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Einheit - SIFAT Heft 1/2024-Leseprobe

Wenn man Hazrat Inayats Text „Einheit und Einheitlichkeit“ liest, dann kann man nur staunen, mit welcher Klarheit er die Probleme der Menschheit in unserer Zeit vorausschauend beschreibt. Unsere Welt ist gekennzeichnet von Zerrissenheit, polarisierenden und rivalisierenden Gruppierungen bis zur Zerstörung von Mensch und Umwelt. Folgt man Hazrat Inayat Khan, dann wird deutlich, dass das wahre Verständnis von der Vielfalt des EINEN in dem EINEN verloren gegangen ist und die Menschheit im Streben nach vermeintlichem Fortschritt einen zerstörerischen Weg eingeschlagen hat. Umso wichtiger erscheint uns daher zu DEM, was uns eint und was eigentlich nicht in Worte zu fassen ist, eine Vielfalt von Gedanken und Worten vorzustellen, die jeweils zu umschreiben versuchen, was diese EINHEIT ist. Hidayat Inayat Khan zum Beispiel beschreibt den Weg „Dem Einen entgegen …“ als einen Prozess des Vergessens, eine mystische Erfahrung der Transzendenz des eigenen Bewusstseins. Es geht um einen inneren Weg, Frieden im eigenen Sein zu finden. Die letzten Zeilen des Gebets von Hazrat Inayat Khan „Saum“ machen das sehr deutlich: „Ziehe uns näher zu Dir in jedem Augenblick unseres Lebens, bis in uns sich widerspiegelt Deine Gnade, Deine Herrlichkeit, Deine Weisheit, Deine Freude und Dein Frieden.“ Dann haben wir das Ziel erreicht. Aus den Gedanken zur Einheit ergibt sich folgerichtig eine Richtschnur, die das Miteinander der Menschen betrifft: die Bruder- und Schwesternschaft oder auch Geschwisterlichkeit im Rahmen einer einzigen Menschenfamilie, auch Kinship genannt. Wenn wir alle teilhaben an dem einen Bewusstsein und genährt werden aus ein und derselben Quelle, dann ist eine Trennung in Freund und Feind nicht möglich. Du und ich verschmelzen letztlich miteinander. Mitgefühl bestimmt dann den Umgang untereinander.

Wenn man Hazrat Inayats Text „Einheit und Einheitlichkeit“ liest, dann kann man nur staunen, mit welcher Klarheit er die Probleme der Menschheit in unserer Zeit vorausschauend beschreibt. Unsere Welt ist gekennzeichnet von Zerrissenheit, polarisierenden und rivalisierenden Gruppierungen bis zur Zerstörung von Mensch und Umwelt. Folgt man Hazrat Inayat Khan, dann wird deutlich, dass das wahre Verständnis von der Vielfalt des EINEN in dem EINEN verloren gegangen ist und die Menschheit im Streben nach vermeintlichem Fortschritt einen zerstörerischen Weg eingeschlagen hat.

Umso wichtiger erscheint uns daher zu DEM, was uns eint und was eigentlich nicht in Worte zu fassen ist, eine Vielfalt von Gedanken und Worten vorzustellen, die jeweils zu umschreiben versuchen, was diese EINHEIT ist. Hidayat Inayat Khan zum Beispiel beschreibt den Weg „Dem Einen entgegen …“ als einen Prozess des Vergessens, eine mystische Erfahrung der Transzendenz des eigenen Bewusstseins.

Es geht um einen inneren Weg, Frieden im eigenen Sein zu finden. Die letzten Zeilen des Gebets von Hazrat Inayat Khan „Saum“ machen das sehr deutlich: „Ziehe uns näher zu Dir in jedem Augenblick unseres Lebens, bis in uns sich widerspiegelt Deine Gnade, Deine Herrlichkeit, Deine Weisheit, Deine Freude und Dein Frieden.“ Dann haben wir das Ziel erreicht.

Aus den Gedanken zur Einheit ergibt sich folgerichtig eine Richtschnur, die das Miteinander der Menschen betrifft: die Bruder- und Schwesternschaft oder auch Geschwisterlichkeit im Rahmen einer einzigen Menschenfamilie, auch Kinship genannt. Wenn wir alle teilhaben an dem einen Bewusstsein und genährt werden aus ein und derselben Quelle, dann ist eine Trennung in Freund und Feind nicht möglich. Du und ich verschmelzen letztlich miteinander. Mitgefühl bestimmt dann den Umgang untereinander.

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Zeitschrift für Universalen Sufismus

52. Jg.

Heft 1

März 2024

Einheit


Sufismus

ist eine uralte Weisheit und zugleich eine Methode der geistigen Schulung, die

Menschen befähigt, diese Weisheit in ihrem täglichen Leben zu verwirklichen.

Der Universale Sufismus

nach Hazrat Inayat Khan ist nicht auf bestimmte Dogmen, Rituale oder

spirituelle Techniken festgelegt.

Der Universale Sufismus baut eine Brücke über die Unterschiede und Grenzen,

die Menschen und Religionen voneinander trennen. Er ermöglicht auch, die

eigene Religion besser zu verstehen und zu leben, weshalb jeder diesen Weg

gehen kann, unabhängig von der Religionszugehörigkeit.

