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Das ökumenische Magazin für nachhaltige Beschaffung, Ausgabe April 2021

Die Beschaffung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden verantwortet pro Jahr ca. 120 Milliarden Umsatz. Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Menschenrechtsverletzungen steht die ökumenische Beschaffung in einer Transformation. Sie sind Teil dieser Transformation und wollen sich über aktuelle Trends, Best Practices und Meinungen der Stakeholder in der öffentlichen Beschaffung informieren? Dann sind Sie hier richtig! Das Magazin für nachhaltige Beschaffung informiert regelmäßig zum Thema, veröffentlicht Interviews, Erkenntnisse aus der täglichen Praxis und gibt Tipps zum Einstieg und Vertiefung der nachhaltigen Beschaffung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden

Die Beschaffung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden verantwortet pro Jahr ca. 120 Milliarden Umsatz. Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Menschenrechtsverletzungen steht die ökumenische Beschaffung in einer Transformation.

Sie sind Teil dieser Transformation und wollen sich über aktuelle Trends, Best Practices und Meinungen der Stakeholder in der öffentlichen Beschaffung informieren? Dann sind Sie hier richtig!

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<strong>Das</strong> <strong>ökumenische</strong> <strong>Magazin</strong><br />

<strong>für</strong> einen <strong>nachhaltige</strong>n Einkauf<br />

3,80 EURO<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>April</strong> <strong>2021</strong><br />

Best Practice<br />

aus Kirche und Wohlfahrt<br />

Im Interview:<br />

Ulrich Lilie, DIAKONIE<br />

Top-Themen:<br />

Der 4. Klimabericht <strong>für</strong> die EKD<br />

Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Kleine Kirche Kniffe<br />

1<br />

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2 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 2 29.03.21 11:16


Editorial<br />

„Die Corona Krise ist ja eigentlich Kindergarten, wenn wir uns überlegen, was aus der Klimakrise<br />

auf uns zukommt. <strong>Das</strong> heißt, wenn wir das nicht stoppen und Business as usual machen,<br />

werden die Temperaturen gegen Ende des Jahrhunderts um drei, vier oder gar fünf Grad Celsius<br />

ansteigen.“, gibt Professor Volker Quaschning im Gespräch mit Georg Ehring vom Deutschlandfunk<br />

zu bedenken.<br />

Die Belange des Klima- und Umweltschutzes sowie die Einsparung von Ressourcen, Energie<br />

und Wasser sind heute mehr als dringlich geworden und liegen längst jenseits dessen, was als nachhaltig<br />

bezeichnet werden kann. Deshalb hat umweltfreundliche öffentliche Vergabe wachsende<br />

Bedeutung. Deshalb ist <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> naheliegend, die Klima- und Umweltschutz sowie<br />

Ressourceneffizienz von Anfang an über den gesamten Stoffstrom berücksichtigt.<br />

Der Einkauf in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden hat über das Instrument <strong>nachhaltige</strong>r<br />

<strong>Beschaffung</strong> eine wichtige Funktion <strong>für</strong> die Erreichung dieser Umwelt- und Klimaschutzziele<br />

aufgrund ihres Mengenumsatzes und ihrer Vorbildwirkung.<br />

In dieser <strong>Ausgabe</strong> der „Kleine Kniffe“ berichten wir über bundesweite Initiative von Caritas<br />

und Diakonie zur <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong> von Textilien, über den Klimabericht der EKD, über<br />

<strong>nachhaltige</strong>s Bauen und stellen das Team der Kompetenzstelle <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> vor,<br />

die bereit steht, um den Weg zu einer <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong> zu unterstützen.<br />

Doch eine <strong>nachhaltige</strong> Transformation des Einkaufs ist mehr als eine Frage der Insellösungen<br />

- sie betrifft die Kultur einer Verwaltung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden: die Arbeitsweisen<br />

und Abläufe, die Führung, die Beziehungen zu Gläubigen und Lieferanten.<br />

Wie kann es gelingen, sich zu einer lernenden Organisation zu entwickeln, um sich in Zeiten<br />

des Klimawandels verantwortlich <strong>für</strong> die Zukunft und damit nachhaltig aufzustellen? Gefragt ist<br />

die Initiative jedes Einzelnen. Der Verweis auf vorgesetzte oder politische Instanzen bringt wenig.<br />

Auch das ist eine Lehre aus der Corona-Krise. Bleiben Sie gesund!<br />

Chefredakteur<br />

Kleine Kniffe<br />

3<br />

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Die Stunde der Umdenker<br />

Ein Beitrag von Veronika Warmers,<br />

Steinbeis Papier<br />

Es gibt viele Rezepte, um die Welt ein bisschen besser zu machen.<br />

Es sind nicht nur die großen politischen Entscheidungen. Vor allem<br />

ist es das Handeln jedes Einzelnen – jede und jeder kann und sollte<br />

seinen Beitrag leisten. Meistens reicht eine Initialzündung oder eine<br />

Initiative, um andere zum Umdenken zu bewegen. Und der erste<br />

Schritt zu mehr Nachhaltigkeit ist nun einmal das Umdenken. Mit<br />

„ReThinkingPaper“ bietet sich eine Handlungsoption an, um einen<br />

einfachen Schritt in diese Richtung zu gehen.<br />

Der Klimawandel ist ein dominierendes Thema. Auch in<br />

Deutschland sind die Folgen mittlerweile spürbar. Temperaturrekorde,<br />

heftige Wetterlagen mit Überschwemmungen oder<br />

Dürreperioden – mit diesen Auswirkungen müssen wir uns auseinandersetzen.<br />

Umso größer wird der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit<br />

auch im Alltag. Mobilität, Konsum und Ernährung – diese und<br />

andere Lebensaspekte gilt es schon im Kleinen anzupassen. Die<br />

Unternehmen müssen entsprechende Antworten liefern und die<br />

Menschen zum Umdenken animieren. Es steht viel auf dem Spiel,<br />

wenn nicht bald gehandelt wird.<br />

Die natürlichen Grundlagen des Planeten <strong>für</strong> zukünftige Generationen<br />

sind stark gefährdet und die Herausforderungen dahingehend<br />

facettenreich: Der Ausstoß von Treibhausgasen muss drastisch<br />

reduziert werden. Nachhaltigkeit bedeutet auch, die Fruchtbarkeit<br />

der Böden zu erhalten. Durch den Klimawandel wird zudem das<br />

Trinkwasser knapper, und viele Tier- und Pflanzenarten sterben<br />

aus. Zentral ist vor allem der Umgang mit Ressourcen. Der Verbrauch<br />

liegt häufig vielfach über dem, was nachhaltig wäre. Was ist<br />

also zu tun?<br />

Im Team – also gemeinsam in der Summe – lässt sich viel<br />

bewerkstelligen. Gleichgesinnte treten <strong>für</strong> die Idee von mehr<br />

Nachhaltigkeit ein und inspirieren andere mit ihren Taten, um<br />

gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Wer nimmt also<br />

welche Rolle in diesem Umdenkprozess ein? Zunächst kann die<br />

Politik faire Rahmenbedingungen schaffen, um umweltschonendes<br />

Handeln zu begünstigen. Weiter müssen Wirtschaft und Gesellschaft<br />

sich ihrer Verantwortung <strong>für</strong> die Umwelt bewusst werden. Und letztendlich<br />

trägt jeder Einzelne zum großen Ganzen bei.<br />

Wir haben Nachhaltigkeit als wichtigstes Zukunftsthema identifiziert.<br />

Deshalb sensibilisieren wir Menschen da<strong>für</strong>, dass schon kleine<br />

Stellschrauben wie der Wechsel von Frischfaser- auf Recyclingpapier<br />

aus 100 Prozent Altpapier zum Erhalt des Planeten beitragen.<br />

Frei nach dem Prinzip „Jedes Blatt zählt“ werden diese Umdenker<br />

auf blog.stp.de und rethinking-paper.de porträtiert und können ihre<br />

Erfahrungen mitteilen. <strong>Das</strong> schafft Inspiration und eröffnet neue<br />

Handlungsoptionen <strong>für</strong> andere. Unser Ziel ist eine Initiative, die ein<br />

Umdenken beim Thema Ressourcenverbrauch forciert und Menschen<br />

zum Mitmachen bewegt.<br />

4 Kleine Kniffe<br />

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Morsezeichen des Recyclingszeitalters<br />

Ein Beitrag von Jens Loschwitz,<br />

BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V.<br />

Samuel Morse gelang es vor fast 200 Jahren, elektrische Signale<br />

in Sprache zu verwandeln. Seine Erfindung revolutionierte<br />

die Kommunikation. Im Nachhinein klingt der Startschuss in ein<br />

neues (Kommunikations-) Zeitalter einfach. Tatsächlich suchte der<br />

Erfinder Morse lange vergeblich nach Investoren <strong>für</strong> eine Telegrafenleitung.<br />

Letztlich bewilligte schließlich der US-Kongress den Bau<br />

einer rund 60 Kilometer langen Verbindung zwischen Baltimore und<br />

Washington.<br />

Im Jahr <strong>2021</strong> sind wir mit der Kreislaufwirtschaft dabei, Materialströme<br />

und Produktionsprozesse vollkommen neu zu denken.<br />

Technisch ist die Schließung von Materialkreisläufen – mit „Design<br />

for Recycling“ und Rezklateinsatz in Neuwaren - regelmäßig längst<br />

kein Problem mehr. Durch intelligente Strategien und einen reduzierten<br />

Materialverbrauch kann die Kreislaufwirtschaft die globalen<br />

Treibhausgasemissionen um 39 Prozent und den Rohstoffverbrauch<br />

um 28 Prozent senken. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Circularity<br />

Gap Report. Die politische Erkenntnis der Notwendigkeit,<br />

Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln,<br />

hat den Green Deal der EU-Kommission auf den Weg gebracht.<br />

Der neue EU-Aktionsplan <strong>für</strong> die Kreislaufwirtschaft (KOM-Drs.<br />

2020/98) ist auch <strong>für</strong> den Wirtschaftsstandort zuversichtlich: Bei<br />

Anwendung der Grundsätze der Kreislaufwirtschaft in der gesamten<br />

Wirtschaft der EU könnte es gelingen, das BIP der EU bis 2030<br />

um zusätzliche 0,5% zu steigern und etwa 700 000 neue Arbeitsplätze<br />

zu schaffen.<br />

Obwohl die „Morsezeichen des Recyclingszeitalters“ deutlich<br />

erkennbar sind, kommt die Transformation zur Kreislaufwirtschaft<br />

nicht voran. Was fehlt? Vor allem eine massive Nachfrage, die über<br />

Nischenprodukte und Pilotprojekte hinausgeht. Letztlich entscheidet<br />

immer der Kunde beim Einkauf über den Erfolg von Innovationen.<br />

<strong>Das</strong> gilt <strong>für</strong> den Endverbraucher ebenso wie die (aufgrund des<br />

Auftragvolumens viel wirkmächtigeren) Kirchen und Wohlfahrtsverbände.<br />

Die Nachfrage bestimmt, ob Neuheiten eingeführt werden<br />

und breit in allen Marktsegmenten vertrieben werden. <strong>Das</strong> gilt<br />

nicht zuletzt <strong>für</strong> die bewusste Kaufentscheidung <strong>für</strong> Produkte mit<br />

(klimapolitisch wie ökologisch vorteilhaftem) Rezyklateinsatz. Diese<br />

Nachfrage muss stabilisiert werden. Auch daher brauchen wir Mindesteinsatzquoten.<br />

Es ist bezeichnend, dass die Wirtschaftswissenschaften ein<br />

breites Verständnis von Innovationen haben und darunter „mit<br />

technischem, sozialem und wirtschaftlichem Wandel“ einhergehende<br />

Neuerungen verstehen. Es ist daher konsequent, wenn auch<br />

die Sustainable Development Goals (SDGs) der Agenda 2030 ein<br />

breites Verständnis von Nachhaltigkeit von Umwelt bis hin zur<br />

Unternehmensführung haben. Taktgeber und Innovationsmotor<br />

der Nachhaltigkeit ist freilich die Transformation zur Kreislaufwirtschaft.<br />

Sie gilt es, mit der Wucht der <strong>Beschaffung</strong> durch Kirchen<br />

und Wohlfahrtsverbände voranzutreiben und so den Schritt ins<br />

Recyclingzeitalter zu gehen. Die Einkäufer in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden<br />

sind der maßgebliche Hebel: Sie kaufen im Jahr<br />

<strong>für</strong> rund Milliarden Euro ein – von Bleistiften bis zu IT-Hardware<br />

und Flottenfahrzeugen.<br />

Auf Bundesebene gibt es <strong>für</strong> die öffentliche Hand bereits die<br />

Pflicht, nachhaltig ökologisch zu beschaffen. Weitere Leitplanken<br />

der Gesetzgeber zeichnen sich ab: So hat sich der Umweltausschuss<br />

des Europäischen Parlaments Anfang <strong>2021</strong> da<strong>für</strong> ausgesprochen,<br />

<strong>für</strong> weitere Produkte oder Sektoren verbindliche Mindestgehalte an<br />

Recyclingmaterial festzulegen. Auch die Produktgestaltung („Design<br />

for Recycling“) wird immer breiter und <strong>für</strong> mehr Sektoren gedacht.<br />

Für die Umsetzung des politischen Ziels, eine CO 2<br />

-neutrale,<br />

ökologisch <strong>nachhaltige</strong> Kreislaufwirtschaft zu erzielen, braucht<br />

es Instrumente. Den größten Hebel haben dabei die Beschaffer<br />

in der Hand. Sicher ist: Der Erfolgsparameter der <strong>Beschaffung</strong> im<br />

Jahr 2030 wird intelligenter Materialverbrauch sein. Mit gelebter<br />

Kreislaufwirtschaft muss und wird der Rezyklateinsatz künftig<br />

selbstverständlich sein.<br />

Kleine Kniffe<br />

5<br />

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Impressum 01 02<br />

Redaktion<br />

SDG media GmbH<br />

Wagenfeldstraße 7a<br />

44141 Dortmund<br />

Kontakt:<br />

redaktion@kleine-kniffe.de<br />

Chefredaktion:<br />

Thomas Heine<br />

Textbeiträge von:<br />

Hendrik Claasen, Prof. Dr. Frank Ebinger,<br />

Martina Faseler, Dr. Oliver Foltin, Bettina Funke-Inkmann,<br />

Rainer Gritzka, Thomas Heine,<br />

Prof. Dr. Carolyn Hutter, Thomas Kamp-Deister,<br />

Frank Kermann, Dr. Therese Kirsch, Steffen<br />

Lembke, Jens Loschwitz, Prof. Dr. Katja Lotz,<br />

Volker Rotthauwe, Maren Sauter, Cora Schramm,<br />

Rike Schweizer, Kirsten Schütt, Dr.<br />

Kristin Stechemesser, Christian Sterzik, Dr.<br />

Volker Teichert, Sandra Uhlich, Veronika Warmers,<br />

Janos Wieland.<br />

.<br />

Fotos/Grafiken:<br />

brands fashion, depositphotos, Ruth Freytag,<br />

Thomas Heine, IÖW GmbH, gemeinnützig,<br />

Thomas Meyer.<br />

Internet:<br />

www.<strong>nachhaltige</strong>-beschaffung.com<br />

Social media:<br />

Twitter: https://twitter.com/MKniffe<br />

LinkedIn: https://www.linkedin.com/posts/<br />

thomas-heine-866785<br />

Facebook: https://www.facebook.com/Kleine-<br />

Kniffe-1601748926512841/<br />

Höhe der Auflage:<br />

15.000<br />

Distribution<br />

Der Versand der Auflage erfolgte mit finanzieller<br />

Unterstützung des Umweltbundesamtes<br />

Druck:<br />

Produktion mit 100% Ökostrom aus regenerativer<br />

Stromerzeugung und ohne Einsatz<br />

fossiler Brennstoffe.<br />

Druck:<br />

Recyclingpapier<br />

Herausgeber<br />

SDG media GmbH<br />

Wagenfeldstraße 7a<br />

44141 Dortmund<br />

www.sdg-media.de<br />

© kleine kniffe ist eingetragenes<br />

Warenzeichen der IMAGO GmbH, Dortmund<br />

08. Konsequenter<br />

Handeln<br />

Aufruf von<br />

GEPA und MISEREOR<br />

10. Erneuerbare<br />

Energien<br />

Fukushima und wie weiter?<br />

11. 4. Klimabericht<br />

<strong>für</strong> die EKD<br />

Klimaschutzziele in EKD<br />

13.Nachhaltiger<br />

Einkauf<br />

BDKJ Freiburg<br />

18. E-Mobilität<br />

in den Kirchen<br />

16. Interview mit<br />

Ulrich Lilie<br />

Präsident der DIAKONIE<br />

19. Zukunft<br />

einkaufen<br />

Bericht der Initiative<br />

20. Ökofairer<br />

Einkauf im<br />

Norden<br />

Nordkirche<br />

22. Nachhaltiges<br />

Bauen<br />

Teil 2<br />

28. EMAS<br />

Nachhaltig mit System<br />

6 Kleine Kniffe<br />

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03 04 05<br />

30. Videokonferenz<br />

Aspekte ihrer Nutzung<br />

43. Videokonferenz<br />

und Klimabilanz<br />

32. AWO und SGD<br />

Selbstverständnis<br />

44.Interview mit<br />

dem Team der KNB<br />

34. <strong>Beschaffung</strong>sleitfaden<br />

Textil<br />

Neue Potentiale<br />

48. Palmöl, aber<br />

richtig!<br />

Initiative der Stadt Hannover<br />

und der DUH<br />

38. Kirche und<br />

Klimagerechtigkeit<br />

50. AuSSer-Haus<br />

Verpflegung<br />

Nachhaltig und gerecht<br />

42. <strong>Beschaffung</strong>sportal<br />

und Nachhaltigkeit<br />

52. Kantinen Esssen<br />

Nachhaltig und gesund<br />

Kleine Kniffe<br />

7<br />

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Initiativen der Landeskirchen<br />

„Wir könnten schon deutlich weiter sein“<br />

Mitte des letzten Jahres riefen das Werk <strong>für</strong> Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR und das<br />

Fair Handelsunternehmen GEPA die katholische Kirche dazu auf, konsequenter ausschließlich fair<br />

gehandelte Produkte zu beziehen.<br />

Die (Erz-)Bistümer müssten auf die Handlungsempfehlungen<br />

der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zur Schöpfungsverantwortung<br />

nun auch Taten folgen lassen, fordert Thomas Antkowiak,<br />

Geschäftsführer von MISEREOR. Es sei an der Zeit, in kirchlichen<br />

Einrichtungen flächendeckend nachhaltig zu wirtschaften.<br />

Die GEPA und MISEREOR verfolgen gemeinsam das Ziel,<br />

Problemen wie Ausbeutung oder dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen,<br />

indem sie den Fairen Handel voranbringen. So sind<br />

die Sozialprämien <strong>für</strong> Kleinbauern des Kaffee-Genossenschaftsverbandes<br />

FEDECOCAGUA in Guatemala beispielsweise eine<br />

Investition in die Zukunft, wie der Exportmanager des Verbandes,<br />

Gerardo de León, berichtet: „Durch die zusätzlichen Einnahmen<br />

können die Kinder vieler Familien zur Schule gehen. Einige haben<br />

sogar schon Universitätsabschlüsse“. Der vor 44 Jahren gegründete<br />

Fair Handelspionier GEPA handelt dabei nicht nur zu 100 Prozent<br />

mit fairen und <strong>nachhaltige</strong>n Produkten, sondern ist als <strong>ökumenische</strong>s<br />

