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PBS Report 1-2 2024

PBS Report - das Magazin für die PBS-Branche

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Sebastian Kneißl, Fußballprofi, DAZN-Kommentator und Coach<br />

Vom Profisportler zum<br />

Führungsexperten<br />

Sebastian Kneißl, ehemaliger Fußballprofi, gefeierter DAZN-Kommentator, Coach und Motivationstrainer,<br />

reflektiert zum Start ins Fußball-Europameisterschaftsjahr der Männer seine<br />

facettenreiche Karriere. Er erörtert die Entwicklung des deutschen Fußballs und zeigt auf, wie<br />

Fußballstrategien in Führungsqualitäten umgewandelt werden können. Ein inspirierendes<br />

Gespräch, nicht nur für Fußballenthusiasten und Führungskräfte.<br />

Sebastian, während deiner beeindruckenden<br />

Karriere bei Clubs wie dem<br />

FC Chelsea und in der schottischen<br />

Premier League hast du sicherlich<br />

zahlreiche Höhepunkte erlebt. Gibt<br />

es eine spezielle Erinnerung oder ein<br />

Ereignis, das für dich besonders prägend<br />

war?<br />

Kneißl: In meiner Karriere gab es natürlich<br />

mehrere Höhepunkte, die ich<br />

sofort nennen könnte, aber dafür<br />

reicht der Platz wohl nicht. Eine besondere<br />

Erinnerung ist mein erster<br />

Tag beim FC Chelsea. Als ich ins Trainingsgelände<br />

reinspaziert, wusste ich<br />

nicht, wo ich hinmuss. Keine fünf Sekunden<br />

später sprang jemand auf<br />

meinen Rücken und rieb mir mit den<br />

Fingerknöcheln über den Kopf. Es tat<br />

ziemlich weh, und ich war kurz davor<br />

direkt auszuholen. Aber dann sah ich,<br />

dass es Didier Deschamps war, damals<br />

noch Spieler, heute Trainer der französischen<br />

Nationalmannschaft. Es war<br />

eine lustige Szene, denn er merkte,<br />

dass ich jung und orientierungslos<br />

war. Einer der damaligen Topstars<br />

nahm sich meiner an und zeigte mir<br />

den Weg. Das war definitiv mein soziales<br />

Highlight bei Chelsea. Ein weiterer<br />

Höhepunkt war mein erstes Spiel in<br />

der 1. Mannschaft. Das war in der Saison<br />

2003/2004 gegen Lazio Rom. Das<br />

war schon Gänsehaut bei über 30 Grad<br />

in Italien und vor 25.000 Zuschauern<br />

mit Spielern wie Frank Lampard, Jimmy<br />

Floyd Hasselbaink und Gianfranco<br />

Zola auf dem Platz zu stehen, das war<br />

schon toll.<br />

Nachdem du deine aktive Karriere beendet<br />

hast, wie beurteilst du die Entwicklung<br />

des deutschen Fußballs,<br />

insbesondere im Bereich der Nachwuchsförderung?<br />

Siehst du Unterschiede<br />

oder Ähnlichkeiten zu anderen<br />

Ligen oder Fußballkulturen?<br />

Kneißl: Die Entwicklung in den letzten<br />

Jahren ist höchst professionell. Über<br />

die Nachwuchsleistungszentren sind<br />

viele Bereiche gut abgedeckt, manche<br />

vielleicht sogar übertrieben. Ich<br />

spreche hier insbesondere vom Thema<br />

Taktik in jungen Jahren. Wir haben<br />

die Spielfreude, das natürliche und<br />

einfache Spiel, die Bolzplatzmentalität<br />

etwas aus den Augen verloren.<br />

Glücklicherweise kehrt dies jetzt wieder<br />

zurück. In diesem Aspekt waren<br />

Länder wie Spanien und vor allem<br />

England uns deutlich voraus. Dank<br />

der Reform von Hannes Wolf (Fußballtrainer<br />

der U20-Auswahlmannschaft<br />

des DFB, A.d.R.) und seinem Kompetenzteam<br />

sind wir nun wieder auf<br />

dem richtigen Weg. Dennoch sehe ich,<br />

speziell in der Verarbeitung von Informationen<br />

und im Umgang mit Druck,<br />

noch viel Potenzial.<br />

Du hast einmal erwähnt, dass du für<br />

eine tiefgehende Analyse eines Spiels<br />

viel Zeit investierst. Kannst Du ein Beispiel<br />

nennen, bei dem diese Herangehensweise<br />

einen entscheidenden<br />

Unterschied gemacht hat? Wie können<br />

solche Ansätze in die Arbeitswelt<br />

übertragen werden, insbesondere in<br />

Krisenzeiten?<br />

Kneißl: Ich nutze eine große Datenplattform,<br />

die Videomaterial von Vereinen<br />

weltweit anbietet, u. a. sogar<br />

aus der 3. Liga Boliviens. Mein Ziel ist<br />

es, den Zuschauern fundierte Analysen<br />

und Meinungen zu liefern, nicht<br />

nur Statistiken. Jede Statistik hat dabei<br />

ihre eigene Geschichte und steht<br />

immer im Kontext zu etwas anderem.<br />

Das bedeutet, wenn es beispielsweise<br />

einen guten Ballbesitz oder viel Ballbesitz<br />

gab, muss ich natürlich wissen,<br />

welche Art von Ballbesitz es sich dabei<br />

drehte. Es gibt positiven und negativen<br />

Ballbesitz. Es geht eigentlich darum,<br />

verschiedene Statistiken miteinander<br />

zu verknüpfen. In der Arbeitswelt<br />

sollten Entscheidungen ebenso<br />

fundiert getroffen werden. Eine isolierte<br />

Betrachtung von Statistiken<br />

kann zu Panik oder falschem Erfolgsdenken<br />

führen. Man sollte immer den<br />

Kontext berücksichtigen und lösungsorientiert<br />

denken.<br />

Du betonst oft die Bedeutung der<br />

Kommunikation, besonders in stressigen<br />

Situationen. Welche konkreten<br />

Ratschläge würdest du Führungskräften<br />

geben, um effektive Kommunikation<br />

zu fördern und Herausforderungen<br />

zu meistern?<br />

Kneißl: Ein zentraler Aspekt meiner<br />

Arbeit als Teamplayer ist, und das gilt<br />

auch für Führungskräfte in Unternehmen,<br />

dass ich mir immer wieder Notizen<br />

über die Menschen mache, mit denen<br />

ich zu tun habe. Ich achte insbesondere<br />

darauf, wie sie kommunizie-<br />

pbsreport<br />

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