Hazrat Inayat Khan

wurde am 5. Juli 1882 in der indischen Stadt

Baroda geboren. Seine hoch angesehene Familie

war durchdrungen vom Geist mystischer Religiosität

und von der Liebe zur klassischen indischen

Musik. Inayat Khan war von Kind auf in Kontakt

mit den geistigen Traditionen des Islam wie des

Hinduismus, in einer Atmosphäre freundlicher

Toleranz über alle konfessionellen Grenzen hinweg.

Im Jahre 1910 bekam er von seinem spirituellen

Lehrer, Abu Hashim Madani, der der Sufi-

Tradition der Chishtis angehörte, den Auftrag,

den Sufismus in den Westen zu bringen. Hier

wurde er der Begründer und das geistige Oberhaupt

(Pir-o-Murshid) der Sufi-Bewegung und ihrer esoterischen Schule, des

Sufi-Ordens (heute Inayatiyya), und er schuf den Universellen Gottesdienst.

Längere Zeit lebte er in Suresnes bei Paris, von wo er oft zu Reisen in die

ganze westliche Welt aufbrach. Seine Vorträge füllen die 13 Bände seiner „Sufi-

Botschaft“. Er starb am 5. Februar 1927 in New Delhi.

Hazrat Inayat Khans Lehre und die seiner Nachfolger ist geprägt von einer

umfassenden Toleranz, einer Verehrung und Liebe zu allen Prophetinnen und

Propheten und Heiligen der Menschheit und einem Verständnis gegenüber der

Vielfalt der religiösen Traditionen und Lebenserscheinungen.


Inhaltsverzeichnis

Einheit

Vorwort der Redaktion 4

Hazrat Inayat Khan: Der erste Sufigedanke 5

Hazrat Inayat Khan: Einheit und Einheitlichkeit 6

Hazrat Inayat Khan: Die Persönlichkeit als Tropfen im Wasser 9

Pir Vilayat Inayat Khan: Sufi-Konferenz zur Einheit 11

Hidayat Inayat Khan: Ohne jeden Wunsch oder Begierde 14

Pir Zia Inayat Khan: Gebet der Einheit 16

Annemarie Schimmel: Ibn ‘Arabi, der Magister Magnus 17

Wali van der Zwan: Dem Einen entgegen 20

Nico Salar Kluwer: Die Idee der Einheit 21

Abu Bakr al-Kalabadhi: Die Sufi-Lehre der Einheit 25

Lex Hixon: Es gibt nur das Eine – Plotin und die Metaphysik

der spirituellen Suche 27

Swami „Papa“ Ramdas: Gott ist überall 31

Bede Griffiths: Das Universum aus der Sicht des Ostens 32

Christian Röther: Die Religion der Einheit 35

Thich Nhat Hanh: Intersein 37

Martin Buber: Das Gebot der Liebe 39

Paul Chaim Eisenberg: Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt 40

Willigis Jäger: Die wahre Einheit der Religionen 42

Albert Schweitzer: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben,

das leben will.“ 45

Mevlana Jelaluddin Rumi: Sag ich bin Du 48

Mevlana Jelaluddin Rumi: Das Gasthaus 49

Mevlana Jelaluddin Rumi: Wenn der Stein zum Rubin wird 50

Texte aus den Heiligen Schriften der Weltreligionen 52

Blick aus dem Fenster: Shagraf / Singing Hearts –

Sufismus im Theater an der Ruhr 56

Blick aus dem Fenster: M-LISADA 57

Buchbesprechung: Llewellyn Vaughan-Lee:

Ein verborgener Pfad – Geschichten für eine lebendige Zukunft 59

Buch: Hazrat Inayat Khan: Die Einheit der religiösen Ideale 61

Impressum 62

Hazrat Inayat Khan: Worte zur Einheit 63

SIFAT 1 | 2024 – Einheit 3


Vorwort der Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn man Hazrat Inayats Text „Einheit und Einheitlichkeit“ liest, dann kann

man nur staunen, mit welcher Klarheit er die Probleme der Menschheit in unserer

Zeit vorausschauend beschreibt. Unsere Welt ist gekennzeichnet von Zerrissenheit,

polarisierenden und rivalisierenden Gruppierungen bis zur Zerstörung

von Mensch und Umwelt. Folgt man Hazrat Inayat Khan, dann wird deutlich,

dass das wahre Verständnis von der Vielfalt des EINEN in dem EINEN verloren

gegangen ist und die Menschheit im Streben nach vermeintlichem Fortschritt

einen zerstörerischen Weg eingeschlagen hat.

Umso wichtiger erscheint uns daher zu DEM, was uns eint und was eigentlich

nicht in Worte zu fassen ist, eine Vielfalt von Gedanken und Worten vorzustellen,

die jeweils zu umschreiben versuchen, was diese EINHEIT ist. Hidayat

Inayat Khan zum Beispiel beschreibt den Weg „Dem Einen entgegen …“ als

einen Prozess des Vergessens, eine mystische Erfahrung der Transzendenz des

eigenen Bewusstseins.

Es geht um einen inneren Weg, Frieden im eigenen Sein zu finden. Die letzten

Zeilen des Gebets von Hazrat Inayat Khan „Saum“ machen das sehr deutlich:

„Ziehe uns näher zu Dir in jedem Augenblick unseres Lebens, bis in uns sich

widerspiegelt Deine Gnade, Deine Herrlichkeit, Deine Weisheit, Deine Freude

und Dein Frieden.“ Dann haben wir das Ziel erreicht.