Unternehmen eine Tochtergesellschaft kirchlicher Träger.<br />

Kirchliche Einrichtungen hätten somit einen vorzüglichen<br />

direkten Draht zum fairen Handel, betont Antkowiak. In der Praxis<br />

hätten aber zu viele dieser Einrichtungen noch nicht auf faire und<br />

ökologische <strong>Beschaffung</strong> umgestellt: „Es ist positiv zu bewerten,<br />

dass die Bischofskonferenz in den Handlungsempfehlungen zur<br />

Schöpfungsverantwortung anregt, verstärkt nach ökologisch und<br />

sozial <strong>nachhaltige</strong>n Kriterien zu wirtschaften. <strong>Das</strong> allein reicht aber<br />

nicht aus“, fordert der Geschäftsführer, der auch Vorsitzender der<br />

GEPA-Gesellschafterversammlung ist.<br />

Auch MISEREOR-Bischof Stephan Burger, Erzbischof von<br />

Freiburg, sieht Handlungsbedarf: „Wir müssen uns heute schon aktiv<br />

und mit Nachdruck daran beteiligen, gerechte Rahmenbedingungen<br />

<strong>für</strong> globales Wirtschaften und eine <strong>nachhaltige</strong> Landwirtschaft zu<br />

schaffen. Es ist noch viel zu tun: Vom Bewusstseinswandel, dass<br />

unser individuelles Handeln globale Auswirkungen hat, über den<br />

Einstieg in dauerhafte Prozesse in Kirchengemeinden und kirchlichen<br />

Einrichtungen bis hin zu einfach zugänglichen Angeboten wie<br />

Einkaufsplattformen im Internet“, so Burger.<br />

Als deutschlandweit erstes Bistum strebt die Erzdiözese Freiburg<br />

bereits seit 2016 an, bis 2030 fair und klimaneutral zu werden. In<br />

der <strong>Beschaffung</strong>sordnung des Bistums Aachen hingegen ist die die<br />

umweltfreundliche und soziale <strong>Beschaffung</strong> von Gütern nur als<br />

wünschenswertes Ziel genannt.<br />

<strong>Das</strong> muss sich ändern, fordern MISEREOR und die GEPA.<br />

„Wir sehen natürlich, dass insbesondere im sozialen Bereich auch<br />

der höhere Preis hinderlich <strong>für</strong> eine flächendeckende <strong>Beschaffung</strong><br />

von fair gehandelten Produkten ist. Da<strong>für</strong> versuchen wir Lösungen<br />

zu entwickeln. Die GEPA führt nun beispielsweise neu den<br />

„Classic“-Kaffee, der faire Qualität im Preiseinstiegs-Segment z.B.<br />

<strong>für</strong> Krankenhäuser anbietet“, erklärt GEPA-Geschäftsführer Peter<br />

Schaumberger.<br />

Auch die von der GEPA bereitgestellten Außer-Haus Beratungen<br />

sollen bei einer Umstellung helfen, so Schaumberger. „Wir<br />

könnten schon deutlich weiter sein. Unsere Forderung ist, dass in<br />

kirchlichen Einrichtungen eine faire und ökologisch <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong> Standard wird. Da ist noch einiges zu tun“, betont<br />

MISEREOR-Geschäftsführer Antkowiak.<br />

8 Kleine Kniffe<br />

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Kleine Kniffe<br />

9<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

Der Ausbau erneuerbarer Energien<br />

muss noch beschleunigt werden<br />

Anlässlich des zehnten Jahrestages der Reaktorkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011<br />

erklärt Weihbischof Rolf Lohmann (Münster), der in der Deutschen Bischofskonferenz <strong>für</strong> Umweltund<br />

Klimafragen zuständig und Vorsitzender der Arbeitsgruppe <strong>für</strong> ökologische Fragen der<br />

Kommission <strong>für</strong> gesellschaftliche und soziale Fragen ist:<br />

Ein Beitrag von Thomas Heine, SDG media GmbH<br />

“Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat großes menschliches<br />

Leid und gravierende Umweltschäden verursacht und ist tief<br />

in unserem Gedächtnis verankert. Der zehnte Jahrestag ist <strong>für</strong> uns<br />

Anlass, der vielen Opfer und Betroffenen zu gedenken. Er hält uns<br />

aber auch dazu an, über die durch die Katastrophe aufgeworfenen<br />

Fragen nachzudenken, die den Umgang von uns Menschen mit<br />

der Natur ganz wesentlich berühren und die wir noch längst nicht<br />

zufriedenstellend gelöst haben.<br />

Kernenergie ist ein Fall <strong>für</strong> die Ethik, denn kaum eine andere<br />

Technologie verdeutlicht so sehr die Ambivalenz der Technik. Die<br />

von der Bundesregierung eingesetzte Ethik-Kommission Sichere<br />

Energieversorgung ist im Mai 2011 zu dem Ergebnis gekommen,<br />

dass der Ausstieg aus der Kernkraft in Deutschland ‘nötig’ und<br />

‘möglich’ ist, ‘weil es risikoärmere Alternativen gibt’. Heutzutage<br />

stimmt es sorgenvoll, dass in manchen Ländern neue Kernkraftwerke<br />

gebaut und Laufzeiten verlängert werden, um vermeintlich<br />

klimaneutrale Energie zu produzieren, obwohl nukleare Unfälle nie<br />

völlig auszuschließen sind und die Endlagerproblematik nicht gelöst<br />

ist.<br />

Die Katastrophe von Fukushima hat der Energiewende in<br />

Deutschland einen Schub gegeben. Mit dem Ausbau erneuerbarer<br />

Energien wurden in den vergangenen Jahren schon erhebliche<br />

Fortschritte erzielt, bis zur Klimaneutralität ist es aber noch ein<br />

weiter Weg. Wir haben uns weiter anzustrengen, um unseren<br />

Treibhausgasausstoß zu verringern. Der Ausbau erneuerbarer Energien<br />

muss noch beschleunigt werden; dies allein wird aber nicht<br />

reichen. Mehr Suffizienz, also Genügsamkeit, gehört auch dazu.<br />

Wir müssen Energie zudem noch effizienter nutzen und darüber<br />

hinaus einfallsreich sein, etwa indem wir ernsthaft die Potenziale<br />

von insbesondere grünen Wasserstofftechnologien ausschöpfen.<br />

Mögliche Konflikte bei der Flächennutzung, etwa zwischen Klimaund<br />

Naturschutzmaßnahmen, sind zwar absehbar, können aber<br />

abgemildert und entschärft werden: Der Schutz und die Wiederaufforstung<br />

von Wäldern, die intelligente, <strong>nachhaltige</strong> Bearbeitung<br />

von Böden und die Renaturierung von ehemaligen Mooren sind<br />

Beispiele, wie sowohl die Artenvielfalt als auch die natürlichen<br />

Kohlenstoffsenken in unseren heimischen Gefilden gestärkt werden<br />

können. <strong>Das</strong> Thema Energie bleibt in den nächsten Jahren von zentraler<br />

Bedeutung. Es gilt, klug vorzugehen und auch in Zukunft unter<br />

Beteiligung aller gesellschaftlichen Akteure zusammenzuarbeiten -<br />

national, europäisch und global. Natürlich brauchen wir weiterhin<br />

Versorgungssicherheit und bezahlbaren Strom. Die deutschen Bischöfe<br />

haben sich in den Jahren nach der Reaktorkatastrophe mit den<br />

Verlautbarungen Der Schöpfung verpflichtet und Empfehlungen<br />

zur Energiewende zu Wort gemeldet und unter anderem dargelegt,<br />

dass die Energiefrage auch eine Gerechtigkeitsfrage ist, bei der<br />

Belastungen fair zu verteilen sind, ohne die grundlegenden Ziele zu<br />

vernachlässigen.<br />

Ein aus christlicher Sicht sehr bedeutsamer Baustein der Energiewende<br />

ist, maßvoll zu konsumieren und Lebensstile einzuüben,<br />

die mit weniger Energie- und Ressourcenverbrauch auskommen.<br />

Die Kirche kann hier eine Vorbildfunktion einnehmen. <strong>Das</strong> Ziel ist<br />

klar: Wir wollen als Gesellschaft nachhaltig leben und wirtschaften,<br />

um Gottes gute Schöpfung zu bewahren.<br />

Der Druck und die Ambitionen in Politik und in Unternehmen,<br />

in der Zivilgesellschaft und im Privaten, aber auch in unserer Kirche<br />

dürfen nicht nachlassen. Fukushima bleibt eine Mahnung. Warten<br />

wir nicht auf neue Katastrophen, um die nötigen Schritte zum Wohl<br />

unseres gemeinsamen Hauses zu gehen!”<br />

10 Kleine Kniffe<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

Der vierte Klimabericht <strong>für</strong> die EKD 2020<br />

Für die EKD-Herbstsynode 2020 hat die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft<br />

(FEST) auf Bitte des Rates und des Kirchenamts der EKD den vierten EKD-Klimabericht erarbeitet.<br />

In der Einleitung des aktuellen Klimaberichts wurde anerkannt, „dass trotz der auch <strong>für</strong> die Kirchen<br />

drängenden Fragen, die die unmittelbaren praktischen Probleme der Bewältigung der Corona-<br />

Pandemie mit sich bringen, Klimaschutz nichts an seiner Bedeutung <strong>für</strong> die Kirchen eingebüßt hat.<br />

Ein Beitrag von Dr. Oliver Foltin, FEST, Heidelberg<br />

Im Gegenteil: Überlegungen zur Gestaltung eines ökonomischen<br />

Neustarts nach Corona zeigen in der Regel die Bedeutung einer<br />

Integration von Umwelt- und Klimaschutz in Strategien des wirtschaftlichen<br />

Wiederaufbaus auf.“ Der vierte Klimabericht zeigt, was<br />

in den letzten Jahren innerkirchlich auf diesem Gebiet geschehen ist.<br />

Reduzierung der THG-Emissionen<br />

in den Gliedkirchen<br />

In dem aktuellen Klimabericht wurde auch der Frage nachgegangen,<br />

ob die von der EKD-Synode empfohlenen Ziele einer<br />

THG-Reduktion um 25% von 2005 bis 2015 sowie um 40% bis 2020<br />

erreicht wurden. Auf Grund der großen Verschiedenheit der Landeskirchen<br />

wurde zur Beantwortung der Frage, ob das Reduktionsziel<br />

von 25% im Zeitraum 2005 bis 2015 erreicht wurde, der Ansatz<br />

gewählt, nur solche Landeskirchen in die Berechnung einzubeziehen,<br />

bei denen Daten entweder direkt aus den Jahren 2005 und 2015 vorlagen<br />

oder aber bei denen Inter- beziehungsweise Extrapolationen in<br />

nur relativ geringem Umfang notwendig waren. Insgesamt ergaben<br />

die Auswertungen von acht Landeskirchen, <strong>für</strong> die entsprechend<br />

belastbare Daten vorlagen, dass mit den Kirchenmitgliederzahlen des<br />

Jahres 2015 gewichteten Durchschnitt von 2005 bis 2015 rund 20%<br />

der THG-Emissionen eingespart werden konnten. <strong>Das</strong> ist durchaus<br />

beachtlich, allerdings wurde das 25%-Reduktionsziel laut dieser<br />

Berechnungen um 5%-Punkte verfehlt (Abb. 1).<br />

Wie bei der Untersuchung des 25%-Ziels wurde auch beim<br />

40%-Ziel bis 2020 zum allergrößten Teil auf vorhandene Daten<br />

zurückgriffen. Um zu prognostizieren, ob das Reduktionsziel von<br />

40% bis 2020 voraussichtlich erreicht wird, wurden die Werte<br />

Abb. 1<br />

Kleine Kniffe<br />

11<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 11 29.03.21 11:16


von 2005 als Ausgangspunkt verwendet und mittels des jeweils<br />

aktuellsten verfügbaren Wertes eine durchschnittliche jährliche<br />

THG-Änderung berechnet. Diese Methode der Trendfortschreibung<br />

ergab, dass die THG-Emissionsreduktionen im Jahr 2020 bei 29%<br />

und damit deutlich unterhalb des angestrebten Reduktionsziels von<br />

40% lagen. Trotz eventueller statistischer Ungenauigkeiten ist der<br />

Abstand vom 40% Ziel mit über 10%-Punkten recht klar und zeigt<br />

eine deutliche Lücke zwischen Ziel und Zielerreichung.<br />

THG-Emissionen aller Gliedkirchen der EKD<br />

In dem Klimabericht wurde auch eine Schätzung der THG-Emissionen<br />

aller Landeskirchen durchgeführt. Dies war möglich, da von<br />

14 Landeskirchen <strong>für</strong> mindestens ein Jahr die THG-Emissionswerte<br />

vorliegen. Diese 14 Landeskirchen repräsentieren 91% der<br />

Kirchenmitglieder der EKD. Allerdings gab es bei der Berechnung<br />

auch Einschränkungen. Für den Bereich Gebäude sind Daten aus<br />

14 Landeskirchen und <strong>für</strong> Mobilität Daten aus 13 Landeskirchen<br />

eingeflossen. Im Gebäudebereich ergaben die verschiedenen Berechnungsvarianten<br />

eine Spannbreite von etwa 850.000 bis 900.000<br />

Tonnen CO 2<br />

e, die durch die Landeskirchen insgesamt emittiert<br />

wurden. Pro Kirchenmitglied lagen die THG-Emissionen bei 40-41<br />

kg CO 2<br />

e. Im Bereich Mobilität ergaben die Varianten eine Spannbreite<br />

von etwa 155.000 bis 165.000 Tonnen CO 2<br />

e, die durch die<br />

Landeskirchen insgesamt emittiert wurden. Pro Kirchenmitglied<br />

entstanden hieraus circa 7 kg CO 2<br />

e. Somit lagen die THG-Emissionen<br />

pro Kirchenmitglied der EKD bei jährlich rund 47 kg CO 2<br />

e <strong>für</strong><br />

die Bereiche Gebäude und Mobilität.<br />

Klimaschutzziele in EKD und Gliedkirchen<br />

Im Klimabericht wurde <strong>für</strong> die nächsten Jahre der folgende Fahrplan<br />

vorgeschlagen: Eine Reduzierung der CO 2<br />

-Emissionen um 60%<br />

bis 2030, um 75% bis 2040 und um 95% bis 2050 im Vergleich zum<br />

Basisjahr 2005 vor. Natürlich ist dieser Weg mit teilweise großen<br />

Unsicherheiten verbunden. Auch müssen einzelne Maßnahmen<br />

– insbesondere <strong>für</strong> den Zeitraum ab 2030 – erst noch entwickelt<br />

und dann konkretisiert und beschlossen werden. Hinsichtlich der<br />

Reduktion der CO 2<br />

-Emissionen wird sich zudem ein Rückgang von<br />

Gemeindegliedern in der EKD nicht unerheblich auf die CO 2<br />

-Bilanz<br />

auswirken.<br />

Der EKD-Klimabericht empfahl der Synode der EKD, in Übereinstimmung<br />

mit ihren Beschlüssen, die Landeskirchen zu bitten,<br />

Klimaschutz weiterhin zu einer Schwerpunktaufgabe zu machen und<br />

• bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 60%<br />

ausgehend vom Basisjahr 2005 vorzusehen;<br />

• bis spätestens 2050 eine annähernde Klimaneutralität anzustreben;<br />

• weiter die Umsetzung ihrer Klimaschutzkonzepte zu verfolgen<br />

beziehungsweise dort, wo es noch kein solches Konzept gibt,<br />

dieses unverzüglich zu erarbeiten;<br />

• zu prüfen, ob die Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes<br />

ein geeigneter Weg sein kann, um der Umsetzung der Klima<br />

schutzkonzepte eine höhere Verbindlichkeit zu geben.<br />

Zur Koordinierung und Umsetzung von Maßnahmen und zur<br />

Erreichung der Klimaschutzziele sollten – auch nach dem Auslaufen<br />

der Förderung durch das Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz<br />

und nukleare Sicherheit – dauerhafte Projektstellen zum<br />

„Klimaschutzmanagement“ in allen Landeskirchen eingerichtet<br />

werden. Um die notwendigen finanziellen Mittel über diese Projektstellen<br />

hinaus zur Verfügung zu stellen, sollten landeskirchliche<br />

Sonderfinanzierungsprogramme wie Öko- oder Klimaschutzfonds<br />

<strong>für</strong> verschiedene Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung eingerichtet<br />

werden. Auf Basis des Klimaberichts hat die Synode den<br />

Beschluss „Mehr Klimaschutz <strong>für</strong> eine resiliente Gesellschaft“ gefasst<br />

(Abb. 2).<br />

Dr. Oliver Foltin<br />

Abb. 2<br />

ist stellvertretender Leiter<br />

der Forschungsstätte<br />

der Evangelischen<br />

Studiengemeinschaft (FEST) und<br />

leitet das Projektbüro Klimaschutz<br />

der EKD.<br />

12 Kleine Kniffe<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

Nachhaltigkeit ist mehr<br />

als die Summe einzelner Kaufentscheidungen<br />

Warum sich der Dachverband der katholischen Jugendverbände der Initiative fair.nah.logisch.<br />

anschließ<br />

Ein Beitrag von Sandra Uhlich, Bildungsreferentin,<br />

Diözesanbüro Bund der Deutschen Katholischen Jugend Freiburg<br />

Den Wünschen, Ideen und Bedürfnissen junger Menschen eine<br />

Stimme geben – das ist eines der Ziele von katholischer Jugendverbandsarbeit.<br />

<strong>Das</strong>s dabei nicht erst seit „Fridays for Future“ auch die<br />

Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielen,<br />

ist klar. So gibt es im BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen<br />

Jugend) und seinen Mitgliedsverbänden schon seit Jahrzehnten<br />

Arbeitskreise, Initiativen und Positionspapiere, die sich mit Fragen<br />

nach globaler Verantwortung und achtsamem Umgang mit Ressourcen<br />

befassen.<br />

Neben Forderungen an Konzerne und Politik geht es dabei auch<br />

immer um einen kritischen Blick auf das eigene Handeln. So wurde<br />

in den vergangenen Jahren der Fleischkonsum bei Veranstaltungen<br />

stark eingeschränkt und erste Schritte <strong>für</strong> den Einkauf von fairen<br />

