur Vervollkommnung

unseres Menschseins ist dieses Buch ein

praktisches Handbuch zur Vervollkommnung des eigenen

inneren Seins und zugleich eine Einführung sowohl in den

Sufi-Pfad als auch den hinduistischen Pfad von advaita

vedanta und bhakti.

Peace in Motion Publications, 2023 | Das Buch kann bezogen

werden über die Homepage www.peaceinmotion.info

und auch bei Amazon

62 SIFAT 2 | 2023 – Abschied


Impressum | Mitteilungen vom Verlag Heilbronn

Impressum

SIFAT – Zeitschrift für Universalen Sufismus

ISSN 1420-1712

Gegründet 1972 von Karima Sen Gupta, von 1997 - 2016 von Marita Ischtar Dvořák und

Wolfgang Huraksh Meuthen herausgegeben

Herausgeber und Redaktion:

Hans-Peter Baum hpbaum@nord-com.net 0049-(0)421 353528

Claudia Nüssen claudianuessen@t-online.de 0049-(0)40 215439 (V. i. S. d. P.)

Regina Armaiti Winkler-Reber rwinklerreber@posteo.de 0049(0)731-7187642

Foto Cover: 78677870 © Peter Verreussel | Dreamstime.com

SIFAT

erscheint in der Regel dreimal jährlich zum Selbstkostenpreis

Preise ab 2020: € 18,00 pro Jahr für 3 Hefte inkl. Versand – Abonnement

Geschenk-Abonnement – € 18,00 für 3 Hefte (1 Jahr)

€ 23,70 pro Jahr für 3 Hefte als Printausgabe und als eBook

€ 3,80 als PDF-Book Einzelkauf über unseren Shop | ABO € 11,00

€ 6,00 zzgl. Versandkosten für Einzelhefte, soweit lieferbar

Zahlbar in Euro: Konto Verlag Heilbronn, Josef Ries, Postbank

IBAN: DE54 7001 0080 0714 0168 02 BIC: PBNKDEFF

Vertrieb, Bestellungen und Abonnentenverwaltung:

Verlag Heilbronn, Josef Ries, Kaiser-Heinrich-Straße 37, D-82398 Polling

sifat@verlag-heilbronn.de www.verlag-heilbronn.de

Tel. 0049 (0)881-9275351 Fax 0049 (0)881-9275352

Bestellungen über unsere Homepage: www.verlag-heilbronn.de

Email oder per Brief – bitte vollständige und deutliche Absenderangaben

Abbestellungen zum Ende des bezahlten ABOs sind jederzeit möglich

Folgende SIFAT-Hefte sind noch lieferbar:

Heft 1 / 2023 – Freiheit

Heft 3 / 2022 – Frieden

Heft 2 / 2022 – Angst ausatmen – Mut einatmen

Heft 1 / 2022 – Hoffnung

Heft 3 / 2021 – Nächstenliebe

Heft 2 / 2021 – Heilung

Heft 1 / 2021 – Klangbrücken

Heft 3 / 2020 – Kraftquellen

Heft 2 / 2020 – AUFeinander achten

Heft 1 / 2020 – Die Erde lieben

Heft 3 / 2019 – Religion und Wissenschaft II

Heft 2 / 2019 – Religion und Wissenschaft

Heft 1 / 2019 – Glaube und Zweifel

Heft 3 / 2018 – Mutige Frauen – Gelebte Spiritualität

Heft 2 / 2018 – Sonderheft: Noor-un-Nisa Inayat Khan

Heft 1 / 2018 – Sehnsucht der Seele

Heft 3 / 2017 – Geschwisterlichkeit

Heft 2 / 2017 – Gerechtigkeit

Heft 1 / 2017 – Opfer und Opfern

Heft 2 / 2016 – Religion und Liebe

Heft 1 / 2016 – Ein menschenfreundlicher Islam

SIFAT 2 | 2023 – Abschied 63


Der Türmer

Zum Sehen geboren,

Zum Schauen bestellt,

Dem Turme geschworen,

Gefällt mir die Welt.

Ich blick in die Feme,

Ich seh in der Näh

Den Mond und die Sterne,

Den Wald und das Reh.

So seh ich in allen

Die ewige Zier,

Und wie mir's gefallen,

Gefall ich auch mir.

Ihr glücklichen Augen,

Was je ihr gesehn,

Es sei wie es wolle,

Es war doch so schön!

Johann Wolfgang von Goethe

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!