17.01.2024 Aufrufe

BRPHIL Orchestermagazin #10

Das Orchester- & Programmmagazin der Bad Reichenhaller Philharmoniker. Programmübersicht Dezember 2023 - März 2024 IN DER ZEHNTEN AUSGABE des Orchestermagazins erfahren Sie alles rund um die neuen Abokonzerte 2024 und unseren neuen Artist in Residence 2024, Joseph Moog. Lesen Sie, wie Stadtmarketingchefin Ursula Friedsam neuen Wind in unsere Alpenstadt bringt und die neuen Denkanstöße, die Publikumsforscherin Dr. Vera Allmanritter gibt. Wir wünschen Ihnen Freude bei der gemeinsamen Entdeckungsreise mit uns. See you soon!

Das Orchester- & Programmmagazin der Bad Reichenhaller Philharmoniker.
Programmübersicht Dezember 2023 - März 2024

IN DER ZEHNTEN AUSGABE des Orchestermagazins erfahren Sie alles rund um die neuen Abokonzerte 2024 und unseren neuen Artist in Residence 2024, Joseph Moog. Lesen Sie, wie Stadtmarketingchefin Ursula Friedsam neuen Wind in unsere Alpenstadt bringt und die neuen Denkanstöße, die Publikumsforscherin Dr. Vera Allmanritter gibt.

Wir wünschen Ihnen Freude bei der gemeinsamen Entdeckungsreise mit uns. See you soon!

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» WO SEID IHR? – DR. VERA ALLMANRITTER

Und warum besuchen Nichtbesucher*innen

etwas nicht?

Der Hauptgrund ist schlichtweg der, dass man kein

Interesse daran hat. Und Interesse weckt man nicht

allein dadurch, dass etwas da ist. Wenn es nichts mit

meinem Leben zu tun hat und auch nicht mit dem

meines sozialen Umfelds, spielt es für mich einfach

keine Rolle. Ich selbst interessiere mich zum Beispiel

Null für Golfen. Ich sehe Werbungen, ich weiß, dass es

das gibt, aber nicht mal ein Gutschein für eine Golfstunde

würde mich ansprechen. Wenn Freunde mich

fragen, ob ich mitkomme, könnte es funktionieren.

Oder eine Gratis-Golfstunde, zu der ich zwei weitere

Personen mitnehmen dürfte. Damit erreicht mich Golf

aber schlecht, denn mein Umfeld und ich schauen nicht

aktiv nach solchen Angeboten. Wenn der Golfplatz in

meiner direkten Nachbarschaft jetzt aber aktiv auf mich

und all die anderen Nichtgolfspieler*innen im Umfeld

zukommen würde, wenn er unsere Bedarfe erfragen

und dabei rauskommen würde, dass er beispielsweise

eine ungenutzte Wiese für Familienpicknicks zur Verfügung

stellen kann, dann bekomme ich, die mit Golf

eigentlich nichts am Hut hat, ein anderes Verhältnis

dazu. Diese Möglichkeit ihre Ressourcen zu teilen,

haben Kultureinrichtungen auch, die Räume in einem

Opernhaus werden die meiste Zeit nicht genutzt. So

was sind gute Möglichkeiten, um mit neuen Angeboten

an Nichtbesucher*innen anzuknüpfen. Zugleich

wünschen sich immer mehr Menschen Beteiligungsmöglichkeiten

an Kulturangeboten. Die Menschen

möchten entweder aktiv mitmachen oder sogar an der

Programmentstehung beteiligt sein. Reines passives

Rezipieren kann man schon mal machen, aber ob es

langfristig noch Interesse weckt, ist die Frage. Das gilt

insbesondere für jüngere Zielgruppen.

Wie lassen sich noch aus Nichtbesucher*innen Besucher*innen

machen?

Menschen, die das Gefühl haben, dass klassische

Kulturangebote eigentlich nicht für sie gemacht sind,

die glauben nicht zu wissen, wie sie sich dort verhalten

sollen, sich nicht verkleiden wollen und sich fehl am

Platz fühlen, wird man beispielsweise nicht über die

Preisschiene erreichen, das ist klar. Grundsätzlich

sollten sich Kunst- und Kultureinrichtungen fragen,

warum Menschen dieses Empfinden haben und was

an ihrem Image dazu beiträgt. Und sie sollten bereit

sein, deren Perspektive einzunehmen. Es gibt kurz gefasst

drei zentrale Punkte, die man reflektieren kann,

die drei P’s: Personal, Programm, Publikum. Wenn das

Personal so ganz anders ist als man selbst, bieten sich

einem als Besucher*in keinerlei Identifikationspunkte.

Beim Programm mag ich persönlich unter anderem

den Ansatz der Casual Concerts, bei denen der Dresscode

wegfällt, die Konzertdauer kürzer ist und es ein

verständliches Vermittlungselement in Form einer

Moderation gibt. Außerdem ist das Ticket einheitlich für

30 Euro zu bekommen. In Berlin hat man gesehen, dass

die Besucher*innen bei diesem Programmformat tatsächlich

jünger waren. Das Publikum, das schon da ist,

kann ebenfalls zum Besuch oder Nichtbesuch beitragen.

Oftmals ist Publikum von klassischen Konzerten recht

exklusiv und es gibt vielleicht Menschen, die sich dort

ganz bewusst von anderen abgrenzen wollen. Da muss

man als Institution achtgeben, dass keine Grabenkämpfe

entstehen und offen kommunizieren, dass

man sich an einigen Stellen neu aufstellen und Dinge

ändern möchte, um neues Publikum zu gewinnen. Und

sei es, dass Getränke mit in den Saal genommen werden

dürfen oder Cocktailtomaten.

Cocktailtomaten bei einer Kulturveranstaltung?

Ich habe es neulich nicht geschafft, vor einer Theateraufführung

noch was zu essen und wenn ich hungrig

bin, kann ich mich ganz schlecht konzentrieren. Abgesehen

davon hätte ich irgendwann meine Sitznachbar*innen

mit Magenknurren belästigt. Also habe ich

mir Cocktailtomaten eingepackt, weil man da nicht abbeißen

muss oder raschelt. Aber Essen im Theatersaal

bricht natürlich weitverbreitet einen ungeschriebenen

Verhaltenskodex – dabei war es bei Shakespeare völlig

normal. Einige Leute haben dann auch etwas komisch

geschaut aber drei letztlich sogar freudig mitgegessen.

Wenn ich still und leise etwas esse oder trinke – vor

allem bei den vergangenen Sommertemperaturen

–, dann finde ich das den Künstler*innen gegenüber

nicht respektlos. Ich fühle mich einfach wohler und

kann das Erlebnis besser genießen. Das sind nur kleine

Stellschrauben, an denen Kultureinrichtungen drehen

können, die aber etwas bewirken.

BRPHIL

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