Lebensmitteln unternommen. Im Herbst 2020 haben die Delegierten<br />

auf der Diözesanversammlung des BDKJ nun beschlossen einen<br />

weiteren Schritt zu gehen: Der BDKJ wird sich der Initiative „fair.<br />

nah.logisch.“ der Erzdiözese Freiburg anschließen.<br />

Seit 2016 wirbt die Erzdiözese Freiburg mit ihrer Initiative „fair.<br />

nah.logisch.“ bei ihren Kirchengemeinden und Einrichtungen da<strong>für</strong>,<br />

nur noch Produkte aus fairem Handel, regionalem Anbau und aus<br />

ökologischer Landwirtschaft einzukaufen. Neben zahlreichen diözesanen<br />

Einrichtungen und Bildungshäusern haben sich bereits zwei<br />

große Jugendverbände der Initiative angeschlossen.<br />

Für den BDKJ ist der Beitritt zur Initiative der nächste logische<br />

Schritt auf dem Weg zu <strong>nachhaltige</strong>r Jugendverbandsarbeit. „Mit<br />

der Teilnahme an „fair.nah.logisch.“ unterstützen wir Produzent*innen<br />

in unserer Region und auch im Globalen Süden. Faire Preise<br />

ermöglichen faire Arbeitsbedingungen und umwelt- und ressourcenschonende<br />

Produktionsabläufe – da<strong>für</strong> leisten wir gerne einen<br />

Beitrag.“, sagt Raphael Würth, Diözesanleiter des BDKJ Freiburg.<br />

Denn auch wenn im Bereich der Jugendverbände schon vieles<br />

bedacht und im Sinne der Nachhaltigkeit verändert wurde, verpflichtet<br />

der BDKJ sich jetzt dazu, das Thema grundständig anzupacken<br />

und sich verbindlichen Standards zu unterwerfen.<br />

Da<strong>für</strong> setzt der Dachverband in den kommenden Monaten<br />

und Jahren haupt- und ehrenamtliche sowie finanzielle Ressourcen<br />

ein. In einem ersten Schritt wird zurzeit kritisch überprüft, wie<br />

<strong>Beschaffung</strong>sentscheidungen getroffen werden und wo es Verbesserungspotentiale<br />

gibt.<br />

Denn eins ist klar: Auch ein Dachverband, der schon seit Jahrzehnten<br />

am Thema dran ist, kann sich immer weiter verbessern.<br />

So wird sich der BDKJ im Rahmen der Initiative „fair.nah.logisch.“<br />

ambitionierte Ziele setzen, um die eigenen <strong>Beschaffung</strong>sprozesse im<br />

Sinne der Nachhaltigkeit zu verbessern und zu verstetigen.<br />

Daneben geht es dem Dachverband der katholischen Jugendverbände<br />

aber auch darum, mit gutem Beispiel voran zu gehen und<br />

sowohl mit Blick auf die eigenen Mitgliedsverbände als auch auf die<br />

gesamte Erzdiözese zum Motor beim Thema <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong><br />

zu werden.<br />

Autorin<br />

Sandra Uhlich<br />

Bildungsreferentin<br />

Diözesanbüro BDKJ Freiburg<br />

Kleine Kniffe<br />

13<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

E-Mobilität in den Kirchen<br />

Die E-Mobilität ist in den kirchlichen Einrichtungen schon längst zu einem wichtigen Thema<br />

geworden, ist doch die CO 2<br />

-Einsparung durch Reduzierung von Abgasen ein elementarer Faktor<br />

bei der Bewahrung der Schöpfung.<br />

Ein Beitrag von Rainer Gritzka, Wirtschaftsgesellschaft der Kirchen (WGKD)<br />

Tatsache bei der E-Mobilität ist aber auch, dass noch vor gut<br />

zwei Jahren das Angebot an E-Fahrzeugen ausgesprochen dürftig<br />

war und sich überwiegend auf kleine „Stadtflitzer“ beschränkte. Auch<br />

die Preisgestaltung von E-Fahrzeugen war alles andere als ein Anreiz,<br />

sich ein E-Fahrzeug zuzulegen. Hinzu kamen Probleme hinsichtlich<br />

der Reichweiten der im Fahrzeug verbauten Batterien und der nur<br />

spärlich vorhandenen Ladeinfrastruktur. Und nicht zu vergessen ist<br />

die noch heute weit verbreitete Unkenntnis darüber, mit welchem<br />

Ladekabel und mit welcher Stromstärke man welches E-Fahrzeug<br />

laden kann. Die Kirchen haben sich vorsichtig an die vorhandenen<br />

Angebote herangetastet, um hier und da ein positives Signal zu<br />

setzen, von einem Durchbruch der Elektromobilität konnte aber in<br />

keiner Weise gesprochen werden.<br />

Für viele Fahrzeugnutzer war und ist deshalb die Hybrid-Technologie<br />

ein Kompromiss, mit dem man das Problem der Reichweiten<br />

durch den nach wie vor vorhandenen Verbrenner-Motor geschickt<br />

lösen kann und das in Gefahr geratende „sichere Gefühl“, überall<br />

sorgenfrei hinfahren zu können, erhalten bleibt. Da man obendrein<br />

mit einem Hybrid rund 40 km, Tendenz inzwischen deutlich steigend,<br />

rein elektrisch fahren kann, wird auch das „grüne Gewissen“<br />

zumindest bei überwiegenden Kurzstreckenfahrten einigermaßen<br />

beruhigt.<br />

Seit fast zwei Jahren hat sich die Situation auf dem Fahrzeugmarkt<br />

hinsichtlich reiner E-Fahrzeuge und auch der Hybrid-Fahrzeuge mit<br />

Ladeschnur (Plug-in-Hybride) deutlich verändert. Die sowohl von<br />

den Herstellern als auch vom Staat auf diese Fahrzeuge gewährten<br />

„Umweltprämien“, die je nach Fahrzeugpreis bis zu 9.000,- € insgesamt<br />

ausmachen können, relativieren den Mehrpreis der<br />

E-Technik, so dass die Fahrzeugpreise inzwischen mit denen der herkömmlichen<br />

Verbrenner in etwa auf einem Level liegen. Lediglich<br />

beim Fahrzeugleasing ist noch festzustellen, dass die seitens der<br />

Hersteller bestehende Unsicherheit, welchen Marktpreis man <strong>für</strong><br />

ein E-Leasingfahrzeug nach 3-5 Jahren noch erzielen kann, sich auf<br />

den kalkulierten Restwert und damit auch auf die monatliche Leasingrate<br />

negativ auswirken.<br />

In der Öffentlichkeit wird das Hybrid-Fahrzeug unterschiedlich<br />

wahrgenommen. Für viele ist es eine Mogelpackung, da der Benzinmotor,<br />

der in der Regel der Partner des E-Motors ist, durch das<br />

Mehrgewicht des Fahrzeugs wegen der Batterien deutlich mehr verbraucht<br />

als der reine Benziner, sobald der Akku leer ist und nicht<br />

gleich wieder aufgeladen werden kann. <strong>Das</strong> Wiederaufladen bei<br />

jeder sich bietenden Gelegenheit ist eine Grundvoraussetzung da<strong>für</strong>,<br />

dass ein Hybrid auch hinsichtlich der Schonung der Umwelt einen<br />

positiven Beitrag leisten kann. Es kommt leider immer wieder vor,<br />

dass Autohäuser berichten, dass ein Hybrid-Fahrzeug nach Ablauf<br />

des Leasingvertrages zurückgegeben wurde und die im Auto befindliche<br />

Ladeschnur noch original verpackt ist und somit nie benutzt<br />

wurde.<br />

Die Umweltprämie <strong>für</strong> einen solchen Hybrid-Nutzer ist<br />

herausgeschmissenes Geld und trägt nicht zur Verbreitung umweltschonender<br />

Fahrzeuge bei.<br />

14 Kleine Kniffe<br />

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Foto: depositphotos<br />

Die veränderte Situation hinsichtlich der Preisgestaltung von<br />

E-Fahrzeugen durch die genannten Prämien hat auch das Kaufverhalten<br />

kirchlicher Einrichtungen deutlich wahrnehmbar verändert.<br />

Wir können feststellen, dass bei uns in der WGKD die Anfragen<br />

nach Konditionen <strong>für</strong> E-Autos auffallend zugenommen haben. <strong>Das</strong><br />

ist sicher auch auf den Umstand zurückzuführen, dass sich nahezu<br />

alle Kfz.-Hersteller zur Zeit dabei übertreffen, neue E-Mobile über<br />

die gesamte Fahrzeugpalette auf den Markt zu bringen, um in allen<br />

Fahrzeugsegmenten, Nutzfahrzeuge eingeschlossen, damit präsent<br />

zu sein.<br />

Selbst ambulante Pflegedienste im Bereich der kirchlichen<br />

Wohlfahrt, die oftmals ihre Kosten sehr viel spitzer<br />

rechnen müssen, fangen an, ihre Fahrzeugflotten auf E-Fahrzeuge umzustellen.<br />

Voraussetzung da<strong>für</strong> ist aber, dass in der Regel auf eigenem<br />

Grundstücksgelände E-Ladestationen errichtet werden können, die<br />

ein problemloses Laden ohne Wartezeiten und technische Ausfälle<br />

gewährleisten. Vielfach werden solche Ladestationen technisch so<br />

ausgerüstet, dass auch das Laden privater E-Fahrzeuge/Hybride der<br />

Mitarbeiterschaft bei getrennter Erfassung und Rechnungsstellung<br />

ermöglicht wird. Eine solche Vorgehensweise ist sehr vorausschauend<br />

und mag viele Mitarbeiter/-innen dazu bewegen, den Sprung<br />

in die E-Mobilität zu wagen, den man unter anderen Umständen<br />

möglicherweise weiter in die Zukunft geschoben hätte.<br />

Auch wenn oftmals von technischer Seite kritische Äußerungen<br />

zur E-Mobilität kommen, weil man sie als Übergangstechnologie<br />

bewertet und aus ihrer Sicht die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle<br />

die Zukunft ist, wird man nicht leugnen können, dass<br />

es <strong>für</strong> die Umwelt katastrophal wäre, wenn wir jetzt ohne<br />

E-Mobilität darauf warten würden, bis sich diese Zukunftstechnologie<br />

zu erträglichen Preisen durchsetzt.<br />

Die Pläne der EU, ab 2030 die Schadstoffklasse EU7 verbindlich<br />

einzuführen, wird zwangsläufig da<strong>für</strong> sorgen, dass viele der<br />

herkömmlichen Verbrenner-Motoren die dann vorgegebenen<br />

Schadstoffwerte nicht mehr erreichen können und somit nicht<br />

mehr in den Verkehr gebracht werden dürfen. Nur sehr viel technischer<br />

Aufwand wird Verbrenner-Motoren möglich machen, die<br />

die EU7-Grenzwerte erfüllen. Die Preise <strong>für</strong> diese Technik werden<br />

aber so hoch sein, dass sie sich nur in Fahrzeugen der Oberklasse<br />

wirtschaftlich darstellen lassen und somit <strong>für</strong> die breite Masse<br />

nicht erschwinglich sind. <strong>Das</strong> ist die Chance der E-Mobilität, die<br />

inzwischen auf unseren Straßen durch das E auf dem Kennzeichen<br />

deutlicher sichtbar wird.<br />

Autor<br />

Rainer Gritzka,<br />

Geschäftsführer WGKD<br />

www.wgkd.de<br />

Kleine Kniffe<br />

15<br />

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Aus nationalen Kompetenzstellen der <strong>Beschaffung</strong><br />

Interview mit Ulrich Lilie,<br />

Präsident der Diakonie Deutschland<br />

Diakonie und Caritas haben sich Anfang September 2020 die Förderung <strong>nachhaltige</strong>r Textilbeschaffung<br />

auf die Fahne geschrieben und setzen dabei unter anderem auf das Siegel „Grüner Knopf“ des<br />

Bundesministeriums <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).<br />

<strong>Das</strong> Interview führte Thomas Heine, SDG media GmbH<br />

Sehr geehrter Herr Lilie, warum unterstützt die Diakonie<br />

Deutschland die <strong>nachhaltige</strong> Textilbeschaffung?<br />

Wenn man sich klarmacht, wieviel Wäsche in unseren Pflegeeinrichtungen<br />

und Krankenhäusern Tag <strong>für</strong> Tag anfällt, wird<br />

anschaulich, dass ihr Einkaufsverhalten tatsächlich Marktrelevanz<br />

hat. Wenn wir zielgerichtet ökologisch produzierte und fair gehandelte<br />

Textilien nachfragen, haben wir einen großen Hebel, um etwas<br />

zum Besseren zu bewegen.<br />

Im Leitbild Nachhaltigkeit der Diakonie Deutschland<br />

heißt es: „Bei der Umsetzung dieser Werte orientieren<br />

wir uns inhaltlich und konzeptionell an den 17 Zielen <strong>für</strong><br />

eine Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen<br />

SDGs“ Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das<br />

SDG 12 und besonders das SDG 12.7 (in der öffentlichen<br />

<strong>Beschaffung</strong> <strong>nachhaltige</strong> Verfahren fördern)?<br />

Die SDGs bilden <strong>für</strong> die Diakonie Deutschland einen Handlungsrahmen,<br />

um <strong>nachhaltige</strong> Standards in der Wohlfahrt zu setzen. Als<br />

Dachverband von Mitgliedseinrichtungen mit bundesweit rund<br />

31.600 ambulanten und stationären Diensten wie Pflegeheimen und<br />

Krankenhäusern, Beratungsstellen und Sozialstationen mit 1,18<br />

Millionen Betten/Plätzen können wir mit guten Projekten, aber<br />

auch mit gutem Beispiel Wege zur Umsetzung der SDGs aufzeigen.<br />

Bis 2017 war das Umweltmanagementsystem EMAS bei uns<br />

im Werk etabliert. Die hohen Standards von EMAS werden nun<br />

weiter gehalten und um soziale und ökonomische Aspekte ergänzt.<br />

So entwickeln wir ein Nachhaltigkeitsmanagementsystem.<br />

Als ersten Schritt haben wir im Sommer 2020 das Assessment<br />

„Committed to Sustainability“ der European Foundation for<br />

Quality Management erfolgreich absolviert. Der Gutachter bestätigte<br />

uns, dass wir im Bereich Nachhaltigkeit viel zu bieten haben.<br />

Besonders beeindruckt war er von unserem Umweltmanagement<br />

und dem energiesparenden Gebäude, den Bemühungen um<br />

Gleichstellung und Familienfreundlichkeit, der Kindesschutzstrategie,<br />

dem Online-Tool zum Ökologischen Fußabdruck und der <strong>nachhaltige</strong>n<br />

- da langen - Nutzung von IT-Produkten. Um <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong> in der Diakonie voranzubringen, vernetzen wir unsere Mitgliedsorganisationen<br />

und unterstützen den Transfer von Wissen<br />

zum <strong>nachhaltige</strong>n Einkauf.<br />

Der Einkauf läuft in der überwiegenden Mehrzahl der<br />

kirchlichen Einrichtungen nach herkömmlichen Mustern<br />

ab. Ökologische oder faire Produkte spielen nur eine<br />

untergeordnete Rolle. Der Preis wird als das zentrale<br />

Kriterium der Produktauswahl genannt. Wie kann diese<br />

Logik im Denken und Handeln durchbrochen werden?<br />

Die Leistungen der diakonischen Einrichtungen sind in<br />

hohem Maße arbeitsintensiv. Daher sind diese auch abhängig von<br />

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Foto: Diakonie/Thomas Meyer<br />

den Rahmenverträgen mit Kommunen und Krankenkassen zur<br />

Refinanzierung der Personalkosten. Faire Tarife müssen in den<br />

Vereinbarungen zwischen Leistungsträgern und Kostenträgern<br />

berücksichtigt werden.<br />

Ein zweiter Hebel wäre die Bündelung der Nachfrage möglichst<br />

vieler Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege. Ihre vereinte<br />

Marktmacht birgt große Potentiale, um das Angebot an <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Waren und Dienstleistungen zu stimulieren.<br />

Sie haben im September 2020 eine Absichtserklärung<br />

unterzeichnet mit dem Ziel, die <strong>nachhaltige</strong> Textilbeschaffung<br />

in den Einrichtungen der Diakonie gezielt<br />

zu ermöglichen. Wie wollen Sie diese Absichtserklärung<br />

im Jahr <strong>2021</strong> mit Leben füllen? Gibt es Zielmarken, die<br />

erreicht werden sollen?<br />

Die Diakonie Deutschland hat am 9. September 2020 mit dem<br />

Bundesentwicklungsministerium und dem Deutschen Caritasverband<br />

in Berlin eine gemeinsame Absichtserklärung zur Förderung<br />

<strong>nachhaltige</strong>r Textilbeschaffung unterschrieben. Die Eckpunkte der<br />

künftigen Zusammenarbeit beinhalten beispielsweise die Durchführung<br />

von Pilotprojekten, Marktdialogen zwischen Beschaffern<br />

und Bietern sowie Workshops zur technischen Unterstützung.<br />

Geplant sind Informationsmaterialien zu den besonderen<br />

Anforderungen <strong>nachhaltige</strong>r Textilbeschaffung in der Freien<br />

Wohlfahrtspflege wie auch die Aufbereitung anschaulicher und<br />

innovativer Beispiele aus der Praxis, die nicht zuletzt Kostenkalkulationen<br />

umfassen.<br />

Welchen Stellenwert messen Sie der Sozialwirtschaft<br />

bei der Transformation in eine <strong>nachhaltige</strong> Gesellschaft<br />

bei?<br />

Die Sozialwirtschaft in Deutschland trägt eine große Mitverantwortung<br />

bei dem Jahrhundertprojekt der <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Transformation. Wir fühlen uns in unserer Policy dem Prinzip<br />

der Nachhaltigkeit eng verbunden und arbeiten an der Umsetzung<br />

unserer strategischen Aufgabe, der Ursachenbekämpfung. Wir<br />

kümmern uns nicht nur um die Folgen der Schieflage in der Welt,<br />

sondern setzen uns da<strong>für</strong> ein, deren Ursachen zu bekämpfen. Unser<br />

Ziel: Wir tragen zum Schutz der Menschenrechte in den Lieferketten<br />

bei, verhelfen Menschen zu besseren Arbeits- und Einkommensbedingungen,<br />

tun etwas gegen den Klimawandel, verhindern die<br />

Übernutzung oder Vergiftung von Böden und Gewässern und leisten<br />

einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz.<br />

Kleine Kniffe<br />

17<br />

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Foto: © Diakonie/Kathrin Harms<br />

Die Einrichtungen der Diakonie kaufen täglich Produkte<br />

und Dienstleistungen ein. Die Palette reicht von<br />

Papier über Computer, Autos, Baumaterialien, Möbel,<br />

Dienstkleidung, Reinigungsmittel, Nahrungsmittel und<br />

Blumen bis hin zu Strom und Wasser. Hinzu kommen<br />

Dienstleistungen von der Reinigung bis zur Abfallentsorgung,<br />

die eingekauft werden. Schätzungen zufolge<br />

liegt der Umsatz in der <strong>Beschaffung</strong> der katholischen<br />

und evangelischen Kirchen jährlich bei mindestens 60<br />

Mrd. Euro. Welche Strategie verfolgen die Einrichtungen<br />

der Diakonie, um diese Marktmacht bei ihren Zulieferern<br />

in Richtung ökologischer und sozialer Standards geltend<br />

zu machen?<br />

Die Verantwortung der Diakonie Deutschland liegt in ihrer<br />

Vorreiterrolle. Wir gehen mit gutem Beispiel voran und unterstützen<br />

einen Prozess des Lernens von unten nach oben.<br />

Unsere Hauptaufgabe besteht in der Überzeugung der Mitgliedsorganisationen.<br />

Deshalb unterstützen wir jeden Ansatz einer<br />

<strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong> durch die Kommunikation dieser Leuchtturmprojekte<br />

und vernetzen diejenigen, die diesen Beispielen folgen<br />

wollen.<br />

Eine Rolle bei der effizienten Neuaufstellung der <strong>Beschaffung</strong>sprozesse<br />

können Banken spielen, wenn sie in Zukunft ihr<br />

Geschäftsfeld erweitern und digitale <strong>Beschaffung</strong>splattformen anbieten.<br />

