ERF Medien Magazin Januar 2024
Ich will raus!
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8 ı<br />
THEMA<br />
Gott war treu. Er antwortete. Nicht immer sofort, aber<br />
eigentlich stets rechtzeitig – auch wenn ich mir häufig<br />
kürzere Wartezeiten auf seine Antworten gewünscht hätte.<br />
Doch nun, nach fast zwölf Jahren in der Funktion vom Leiter<br />
des Worship-Ressorts, war die Luft irgendwie raus und<br />
die Leidenschaft wurde immer mehr zu einer Aufgabe, die<br />
«Leiden schafft». Ich fühlte mich ausgelaugt, ausvisioniert,<br />
ausgepowert und fragte mich, was ich meinem Team denn<br />
noch Neues erzählen könnte.<br />
Je länger, umso mehr wurde für mich der Alltag zur Last.<br />
persönlichen Zeit mit Gott und seinem Wort, der Bibel, kam<br />
mir ein Gedanke: «Wie wäre es, wenn ich einfach wieder<br />
Lastwagen fahren könnte?» Zugegeben, ich hatte diesen<br />
Gedanken in den vergangenen zwölf Jahren immer wieder<br />
mal während herausfordernden Zeiten oder Projekten, aber<br />
es blieb immer eine Gedankenspielerei. Schliesslich galt<br />
es ja auch, eine sechsköpfige Familie zu versorgen und die<br />
Flexibilität bezüglich meiner Arbeitszeiten war absolut Gold<br />
wert und wichtig, um die Highlights unserer Kinder im Alltag<br />
miterleben zu können.<br />
Ich schlief nicht mehr gut, spürte einen Druck auf der Brust,<br />
hatte Mühe beim tiefen Durchatmen, selbst beim Singen<br />
hatte ich nicht mehr das gleiche Volumen. Lachen konnte ich<br />
nur noch selten und Freude war nur noch etwas, das ich aus<br />
der Vergangenheit kannte – obwohl ich innerlich wusste,<br />
dass ich mit meiner wunderbaren Ehefrau und Familie, allen<br />
Die Wende<br />
Darf ich, darf ich nicht, kann ich, kann ich nicht ... Die Frage<br />
quälte mich fortan. So nahm ich eines Tages professionelle<br />
Hilfe in Form eines Coaches und einer Psychiaterin in<br />
Anspruch. Medikamente linderten zwar den Leidensdruck,<br />
meinen guten Freunden, einer sicheren<br />
Arbeitsstelle und genügend<br />
men. Der Coach stellte gute Fra-<br />
konnten ihn aber nicht ganz neh-<br />
GOTT WAR TREU. ER ANTWORTETE.<br />
NICHT IMMER SOFORT, ABER<br />
finanziellen Möglichkeiten allen<br />
gen und ich kam aufgrund meiner<br />
RECHTZEITIG – AUCH WENN ICH<br />
Grund zur Freude gehabt hätte.<br />
Doch was sollte ich machen, ich<br />
habe sie einfach nicht mehr gespürt.<br />
MIR OFT KÜRZERE WARTEZEITEN<br />
AUF SEINE ANTWORTEN<br />
GEWÜNSCHT HÄTTE.<br />
Antworten langsam, aber sicher zum<br />
Schluss, dass es durchaus okay ist,<br />
nach zwölf Jahren weiterzuziehen.<br />
So schrieb ich im Herbst 2022 eine<br />
Ich musste da raus. Ich wusste nicht wie – aber raus!<br />
Durfte ich denn das überhaupt? Einfach raus? Schliesslich<br />
war es doch Gottes Wille, dass ich diese Arbeit angetreten<br />
hatte. Darf ich dann einfach selbst entscheiden, dass<br />
ich aufhöre? Natürlich suchte ich Gottes Antwort in dieser<br />
Frage. Doch Gott schwieg seit über einem halben Jahr und<br />
währenddessen ging es mir immer schlechter. Der Gang zur<br />
Arbeit wurde zu einer Tortur und die Arbeitstage wurden<br />
gefühlt immer länger und zäher. Nichts machte mir mehr<br />
Freude. Nicht einmal mehr die Freizeit oder meine einst geliebten<br />
Hobbys, alles wurde irgendwie dunkel und leer ...<br />
Dann plötzlich ein Lichtblick. Eines Morgens in meiner ganz<br />
E-Mail an meinen ehemaligen Arbeitsgeber im LKW-Geschäft<br />
mit der Frage, ob es möglicherweise eine offene Stelle<br />
gäbe für mich als Chauffeur. Eine automatische Antwort<br />
aufgrund einer Ferienabsenz liess bei mir die Hoffnungen<br />
auf eine positive Antwort und einem Ausweg aus meiner<br />
Situation schwinden. Doch schon am nächsten Tag hatte<br />
ich eine E-Mail meines ehemaligen Chefs im Postfach.<br />
Er schrieb, dass sie derzeit tatsächlich jemanden suchen<br />
würden und dass sich die Verantwortlichen bei mir melden<br />
würden. Noch am selben Tag kam der Anruf und nach einem<br />
kurzen Gespräch war klar, dass wir uns so bald wie möglich<br />
treffen und die Formalitäten besprechen wollten.