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Jahrmarkt der Sensationen - Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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Zweiten Weltkrieges die amerikanischen Truppen<br />

aus <strong>der</strong> Bevölkerung o<strong>der</strong> aus dem Hinterhalt im<br />

Wald heraus angreifen sollten. Strategisch hatte<br />

das kaum eine Bedeutung, aber die psychische Belastung<br />

für die Soldaten durch diese diffuse Gefahr<br />

war umso größer. Ich gehe davon aus, dass dieses<br />

Motiv sich auch in <strong>der</strong> Sage des Morbach Monster<br />

wie<strong>der</strong>fi ndet. Ansonsten treffen wir hier auf die<br />

klassischen Elemente von Soldatenfolklore: Die<br />

Sage stärkt die Identität <strong>der</strong> Gruppe und warnt vor<br />

<strong>der</strong> gefährlichen Fremde im Auslandseinsatz. Die<br />

lust am Gruseln, die Fokussierung diffuser Angst<br />

und die Möglichkeit zur Kompensation <strong>der</strong> komplexen<br />

lebenswirklichkeit charakterisieren allgemein<br />

das Genre <strong>der</strong> Schauersagen.<br />

JOGU: Glauben Sie denn selbst an den Werwolf?<br />

Burgard: Nein. Aber beim Spaziergang im Hunsrücker<br />

Wald stellte ich doch fest, dass sich mit dem<br />

Hintergedanken an die Sage mein eigenes, unterbewusstes<br />

Bild dieses Ortes ein wenig zur amerikanischen<br />

Perspektive hin verän<strong>der</strong>t hat. Das individuelle<br />

kulturelle Bild einer landschaft kann sich eben<br />

durch Einfl üsse wie Sagen än<strong>der</strong>n – das erlebt man<br />

am eigenen leib.<br />

JOGU: Hat Ihre Arbeit die Einwohner von Wittlich<br />

und Morbach eigentlich stärker auf die Sage aufmerksam<br />

gemacht?<br />

Burgard: Bisher haben ein o<strong>der</strong> zwei Morbacher<br />

schon großes Interesse gezeigt, und die Medien<br />

werden gerade neugierig auf die Geschichte. Dabei<br />

gibt es schon länger Verbindungen zwischen <strong>der</strong><br />

Sage und dem leben in <strong>der</strong> Region, die aber nicht<br />

kollektiv bewusst gewesen sind. So heißt zum Beispiel<br />

das lokale American Football-Team „Morbach<br />

Monsters“, und das logo <strong>der</strong> Mannschaft zeigt<br />

auch einen Werwolf mit blitzenden Augen und<br />

leuchtendem Fang. Der Name stammt vom<br />

Coach <strong>der</strong> Footballer, <strong>der</strong> als Fantasy-<br />

Fan die Sage kannte, aber selbst<br />

nicht aus Morbach stammt.<br />

logo des lokalen American Football-<br />

Teams „Morbach Monsters<br />

JOGU: Haben Sie sich bei ihrer Arbeit eigentlich an<br />

Vorbil<strong>der</strong>n aus <strong>der</strong> Volkskunde orientiert?<br />

Burgard: Oh ja. Wichtige Anregungen hat mir<br />

auf jeden Fall <strong>der</strong> mittlerweile verstorbene Erzählforscher<br />

lutz Röhrich gegeben. Röhrich war <strong>der</strong><br />

erste Professor für Volkskunde in <strong>Mainz</strong>. Auch von<br />

Matthias Zen<strong>der</strong> und seinen Aufzeichnungen aus<br />

<strong>der</strong> Eifel habe ich mich inspirieren lassen.<br />

JOGU: Verfolgen Sie das Thema Sagenforschung<br />

nun weiter?<br />

Burgard: Ich werde im Wintersemester das Proseminar<br />

„Mo<strong>der</strong>ne Sagen“ anbieten und möchte da-<br />

Die Sage vom Morbach Monster<br />

Hast Du je vom Morbach Monster gehört?<br />

25<br />

Kultur auf dem Campus<br />

bei mit den Studierenden wenn möglich mo<strong>der</strong>ne<br />

regionale Sagen sammeln. Meine Dissertation beschäftigt<br />

sich aber mit einem ganz an<strong>der</strong>en Thema:<br />

Dem Heimwehtourismus russlanddeutscher Spätaussiedler.<br />

Das Gespräch führte Peter THOMAS n<br />

Information: Burgards Monografi e „Das Monster<br />

von Morbach“ erscheint im Winter 2008 im<br />

Waxmann Verlag als Band in <strong>der</strong> Reihe „<strong>Mainz</strong>er<br />

Beiträge zur Kulturanthropologie / Volkskunde“ <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Volkskunde in Rheinland-Pfalz<br />

Ich habe die Sage kennen gelernt, als ich auf <strong>der</strong> luftwaffenbasis Hahn in Deutschland stationiert<br />

war. In Morbach war das Munitionsdepot untergebracht, etwas außerhalb <strong>der</strong> Kleinstadt<br />

Wittlich.<br />

Wittlich gilt übrigens als letzte Stadt, in <strong>der</strong> ein Werwolf getötet wurde. Es gibt da einen Schrein<br />

etwas außerhalb <strong>der</strong> Stadt, in dem immer eine Kerze brennt. Nach <strong>der</strong> legende wird <strong>der</strong> Werwolf<br />

zurückkehren, wenn die Kerze jemals erlischt.<br />

Eines Abends war eine Gruppe von Sicherheitspolizisten auf dem Weg zu ihrem Posten in Morbach,<br />

als sie entdeckten, dass die Kerze im Altar erloschen war. Alle machten daraufhin Scherze<br />

über das angebliche Monster.<br />

Später in <strong>der</strong>selben Nacht lösten Sensoren am Grenzzaun Alarm aus. Als die Sicherheitsleute<br />

dem Alarm nachgingen, sah einer von ihnen eine große, „hundeartige“ Gestalt, die sich auf ihre<br />

Hinterläufe stellte, ihn ansah und über den drei Meter hohen Maschendrahtzaun<br />

sprang. Ein Wachhund des Militärs wurde an die Stelle geführt,<br />

an <strong>der</strong> die Kreatur zum letzten Mal gesehen wurde, aber <strong>der</strong><br />

Hund wurde panisch und weigerte sich, die Spur zu verfolgen.<br />

Das geschah um das Jahr 1988.<br />

(übersetzung <strong>der</strong> englischen Fassung,<br />

die D. l. Ashliman 1997 per E-Mail<br />

zugetragen wurde.)<br />

[JOGU] 206/2008

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