Aus den Gedanken zur Einheit ergibt sich folgerichtig eine Richtschnur,

die das Miteinander der Menschen betrifft: die Bruder- und Schwesternschaft

oder auch Geschwisterlichkeit im Rahmen einer einzigen Menschenfamilie,

auch Kinship genannt. Wenn wir alle teilhaben an dem einen Bewusstsein und

genährt werden aus ein und derselben Quelle, dann ist eine Trennung in Freund

und Feind nicht möglich. Du und ich verschmelzen letztlich miteinander. Mitgefühl

bestimmt dann den Umgang untereinander.

Mögen also die Texte des vorliegenden Heftes uns helfen, in diesen aufgewühlten,

unruhigen Zeiten erst recht den Weg nach innen zu beschreiten und

zu lernen, unsere innere Kraft, unser Mitgefühl und unseren Frieden zu finden,

zu halten und in die Welt auszustrahlen.

Wir wünschen unserer Leserschaft viel Inspiration bei der Lektüre und auch

Ermutigung, dem EINEN weiterhin entgegenzugehen.

Die Redaktion:

Hans-Peter Baum, Claudia Nüssen, Regina Armaiti Winkler-Reber

4 SIFAT 1 | 2024 – Einheit


Hazrat Inayat Khan: Der erste Sufigedanke

Hazrat Inayat Khan

Der erste Sufigedanke 1

Es gibt den einen Gott, den Ewigen, das Einzige Sein.

Nichts existiert außer Gott.

Der Gott der Sufis ist ein Gott aller Glaubensrichtungen und ein Gott für

alle Menschen. Im Namen sehen die Sufis keine Unterschiede – Allah,

Gott, Dieu, Khuda 2 oder Bhagwan 3 . Diese Namen und noch viele mehr sind

die Namen des Gottes der Sufis, und doch ist Gott für die Sufis erhaben über

jegliche Einschränkung durch Namen. Die Sufis sehen Gott in der Sonne, im

Feuer, in Idolen, die von verschiedenen Sekten verehrt werden. Sufis erkennen

Gott in allen Formen und Gestalten des Universums und wissen zugleich, dass

Gott über jeglicher Form steht. Gott ist in allem, und alles ist in Gott. Gott ist

das Sichtbare und das Unsichtbare, das Einzige Sein. Gott ist für die Sufis nicht

Inhalt einer aufgezwungenen religiösen Überzeugung, sondern das höchste

Ideal, das der menschliche Geist erfassen kann.

Die Sufis vergessen ihr Selbst und streben danach, ihr göttliches Ideal zu erreichen.

Sie sind ständig während ihres ganzen Lebens auf dem Weg der Liebe und

des Lichts. In Gott sehen sie die Vollkommenheit von allem, das in Reichweite

der menschlichen Wahrnehmung liegt, und wissen zugleich, dass Gott jenseits

der Reichweite des Menschen steht. Die Sufis schauen auf Gott, wie Liebende

auf ihre Geliebten schauen. Sie betrachten alle Dinge im Leben als von Gott

kommend und nehmen sie in vollkommener Ergebung an. Die heiligen Namen

Gottes sind für die Sufis wie Medizin für Patienten. Der Gedanke an Gott ist ihr

Kompass, mit dem sie ihr Schiff an das Ufer der Unsterblichkeit steuern. Das

Gottesideal ist für Sufis wie ein Fahrstuhl, der sie zum ewigen Ziel emporhebt.

Dieses Ziel zu erreichen, das ist der einzige Zweck ihres Lebens.

Zit. nach: Die Sufi-Botschaft von Hazrat Inayat Khan, Das Innere Leben,

Centennial Edition Bd. 1, Verlag Heilbronn 2018, S. 18f

1 Zeitschrift „Sufi“ (London, Sufi Publishing Society) Band III, Nr. 2, Juli 1918, 7

2 Khuda ist die mittelpersische Bezeichnung für „Gott“ oder „Herr“. Khuda hafiz ist ein

geläufiger Abschiedsgruß mit der Bedeutung „Möge Gott dein Beschützer sein“.

3 Bhagwan ist in Indien ein Ausdruck für Gesegnete(r), Erhabene(r), Verehrungswürdige(r),

Gott.

SIFAT 1 | 2024 – Einheit 5


Hazrat Inayat Khan: Einheit und Einheitlichkeit

Hazrat Inayat Khan

Einheit und Einheitlichkeit

E

inheit und Einheitlichkeit verwechseln wir oft miteinander. Tatsächlich ist es

der Geist der Einheit, der die Einheitlichkeit als etwas Schönes und Schutzgewährendes

hervorbringt. Zu allen Zeiten gab es beides: die Einheit als inneres

Wesen jeder Seele und als einzigen Zweck des Lebens auf der einen Seite, und

andererseits die Einheitlichkeit als Hilfe, um diesen Zweck erfüllen zu können.