Hier entstünden Services, die die diakonischen Einrichtungen<br />

durch Handlungsempfehlungen und praktische Hilfestellungen<br />

beim digitalen Einkauf unterstützen könnten. Und natürlich stehen<br />

auch die öffentlichen Haushalte und ihre Vergabeordnungen in der<br />

Pflicht: Sie müssen politisch weiter in Richtung einer <strong>nachhaltige</strong>n<br />

<strong>Beschaffung</strong> ausgebaut werden, damit die Kostenträger herauf verpflichtet<br />

werden können.<br />

Weitere Informationen<br />

www.diakonie.de/nachhaltigkeit<br />

<strong>Das</strong> Interview führte<br />

Thomas Heine<br />

SDG media GmbH<br />

www.sdg-media.de<br />

18 Kleine Kniffe<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

Initiative Zukunft einkaufen<br />

Seit nunmehr zwölf Jahren widmet sich die Initiative Zukunft einkaufen der systematischen<br />

Umstellung auf eine <strong>Beschaffung</strong> nach ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien in<br />

Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen. Ziel von Zukunft einkaufen ist es dabei, die<br />

Marktmacht der Kirchen sinnvoll zu nutzen, um ökologische und soziale Gerechtigkeit am Markt zu<br />

stärken und die Glaubwürdigkeit der Kirchen in Bezug auf konkrete <strong>nachhaltige</strong> Entwicklungsziele<br />

zu erhalten.<br />

Ein Beitrag von Martina Faseler und Bettina Funke-Inkmann<br />

Leider ist <strong>nachhaltige</strong>s Wirtschaften dennoch nach wie vor auch<br />

im kirchlichen Umfeld immer noch keine Selbstverständlichkeit.<br />

Umso schöner und bemerkenswerter also, wenn entgegen<br />

dem allgemeinen Trend während der andauernden Corona-Krise<br />

Gemeinden beschließen, ihre Bemühungen in der ökofairen<br />

<strong>Beschaffung</strong> fortzusetzen, wie die Evangelische Kirchengemeinde<br />

Weitmar-Mark, die als erste westfälische Gemeinde mit dem Siegel<br />

„Zukunft Einkaufen“ ausgezeichnet wird:<br />

<strong>Das</strong> neu gegründete UmweltTeamEmmaus (UTE) hatte sich<br />

im Oktober 2019 auf den Weg gemacht und Überlegungen angestellt,<br />

wie unsere Kirchengemeinde zu einer umweltgerechten und<br />

<strong>nachhaltige</strong>n Entwicklung beitragen kann. <strong>Das</strong> Thema „ökofaire<br />

<strong>Beschaffung</strong>“ hatten wir ganz obenan auf die to-do-Liste gesetzt.<br />

Okay, fairen Kaffee verwenden wir schon lange im Kirchencafé, aber<br />

geht da nicht noch mehr?<br />

Nach der Kontaktaufnahme zum Institut <strong>für</strong> Kirche und Gesellschaft<br />

der Evangelischen Landeskirche, umfassender Information<br />

und Beratung haben wir uns an die Umsetzung gemacht. Nach<br />

drei Treffen des UTE war die geforderte <strong>Beschaffung</strong>sordnung in<br />

der Rohform fertig. Während des ersten Corona-Lockdowns im<br />

Frühjahr 2020 haben wir weiter daran gefeilt und die Unterlagen<br />

<strong>für</strong> den Antrag zusammengestellt. Erstaunlich, was auch in einer<br />

kleinen Kirchengemeinde wie unserer Emmausgemeinde so alles<br />

zusammenkommt, was alles zu bedenken ist und wie schwierig es<br />

manchmal ist, zwischen verschiedenen Kriterien abzuwägen.<br />

<strong>Das</strong> Siegel sehen wir als Ansporn, auch weiterhin konsequente<br />

Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu gehen. Denn: Nicht nur die<br />

Corona-Krise, auch die ökologische Krise unseres Planeten ist weiterhin<br />

allgegenwärtig und eine globale Bedrohung unserer Existenz.<br />

Die klimatischen Veränderungen sind unübersehbar, und vielen<br />

Menschen ist klar geworden, dass wir nicht so weitermachen können<br />

wie bisher. Wir sind uns dabei zum einen unserer eigenen Verantwortung<br />

zur Bewahrung der Schöpfung bewusst, wie es Christinnen<br />

und Christen von Gott aufgetragen ist, zum anderen unserer Verantwortung<br />

als Institution vor Ort und in der Gesellschaft, als ein<br />

wahrnehmbares Vorbild zu wirken und so auch andere zu überzeugen,<br />

den ökologischen Weg mitzugehen.<br />

Die Verantwortung, der wir uns stellen, muss sich dabei auch<br />

daran orientieren, ob die Dinge, die wir konsumieren, unter fairen<br />

Bedingungen und unter Wahrung von Arbeits- und Menschenrechten<br />

hergestellt werden, gerade in den Ländern des globalen Südens.<br />

Mit dem Projekt ökofaire <strong>Beschaffung</strong> setzt die Kirchengemeinde<br />

ihr bereits 2018 begonnenes ökologisches Engagement fort. Mit<br />

der Umgestaltung von 300 qm Rasenflächen zu Blühflächen leistet<br />

die Gemeinde einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Aus den<br />

vormals ökologisch nahezu toten Flächen wurde eine Lebenswiese<br />

<strong>für</strong> Vögel, Insekten und Bodenkleintiere.<br />

Mit der Zertifizierung als Gemeinde mit ökofairer <strong>Beschaffung</strong><br />

möchten wir ein weiteres deutliches Zeichen <strong>für</strong> den Klima- und<br />

Umweltschutz setzen.<br />

Autorinnen<br />

Bettina Funke-Inkmann<br />

Presbyterin der Gemeinde Bochum Weitmar-Mark<br />

Martina Faseler<br />

Institut <strong>für</strong> Kirche und Gesellschaft, Zunkunft einkaufen<br />

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Aus Wohlfahrtsverbänden<br />

Einrichtungen im Norden werden ökofair<br />

Im Gebiet der Nordkirche, das sich von Schleswig-Holstein über Hamburg bis nach Mecklenburg-<br />

Vorpommern erstreckt, wird das Angebot zur ökofairen <strong>Beschaffung</strong>soptimierung auf diakonische<br />

und kirchliche Einrichtungen ausgeweitet<br />

Ein Beitrag von Kirsten Schütt,<br />

Referentin ÖkoFaire Einrichtungen, Diakonisches Werk Hamburg<br />

Nach Inkrafttreten des Klimaschutzgesetzes der Nordkirche<br />

2015 hat sich in Sachen <strong>nachhaltige</strong>re <strong>Beschaffung</strong> schon viel getan:<br />

Auf Basis eines im Nachgang erstellten Klimaschutzplanes wurde die<br />

Aktion „ÖkoFaire Gemeinde“ ins Leben gerufen, um den Kirchengemeinden<br />

bei der Umstellung und Optimierung ihrer <strong>Beschaffung</strong><br />

mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Hierbei sind aus Umweltsicht<br />

nicht nur primär die CO₂-Emissionen, sondern auch weitere ethische<br />

Kriterien, wie soziale (Fair-Trade) und ökologische Aspekte zu<br />

beachten (z.B. Wasserverbrauch, chemische Verschmutzung oder<br />

Gesundheitsgefahren).<br />

Mittlerweile sind mehr als 30 Gemeinden auf dem Weg, ihre<br />

Einkaufsprozesse umzustellen, oder sind bereits am Ziel angekommen<br />

und dürfen sich über die Schiefertafel an der Hauswand freuen,<br />

die sie als „ÖkoFaire Gemeinde“ ausweist und die im Rahmen der<br />

erfolgten Zertifizierung als Anerkennung <strong>für</strong> das Engagement verliehen<br />

wird.<br />

Nun folgen mit den Einrichtungen in Kirche und Diakonie<br />

die nächsten Kandidaten <strong>für</strong> mehr Ökofairness. Die<br />

<strong>Beschaffung</strong>sstandards z.B. in den Pflegeeinrichtungen der Diakonie,<br />

Verwaltungszentren der Kirchenkreise, Kitas oder Beratungsstellen<br />

sollen sich an denen der Kirche orientieren. Die größere Vielschichtigkeit<br />

der <strong>Beschaffung</strong>sprozesse in Einrichtungen wird vom<br />

Aktionsteam berücksichtigt und in der Beratung entsprechend Rechnung<br />

getragen. <strong>Das</strong> Zentrum Kirchlicher Dienste Rostock (ZDK)<br />

und das Diakonische Werk Hamburg haben je eine Beratungsstelle<br />

<strong>für</strong> interessierte Einrichtungen eingerichtet (Kontaktadressen im<br />

Infokasten). <strong>Das</strong> Team der Aktion „ÖkoFaire Gemeinde“ berät seit<br />

2020 neben Kirchengemeinden nun auch kirchliche Einrichtungen<br />

zur Umstellung ihrer <strong>Beschaffung</strong> im Rahmen der Aktion „ÖkoFaire<br />

Einrichtung“.<br />

Beide o.g. Organisationen haben – neben dem Regionalzentrum<br />

des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg und dem Zentrum Kirche<br />

der Dienste Altholstein – <strong>für</strong> diese Aufgabe selbstverständlich erst<br />

einmal „vor der eigenen Haustür gekehrt“ und haben mittlerweile<br />

selbst die Voraussetzungen erfüllt, um sich als „ÖkoFaire Einrichtungen“<br />

zertifizieren zu lassen. Die hier gesammelten Erfahrungen<br />

können nunmehr in die Beratung diakonischer und kirchlicher<br />

Einrichtungen einfließen und dabei helfen, den Prozess erfolgreich<br />

und effizienter zu durchlaufen. Regina Möller, Referentin ökofaire<br />

<strong>Beschaffung</strong> im ZDK, rät: „Nehmen Sie sich anfangs Bereiche vor,<br />

die überschaubar sind und kurzfristig Erfolge versprechen. Damit<br />

wächst das Zutrauen, sich auch weiteren Themen zu widmen.“<br />

Im ZDK, das seit Oktober 2019 Mitglied des Ökumenischen<br />

Netzwerks Klimagerechtigkeit ist, blickt man bereits auf eine langjährige<br />

intensive Beschäftigung mit dem Thema Umwelt- und<br />

Klimaschutz zurück: Fairer Biokaffee, Blauer-Engel-Druckerpapier,<br />

Nutzung von zertifiziertem Ökostrom, vegetarische Verpflegung<br />

oder regelmäßige Upcycling-Workshops sind schon lange eine<br />

Selbstverständlichkeit. 2018 dann hat das Zentrum entschieden,<br />

eine <strong>Beschaffung</strong>srichtlinie zu erarbeiten. Als 2019 der Startschuss<br />

da<strong>für</strong> gegeben wurde, sich auf den Weg zur „Ökofairen Einrichtung“<br />

zu begeben, waren daher einige der Kriterien bereits erfüllt – eine<br />

optimale Grundlage <strong>für</strong> eine motivierte Weiterarbeit, aber auch eine<br />

positive Rückversicherung, dass man mit den bisherigen Anstren-<br />

20 Kleine Kniffe<br />

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Grafik: Ruth Freytag<br />

gungen auf dem richtigen Weg war. „Je konkreter gezeigt wird, was<br />

geändert werden soll, desto besser gelingt ein Wandel“, weiß Möller.<br />

Auch im Diakonischen Werk Hamburg konnte man auf bereits<br />

erfolgte Schritte in Richtung Ökofairness zurückblicken: So gehörte<br />

fair gehandelter Kaffee genauso zu den Selbstverständlichkeiten<br />

wie das generelle Ziel, bei jedem Einkaufsprozess darauf zu achten,<br />

nach Möglichkeit Ressourcen zu sparen und die Menschenrechte zu<br />

achten – schon als praktische Tat der Nächstenliebe. Dank des zwischenzeitlich<br />

erarbeiteten <strong>Beschaffung</strong>sleitfadens wurde dies noch<br />

zusätzlich konkretisiert und <strong>für</strong> den Arbeitsalltag ausgearbeitet.<br />

Inzwischen gibt es Recyclingpapier in allen Bereichen, Grünen<br />

Strom, faire, regionale und ökologische Produkte in der Veranstaltungsbewirtung,<br />

ökologische Putzmittel, CO 2<br />

-Ausgleich bei<br />

Dienstflügen sowie ein Dienstfahrrad. „Die Umstellung erfordert<br />

Zeit, Sensibilität und Ausdauer, denn es gilt, lieb gewonnene<br />

Gewohnheiten zu ändern und dabei auch das Finanzbudget im Blick<br />

zu behalten“, so Linda Corleis, Referentin <strong>für</strong> Brot <strong>für</strong> die Welt, die<br />

das Diakonische Werk Hamburg in seinem Optimierungsprozess<br />

betreut hat. Sie rät außerdem dazu, sich nach Möglichkeit Expert*innen<br />

ins Team zu holen. Gerne kann da<strong>für</strong> auf das Know-how des<br />

Aktionsteams „ÖkoFaire Einrichtung“ zurückgegriffen werden.<br />

Eine erste Orientierung und vielfältige praktische Anregungen,<br />

wie man bei den relevantesten Stellschrauben effektiv ansetzen kann,<br />

bietet die druckfrische Broschüre „Gemeinsam <strong>für</strong> eine ökofaire<br />

<strong>Beschaffung</strong>“, die beim Aktionsteam angefordert werden kann. Hier<br />

finden sich neben einer kompakten Übersicht empfohlener Siegel<br />

und Standards mitsamt ihren Bedeutungen auch Kontaktdaten zu<br />

allen Ansprechpartnern im Norden, die interessierten Einrichtungen<br />

gern mit Rat und Tat zur Seite stehen.<br />

Weitere Informationen<br />

Zentrum Kirchlicher Dienste Rostock,<br />

Ökumenische Arbeitsstelle/Ökofaire <strong>Beschaffung</strong><br />

Regina Möller,<br />

Tel. 0381 37 79 87 593,<br />

regina.moeller@elkm.de<br />

Diakonisches Werk Hamburg, Weltweite Diakonie,<br />

Ökofaire <strong>Beschaffung</strong><br />

Kirsten Schütt,<br />

Tel. 040 306 20 334,<br />

schuett@diakonie-hamburg.de<br />

Autorin<br />

Kirsten Schütt<br />

Referentin ÖkoFaire Einrichtungen,<br />

Diakonisches Werk Hamburg<br />

Kleine Kniffe<br />

21<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 21 29.03.21 11:16


Aus Wissenschaft und Forschung<br />

Nachhaltiges Bauen (Green Building), Teil 2<br />

Die Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. wurde 2007 von 16 Personen<br />

unterschiedlicher Fachrichtungen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft gegründet. Mit Gründung<br />

der DGNB sollte vor allem das Nachhaltige Bauen 1 künftig noch stärker gefördert werden.<br />

Nachhaltiges Bauen bedeutet <strong>für</strong> die DGNB „einen bewussten Umgang und Einsatz vorhandener<br />

Ressourcen, die Minimierung von Energieverbrauch und ein Bewahren der Umwelt. Dabei basiert<br />

das gängige Nachhaltigkeitskonzept auf einem Dreisäulenmodell bestehend aus: Ökonomie,<br />

Ökologie und Sozialem.<br />

Ein Beitrag von Dr. Volker Teichert und Dr. Oliver Foltin<br />

Diese Idee lässt sich auch auf das Bauen übertragen. Die Ökonomie<br />

bezieht sich darauf, dass wir Gebäude wirtschaftlich sinnvoll und<br />

über dessen gesamten Lebenszyklus betrachten. Die Ökologie steht<br />

– vereinfacht gesprochen – <strong>für</strong> den ressourcen- und umweltschonenden<br />

Bau von Gebäuden. Im Fokus des Sozialen steht der Nutzer des<br />

Gebäudes. Von <strong>nachhaltige</strong>m Handeln kann also dann gesprochen<br />

werden, wenn diese drei Dimensionen in Einklang gebracht sind.“ 2<br />

<strong>Das</strong> DGNB-Zertifizierungssystem wurde von der DGNB in<br />

Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau<br />

und Stadtentwicklung (BMVBS) 2009 ins Leben gerufen. <strong>Das</strong> Instrument<br />

dient der Planung und Bewertung von <strong>nachhaltige</strong>n Gebäuden.<br />

Um dabei eine umfassende Qualitätsperspektive zu gewährleisten,<br />

werden alle relevanten Felder des <strong>nachhaltige</strong>n Bauens abgedeckt.<br />

Die DGNB entwickelt ihr Zertifizierungssystem laufend weiter<br />

und passt es regelmäßig an nationale und internationale Normen<br />

und Gesetzgebungen an. Die letztmalige Revision des Systems<br />

erfolgte 2018. In 29 Ländern wurden bislang Gebäude oder Quartiere<br />

von der DGNB mit einem Zertifikat ausgezeichnet. Bei der<br />

Anwendung im Ausland wird von der DGNB das Zertifizierungssystem<br />

je nach Notwendigkeit auf die entsprechenden regulatorischen,<br />

klimatischen oder kulturellen Gegebenheiten übertragen.<br />

Abb. 1: Grundstruktur des DGNB-Systems [Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an DGNB, Hrsg. (2018): DGNB-System. Kriterienkatalog Gebäude Neubau, Stuttgart, S. 24]<br />

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Abb. 2: Übersicht über die Kriterien des DGNB-Systems [Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an DGNB, Hrsg. (2018): DGNB-System. Kriterienkatalog Gebäude Neubau, Stuttgart, S. 25f.]<br />

Die Bewertungsthemenfelder<br />

Grundsätzlich wird mit dem DGNB-Zertifikat der gesamte<br />

Lebenszyklus eines Bauwerks betrachtet. Die Aussagequalität einer<br />

Bewertung ist immer abhängig davon, wie präzise ihre Kriterien<br />

formuliert werden. Grundlage des Zertifikats bildet das Kernsystem,<br />

das in sechs Themenfelder mit über 30 Kriterien gegliedert ist (vergl.<br />

Abb. 2).<br />

Diese Kriterien können durch nutzungsspezifische Faktoren so<br />

gewichtet werden, dass eine angepasste Bewertung unterschiedlicher<br />

Bauwerkstypen möglich ist. So erhält jedes Nutzungsprofil eine<br />

eigene Bewertungsmatrix, die optimal auf die jeweilige Nutzung<br />

abgestimmt ist.<br />

• Ökologische Qualität (Wirkungen auf die globale und lokale<br />

Umwelt; Ressourceninanspruchnahme und Abfallaufkommen),<br />

• Ökonomische Qualität<br />

(Lebenszykluskosten und Wertentwicklung),<br />

• Soziokulturelle und funktionale Qualität (Gesundheit,<br />

Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit; Funktionalität),<br />

• Technische Qualität<br />

(Qualität der technischen Ausführung z.B. Schallschutz),<br />

• Prozessqualität<br />

(Qualität der Planung, Qualität der Bauausführung),<br />

• Standortqualität.<br />

Abb. 2: Übersicht über die Kriterien des DGNB-Systems [Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an DGNB, Hrsg. (2018): DGNB-System. Kriterienkatalog Gebäude Neubau, Stuttgart, S. 25f.]<br />

