BRPHIL Orchestermagazin #10
Das Orchester- & Programmmagazin der Bad Reichenhaller Philharmoniker. Programmübersicht Dezember 2023 - März 2024 IN DER ZEHNTEN AUSGABE des Orchestermagazins erfahren Sie alles rund um die neuen Abokonzerte 2024 und unseren neuen Artist in Residence 2024, Joseph Moog. Lesen Sie, wie Stadtmarketingchefin Ursula Friedsam neuen Wind in unsere Alpenstadt bringt und die neuen Denkanstöße, die Publikumsforscherin Dr. Vera Allmanritter gibt. Wir wünschen Ihnen Freude bei der gemeinsamen Entdeckungsreise mit uns. See you soon!
Das Orchester- & Programmmagazin der Bad Reichenhaller Philharmoniker.
Programmübersicht Dezember 2023 - März 2024
IN DER ZEHNTEN AUSGABE des Orchestermagazins erfahren Sie alles rund um die neuen Abokonzerte 2024 und unseren neuen Artist in Residence 2024, Joseph Moog. Lesen Sie, wie Stadtmarketingchefin Ursula Friedsam neuen Wind in unsere Alpenstadt bringt und die neuen Denkanstöße, die Publikumsforscherin Dr. Vera Allmanritter gibt.
Wir wünschen Ihnen Freude bei der gemeinsamen Entdeckungsreise mit uns. See you soon!
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» WO SEID IHR? – DR. VERA ALLMANRITTER
Und warum besuchen Nichtbesucher*innen
etwas nicht?
Der Hauptgrund ist schlichtweg der, dass man kein
Interesse daran hat. Und Interesse weckt man nicht
allein dadurch, dass etwas da ist. Wenn es nichts mit
meinem Leben zu tun hat und auch nicht mit dem
meines sozialen Umfelds, spielt es für mich einfach
keine Rolle. Ich selbst interessiere mich zum Beispiel
Null für Golfen. Ich sehe Werbungen, ich weiß, dass es
das gibt, aber nicht mal ein Gutschein für eine Golfstunde
würde mich ansprechen. Wenn Freunde mich
fragen, ob ich mitkomme, könnte es funktionieren.
Oder eine Gratis-Golfstunde, zu der ich zwei weitere
Personen mitnehmen dürfte. Damit erreicht mich Golf
aber schlecht, denn mein Umfeld und ich schauen nicht
aktiv nach solchen Angeboten. Wenn der Golfplatz in
meiner direkten Nachbarschaft jetzt aber aktiv auf mich
und all die anderen Nichtgolfspieler*innen im Umfeld
zukommen würde, wenn er unsere Bedarfe erfragen
und dabei rauskommen würde, dass er beispielsweise
eine ungenutzte Wiese für Familienpicknicks zur Verfügung
stellen kann, dann bekomme ich, die mit Golf
eigentlich nichts am Hut hat, ein anderes Verhältnis
dazu. Diese Möglichkeit ihre Ressourcen zu teilen,
haben Kultureinrichtungen auch, die Räume in einem
Opernhaus werden die meiste Zeit nicht genutzt. So
was sind gute Möglichkeiten, um mit neuen Angeboten
an Nichtbesucher*innen anzuknüpfen. Zugleich
wünschen sich immer mehr Menschen Beteiligungsmöglichkeiten
an Kulturangeboten. Die Menschen
möchten entweder aktiv mitmachen oder sogar an der
Programmentstehung beteiligt sein. Reines passives
Rezipieren kann man schon mal machen, aber ob es
langfristig noch Interesse weckt, ist die Frage. Das gilt
insbesondere für jüngere Zielgruppen.
Wie lassen sich noch aus Nichtbesucher*innen Besucher*innen
machen?
Menschen, die das Gefühl haben, dass klassische
Kulturangebote eigentlich nicht für sie gemacht sind,
die glauben nicht zu wissen, wie sie sich dort verhalten
sollen, sich nicht verkleiden wollen und sich fehl am
Platz fühlen, wird man beispielsweise nicht über die
Preisschiene erreichen, das ist klar. Grundsätzlich
sollten sich Kunst- und Kultureinrichtungen fragen,
warum Menschen dieses Empfinden haben und was
an ihrem Image dazu beiträgt. Und sie sollten bereit
sein, deren Perspektive einzunehmen. Es gibt kurz gefasst
drei zentrale Punkte, die man reflektieren kann,
die drei P’s: Personal, Programm, Publikum. Wenn das
Personal so ganz anders ist als man selbst, bieten sich
einem als Besucher*in keinerlei Identifikationspunkte.
Beim Programm mag ich persönlich unter anderem
den Ansatz der Casual Concerts, bei denen der Dresscode
wegfällt, die Konzertdauer kürzer ist und es ein
verständliches Vermittlungselement in Form einer
Moderation gibt. Außerdem ist das Ticket einheitlich für
30 Euro zu bekommen. In Berlin hat man gesehen, dass
die Besucher*innen bei diesem Programmformat tatsächlich
jünger waren. Das Publikum, das schon da ist,
kann ebenfalls zum Besuch oder Nichtbesuch beitragen.
Oftmals ist Publikum von klassischen Konzerten recht
exklusiv und es gibt vielleicht Menschen, die sich dort
ganz bewusst von anderen abgrenzen wollen. Da muss
man als Institution achtgeben, dass keine Grabenkämpfe
entstehen und offen kommunizieren, dass
man sich an einigen Stellen neu aufstellen und Dinge
ändern möchte, um neues Publikum zu gewinnen. Und
sei es, dass Getränke mit in den Saal genommen werden
dürfen oder Cocktailtomaten.
Cocktailtomaten bei einer Kulturveranstaltung?
Ich habe es neulich nicht geschafft, vor einer Theateraufführung
noch was zu essen und wenn ich hungrig
bin, kann ich mich ganz schlecht konzentrieren. Abgesehen
davon hätte ich irgendwann meine Sitznachbar*innen
mit Magenknurren belästigt. Also habe ich
mir Cocktailtomaten eingepackt, weil man da nicht abbeißen
muss oder raschelt. Aber Essen im Theatersaal
bricht natürlich weitverbreitet einen ungeschriebenen
Verhaltenskodex – dabei war es bei Shakespeare völlig
normal. Einige Leute haben dann auch etwas komisch
geschaut aber drei letztlich sogar freudig mitgegessen.
Wenn ich still und leise etwas esse oder trinke – vor
allem bei den vergangenen Sommertemperaturen
–, dann finde ich das den Künstler*innen gegenüber
nicht respektlos. Ich fühle mich einfach wohler und
kann das Erlebnis besser genießen. Das sind nur kleine
Stellschrauben, an denen Kultureinrichtungen drehen
können, die aber etwas bewirken.
BRPHIL