Die Einheit ist das Ziel, und die Einheitlichkeit ist das Mittel, dieses Ziel zu

erreichen. Aber oft hat das Mittel den Zweck verdunkelt. Durch alle Zeitalter

hindurch haben sich die verschiedenen Religionen, die dem Menschen zu seiner

geistigen Entfaltung gegeben wurden und deren einziges Ziel ist, die Einheit

hervorzubringen, allmählich nach der Art von Gemeinschaften und Staatsreligionen

organisiert. Viele Menschen, die einer Kirche angehören, bejahen

deren Dogmen, beanspruchen einen bestimmten Namen für ihre Religion und

betrachten alle anderen Kinder Gottes als von sich getrennt. Aber dabei gehen

gerade sie jener Saat der Wahrheit verlustig, für deren Entfaltung eine Religion

gegeben worden ist. Diesen Irrtum haben die Menschen von Anfang an begangen,

sodass sie schließlich nicht mit dem wahren Geist in Berührung kamen,

sondern sich von der Wirklichkeit entfernten, weil sie etwas Falsches anstrebten.

Religiöse Meinungsverschiedenheiten haben der Menschheit zahllose Kriege

und Katastrophen beschert. Solches geschah, wenn der Geist der Einheit nicht

beachtet, die Einheitlichkeit dagegen überbewertet wurde. In unserem Zeitalter,

in dem der Geist der Religion auf einem Tiefpunkt angelangt ist und nur noch

äußere Gleichförmigkeit Gewicht hat, geschieht es zunehmend, dass die verschiedenen

Menschengruppen sich voneinander entfernen und Zwietracht aller

Art entsteht: eine Partei oder Klasse gegen die andere; überall dominiert der

Geist der Rivalität, der Missgunst und der Zerstörung. Und eine Folge davon

ist, dass der Mensch nicht zur wahren Erkenntnis Gottes kommt. Nur wenige

erkennen Ihn wirklich. Die ganze Menschheit leidet unter einer tiefen Unruhe.

Die Menschen denken, dass sie sich weiter entfalten. In Wirklichkeit entwickeln

sie sich auf eine immer größere Ruhelosigkeit hin.

Wahren Fortschritt kann es niemals geben, solange Nationen, Reiche und

Völker gespalten sind; denn, wenn die Völker erst einmal gespalten sind, dann

geht der Spaltungsprozess weiter, und die Parteien und Klassen werden ebenfalls

uneins; sogar die Familien brechen auseinander. Es ist dieser Geist der Zerstörung,

der allzeit tätig ist. Die Einheit scheint aus den Herzen der Menschen

6 SIFAT 1 | 2024 – Einheit


Hazrat Inayat Khan: Einheit und Einheitlichkeit

ausgerottet zu sein. Beispiele brauche ich nicht zu geben; wer seine Augen offen

hat, kann überall auf der Welt diesen Zustand der Menschheit und unseres

Lebens erkennen. Suchen wir nach der Ursache dafür, entdecken wir, dass ein

eigentlich richtiges Prinzip falsch angewendet worden ist. Einheitlichkeit ist

kein Fehler, sie hat in der Tat einen großen Wert. Beispielsweise ist der gemeinschaftliche

Wunsch, zu heilen und in Notzeiten Dienste anzubieten, überhaupt

nichts Falsches. Wenn aber das Gottesideal verschwunden ist, dann sind solche

Bestrebungen wie ein unbeseelter Körper, und wie bei einem Leichnam endet

es mit Zersetzung und Schmutz. Wie lebendig und wohlhabend die Welt auch

erscheinen mag, wirkliches Leben hat nur das Lebendige; wenn das lebendige

Sein aber vergessen wird, ist es wie Licht unter einem Scheffel. Von der Jagd

nach dem Geld wird der Mensch so gefesselt und berauscht, und er wird derart

gleichgültig gegenüber Glück und Harmonie anderer Menschen und blind für

die Harmonie seines eigenen Daseins, dass er letztlich Zerstörung bewirkt. Wir

brauchen nur an die Kriege zu denken, die die Menschheit erlebt hat, besonders

an den letzten mit all seinen Schrecken, um diese Wahrheit zu erkennen. Alles

beweist, dass der Fortschritt in die falsche Richtung geht und dass überall die

Einheit fehlt. Alle heiligen Schriften, die den Juden, den Muslimen, den Parsen,

den Hindus und den Buddhisten gegeben worden sind. enthalten die Botschaft

der Einheit als ihre zentrale Wahrheit: aber die Menschen haben sich so sehr

vom schönen Wortlaut dieser Schriften fesseln lassen, dass ihnen deren innere

Botschaft entfallen ist.

Würden wir aber die innere Botschaft vernehmen, kämen wir zu der

Erkenntnis, dass die Worte aller dieser verschiedenen heiligen Schriften

von ein und derselben Stimme gesprochen worden sind. Manche vernehmen

diese Stimme, die anderen hören nur die Worte - so wie beim Anblick der Natur

die einen nur Zweige erblicken, während die anderen auch die Wurzeln eines

Baumes wahrnehmen. All die verschiedenen heiligen Schriften, alle Formen der

Verehrung und Kontemplation Gottes haben nur diesen einen Zweck: die Verwirklichung

der Einheit. In der Einheit liegen für den Menschen sein Glück

und seine Erleuchtung verborgen, in ihr findet er die Richtschnur für sein

Leben. Den Begriff der Einheit kennen wir alle, aber die meisten von uns verstehen

darunter nur Einheitlichkeit. Jahrtausende lang haben die Veden in ihren

Gebeten und heiligen Worten dieses zentrale Thema der Einheit ertönen lassen:

dass alles eins ist. Der Koran enthält inmitten aller seiner ernsten Mitteilungen

eine wichtige Sure, die vom Sein Gottes aussagt, dass es allem Unsichtbaren und

genauso allem Sichtbaren als gemeinsamer Strom zugrunde liegt. Und die Bibel

SIFAT 1 | 2024 – Einheit 7


Hazrat Inayat Khan: Einheit und Einheitlichkeit

verkündet, dass wir nur in Gott leben, uns bewegen, nur in Ihm existieren.