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23<br />

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Foto: depositphotos<br />

Von den Millennium Development Goals zu den<br />

Sustainable Development Goals<br />

2015 endete der Zeitraum, in dem die Millennium Development<br />

Goals (MDGs) hätten erfüllt werden sollen. Schon Jahre davor<br />

wurde auf UN-Ebene beschlossen, verschiedene Prozesse <strong>für</strong> eine so<br />

genannte Post 2015-Agenda einzuleiten, mit denen die Arbeit an den<br />

MDGs fortgeführt werden, zugleich aber eine neue Qualität erhalten<br />

sollte. Zunächst war im Januar 2012 ein „UN Task Team“ gegründet<br />

sowie im Juli 2012 ein „High-Level Panel on Eminent Persons“ einberufen<br />

worden. Die aus diesen Arbeitsgruppen hervorgegangenen<br />

Berichte können als Vorarbeit <strong>für</strong> die danach folgende konkrete<br />

Erarbeitung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development<br />

Goals, SDGs) verstanden werden.<br />

Am 25. September 2015 wurden dann auf dem Weltgipfel <strong>für</strong><br />

<strong>nachhaltige</strong> Entwicklung von der Generalversammlung der Vereinten<br />

Nationen die SDGs verabschiedet; zum 1. Januar 2016 sind<br />

sie in Kraft getreten. Der Zeithorizont erstreckt sich bis zum Jahr<br />

2030. Die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) reichen von der<br />

Armutsbekämpfung und einer hochwertigen Bildung über bezahlbare<br />

und saubere Energie bis hin zu verantwortungsvollem Konsum<br />

und Produktion sowie dem Aufbau von Partnerschaften zur Erreichung<br />

der Ziele.<br />

Die DGNB unterstützt die SDGs und will mit der Zertifizierung<br />

einen konkreten Beitrag zu deren Erreichung liefern. Um den<br />

Zusammenhang einer <strong>nachhaltige</strong>n Bauweise mit den SDGs herauszuarbeiten<br />

und transparent zu machen, wurden sämtliche Kriterien<br />

auf deren Verlinkung zu den SDGs überprüft und entsprechend<br />

Abb. 3: Liste der Kriterien mit Agenda 2030 Boni [Quelle: eigene Zusammenstellung nach DGNB, Hrsg. (2018): DGNB-System. Kriterienkatalog Gebäude Neubau, Stuttgart, S. 21f.]<br />

24 Kleine Kniffe<br />

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Abb. 4: Liste der Kriterien mit Circular Economy Boni [Quelle: eigene Zusammenstellung nach DGNB, Hrsg. (2018): DGNB-System. Kriterienkatalog Gebäude Neubau, Stuttgart, S. 18ff.]<br />

nachweisbar gemacht. Als Ergebnis erhält jedes Projekt, das eine<br />

DGNB-Zertifizierung erfolgreich abschließt, künftig eine Aussage<br />

darüber, inwieweit es einen Beitrag zur Erreichung der SDGs<br />

geleistet hat – auch als Motivation <strong>für</strong> die Nutzer und Betreiber, sich<br />

in ihrem Umgang mit dem Gebäude künftig an diesen zu orientieren.<br />

Als zusätzlichen Anreiz werden in ausgewählten Kriterien „Agenda<br />

2030 Boni“ <strong>für</strong> Projekte vergeben, die in besonderem Maße zum Klimaschutz<br />

und der Umsetzung der weiteren UN-Nachhaltigkeitsziele<br />

beitragen. Insgesamt können zusätzliche Bonus-Punkte erworben<br />

werden, wenn die in Abb. 3 aufgeführten Aspekte zur Erreichung<br />

der SDGs beitragen.<br />

Neben den Agenda 2030 Boni gibt es auch noch weitere Boni,<br />

Abb. 5: Auszeichnungen [Quelle: DGNB, Hrsg. (2018): DGNB-System. Kriterienkatalog Gebäude<br />

Neubau, Stuttgart, S. 29]<br />

sofern beim Bau von Gebäuden eine Circular Economy (CE) beachtet<br />

wird. (vergl. Abb. 4) In Anbetracht der aktuellen Klimaveränderungen,<br />

der Verknappung und geopolitischen Abhängigkeiten von<br />

Ressourcen ist es von zentraler Bedeutung, die Möglichkeiten zur<br />

Wiederverwendung oder zur Wiederverwertung von Bauteilen oder<br />

Bauprodukten auszuloten. Ebenso sollte bereits im Planungsprozess<br />

die Rückbaufähigkeit von Bauten berücksichtigt und integriert<br />

werden. Durch die Bonuspunkte sollen Anreize geschaffen werden,<br />

um Innovationen in der lebenszyklusorientierten Planung von<br />

Gebäuden anzustoßen.<br />

Je nach Erfüllung der vorgegebenen Anforderungen wird dann<br />

das DGNB-Zertifikat in Platin, Gold, Silber oder Bronze verliehen.<br />

Der Erfüllungsgrad wird in Prozentzahlen angegeben (vergl. Abb. 5).<br />

Nutzungsprofile<br />

Zurzeit steht das DGNB-System <strong>für</strong> die Zertifizierung in fast<br />

30 unterschiedlichen Nutzungsprofilen zur Verfügung. Eine grobe<br />

Unterteilung sieht wie folgt aus:<br />

Gebäude<br />

Sowohl <strong>für</strong> Neubauten, Bestandsgebäude, Sanierungsprojekte<br />

als auch den Gebäudebetrieb liegen bis dato die meisten Zertifizierungen<br />

vor. Für Neubauten werden insgesamt 37 Kriterien<br />

berücksichtigt; je nach Gebäudetyp, der von Bildungsbauten, Büround<br />

Verwaltungsgebäuden, Geschäftshäuser, Gesundheitsbauten<br />

über Hotelgebäude, kleine Wohngebäude [bis zu 6 Wohneinheiten]<br />

Logistikgebäuden, Produktionsstätten bis hin zu Shoppingcentern,<br />

Verbrauchermärkten und Wohngebäuden [mehr als 6 Wohneinheiten]<br />

reichen kann, fällt die Gewichtung der einzelnen Kriterien<br />

unterschiedlich aus. 3<br />

Bei den Sanierungs- und Bestandsgebäuden sowie den Gebäuden<br />

im Betrieb sind eine Reihe ähnlicher Kriterien zu berücksichtigen.<br />

Quartiere<br />

Durch die DGNB-Zertifizierung werden Quartiere gefördert,<br />

die einen möglichst geringen CO 2<br />

-Ausstoß verursachen – in Planung<br />

und Bau, genauso wie in der späteren Nutzung. Insgesamt<br />

können sich Stadtquartiere, Businessquartiere, Gewerbegebiete,<br />

Industriestandorte, Event Areale, Resorts und Vertical Cities.<br />

Innenräume<br />

<strong>Das</strong> Nutzungsprofil Innenräume dient dazu, Gesundheit, Ergonomie,<br />

Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit der Menschen zu<br />

unterstützen. Es wird <strong>für</strong> Büro und Verwaltung, Gastronomie,<br />

Hotels sowie Shopping angewandt.<br />

Kleine Kniffe<br />

25<br />

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Der Weg zum Zertifikat<br />

Mit dem DGNB Zertifikat können Investoren und Bauherren<br />

die Qualität ihrer <strong>nachhaltige</strong>n Bauprojekte aussagekräftig belegen<br />

und somit messbar machen. Nach DGNB zertifiziert werden können<br />

Neubauten ebenso wie Bestandsimmobilien. Die DGNB bietet auch<br />

das DGNB Vorzertifikat zur Bewertung von Bauwerken in der Planungs-<br />

und Bauphase an. Der Zertifizierungsprozess ist <strong>für</strong> beide<br />

Instrumente prinzipiell gleich und erfolgt in dreizehn Schritten:<br />

• Der Auftraggeber beauftragt einen DGNB Auditor.<br />

• Der Auditor meldet das Gebäude <strong>für</strong> die Zertifizierung bei der<br />

DGNB Geschäftsstelle an. Alternativ kann die Projektan<br />

meldung auch durch den Auftraggeber erfolgen.<br />

• Die DGNB schließt mit dem Bauherrn einen Vertrag über<br />

die Zertifizierung.<br />

• Der Auditor reicht die erforderlichen Unterlagen bei der<br />

DGNB Geschäftsstelle ein.<br />

• DGNB führt eine erste inhaltliche Prüfung durch.<br />

• Die DGNB verschickt den ersten Prüfbericht –<br />

gegebenenfalls inklusive Rückfragen – an den Auditor.<br />

• Der Auditor schickt seine Stellungnahme zum Prüfbericht<br />

an die DGNB und legt gegebenenfalls weitere erforderliche<br />

Unterlagen bei.<br />

• Die DGNB führt eine zweite inhaltliche Prüfung durch.<br />

• Die DGNB verschickt den zweiten Prüfbericht an den Auditor.<br />

• Der Auftraggeber erklärt sein Einverständnis mit<br />

dem Prüfungsergebnis.<br />

Die Kosten <strong>für</strong> die Zertifizierung richten sich nach der Größe<br />

des Gebäudes, gemessen in m 2 Bruttogeschossfläche (BGF). Bei<br />

2.500 m 2 liegen die Zertifizierungskosten bei 6.600,- € und steigen<br />

bis auf 73.500,- € bei einer BGF von bis zu 130.000 m 2 . Bei einer<br />

DGNB-Mitgliedschaft reduzieren sich die Zertifizierungskosten je<br />

nach deren Höhe um bis zu 40 Prozent.<br />

Bereits ausgezeichnete Objekte<br />

Die Zahl der von der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Nachhaltiges<br />

Bauen DGNB ausgezeichneten Gebäude liegt in Deutschland im Februar<br />

<strong>2021</strong> bei 1.671 zertifizierten Projekten, gefolgt von Österreich<br />

(62 Projekte). Der Rest an 142 Projekten verteilt sich auf rund 25<br />

Länder.<br />

Im Teil 3 der Serie werden in der kommenden <strong>Ausgabe</strong> von<br />

Kleine Kniffe die elementaren Aspekte zusammengestellt, die die<br />

DGNB zur Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudesektor formuliert<br />

hat.<br />

Quellen:<br />

1. Vgl. Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,<br />

Hrsg. (2016): Leitfaden Nachhaltiges Bauen. Zukunftsfähiges<br />

Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden. Berlin: BMUB.<br />

2. Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V., Hrsg. (o.J.):<br />

Nachhaltiges Bauen: Die Rolle der DGNB, www.dgnb.de/de/themen/<br />

<strong>nachhaltige</strong>s-bauen/<br />

3. Siehe hierzu DGNB, 2018 (Hrsg.): DGNB-System. Kriterienkatalog<br />

Gebäude Neubau, Stuttgart, S. 27f.<br />

• Der DGNB Zertifizierungsausschuss verifiziert das<br />

Prüfungsergebnis und gibt es <strong>für</strong> die Zertifikatsverleihung frei.<br />

• Die DGNB verschickt eine abschließende Ergebnismitteilung<br />

an den Bauherrn und Auditor.<br />

• <strong>Das</strong> geprüfte Gebäude wird mit dem DGNB Vorzertifikat bzw.<br />

dem DGNB Zertifikat ausgezeichnet.<br />

Überdies unterstützt der Ausschuss die DGNB Geschäftsstelle<br />

bei allen prüfungsrelevanten Themen und ist zentraler Ansprechpartner<br />

<strong>für</strong> Beschwerden, Einsprüche oder Sonderanträge im<br />

Rahmen der Konformitätsprüfung.<br />

Zwischen DGNB und Auditor besteht ganz bewusst kein Vertragsverhältnis,<br />

um größtmögliche Objektivität und Unabhängigkeit<br />

zu wahren.<br />

Autoren<br />

Dr. Oliver Foltin und Dr. Volker Teichert sind<br />

wissenschaftliche Referenten im Arbeitsbereich<br />

Nachhaltige Entwicklung der Forschungsstätte der<br />

Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST).<br />

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Foto: depositphotos<br />

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Aus nationalen Zertifizierungsstellen<br />

Nachhaltig mit System<br />

Beschaffer*innen und Einkäufer*innen haben einen entscheidenden Hebel in der Hand, ihr<br />

Unternehmen und die Mitwelt ökologisch und nachhaltig zu verändern. Sie entscheiden über den<br />

Bezug <strong>nachhaltige</strong>r Produkte und Dienstleistungen - und damit maßgeblich über die Verbesserung<br />

ihrer Umweltleistung. Jedoch ist häufig im Einkauf der Preis einziges Entscheidungskriterium.<br />

Die Berücksichtigung ökologischer oder gar sozialer Kriterien sind vielfach nicht Teil der<br />

Einkaufsprozesse bzw. -entscheidungen.<br />

Ein Beitrag von Frank Kermann –<br />

Referent in der Geschäftsstelle des Umweltgutachterausschusses,<br />

Prof. Dr. Frank Ebinger – Technische Hochschule Nürnberg und<br />

Vorstandsmitglied im Umweltgutachterausschuss<br />

Möchten Einkäufer den Weg der grünen <strong>Beschaffung</strong> bestreiten,<br />

so stellen sich Ihnen nicht selten Hindernisse in den Weg. Ohne den<br />

Rückhalt der Geschäftsleitung und der Belegschaft, aber auch ohne<br />

eine systematische Einbettung in die Prozesse der Organisation,<br />

kann ein Einkäufer mit <strong>nachhaltige</strong>n Ambitionen wenig bewegen.<br />

Erst wenn alle mitziehen, steigt die innerbetriebliche Nachfrage<br />

nach <strong>nachhaltige</strong>n Produkten. Einkäufer bekommen hierdurch<br />

bessere und klarere Argumente, <strong>nachhaltige</strong> Kriterien in den <strong>Beschaffung</strong>sprozess<br />

einzubeziehen. Der gesamte Betrieb vollzieht eine<br />

<strong>nachhaltige</strong> Transformation. Aber wie gelingt dieser langfristige<br />

Prozess?<br />

Ein systematischer Ansatz mit EMAS<br />

Gerade in der Aufarbeitung und Reflektion der eigenen<br />

Umweltauswirkungen liegen große Chancen <strong>für</strong> den betrieblichen<br />

Umweltschutz und auch <strong>für</strong> das <strong>Beschaffung</strong>swesen. Als ein<br />

von der Europäischen Kommission entwickeltes systematisches<br />

Managementinstrument unterstützt das Eco-Management and<br />

Audit Scheme (EMAS) Unternehmen und Organisationen bei der<br />

Bewertung, Prozessentwicklung bzw. -einbettung, Berichterstattung<br />

und stetigen Verbesserung ihrer Umweltleistung. Nach einer<br />

Bestandsaufnahme (Umweltprüfung) beginnt der regelmäßige Verbesserungszyklus<br />

nach dem Prinzip Plan Do Check Act (PDCA).<br />

28 Kleine Kniffe<br />

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<strong>Das</strong> folgende Beispiel verdeutlicht, wie der Einkauf im Rahmen<br />

von EMAS hinsichtlich seiner ökologischen Wirkungen weiterentwickelt<br />

werden kann:<br />

Mitarbeiterbeteiligung in der Evangelischen<br />

Kirchengemeinde Bad Mergentheim<br />

Mit der gemeinsamen Erarbeitung und Verabschiedung<br />

betriebsübergreifender Umwelt-Leitlinien geben sich Organisationen<br />

vom Unternehmen bis zur Kirchengemeinde einen eigenen<br />

Kompass, um ökologische und soziale Ziele ihrer Tätigkeit aktiv zu<br />

steuern.<br />

Beispielsweise gingen die sogenannten Schöpfungsleitlinien der<br />

evangelischen Kirchengemeinde Bad Mergentheim aus einer Mitarbeiterbefragung<br />

hervor. Hierin heißt es: „Wir verfolgen unseren<br />

ökologischen Fußabdruck, indem wir regelmäßig unseren Energie-,<br />

Wasser- und Materialverbrauch überprüfen, mit dem Ziel, diesen so<br />

stark wie möglich zu senken“.<br />

Dieser Anspruch funktioniert nur, wenn alle Anspruchsgruppen<br />

mitmachen. So führte die Gemeinde nach Beschluss des Kirchengemeinderates<br />

das Umweltmanagementsystem EMAS ein und bildete<br />

ein Umweltteam zur Koordination. Alle Möglichkeiten und Prozesse<br />

kamen auf den Prüfstand. So konnte die Gemeinde den Wärmeverbrauch<br />

ihrer Schlosskirche innerhalb von 3 Jahren enorm reduzieren:<br />

von 115.000 kWh (2009) auf 64.640 kWh (2012). <strong>Das</strong> gelang mittels<br />

koordinierter Niedrigregelung der Raumtemperatur und unter aktiver<br />

Einbeziehung der Gottesdienstbesucher, der Messnerin, sowie<br />

des Hausmeisters.<br />

Was die Kirchengemeinde macht, klingt vielleicht profan,<br />

ist aber enorm wichtig: Mit EMAS etabliert sie regelmäßige Verfahren,<br />

die zu einer allseits akzeptierten, dauerhaften und stetigen<br />

Verbesserung führen. So trifft sich regelmäßig das Umweltteam<br />

aus Gemeindemitgliedern, um weitere Fortschritte zu planen.<br />

Raumverantwortliche werden regelmäßig daran erinnert, gesetzte<br />

Energie- und Abfallziele nicht aus den Augen zu verlieren, u.v.m.<br />

Die Ziele und Maßnahmen werden in einem jährlichen Umweltprogramm<br />

schriftlich festgehalten, um eine messbare Erfolgskontrolle<br />

zu ermöglichen.<br />

EMAS als Anforderung bei Einkauf und<br />

<strong>Beschaffung</strong><br />

<strong>Das</strong> Beispiel zeigt, wie ein eingebettetes Umweltmanagementsystem<br />

die Betriebsabläufe bis in den Einkauf hinein nachhaltig<br />

verändern kann. Mit dem EMAS-System schaffen Gemeinden<br />

eine hohe Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit. Die externe<br />

Vor-Ort-Begutachtung des Standortes und die Validierung einer<br />

Umwelterklärung durch branchenspezifisch zugelassene Umweltgutachter<br />

erhöhen die Glaubwürdigkeit und Transparenz noch<br />

einmal deutlich. EMAS fungiert somit als Garant <strong>für</strong> Zuverlässigkeit<br />

– auch <strong>für</strong> den betrieblichen Einkauf.<br />

Obwohl dies so ist, spielt EMAS als Organisationslabel in der<br />

öffentlichen Auftragsvergabe bisher noch keine tragende Rolle.<br />

Produktlabel haben hier einen direkteren Bezug. Doch auch ein<br />

Umweltmanagement kann als Kriterium in einer Ausschreibung<br />

dienen. Für die Eignungsprüfung können Auftraggeber<br />

beispielsweise fordern, dass die bietenden Unternehmen über eine<br />

Zertifizierung nach dem Eco-Management and Audit Scheme<br />

(EMAS) oder nach anderen europäischen oder internationalen<br />

Normen verfügen, sofern die Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags<br />

eine derartige Anforderung rechtfertigt. Eine Broschüre mit<br />

dem Titel EMAS in der öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> stellt hierzu gute<br />