Von den vielen Millionen Menschen, die an Gott glauben, macht vielleicht nur

einer Gott zur Realität seines Lebens. Das Gottesbild eines Menschen ist ebenso

begrenzt wie er selbst. Die Gotteserkenntnis geschieht jenseits der Begrenzungen

des Verstandes. Der Mensch nimmt nur die Dinge wahr, die er auch wahrnehmen

kann. Seine Vorstellungskraft kann die ihr vertrauten Grenzen nicht

überschreiten, und er kann auch nicht über seine Vorstellung hinaus in jenen

Raum vordringen, wo das Sein Gottes ist. Das Geheimnis Gottes ist in der

Erkenntnis der Einheit verborgen. Der Mensch denkt vielleicht: „Was kann die

Einheit mir geben? Bringt sie mir das Glück? Was bedeutet sie im Innersten?“

Die Antwort kann ihm aufleuchten, sobald er das Leben intensiver beobachtet

und erforscht. Welche Atmosphäre kann von zehn Menschen geschaffen werden,

die in Harmonie verbunden sind! Zehn Menschen haben eine machtvollere

Liebesausstrahlung und einen größeren Einfluss, als ein einzelner Mensch es

haben kann. Welch ein Segen wäre es für die Menschheit, wenn die Nationen,

Kulturen und Gemeinschaften wirklich vereint wären!

Ohne Zweifel kann uns die Einheitlichkeit vieles über die Einheit lehren,

aber dann darf sie nicht an irdische Zwecke gebunden sein; denn so wird sie

destruktiv. Die großen Weisen aller Zeitalter haben sich tief in das Geheimnis

des Lebens versenkt, um in sich selbst zur Einheit vorzudringen und dann die

Einheit zu verbreiten. Im gewöhnlichen Leben führt jeder Mensch Klage über

irgendetwas, weil ihm etwas fehlt oder weil ihn etwas stört. Aber das sind nur

äußerliche Erklärungen. In Wirklichkeit ist der Mensch nicht in Einklang mit

seinem eigenen Wesen. Wie können wir Harmonie um uns herum verbreiten,

wenn in uns selbst Disharmonie herrscht! Wenn Geist und Körper miteinander

streiten, möchte die Seele etwas ganz anderes: Seele und Geist werden vom

Körper irgendwohin gezogen, oder Körper und Geist von der Seele; so entsteht

Disharmonie. Ist der Mensch mit sich selbst in Einklang, so ist er es auch mit

allen anderen. Dann erzeugt er Harmonie, gibt sie an alle weiter und strahlt sie

ständig aus.

Auf die Frage, mit der wir uns hier befassen, können wir die Antwort finden,

wenn wir unsere Beziehung zu Gott wirklich verstehen. Das Innerste Sein

des Menschen ist das wahre Sein Gottes; der Mensch ist immer mit Gott verbunden.

Könnte er nur einsehen, dass er seine Verbundenheit mit Gott erfährt,

wenn er Harmonie in seiner eigenen Seele entstehen lässt! Alle Meditationen

und Kontemplationen werden allein mit der Absicht gelehrt, dass wir unser

innerstes Sein so mit Gott in Einklang bringen, dass Er es ist, der durch uns

8 SIFAT 1 | 2024 – Einheit


Hazrat Inayat Khan: Die Persönlichkeit als Tropfen im Wasser

sieht, hört und denkt, und dass unser Sein nichts anderes ist als ein Strahl von

seinem Licht. Dann sind wir Gott näher als selbst die Fische dem Ozean, in dem

sie leben. Meistens ist es irgendein weltliches Interesse, das die Menschen wegen

eines erhofften Gewinnes zusammenführt. Welche Kraft aber könnte freigesetzt

werden, wenn die Menschheit sich in wahrer Brüderlichkeit vereinen würde!

Solange diese Wahrheit wie unter einem Scheffel verborgen ist, können alle

Maßnahmen der Einheitlichkeit keinen echten Nutzen bringen; sie haben kein

Leben. Und so leidet die Welt, auch wenn sie noch so viele Erfolge vorweisen

kann, an der falschen Verwendung eines an sich richtigen Prinzips.

Wir erreichen nicht das wahre Leben, bevor wir nicht zur Einheit gelangt

sind. Es ist die Aufgabe der Religion, über die Erkenntnis Gottes und die Liebe

zu Ihm, dem alle Anbetung gebührt, den Geist der Einheit zu fördern. Viele

Menschen streben nach übersinnlichen, magischen und magnetischen Kräften.

Dies ist aber nicht der Zweck der Religion; solche Fähigkeiten entfalten sich

von selbst. Wo Leben und Liebe ist, dort gibt es auch magnetische Kräfte. Die

Liebe selbst ist eine heilende Kraft und ein Mittel gegen jeden Schmerz. Alle

okkulten Kräfte stammen aus dem göttlichen Leben. Der Mensch aber sollte

ein natürliches Leben führen und sich das Wesen Gottes vergegenwärtigen. Nur

solche Übungen sind von Wert, die zur Erkenntnis Gottes führen, zur Einheit

mit Gott und mit dem eigenen Selbst und somit allem. Es ist nicht notwendig,

dass uns unsere Entwicklungsschritte vom jemand anderem bestätigt werden;

wir werden es selber spüren, wenn unser Herz voranschreitet. Durch Lieben,

Vergeben und Dienen wird unser ganzes Leben zu einer einzigartigen Vision

von Gottes vollendeter Schönheit.

aus: Hazrat Inayat Khan: Die Einheit der religiösen Ideale.