Gründe und Möglichkeiten zur Nutzung von EMAS in öffentlichen<br />

Ausschreibungen zusammen (www.umweltbundesamt.de/publikationen/emas-in-der-oeffentlichen-beschaffung)<br />

Der Papierverbrauch konnte seit Einführung von EMAS innerhalb<br />

von 5 Jahren von 1,6 Tonnen auf 0,9 Tonnen gesenkt werden.<br />

Inzwischen wird auch bei Einkauf und Nutzung von Büromaterialien<br />

die Umweltwirkung berücksichtigt. So gelang es nach zähen Verhandlungen<br />

mit der Druckerei des Gemeindeblattes, den Anteil des<br />

Recycling-Papiers von 1% auf 82% zu steigern.<br />

Autoren<br />

Prof. Dr. Frank Ebinger – TH Nürnberg und<br />

Vorstandsmitglied im Umweltgutachterausschuss<br />

Frank Kermann –<br />

Referent Umweltgutachterausschusses<br />

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Aus Wohlfahrtsverbänden<br />

Videokonferenz im Spannungsfeld zwischen<br />

Benutzerfreundlichkeit,<br />

ökologischer Nachhaltigkeit und Datenschutz<br />

Mit der Corona Pandemie stieg der Bedarf nach Videokonferenzlösungen rasant. Innerhalb<br />

kürzester Zeit wurden Lösungen identifiziert, eingeführt und vielen Menschen verfügbar gemacht.<br />

<strong>Das</strong> ermöglichte Organisationen pandemiesicherer zusammenzuarbeiten. Hierbei wurde das<br />

Spannungsfeld deutlich, in dem Einkaufsentscheidungen getroffen werden. Im Folgenden gehe<br />

ich kurz auf ausgewählte Aspekte ein: Benutzerfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit, ökologische<br />

Nachhaltigkeit, und Datenschutz.<br />

Ein Beitrag von Christian Sterzik, Evangelische Kirche in Deutschland<br />

Zur Evangelischen Kirche in Deutschland gehören über 14.000<br />

Kirchengemeinden und Einrichtungen, die viele verschiedene<br />

Lösungen ausprobiert haben. Beispielsweise wurden das Open-Source<br />

Videokonferenzsystem Jitsi mehrfach bereitgestellt. Während<br />

einige Nutzende in kleineren Besprechungen damit gute Erfahrungen<br />

gemacht haben, kam es andererseits zu Beschwerden. Obwohl<br />

verschiedene Jitsi-Server kostenlos und frei verfügbar bereitstanden,<br />

wünschten sich viele eine benutzerfreundlichere Lösung.<br />

Kommerzielle Videokonferenzsysteme gelten teils als besonders<br />

benutzerfreundlich. Eine Tonkorrektur, die auch klaren Ton ohne<br />

Headset ermöglicht, steigert Komfort gegenüber Lösungen, die nur<br />

mit Headset gut verständlich sind. Schlechte Ton- und Bildqualität<br />

senkt die Arbeitsproduktivität des Meetings. Im schlimmsten Fall<br />

funktioniert eine Lösung <strong>für</strong> Einzelne so schlecht, dass sie trotz<br />

Pandemie physikalische Treffen durchführen wollen, weil eine<br />

Videokonferenz <strong>für</strong> sie kein hinreichender Ersatz ist.<br />

Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit kommen verschiedene<br />

Faktoren zusammen. Einerseits entstehen Kosten <strong>für</strong> Lizenzen, <strong>für</strong><br />

Endgeräte, <strong>für</strong> Zubehör wie Webcams und Mikrofone sowie Serverkosten.<br />

Aber auch die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit einer<br />

Lösung spielt hier eine Rolle, denn nur eine einfach und bequem<br />

funktionierende Lösung kann einen hinreichenden Ersatz <strong>für</strong> physikalische<br />

Treffen bieten.<br />

Die ökologische Nachhaltigkeit von Videokonferenzen dürfte<br />

gegenüber Dienstreisen stets vorteilhaft sein. Aber auch hier<br />

unterscheiden sich die Lösungen teils erheblich. Die französische<br />

Webseite Greenspector.com zeigt hierzu umfangreiche Analysen<br />

mit dem Bericht „Which video conferencing mobile application to<br />

reduce your impact?“. Beispielsweise kann ein dreistündiges Treffen<br />

von zwei Personen, die 20 km voneinander entfernt wohnen und mit<br />

dem Auto zum Treffen fahren, zu etwa 2400 Gramm CO 2<br />

-Ausstoß<br />

führen.<br />

Für 14 verschiedene Videokonferenzsysteme wurde die Menge<br />

der verbrauchten Daten gemessen und daraus der CO 2<br />

Verbrauch<br />

geschätzt. Würden die beiden Personen sich nicht mit dem Auto,<br />

sondern in einer WebEx/Zoom/Skype Videokonferenz treffen,<br />

würden sie da<strong>für</strong> geschätzt nur etwa 100 Gramm CO 2<br />

verbrauchen<br />

(errechnet aus 3,5 Megabyte Daten pro Meeting-Personen-Minute).<br />

<strong>Das</strong> wäre etwa 22 mal weniger als mit dem Automobil. Der geschätzte<br />

CO 2<br />

Verbrauch <strong>für</strong> Jitsi Konferenzen ist in diesem Bericht der<br />

höchste. Diesen Unterschied führt Greenspector.com darauf zurück,<br />

dass bei Jitsi etwa zehnmal mehr Datendurchsatz, also 35 Megabyte<br />

pro Meeting-Personen-Minute gemessen wurde. Dies ist der höchste<br />

Wert von allen 14 betrachteten Systemen. Würden die beiden<br />

Personen aus unserem Beispiel sich also mit Jitsi unterhalten, setzt<br />

der Bericht da<strong>für</strong> etwa 500g CO 2<br />

Äquivalent <strong>für</strong> diese Video Konferenz<br />

an. Seit dem Bericht im Mai 2020 hat sich die Technik schnell<br />

weiterentwickelt, so dass heute ein anderes Ergebnis herauskommen<br />

30 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 30 29.03.21 11:16


Foto: depositphotos<br />

könnte. Der Grundsatz, dass auch Videokonferenzsysteme, je nach<br />

Technik und Einstellungen unterschiedliche CO 2<br />

Verbrauche haben<br />

können, gilt weiterhin.<br />

<strong>Das</strong> Thema Datenschutz wird bei Videokonferenzsystem<br />

umfangreich diskutiert. Regelmäßig berichten Medien darüber.<br />

Manche empfehlen, besonders datenschutzfreundliche selbst<br />

installierte Jitsi Server zu betreiben. Aber haben genug Menschen<br />

das Wissen und die Ressourcen hier<strong>für</strong>? Andere kaufen vielfach<br />

genutzte Systeme am Markt ein. Hier empfiehlt sich ein genaues<br />

Hinsehen. Beispielsweise hatte das System Zoom Anfang 2020<br />

schlechte Presse in Deutschland. Aber auch zu diesem Zeitpunkt<br />

gab es schon Anbieter, die dieses System mit sogenannten on-premise<br />

Servern betrieben. <strong>Das</strong> heißt: Zoom Technologie kommt so<br />

zum Einsatz, dass die Gesprächsinhalte (Bild, Ton, Chat, …) auf<br />

besonderen Servern in Europa verarbeitet werden, zum Beispiel im<br />

Hochsicherheitsrechenzentrum DA-RZ.<br />

Dieser Kompromiss, Zoom Technologie über Meeting-Server<br />

einer deutschen GmbH in europäischen Rechenzentren zu betreiben,<br />

kann eine benutzer- und klimafreundliche Lösung datenschutzkonform<br />

ermöglichen. So wurden im Spannungsfeld der Anforderungen<br />

ein <strong>für</strong> viele Menschen hilfreicher Kompromiss gefunden.<br />

Weitere Informationen<br />

Auf der Webseite “Digitalisierung und Kirche” dreht<br />

sich alles um Digitalisierung in der Landschaft der<br />

evangelischen Kirche.<br />

Digitalisierung betrifft Gemeinden – hier finden Sie<br />

wichtige Impulse zur Gemeindeentwicklung und zum<br />

digitalen Gemeindeleben. Sie betrifft die Landeskirchen<br />

und Kirchenkreise, die ihre Verwaltung digitalisieren,<br />

Daten strukturieren und große wie kleine Projekte<br />

anstoßen.<br />

https: /t1p.de/u5s9<br />

Autor<br />

Christian Sterzik<br />

Leiter Stabsstelle Digitalisierung<br />

Evangelische Kirche in Deutschland<br />

Kleine Kniffe<br />

31<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 31 29.03.21 11:16


Aus nationalen Kompetenzstellen<br />

#Wirarbeitendran –<br />

Wie die Arbeiterwohlfahrt ihr Selbstverständnis<br />

und ihr Handeln mit<br />

den Zielen <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung verknüpft<br />

Ein Beitrag von Steffen Lembke, AWO Bundesverband<br />

Seit über einhundert Jahren definiert sich die Arbeiterwohlfahrt<br />

entlang ihrer fünf Grundwerte Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit,<br />

Gleichheit und Toleranz. Diese fünf Werte bildeten vom ersten Tag<br />

das Herzstück des Verbandes und sein Selbstverständnis. Sie definierten<br />

über die Jahre Grundsatzprogramme, politische Positionen<br />

sowie die Art und Weise der Erbringung sozialer Dienstleistungen.<br />

Dabei ist es ein natürlicher Prozess, dass ein solches Wertegerüst im<br />

Verlaufe der Zeit verschiedener Prüfungen unterzogen wird. Diese<br />

können sich sowohl aus innverbandlichen Debatten und Veränderungen<br />

ergeben, wie auch aus den gesellschaftlichen Entwicklungen.<br />

Doch seien es die zum Teil problematischen Begleiterscheinungen<br />

einer immer stärker ökonomisierten sozialen Arbeit oder die nun<br />

immer drängenden Fragen nach der Nachhaltigkeit unserer gesellschaftlichen<br />

Lebens- und Wirtschaftsweise, die fünf Grundwerte der<br />

Arbeiterwohlfahrt behielten stets ihre Gültigkeit und erfüllten ihre<br />

Funktion als eine Richtschnur auch in turbulenten Zeiten.<br />

Diese zeigte sich auch unlängst, als die vermehrten Erkenntnisse<br />

rund um die Dramatik der Klimakrise, zu globaler Ungleichheit<br />

sowie den vielfältigen anderen Folgen unseres auf exponentiell<br />

wachsenden Ressourcenverbrauch basierenden Wirtschaftssystems<br />

die Frage nach einem möglichen sechsten Grundwert -Nachhaltigkeit<br />

-aufwarfen. Eine Frage, welche zu Recht verneint wurde. Denn<br />

Werte wie Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit, Gleichheit und Toleranz<br />

stehen nicht neben der Vision einer <strong>nachhaltige</strong>n Gesellschaft<br />

sondern sind vielmehr zentrale Voraussetzung und Bestandteil<br />

dieser. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie global und generationenübergreifend<br />

Verstanden werden, was in der heutigen Zeit<br />

unbedingt notwendig erscheint.<br />

Dieses Grundverständnis griff die Arbeiterwohlfahrt im Jahr<br />

2020 auf, als sie im Rahmen einer mehrmonatigen und über den<br />

gesamten Verband ausgelegten Kampagne eine Auseinandersetzung<br />

mit den 17 Zielen <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung der Vereinten<br />

Nationen stärkte. <strong>Das</strong> Kampagnenkonzept stützte sich dabei auf drei<br />

zentrale Erkenntnisse:<br />

• Durch die Zusammensetzung der 17 Ziele bietet sich eine neue<br />

und bis zu ihrer Verabschiedung 2015 wohl nicht dagewesene<br />

Definition von Nachhaltigkeit, die nicht nur das notwendige<br />

umfassende Verständnis abbildet, sondern auch verständlich<br />

und leicht zu kommunizieren ist. Sie ist dabei viel mehr als eine<br />

abstrakte politische Agenda: Organisationen und Unternehmen<br />

sowie auch Einzelpersonen können sich ohne umfangreiches<br />

Vorstudium zur Nachhaltigkeit die 17 Ziele als<br />

Orientierungsrahmen <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong>s Handeln zunutze<br />

machen und so einen Einstieg in das Thema finden.<br />

• Die Globalen Ziele <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung fokussieren<br />

eine Reihe von Themenfeldern, welche bereits seit vielen<br />

Jahren im Fokus der Arbeit des Verbandes stehen. Fragen nach<br />

Gesundheit & Wohlergehen (Ziel 3), weniger Ungleichheiten<br />

(Ziel 10) oder auch hochwertiger Bildung (Ziel 4) sind Kernthemen<br />

der Arbeiterwohlfahrt und werden von ihr nicht nur<br />

politisch angesprochen, sondern auch direkt im Zuge verschiedener<br />

Angebote und Dienste der Sozialen Arbeit unterstützt.<br />

So gesehen stärkt die Anerkennung der 17 Ziele durch die<br />

Bundesrepublik die Wohlfahrtsverbände in ihrem<br />

Handeln und unterstreicht die Bedeutung einer hochwertigen<br />

Sozialen Arbeit <strong>für</strong> die Gesellschaft.<br />

• Die Nutzung der 17 Ziele kann kein Rosinenpicken sein. Nur<br />

wer sie in ihrer ganzen Breite <strong>für</strong> ich anerkennt, wird dem<br />

32 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 32 29.03.21 11:16


Anspruch einer <strong>nachhaltige</strong>n Entwicklung wirklich gerecht.<br />

Viele Themenfelder wie Leben an Land (Ziel 15), Leben unter<br />

Wasser (Ziel 14) oder Nachhaltiger Konsum und Produktion<br />

(Ziel 12) standen in der Vergangenheit nur begrenzt im Fokus<br />

der Arbeiterwohlfahrt. Angesichts des großen Einflusses<br />

des Sozial- und Gesundheitssystems auf diese Fragen<br />

und damit auch das Erreichen der Ziele, muss sich dieses<br />

dringend ändern und es brauch hier einen selbstkritischen<br />

Auseinandersetzungsprozess in den Organisationen.<br />

Für unsere Organisation sind die Ziele somit ein Entwicklungsinstrument,<br />

welches gleichermaßen Handlungsleitfaden und<br />

inhaltlicher Rückenwind ist, als auch ein kritischer Fingerzeig auf<br />

Schwachstellen und Veränderungsbedarfe.<br />

Die Ziele in die Praxis tragen<br />

Mit dem Kampagnenclaim #wirarbeitendran baute der Verband<br />

auf diesem Verständnis auf und stellte das Zusammenspiel der seit<br />

100 Jahren bestehenden Grundwerte mit den Zielen in den Mittelpunkt<br />

sowie anhand konkreter Beispiele ein Bezug zum täglichen<br />

Handeln der vielen tausend haupt- und ehrenamtlich engagierten<br />

Menschen des Verbandes her. Durch dieses Vorgehen wurden die<br />

Ziele positiv besetzt und der inhaltliche Zugang sowie die Identifikation<br />

mit Ihnen erleichtert. Über den Bezug auf bereits laufende<br />

gemeinwohlorientierten Arbeiten des Verbandes wurde zudem aufgezeigt,<br />

dass eine Organisation wie die AWO keineswegs bei null<br />

startet, sondern schon viel zum Erreichen der Ziele beiträgt. Anstatt<br />

mit erhobenem Zeigefinger aufzufordern, wurde somit an das<br />

Thema herangeführt, damit im weiteren Verlauf eine Auseinandersetzung<br />

mit Handlungsfeldern stattfinden kann, welche bislang noch<br />

nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden.<br />

Darüber hinaus liefert die Auseinandersetzung mit den Zielen<br />

wichtige fachliche Impulse <strong>für</strong> die Arbeit vor Ort: Indem sich<br />

AWO-Einrichtungen und Verbände über das Thema Nachhaltigkeit<br />

den globalen Zielen <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung zuwenden, wagen<br />

Sie auch den Blick über den eigenen Tellerrand. Globale Herausforderungen<br />

wie Klimawandel, Artensterben und die Bekämpfung von<br />

Hunger und Ungleichheit sind die gegenwärtigen Hauptaufgaben der<br />

Menschheit. Hier besteht dann ein Zugang zur Arbeit von AWO<br />

International und ihren Parteiorganisationen in Zentralamerika,<br />

Ostafrika, Südasien und Südostasien stehen, welche die Auswirkungen<br />

von nicht <strong>nachhaltige</strong>n Wirtschafts- und Arbeitsweisen in den<br />

Projektländern (Klimaflucht, Armut durch unfaire Handelsbeziehungen,<br />

fehlender Zugang zu Land, etc.) anhand konkreter Beispiele<br />

darstellen kann.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.wirarbeitendran.awo.org<br />

Kontakt:<br />

nachhaltigkeit@awo.org<br />

Autor<br />

Steffen Lembke<br />

Leiter Abteilung Qualitätsmanagement<br />

/ Nachhaltigkeit<br />

AWO Bundesverband e.V.<br />

steffen.lembke@awo.org<br />

www.awo.org<br />

Kleine Kniffe<br />

33<br />

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Aus nationalen Kompetenzstellen der <strong>Beschaffung</strong><br />

Gewusst wie: Neue <strong>Beschaffung</strong>sleitfäden<br />

des Umweltbundesamtes unterstützen<br />

bei der <strong>Beschaffung</strong> umweltfreundlicher Textilien<br />

Zwei neue <strong>Beschaffung</strong>sleitfäden <strong>für</strong> Textilien - erstens <strong>für</strong> Bekleidungstextilien und Wäsche und<br />

zweitens <strong>für</strong> Bettwaren und Bettwäsche - bereichern seit Kurzem das am Umweltbundesamt<br />

angebotene Portfolio an Ausschreibungsempfehlungen.<br />

Ein Beitrag von Dr. Kristin Stechemesser, Umweltbundesamt<br />

Die Trennung in diese beiden <strong>Beschaffung</strong>sleitfäden beruht auf<br />

den häufig getrennten Zuständigkeiten in der <strong>Beschaffung</strong> dieser<br />

Produktgruppen. Aber auch, um die <strong>für</strong> den jeweiligen Beschaffenden<br />

interessante Produktgruppe stärker in den Mittelpunkt zu<br />

rücken. Beide Leitfäden eint, dass sie auf den Vergabekriterien des<br />

Blauen Engel <strong>für</strong> Textilien (DE-UZ 154) beruhen. Die Formulierung<br />

eines Vergabekriteriums als Ausschluss- oder Bewertungskriterium<br />

basiert auf Einschätzungen von Fachexpert*innen hinsichtlich der<br />

praktischen Realisierbarkeit. Aber auch die Tiefe der Lieferkette<br />

hat einen Einfluss. So kann beispielsweise die Ausrüstung von Textilien<br />

mit Per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) heutzutage<br />

bedenkenlos ausgeschlossen werden, da es hier bereits Alternativen<br />

gibt. Hingegen wird <strong>für</strong> die Einhaltung der Anforderungen an das<br />

Abwasser im Rahmen der Textilveredlung die Formulierung als<br />

Bewertungskriterium empfohlen.<br />

Die in den Ausschreibungsempfehlungen des Umweltbundesamtes<br />

enthaltenen Vergabekriterien garantieren, dass Beschaffende<br />

Textilien einkaufen, die hohe Umweltstandards im Herstellungsprozess<br />

beachten, gesundheitsbelastende Chemikalien im Endprodukt<br />

vermeiden, eine gute Gebrauchstauglichkeit sicherstellen sowie die<br />

Arbeitssicherheit und die sozialen Bedingungen in der Herstellung<br />

verbessern.<br />

Die Vergabekriterien im Überblick<br />

Die Vergabekriterien bilden die wesentlichen umwelt- und<br />

gesundheitsrelevanten Prozesse im Rahmen der Fertigung eines<br />

Textils ab. <strong>Das</strong> heißt, sie berücksichtigen den gesamten Lebenszyklus<br />

– von der Faserherstellung bis zum Endprodukt. Es sind<br />

Anforderungen an die Faserherkunft und den Herstellungsprozess<br />

von Naturfasern (z. B. Baumwolle, Leinen, Wolle), chemischen<br />

Fasern (z. B. Polyamid, Elastan, Polypropylen), regenerierten Zellulosefasern<br />

(z. B. Lyocell, Modal, Viskose), aber auch rezyklierten<br />

Fasern enthalten. So müssen beispielsweise pflanzliche Naturfasern<br />

kontrolliert biologisch angebaut werden und dürfen nicht von gentechnisch<br />

veränderten oder modifizierten Organismen stammen.<br />

Eingesetzte biologisch hergestellte Wolle darf nicht unter Mulesing-Bedingungen<br />

gewonnen worden sein.<br />

Um den Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt im Rahmen<br />

der Textilveredlung zu minimieren, sind eine Vielzahl von Farbmitteln<br />

und Textilhilfsmittel ausgeschlossen oder müssen bestimmte<br />

Grenzwerte einhalten. Hierbei wird sich an der in der Textilindustrie<br />

etablierten Zero Discharge of Hazardous Chemicals (ZDHC)<br />

Manufacturing Restricted Substance List (MRSL) orientiert. Des<br />

Weiteren beinhalten die Ausschreibungsempfehlungen verschiedene<br />

Ausschlusskriterien, die die Prüfung des Endprodukts betreffen.<br />

Damit Nutzer*innen lange Freude an den beschafften<br />

Textilien haben, müssen die Textilien verschiedene Gebrauchstauglichkeitstests<br />

erfüllen. Dazu gehören Abmessungen nach Wasch- und<br />

Trockenvorgängen, Farbechtheit beim Waschen sowie gegenüber<br />

Transpiration oder Reiben. Wurde das textile Endprodukt zusätzlich<br />

mit einer wasserabweisenden Funktion ausgerüstet, müssen weitere<br />

Anforderungen erfüllt werden.<br />

34 Kleine Kniffe<br />

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Foto: DiTex-Hemd und Bettwäsche. © IÖW GmbH, gemeinnützig<br />

Ebenfalls werden soziale Aspekte, d. h. die ILO-Kernarbeitsnormen,<br />

in Form von Ausführungsbedingungen berücksichtigt.<br />

Der <strong>Beschaffung</strong>sleitfaden zur<br />

umweltfreundlichen <strong>Beschaffung</strong> von<br />

Bekleidungstextilien und Wäsche<br />

Dieser <strong>Beschaffung</strong>sleitfaden kann bei der <strong>Beschaffung</strong> einer<br />

Vielzahl von Textilien eingesetzt werden: Bekleidungstextilien,<br />

Haus- und Heimtextilien, technische Textilien, Reinigungstextilien<br />

sowie Fasern, Garne und Gewebe. Textilien mit Funktionen wie<br />

Windschutz oder wasserabweisende Funktionen gewinnen bei der<br />

öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> zunehmend an Bedeutung. Daher werden<br />

hier auch Anforderungen an die Herstellung von Laminaten und<br />

Membranen gestellt.<br />

Der <strong>Beschaffung</strong>sleitfaden zur<br />

umweltfreundlichen <strong>Beschaffung</strong> von<br />

Bettwaren und Bettwäsche<br />

Dieser <strong>Beschaffung</strong>sleitfaden unterstützt bei der <strong>Beschaffung</strong> von<br />

Bettwaren, d. h. gefüllte Steppdecken, Matratzenschoner, Matratzenauflagen,<br />

sog. Topper, Encasement <strong>für</strong> Matratzen, Zudecken,<br />

Kissen und Schlafsäcke sowie Bettwäsche. Da bei einigen Produkten<br />

die Füllmaterialien von Bedeutung sind, wurden auch Anforderungen<br />

an Latex und Polyurethan formuliert.<br />

Von der Theorie zur Praxis: Einbindung in die<br />

Ausschreibungsunterlagen<br />

Von der Bedarfsermittlung zur Auftragsausführung<br />

Auf allen Stufen des Vergabeverfahrens können umweltbezogene<br />

Kriterien an die zu beschaffenden Textilien definiert werden.<br />

Im Rahmen der Bedarfsermittlung können mögliche Alternativen<br />

ermittelt sowie deren Umweltauswirkungen geprüft werden (z. B.<br />

Kauf von Textilien versus Miettextilien). Der Definition des Auftragsgegenstandes<br />

kommt eine besondere Bedeutung zu. Denn<br />

bereits bei der Formulierung des Auftragsgegenstandes kann der<br />

Beschaffende sich auf umweltschonende Alternativen beschränken<br />

(z. B. Bettwäsche aus biologischer Baumwolle). Vorab sollten<br />

die Beschaffenden jedoch eine Marktanalyse durchführen, um das<br />

Angebot des Marktes abzuschätzen. Aktuell ist das Textilangebot<br />

abhängig vom konkret zu beschaffendem Produkt. <strong>Das</strong> heißt<br />

umweltverträglichere Bettwäsche, Frottierware oder T-Shirts<br />

zu beschaffen, ist deutlich einfacher als dies <strong>für</strong> eine Vielzahl von<br />

Funktionstextilien der Fall ist. Auf den Stufen der Leistungsbeschreibung,<br />

der Angebotswertung und der Auftragsausführung können<br />

je nach Marktangebot die in den <strong>Beschaffung</strong>sleitfäden formulierten<br />

Vergabekriterien als Ausschluss-, Bewertungskriterium oder Ausführungsbedingung<br />

angewendet werden.<br />

Kleine Kniffe<br />

35<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 35 29.03.21 11:16


Foto: brands fashion<br />

Verwendung von Gütezeichen in der Ausschreibung<br />

Die öffentliche <strong>Beschaffung</strong>sstelle kann seit der Vergaberechtreform<br />

zur Bestimmung der technischen Spezifikationen einer<br />

Leistung auch pauschal auf bestimmte Gütezeichen (§ 34 VgV, §<br />

24 UVgO) verweisen. Der Blaue Engel <strong>für</strong> Textilien (DE-UZ 154)<br />

erfüllt die vergaberechtlichen Anforderungen, sodass auf diesen<br />

pauschal verwiesen werden kann, z. B. mittels dieses Kurzlinks www.<br />

blauer-engel.de/uz154.<br />

Ferner dürfen Beschaffende zum Nachweis, dass die Kriterien<br />

in der Leistungsbeschreibung (die technischen Spezifikationen,<br />

Bewertungskriterien und Ausführungsbedingungen betreffend)<br />

eingehalten sind, verlangen, dass die Produkte mit einem Gütezeichen<br />

i.S.v. § 34 VgV/ § 24 UVgO versehen sind. In den Vergabeunterlagen<br />

muss allerdings auch ausdrücklich ein Nachweis durch gleichwertige<br />

Gütezeichen zugelassen sein. Diese vergaberechtliche Möglichkeit<br />

erleichtert den Beschaffenden die Formulierung von Kriterien und<br />

die Prüfung von Nachweisen erheblich. Soll die Leistung nicht allen<br />

Anforderungen des Gütezeichens entsprechen, dann sind die gewünschten<br />

Anforderungen, als Ausschluss-, Bewertungskriterien oder<br />

als Ausführungsbedingung separat zu formulieren. Konkrete Formulierungsvorschläge,<br />

einschließlich Nachweis, können dann direkt<br />

aus den beiden <strong>Beschaffung</strong>sleitfäden bzw. aus den dazugehörigen<br />

Anbieterfragebögen (im Word-Format) entnommen werden.<br />

Die Ausschreibungsempfehlungen laufen rund: Kreislaufwirtschaftsaspekte<br />

werden berücksichtigt<br />

Die aktuellen Ausschreibungsempfehlungen greifen bereits<br />

heute Aspekte der Kreislaufwirtschaft auf. So sind Recyclingfasern<br />

zugelassen, <strong>für</strong> die bestimmte Anforderungen gelten. Des Weiteren<br />

sind im Rahmen der Textilproduktion <strong>für</strong> eine Vielzahl von<br />

Chemikalien Verbote formuliert bzw. Grenzwerte festgelegt sowie<br />

Anforderungen an Abwasser und Abluft eingefügt. Damit sollen<br />

einerseits die Stoffeinträge in die Umwelt verringert werden. Andererseits<br />

ist eine geringere Schadstoffbelastung des Textils wesentlich<br />

<strong>für</strong> die Wiederverwendung und das Recycling. Und wenn man die<br />

Abfallhierarchie weiterdenkt, ist dies auch <strong>für</strong> die spätere Entsorgung<br />

im Sinne von weniger schadstoffbelasteten Abfällen relevant. Die<br />

Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit sollen sicherstellen,<br />

dass qualitativ hochwertige und langlebige Textilien eine lange<br />

Nutzung ermöglichen.<br />

Welche zusätzlichen Möglichkeiten es gibt, Kreislaufwirtschaftsaspekte<br />

einzubeziehen, wird aktuell bei der Überarbeitung der<br />

Kriterien des Blauen Engel <strong>für</strong> Textilien diskutiert. So wird untersucht,<br />

welche Anforderungen an das Produktdesign, wie die bessere<br />

Trennbarkeit von Materialien, gestellt werden können. Auch wird<br />

die Aufnahme weiterer Recyclingfasern oder innovativer Fasern<br />

geprüft. Da die produktionsrelevanten CO 2<br />

-Emissionen bzw. der<br />

Produkt-Fußabdruck ebenfalls an Bedeutung zunehmen, wird<br />

auch dieser Aspekt näher beleuchtet. Gleiches gilt <strong>für</strong> die Themen<br />

Langlebigkeit sowie Pflege und Reparatur von Textilien.<br />

Autorin<br />

Dr. Kristin Stechemesser<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

Fachgebiet III 1.3 “Ökodesign,<br />

Umweltkennzeichnung,<br />

Umweltfreundliche <strong>Beschaffung</strong><br />

36 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 36 29.03.21 11:16


Anzeige<br />

Schulen digitalisieren mit System<br />

Mit dem Sofortprogramm Endgeräte und dem DigitalPakt Schule beschließt die Bundesregierung,<br />

dass insgesamt sieben Milliarden Euro in eine bundesweite Bildungsinfrastruktur an Schulen<br />

fließen. Doch Geld alleine reicht nicht aus.<br />

Interview mit Ralf Heipmann, Vorstand Communisystems AG<br />

bisher wurde nur ein bruchteil des gesamtvolumens<br />

des Digitalpakts schule abgerufen. warum ist das so und<br />

wie können sie hier unterstützen?<br />

Der Beantragungsprozess ist sehr kompliziert gestaltet. Die<br />

Länder müssen Förderrichtlinien erarbeiten und von Schulen wird<br />

ein eigenes medienpädagogisches Konzept erwartet. Wir können<br />

mit unserem Netzwerk an starken Partnern vor Ort dabei unterstützen,<br />

dass Schulen und Schulträger die Anforderungen erfüllen und<br />

Hilfe bei der Erstellung entsprechender Konzepte erhalten.<br />

Mit der corona-Krise hat sich gezeigt, dass es neben<br />

den nötigen Endgeräten und personal auch an schnellem<br />

internet fehlt. wird Digitalisierung hier zur Herkulesaufgabe?<br />

<strong>Das</strong> letzte Jahr hat deutlich gezeigt, dass Deutschland den<br />

Anschluss an die Digitalisierung verpasst hat. Hier gibt es noch viel<br />

Potenzial. Für die Umsetzung des Digitalpaktes haben wir innovative<br />

Lösungen <strong>für</strong> alle Schulen. Wir kümmern uns ganzheitlich<br />

um die Digitalisierung der Schulen – vom Breitbandanschluss über<br />

die Bestandsaufnahme bis zum Betrieb und orchestrieren sämtliche<br />

Beteiligte. Die Bestandaufnahme schulischer Räumlichkeiten führen<br />

wir mittels Kamerabefahrung digital durch. Hierdurch erhält jeder<br />

Träger zeitgleich zum Digitalpakt ein virtuelles Abbild des Grundrisses<br />

inkl. aller Objekte. <strong>Das</strong> spart Geld und vor allem Zeit.<br />

wie unterstützen sie schulen dabei, dass die Endgeräte<br />

nicht nur beschafft, sondern auch sicher eingesetzt<br />

und nachhaltig betrieben werden?<br />

Es gibt einiges zu beachten, zum Beispiel das Thema Datenschutzgrundverordnung<br />

(DSGVO). Lehrer dürfen z.B. Notenlisten<br />

datenschutzrechtlich nicht auf ihren privaten Rechnern bearbeiten.<br />

Es sollte gang und gäbe sein, dass Lehrkräfte einen Rechner<br />

von ihrer Schule erhalten. Auch bei der Nutzung der Leihgeräte<br />

durch Schüler gibt es Regularien einzuhalten. Unter anderem muss<br />

unterbunden werden, dass Schüler auf Seiten mit sensitivem Inhalt<br />

surfen können. Bei Fehlverhalten ist dann der Träger verantwortlich,<br />

wenn keine möglichen Maßnahmen nach Artikel 32 DSGVO<br />

durchgeführt wurde. Wir bieten ganzheitliche Lösungen, in dem wir<br />

<strong>für</strong> die Funktionstüchtigkeit der Endgeräte verantwortlich sind und<br />

konfigurieren sie nach den Vorgaben der jeweiligen Schulträger. Ich<br />

kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es eine große logistische Herausforderung<br />

ist. Hier können wir auf unsere bisher gesammelten<br />

Erfahrungen bei der Abwicklung komplexer Projekte zurückgreifen.<br />

Ralf Heipmann,<br />

Communisystems AG<br />

Tel: +49 341 33757 066<br />

info@communisystems.com<br />

www.digitalisierteschule.de<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

Die Kirchen als Träger des gesellschaftlichen<br />

Wandels in der Frage der Klimagerechtigkeit<br />

Ein Beitrag von Thomas Kamp-Deister M.A., Referatsleiter im Bistum Münster und<br />

Volker Rotthauwe, Umweltpfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen<br />

Papst Franziskus ist während der Weltklimakonferenz 2015 in<br />

Paris zu einem weltweit führenden Anwalt der Armen, der Natur<br />

und der Zukunft geworden und die Vollversammlung des Ökumenischen<br />

Rates der Kirchen hat bereits 2013 zu einen weltweiten<br />

„Pilgerweg <strong>für</strong> Frieden und Gerechtigkeit“ aufgerufen. Seit 2015<br />

sind Pilgerinnen und Pilger unter dem Motto“ Geht doch!“ auf dem<br />

<strong>ökumenische</strong>n Pilgerweg <strong>für</strong> Klimagerechtigkeit unterwegs.<br />

Auch 2020 haben sich unter dem Dach des <strong>ökumenische</strong>n<br />

Netzwerkes <strong>für</strong> Klimagerechtigkeit alle deutschen konfessionellen<br />

Hilfswerke, viele Deutschen Bistümer und alle evangelischen<br />

Landeskirchen zusammengeschlossen haben, um ihre Stimme<br />

zu erheben bei der nächsten Weltklimakonferenz in Glasgow im<br />

November <strong>2021</strong> in Schottland. Gehört wird diese Stimme auf<br />

unterschiedlichen Ebenen auch dadurch, das nicht nur theoretische<br />

Forderungen an die deutsche Politik im Bundestagswahlkampf<br />

gestellt werden, sondern durch den Marsch der Pilger und<br />

Pilgerinnen von Polen quer durch Europa nach Schottland, der<br />

die Menschen entlang der Straßen anspricht, um sie <strong>für</strong> mehr<br />

Klimagerechtigkeit im Alltag zu motivieren.<br />

Politische Forderungen auf die Straße bringen!<br />

Die Auswirkungen der Klimakrise werden zunehmend<br />

spürbar und treffen den globalen Süden inbesonderer Härte. Die<br />

Corona-Pandemie hat die Probleme und Ungerechtigkeiten massiv<br />

verschärft. Die Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnisse sprechen<br />

eine eindeutige Sprache:“ Wir haben nurnoch wenige Jahre,<br />

um die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu verhindern.“<br />

Mit derBundestagswahl <strong>2021</strong> wird über eine Regierung entschieden,<br />

die in der folgenden Legislaturperiode die Verantwortung<br />

hat, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass<br />

Deutschland seinen gerechten und wirksamen Beitrag dazu leistet,<br />

den Klimawandel und seine Folgen <strong>für</strong> Mensch und Natur einzudämmen.<br />

• Ausrichtung der deutschen Klimaziele an der 1,5 °C-Grenze.<br />

<strong>Das</strong> Minderungsziel <strong>für</strong> 2030 sollte daher auf 70% angehoben<br />

werden, damit Klimaneutralität bis 2040 erreichbar<br />

bleibt. Entsprechend muss die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen<br />

beschleunigt werden.<br />

• Erhöhung der Klimafinanzierung <strong>für</strong> die ärmsten und von<br />

der Klimakrise am stärksten betroffenen Staaten zum Ausbau<br />

von 100% Erneuerbaren Energien, zur Anpassung an den<br />

Klimawandel und zur menschenrechtsbasierten Bewältigung<br />

von Klimaschäden. Arme und verletzliche Bevölkerungsgruppen<br />

haben historisch betrachtet einen geringen ökologischen<br />

Fußabdruck und tragen fast nichts zur Klimakrise bei. Es ist<br />

eine Frage der Gerechtigkeit, sie darin zu unterstützen, ihre<br />

Lebens- und Wirtschaftsweise an veränderte Klimabedingungen<br />

anzupassen und sie vor den schlimmsten Folgen des<br />

Klimawandels zu bewahren.<br />

• Ausbau der internationalen Zusammenarbeit <strong>für</strong> eine<br />

sozial-ökologische Transformation auf der Grundlage der<br />

UN-Agenda 2030. Deutschland kann und muss mit gutem<br />

Beispiel vorangehen und die Nachhaltigkeitsziele der<br />

Vereinten Nationen umsetzen.<br />

38 Kleine Kniffe<br />

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Der Klimapilgerweg <strong>2021</strong> wird diese globalen Forderungen in<br />

zwei Bereichen fokussieren:<br />

Fokus Landwirtschaft<br />

Landwirtschaft und Ernährung sind <strong>für</strong> einen signifikanten<br />

Anteil des globalen Ressourcenverbrauchs und der CO 2<br />

Emissionen<br />

verantwortlich. Etwa 25 % des Ressourcenverbrauches in Europa<br />

gehen auf den Bereich Nahrungsmittelproduktion und Konsum<br />

zurück. Die gegenwärtige lokale wie globale Ernährungsweise –<br />

vor allem die Zunahme des Konsums tierischer Produkte – führt<br />

zu ökologischen Belastungen wie Anstieg der Klimagase, Grundwasserbelastungen,<br />