East-West Publications, o. J., S. 15-19

Hazrat Inayat Khan

Die Persönlichkeit als Tropfen im Wasser

U

nsere Persönlichkeit ist wie ein Tropfen im Wasser. Die Wahrscheinlichkeit,

dass ein Tropfen, der sich im Meer aufgelöst hat, wieder als dieselbe Menge

und Zusammensetzung des Wassers, aus dem er ursprünglich bestand, aus dem

Meer auftaucht, ist gering. Ebenso gering ist die Wahrscheinlichkeit, dass die

Seele, wenn sie sich einmal im Meer des Bewusstseins aufgelöst hat, wieder

hervortritt als Form, die aus genau denselben Anteilen von Bewusstsein besteht

SIFAT 1 | 2024 – Einheit 9


Hazrat Inayat Khan: Die Persönlichkeit als Tropfen im Wasser

wie zuvor. Es kann sein, dass der Tropfen an denselben Ort zurückfließt, und

er kann aus derselben Menge Wasser bestehen oder völlig anders zusammengesetzt

sein. Möglicherweise enthält er als zweiter Tropfen nur die Hälfte seiner

ursprünglichen Wassermenge oder einen noch kleineren Anteil, vermischt mit

einem gewissen Anteil zusätzlichen Wassers.

Wir könnten einen Tropfen, wenn er aus dem Wasser auftaucht, Herr Johannes,

den anderen Herr Thomas und noch einen anderen Frau Elisabeth nennen.

Aber sie bestehen alle aus demselben Wasser. Wenn wir das Wasser Herr Johannes

nennen, dann sind alle anderen ebenfalls Herr Johannes. Es ist alles derselbe

Geist, dasselbe Leben, das in den verschiedenen Formen und Namen zum

Ausdruck kommt. Aus dieser Perspektive gesehen, gibt es im Licht der Wirklichkeit

kein Ich, kein Du, kein Er, keine Sie, kein Es. Alle sind lediglich die

Unterschiede eines Augenblicks. Jeder Tropfen verliert, sobald er sich im Wasser

auflöst, entweder seine Reflexionen oder jegliche Eigenschaften, die er während

seiner Existenz besaß. Und selbst wenn er mit der Wahrscheinlichkeit von eins

zu tausend in genau derselben Zusammensetzung zurückkäme, so hätte er doch

nicht seine vorherigen Eigenschaften beibehalten.

Genau dasselbe gilt für das Bewusstsein. Da Bewusstsein von vornherein

eine noch geringere Dichte und Stabilität als Wasser besitzt, gibt es keinen

Grund für die Annahme, dass derselbe Teil des Bewusstseins ohne Zusätze

oder Verluste in der Konsistenz tatsächlich wieder auf der Oberfläche erscheint.

Aber selbst, wenn dies geschehen würde, wäre es immer noch völlig unmöglich,

dass die Eigenschaften und Eindrücke aus der Bewusstsein und Persönlichkeit

Vergangenheit beibehalten werden können. Denn durch das Versinken in das

Meer des Bewusstseins wird dieser Bewusstseinstropfen vollkommen von allen

vorherigen Eigenschaften und Eindrücken gereinigt.

Wenn sogar ein Tropfen Tinte seine Eigenschaften im Meer verliert, wieso

sollte nicht das Meer des Bewusstseins sein eigenes Element von allen anderen

Elementen, die ihm fremd sind, reinigen? Im Hinduismus wird der Glaube vermittelt,

dass ein einmaliges Bad im Sangam 4 , wo zwei Ströme zusammenfließen,

die Menschen von den Sünden ihres ganzen Lebens befreien kann. Wie könnte

es dann geleugnet werden, dass die Seele, wenn sie auch nur ein einziges Mal in

das Meer des Bewusstseins eintaucht, von allen Eigenschaften, die sie während

ihres vorangegangenen Lebens entwickelt hat, gereinigt wird? Das völlige Auf-

4 Sangam (Sanskrit) ist der Ort des Zusammenflusses der Ströme Ganga (Ganges) und

Yamuna, wo der unsichtbare Saraswati-Fluss als Segen von oben herabfließt.

10 SIFAT 1 | 2024 – Einheit


Pir Vilayat Inayat Khan: Sufi-Konferenz zur Einheit

gehen im göttlichen Geist bedeutet wesensmäßig eine Reinigung vom materiellen

Zustand des Seins, und es liegt im Wesen der Manifestation, dass die Seele

ganz neu und frisch darin auftaucht

aus: Hazrat Inayat Khan, Centennial Edition Band 3, Die Kunst der Persönlichkeit,

Verlag Heilbronn 2020, S. 179f

Hazrat Inayat Khan (1882-1927) kam auf seinen Reisen zur

Verbreitung der Botschaft von „Liebe, Harmonie und

Schönheit“ mehrmals nach Kalifornien.

Pir Vilayat Inayat Khan

Sufi-Konferenz zur Einheit

Im Vorwort zu seinem letzten Buch erklärt Pir Vilayat:

„In diesem ungewöhnlich konzipierten Buch präsentiere ich einige der zentralen

Ideen und Aphorismen bekannter Sufi-Mystiker aus vergangenen Jahrhunderten.

Wie es unter Sufis der Brauch ist, erscheine ich selbst als Teilnehmer in dieser Reihe

von Dialogen, und ich nehme daher auf meine Anwesenheit unter den Sufi-Mystikern

in der dritten Person Bezug. Wenn wir mit den Sufi-Mystikern ins Gespräch

kommen und ihre Erfahrungen und ihr Verständnis deutlicher werden lassen, können

wir Hinweise entdecken, die uns bei unserer eigenen Sinnsuche helfen können,

die Wirklichkeit besser zu verstehen.“

BISTAMI: Zwölf Jahre lang war ich der Schmied meines Egos, dann fünf Jahre

lang der Spiegel meines Herzens. Und während eines weiteren Jahres erblickte

ich, was zwischen mir und meinem Herzen lag. Ich entdeckte einen Keuschheitsgürtel,

der mich von außen behinderte, und es dauerte zwölf Jahre, ihn zu

zerreißen. Dann entdeckte ich einen inneren Keuschheitsgürtel, und es kostete

mich fünf Jahre, mich davon zu befreien. Schließlich hatte ich einen Moment

der Erleuchtung. Ich betrachtete die Schöpfung und begriff, dass sie ein Leich-

SIFAT 1 | 2024 – Einheit 11


Pir Vilayat Inayat Khan: Sufi-Konferenz zur Einheit

nam geworden war; und ich vollzog die Begräbnisriten für sie. La ilaha illa ‘llah,

es gibt nichts außer IHM.

PIR VILAYAT: [erklärt den Murids] Bistami erfährt den Zustand, welcher alama,

die „Wolke des Nichtwissens“ oder die „göttliche Dunkelheit“ genannt

wird.

JILI: Erinnere dich: Einheit ist die essentielle einzigartige Manifestation, wohingegen

in der göttlichen Dunkelheit alle Arten der Offenbarung, obgleich immer

noch real, unter der Macht der essentiellen Offenbarung GOTTES vernichtet

sind.

MURID: [zu Bistami] Wie brachten Sie diese Verschiebung in Ihrer Identität

zustande?

BISTAMI: Ich streifte mein Ego ab, wie eine Schlange ihre Haut abstreift.

IBN ‘ARABI: [sich Bistami zuwendend] Die meisten derer, die sich bemühen,

GOTT zu erkennen, hören auf zu existieren und beenden dann dieses Aufhören

als Bedingung dafür, Kenntnis von GOTT zu erlangen, und das ist ein

Fehler und ein Versehen. Es ist nicht deine Existenz, die aufhört, sondern deine

Unwissenheit.

PIR VILAYAT: Unsere Existenz muss nicht aufhören; es kommt aber darauf an,

dass das Bewusstsein von ihr dem GOTTES-Bewusstsein nicht im Wege steht.

MURID: Was meinen die Sufis mit Einsamkeit der Einheit? Einzigkeit [unicity]

– Vielheit [multiplicity]! Vielheit scheint mir eine Eigenschaft der Welt zu

sein, in der ich lebe. Wenn man also sagt, GOTT ist allein, dann ist SIE nicht

in der Welt zu finden.

JAMI: Stelle dir GOTT nicht als von der Welt getrennt vor. Die Welt in GOTT

ist GOTT, und GOTT in der Welt ist nicht anders als die Welt.

AL-HALLADSCH: [zu Bistami] Indem du dich von der ganzen Existenz isolierst

und dich weigerst, die Attribute GOTTES im Menschen zu sehen, tust

du genau das, wofür Iblis, der gefallene Erzengel, verdammt wurde. Sprich:

„Es gibt keinen anderen Adam als DICH“ – es war Iblis, der den Unterschied

postulierte.

PIR VILAYAT: [zum Murid] Sehen Sie, Bistami wurde beschuldigt, GOTT

nicht überall sehen zu können, gerade so, wie Iblis angeklagt wurde wegen seiner

Weigerung, GOTT im Menschen zu sehen. Aus Sicht der Sufis: Wenn der

12 SIFAT 1 | 2024 – Einheit


Pir Vilayat Inayat Khan: Sufi-Konferenz zur Einheit

Mystiker den Fokus seines Bewusstseins von der Perspektive der existentiellen

Welt fortverlagert, erlebt er ein Gefühl der Einheit. Diese Einheit hebt sich von

der Vielfalt der Qualitäten ab (welche die Sufis „Attribute“ nennen), die denjenigen

erscheinen, die in der Perspektive der existentiellen Welt versunken sind.

Die Mystikerin isoliert sich daher in der Einsamkeit der Einheit.

MURID: Was ist der Unterschied zwischen Einheit [unity] und Einzigkeit

[unicity]?

IBN ‘ARABI: Wer in die Vorstellung der Vielheit versunken ist, befindet sich in

der Welt und blickt auf die göttlichen Attribute. Wer in die Einheit versunken

ist, befindet sich bei GOTT, erfasst von der Einheit GOTTES, ungeachtet der

Welten.

JILI: Jede Qualität ist in der Einheit (ahadiyah), in welcher nichts manifestiert

ist, ausgelöscht, wohingegen Einzigkeit (wahidiyah) eine Offenbarung der

Essenz ist, die wegen der Unterschiede der Qualitäten GOTTES als Synthese

erscheint.

JAMI: Die Tatsache, dass die Erscheinung des EINEN WESENS in Attribute

gekleidet ist, impliziert keine Vielheit im EINEN WESEN. Das Erscheinen

und Verschwinden von Seinsweisen verursacht keine Änderung im Reich des

Absoluten. Wenn man sagt, dass der WIRKLICHE alle Wesen umfasst, dann

ist damit gemeint, dass ER sie als eine Ursache einschließt, dass ER ihre Folgen

einschließt, und nicht, dass ER ein Ganzes ist, das sie als SEINE Teile enthält.

Der Theologe Mullah Abu Bakr Muhammad Kalabadhi spricht.

KALABADHI: In einem ersten Schritt sieht der Mystiker Einheit in der Vielheit.

In einem folgenden Stadium sieht der Mystiker Vielheit in der Einheit.

AL-HALLADSCH: [zu Bistami] Wenn man sich von der Welt isoliert, um die

Einsamkeit der Einheit zu begreifen, wird man in seinem eigenen persönlichen

Selbst eingekapselt sein und dieses für GOTT halten. Wer durch die Macht der

Liebe in GOTT aufgegangen ist, der isoliert sich nicht von der Welt, sondern

wird von GOTT eingeladen, an der Einsamkeit SEINER Einheit teilzuhaben.

Gib es auf, dich von der ganzen Schöpfung zu isolieren, und dann ist es GOTT,

der dich in SEINE Einheit hineinzieht.

aus: Pir Vilayat Inayat Khan: Auf der Suche nach dem verborgenen Schatz

– Eine Sufi-Konferenz. edition nada, 2011, S. 90-93

SIFAT 1 | 2024 – Einheit 13


Impressum | Mitteilungen vom Verlag Heilbronn

Impressum

SIFAT – Zeitschrift für Universalen Sufismus

ISSN 1420-1712

Gegründet 1972 von Karima Sen Gupta, von 1997 - 2016 von Marita Ischtar Dvořák und

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Heft 3 / 2023 – Freude

Heft 2 / 2023 – Abschied

Heft 1 / 2023 – Freiheit

Heft 3 / 2022 – Frieden

Heft 2 / 2022 – Angst ausatmen – Mut einatmen

Heft 1 / 2022 – Hoffnung

Heft 3 / 2021 – Nächstenliebe

Heft 2 / 2021 – Heilung

Heft 1 / 2021 – Klangbrücken

Heft 3 / 2020 – Kraftquellen

Heft 2 / 2020 – AUFeinander achten

Heft 1 / 2020 – Die Erde lieben

Heft 3 / 2019 – Religion und Wissenschaft II

Heft 2 / 2019 – Religion und Wissenschaft

Heft 1 / 2019 – Glaube und Zweifel

Heft 3 / 2018 – Mutige Frauen – Gelebte Spiritualität

Heft 2 / 2018 – Sonderheft: Noor-un-Nisa Inayat Khan

Heft 1 / 2018 – Sehnsucht der Seele

Heft 3 / 2017 – Geschwisterlichkeit • Heft 2 / 2017 – Gerechtigkeit • Heft 1 / 2017 – Opfer u. Opfern

Heft 2 / 2016 – Religion und Liebe • Heft 1 / 2016 – Ein menschenfreundlicher Islam

62 SIFAT 1 | 2024 – Einheit


Hazrat Inayat Khan : Worte zur Einheit

Hazrat Inayat Khan

Worte zur Einheit

Weizenkörner, warum steht ihr so eng aneinandergedrängt? – Einigkeit ist

unsere Stärke; darum sucht ihr in uns eure Lebensnahrung. (657)

Wer den Begriff Einheit nicht erfassen will, wird eines Tages von der Einheit

erfasst werden. (979)

Das Leben beginnt mit dem Wissen um die Vielheit. Aber im Bewusstsein der

Einheit ist der Höhepunkt des Lebens. (1025)

Im Einssein zweier liebender Herzen ist die Einheit Gottes. (1043)

Alle Namen und Formen sind Hüllen und Decken, unter denen das eine

Leben verborgen ist. (2. Januar)

Mystiker streben danach, nahe bei der Idee der Einheit zu bleiben und herauszufinden,

wo wir uns vereinen. (24. April)

Die wirkliche Einheit ist weit größer als die Einheit in der Vielfalt. (6. Mai)

Es braucht Nachsicht, Geduld und Toleranz, um zwei individuelle Herzen

zusammenzuhalten. (5. Juni)

Die Gotteserkenntnis geschieht jenseits der Grenzen des menschlichen Verstandes.

Das Geheimnis Gottes ist in der Erkenntnis der Einheit verborgen.

(11. Oktober)

Die Seele von allem ist eine Seele und die Wahrheit ist eine Wahrheit, unter

welcher Religion sie auch verborgen ist. (18. November)

aus: Gayan, Vadan, Nirtan (Zahl). Verlag Heilbronn, 1996

bzw. 365 Tage Sufi-Weisheit (Datum). Verlag Heilbronn, 2018

SIFAT 1 | 2024 – Einheit 63


Al-Ahad – Die Einheit

Design: Reshat BDWOI

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