Rückgang der Artenvielfalt, Zunahme von<br />

Antibiotikaresistenzen und Verletzung des Tierwohls.<br />

Fokus Mobilität<br />

Der Klimapilgerweg bringt die Forderung nach<br />

einer globalen Klimagerechtigkeit auf die<br />

Straße!<br />

Der Klimapilgerweg startet am 14. August in Zielona Góra<br />

(Grünberg/Polen) und die Wegstrecke umfasst 1456 Kilometer bis<br />

Glasgow in Schottland. Die Pilger und Pilgerinnen können sich <strong>für</strong><br />

die ganze Strecke anmelden und haben damit Unterkunft und eine<br />

Verpflegungsmöglichkeit gebucht. Es ist allerdings auch möglich<br />

einzelne Tage und auch Wochen mitzuwandern. Insgesamt 12 Personen<br />

haben sich als Pilgerstamm heute schon bereit erklärt, die<br />

gesamte Strecke zu wandern. Die Gelegenheit zur Begegnung mit<br />

den jeweiligen Gemeinden sind täglich gegeben, da an jedem Tag in<br />

einer anderen Kirchengemeinde eine Übernachtung angeboten wird<br />

und auf der Strecke liegen 76 Begegnungspunkte.<br />

In diesen Begegnungspunkten finden neben den üblichen<br />

Diskussionsveranstaltungen am Abend auch regelrechte Aktionstag<br />

statt.<br />

Foto: depositphotos<br />

Der Evaluierungsbericht des Bundesumweltamts vom März<br />

2020 zeigt, dass das aktuelle Klimaschutzprogramm der Bundesregierung<br />

unzureichend ist, die Ziele des Pariser Abkommens zu<br />

erreichen. Ohne zusätzliche Anstrengungen wird Deutschland<br />

erneut die eigenen Ziele wie auch die der EU-Klimaschutzverordnung<br />

verfehlen. Nach Energiewirtschaft (38%) und Industrie<br />

(21%) ist der Verkehrssektor (18%) der drittgrößte Emittent von<br />

Treibhausgasen; gleichzeitig ist es der Sektor, welcher bislang am<br />

deutlichsten vom Zielpfad 2030 abweicht. Bei einer Gesamtemission<br />

2030 des Verkehrssektors von 128 Mio. t CO 2<br />

e wird das jährliche<br />

Überschreiten des Zielwerts auf mehr als 33 Mio. t CO 2<br />

e angewachsen<br />

sein.<br />

Damit ist der Verkehrssektor <strong>für</strong> knapp die Hälfte der Gesamtabweichung<br />

vom Klimaschutzziel 2030 verantwortlich, gefolgt von<br />

Gebäude- (24%) und Energiewirtschaft (16%). Im Verkehrssektor<br />

stellt der Straßenverkehr mit etwa 97% die bedeutendste Quelle von<br />

Treibhausgasen dar. Der internationale Luft- und Schiffsverkehr<br />

bleibt bei den Zielfestlegungen der Bundesregierung bis dato<br />

unberücksichtigt. Für diesen prognostiziert das Bundesumweltamt<br />

eine Gesamtemission 2030 von weiteren ca. 37 Mio. t CO 2<br />

e.<br />

Folgende Aktionstage sind geplant: 26.8. Risa, 03.9.Halle,<br />

13.9. Göttingen, 25.9. Münster, 25.10. Edinburgh und am 29.10 in<br />

Glasgow bei der Weltklimakonferenz.<br />

Der Ärmelkanal wird mit einer Fähre von IJmuiden nach Newcastle<br />

überbrückt. Besonderer Höhepunkt ist am 24.September auf<br />

der Strecke von Telgte nach Münster gesetzt. Da werden die Friedenspilger<br />

zu der Großdemo „Fridays for Future“ zusammentreffen<br />

und das an dem Wochenende der Bundestagswahl.<br />

In den Niederlanden arbeitet der Klimapilgerweg mit dem<br />

Bündnis der „grünen Kirchen“ zusammen, die sich seit einigen<br />

Jahren mit der ökologischen Transformation auseinandersetzen.<br />

Termin: Niederlande 30.9. – 11.10<br />

Kleine Kniffe<br />

39<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 39 29.03.21 11:16


Foto: depositphotos<br />

Die Strecke in England/ Schottland verspricht einen landschaftlichen<br />

Höhepunkt. Im Oktober blüht noch die Heide und bevor die<br />

Tage kürzer werden, sind die Wanderungen über die Steilklippen<br />

der Ostküste ein einziger Genuss, bevor die Kulturhauptstadt Edinburgh<br />

erreicht wird.<br />

Termin England/Schottland 12.10.- 29.10.<br />

Ein Pilger, der im Jahr 2015 vom Nordkap bis nach Paris<br />

gepilgert ist, hat den Reiz dieses Klimapilgerweges folgendermaßen<br />

beschrieben:<br />

„Es ist schön mit den Menschen solidarisch den langen Weg<br />

zu gehen, dann begegnen den Klimapilgern jeden Tag Menschen<br />

die diese 1500 km lange Strecke bewerten und sie sagen das es<br />

ein ehrenwertes Anliegen ist und dann gibt es noch die Pressevertreter<br />

die jeden Tag über den Klimapilgerweg und das politische<br />

Anliegen berichten und das ist in dieser Medienwelt ein permanenter<br />

Anstoß über das Thema nachzudenken!“ Weitere Informationen<br />

und aktuelle Nachrichten zum Klimapilgerweg:<br />

Quellen:<br />

1. Klimagerechtigkeit ist ein normatives Konzept und Teil der Umweltgerechtigkeit,<br />

das den gegenwärtigen anthropogenen Klimawandel<br />

als ein ethisches und politisches Problem betrachtet, anstatt lediglich<br />

als eine Umwelt- und technische Herausforderung. Klimagerechtigkeit<br />

soll da<strong>für</strong> sorgen, dass die heute ungleiche Verteilung der Folgen der<br />

globalen Erwärmung unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips<br />

ausgeglichen wird, da jene Bevölkerungsgruppen (mehrheitlich im<br />

globalen Süden), die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, oftmals<br />

am stärksten und ungeschütztesten unter seinen Folgen zu leiden<br />

haben.[1][2] Ziel dieses Ansatzes ist es unter anderem, den zur globalen<br />

Erwärmung führenden Ausstoß von Treibhausgasen nicht nur unter<br />

Berücksichtigung historischer Emissionen auf alle Menschen weltweit<br />

gerecht aufzuteilen, sondern die Auswirkungen des Klimawandels mit<br />

Konzepten der Gerechtigkeit in Verbindung zu bringen, insbesondere<br />

mit sozialer Gerechtigkeit, indem Themen wie Gleichheit, Menschenrechte<br />

und kollektive Rechte <strong>für</strong> den Klimawandel untersucht werden.<br />

www.klimapilgern.de<br />

Autoren<br />

Thomas Kamp-Deister M.A., Referatsleiter im Bistum<br />

Münster und Volker Rotthauwe, Umweltpfarrer der<br />

Evangelischen Kirche von Westfalen<br />

40 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 40 29.03.21 11:16


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Was haben ein Rechenzentrum und ein<br />

Homeoffice Arbeitsplatz gemeinsam?<br />

Die digitale Vernetzung ist ein unaufhaltsamer Treiber und führt zu einer noch nie dagewesenen<br />

Stromabhängigkeit. Mittlere und kleine Unternehmen sind daher gut beraten, ihre IT-Infrastruktur,<br />

die elektronischen Arbeitsgeräte und Anwendungen ihrer Mitarbeiter in der Firmenzentrale, in<br />

Niederlassungen, regionalen Vertriebsbüros und im Homeoffice präventiv und umfassend gegen<br />

strombedingte Internetstörungen zu schützen.<br />

Dabei gilt es, die ganze Bandbreite im Unternehmen abzusichern:<br />

PC und Workstation, Server, Router <strong>für</strong> Internetanschlüsse,<br />

Telekommunikationsanlagen, Equipment <strong>für</strong> Cloud-Anwendungen,<br />

Automatisierungstechnik, sensible Applikationen in Datacenter<br />

und Edge-Umgebungen.<br />

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Am Arbeitsplatz<br />

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eignen sich besonders <strong>für</strong> hochsensible<br />

Bereiche in der Computer- und Kommunikationstechnik. Die<br />

Technologie entkoppelt dabei alle stromverbrauchenden Geräte<br />

und Anwendungen vollständig aus dem Stromversorgungsnetz.<br />

Die Anlagen halten so auch extreme Spannungsschwankungen,<br />

Oberwellen und Spannungsspitzen von allen angeschlossenen Verbrauchern<br />

ab.<br />

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Ein wichtiger Eckpfeiler <strong>für</strong> ein gut funktionierendes, digitales<br />

Arbeiten von zu Hause ist die optimale und sichere IT-Ausstattung.<br />

Neben mobilen Endgeräten, Druckern und WLAN ist es empfeh-<br />

lenswert, den Homeoffice Arbeitsplatz auch mit einer Mini-USV<br />

gegen Netzstörungen und kurzfristigen Ausfall des 230V Spannungsnetzes<br />

zu schützen.<br />

Strombedingter Verlust von Daten und aktueller Versionen von<br />

Projekten sowie verloren gegangene Bild- Grafik- oder Videodateien<br />

gehören der Vergangenheit an.<br />

Die Mitarbeiter*innen bleiben online erreichbar und<br />

Verbindungsprobleme während der zahlreichen Video- oder Telefonkonferenzen<br />

werden reduziert.<br />

Mehr Informationen<br />

Fachliche Beratung und persönlichen Support erhalten<br />

Sie telefonisch unter :<br />

+49 (89) 242 39 90-10 oder per<br />

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Kleine Kniffe<br />

41<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

Wie gelingt es einem <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong>sportal, die<br />

Nachhaltigkeit zu gewährleisten?<br />

Für Nachhaltigkeit zu stehen ist das Eine. Diese auch nachzuhalten und zu prüfen, das Andere –<br />

der Dienstleisterkodex.<br />

Ein Beitrag von Hendrik Claaßen, Geschäftsführer der HKD<br />

Der Trend ist eindeutig - Nachhaltigkeit wird in unserem Alltag<br />

immer präsenter. Die Werbeblätter und Portale sind voll mit Angeboten<br />

an <strong>nachhaltige</strong>n Produkten und Services. Aber wie kann man<br />

sich als Verbraucher*in sicher sein, dass auch „Nachhaltigkeit“ drin<br />

steckt? Die HKD Handelsgesellschaft <strong>für</strong> Kirche und Diakonie mbH<br />

nutzt einen sogenannten Dienstleisterkodex, um die Liefer- und<br />

Dienstleistungsunternehmen des KIRCHENShops regelmäßig auf<br />

ihre Nachhaltigkeit zu prüfen.<br />

Was bedeutet „Nachhaltigkeit“ in Bezug auf<br />

den Dienstleisterkodex?<br />

Nachhaltigkeit bedeutet <strong>für</strong> die von christlichen Werten geleitete<br />

HKD vor allem das Bekenntnis zur ökonomischen, ökologischen und<br />

sozial-ethischen Verantwortung, zu den Prinzipien des UN Global<br />

Compact sowie die Achtung der international anerkannten Menschenrechte<br />

sowie Arbeits- und Sozialstandards. Diese Prinzipien<br />

gelten <strong>für</strong> alle Mitarbeiter*innen, Dienstleistungs-, Liefer- und Serviceunternehmen<br />

der HKD und somit des KIRCHENShops.<br />

„Nachhaltigkeit“ <strong>für</strong> eine sozial - ökologisch<br />

bessere Welt<br />

Der Dienstleisterkodex besteht aus vier Säulen. Es ist u.a.<br />

definiert, wie Unternehmen die Menschenrechte und ihre soziale<br />

Verantwortung wahren sollten. Darunter sind beispielsweise Kinderarbeit,<br />

Zwangsarbeit sowie bestimmte Beschäftigungspraktiken<br />

verboten. Gleichberechtigung, Sozialleistungen und die Bezahlung<br />

von Mitarbeiter*innen sind ebenso im Dienstleisterkodex definiert.<br />

Die weiteren Säulen beschäftigen sich mit der Sicherheit und der<br />

Gesundheit der Mitarbeiter*innen, indem die Vermeidung von<br />

Betriebsunfällen und –krankheiten beschrieben ist. Außerdem wird<br />

großen Wert auf die ökologische Nachhaltigkeit der Betriebe gelegt,<br />

die u.a. dazu angehalten sind, den Umweltschutz stetig zu verbessern,<br />

die Umweltbelastung zu vermeiden und den Ressourcenverbrauch<br />

von Wasser und Energie zu optimieren. Hinzu kommt das Verbot<br />

von Korruption, Geldwäsche und finanzieren von terroristischen<br />

Vorhaben.<br />

Risiken fernhalten und Nachhaltigkeitsziele<br />

erreichen<br />

Die HKD setzt den Dienstleisterkodex ab sofort verbindlich ein,<br />

um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und ihrer Verantwortung<br />

gegenüber ihrer Kund*innen gerecht zu werden. Die Kund*innen<br />

der HKD bekommen im KIRCHENShop das, was ihnen versprochen<br />

wird. Ein <strong>nachhaltige</strong>s <strong>Beschaffung</strong>sportal <strong>für</strong> Kirche<br />

und Sozialwirtschaft, welches zusätzlich die Anforderungen der<br />

<strong>Beschaffung</strong>s-Vergabe-Verordnung der Nordkirche erfüllt. Mit<br />

dem Nordkirchen-<strong>Beschaffung</strong>s-Signet ist es kinderleicht, Produkte,<br />

Dienstleistungs- und Lieferunternehmen zu finden, die der <strong>Beschaffung</strong>s-Vergabe-Verordnung<br />

entsprechen.<br />

Unter www.kirchenshop.de finden Sie Tausende <strong>nachhaltige</strong><br />

Produkte und Services. Von geprüften Dienstleistungs- und Lieferunternehmen,<br />

die Nachhaltigkeit nicht nur versprechen, sondern<br />

auch leben.<br />

Kontakt:<br />

HKD Handelsgesellschaft <strong>für</strong> Kirche und Diakonie mbH<br />

Herzog-Friedrich-Str. 45<br />

24103 Kiel<br />

Telefon Kirchenshop: 0431 / 59 49 99-555<br />

E-Mail: kontakt@kirchenshop.de<br />

Autor:<br />

Hendrik Claaßen<br />

Geschäftsführer der<br />

HKD Handelsgesellschaft <strong>für</strong><br />

Kirche und Diakonie mbH<br />

www.kirchenshop.de/<br />

42 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 42 29.03.21 11:16


Aus bundesweiten Initiativen<br />

Klimabilanz von Video-Konferenzen<br />

In Zeiten der Corona-Pandemie arbeiten viele Menschen von zuhause. Video-Konferenzen<br />

nehmen daher einen zunehmend großen Stellenwert in der Kommunikation ein. Je nach<br />

Übertragungstechnik entstehen dabei unterschiedlich viele Treibhausgasemissionen, die Sie über<br />

die Klimaschutzprojekte der Klima-Kollekte – Kirchlicher Kompensationsfonds ausgleichen können.<br />

Ein Beitrag von Rike Schweizer, Klima-Kollekte<br />

Die wissenschaftliche Grundlage zur Berechnung von Emissionen<br />

durch Video-Konferenzen ist bislang noch sehr gering. Für die<br />

Bilanzierung legt die Klima-Kollekte gGmbH daher insbesondere das<br />

aktuelle Fact Sheet des Umweltbundesamtes (UBA) zu Grunde, das<br />

auf Basis der Studie „Green Cloud Computing“ (2020) annimmt, dass<br />

eine Videoübertragung (Stream bzw. Konferenz) bei HD-Qualität<br />

im Rechenzentrum Treibhausgasemissionen von 1,45 g CO 2<br />

e verursacht.<br />

Hinzu kommen bis zu 90 g CO 2<br />

e, die über das Netzwerk (von<br />

Glasfaser bis Mobilfunknetzwerk) verursacht werden.<br />

Konkret heißt das: Je teilnehmende Person variiert der Ausstoß<br />

<strong>für</strong> eine 1-stündige Video-Konferenz je nach Studie zwischen ca.<br />

0,05 kg CO 2<br />

bis 60 kg CO 2<br />

. Neben der HD-Qualität trägt auch die<br />

Nutzungsenergie des Abspielgerätes zur Klimabilanz bei.<br />

Für eine fundierte CO 2<br />

-Bilanzierung ist aus Sicht der Klima-Kollekte<br />

noch zu wenig Datenbasis vorhanden. Jedoch können auf Basis<br />

folgender Variablen Näherungswerte ermittelt werden, die Auskunft<br />

darüber geben, wie viele Emissionen ausgestoßen werden:<br />

• die Anzahl der Teilnehmenden,<br />

• die Dauer der Videoaufzeichnung bzw. gegebenenfalls<br />

die reine Audiozeit,<br />

• die Höhe des genutzten Datenvolumens und der Bandbreite,<br />

• die Qualität des Stromes (Bundes-Strom-Mix bzw.<br />

(zertifizierter) Ökostrom) der Teilnehmenden,<br />

Je detailliertere Informationen Sie der Klima-Kollekte über die<br />

Begebenheiten und Rahmenbedingungen einer Online-Veranstaltung<br />

übermitteln, desto genauer kann die Menge an CO 2<br />

-Emissionen<br />

berechnet werden. Die Klima-Kollekte arbeitet beständig daran,<br />

diese Kalkulation zu verbessern und so die Bilanzierung zu verfeinern.<br />

Über die Klima-Kollekte<br />

Die Klima-Kollekte unterstützt Sie, klimafreundlich<br />

zu handeln und so die Schöpfung zu bewahren. Ihre<br />

Emissionen berechnet die Klima-Kollekte kostenlos und<br />

berät Sie zu Reduktionsmöglichkeiten. Verbleibende<br />

Emissionen können Sie über Projekte der Klima-Kollekte<br />

im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz<br />

ausgleichen.<br />

Rückfragen beantworten Ihnen die MitarbeiterInnen der<br />

Berliner Geschäftsstelle unter<br />

info@klima-kollekte.de.<br />

<strong>Das</strong> Fact Sheet „CO 2<br />

-Bilanzierung von Video-<br />

Konferenzen“ finden Sie auf der Website<br />

www.klima-kollekte.de<br />

• die Art und Leistung der Geräte der Teilnehmenden<br />

(Laptop/Desktoprechner/High End Videokonferenzgerät;<br />

Wattmenge),<br />

• die Energieeffizienz des genutzten Videokonferenzsystems,<br />

• die eventuelle Verarbeitung und Speicherung des Video-Calls,<br />

• die Energieeffizienz und -sparsamkeit des Ortes<br />

der Übertragung.<br />

Autorin<br />

Rike Schweizer<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin der<br />

Klima-Kollekte<br />

Kleine Kniffe<br />

43<br />

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Aus nationalen Kompetenzstellen<br />

Interview mit dem Team<br />

der Kompetenzstelle <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong><br />

Primäre Aufgabe der KNB – Kompetenzstelle <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> beim <strong>Beschaffung</strong>samt<br />

des BMI ist es, <strong>Beschaffung</strong>sstellen von Bund, Ländern und Kommunen gezielt zu einem<br />

<strong>nachhaltige</strong>n öffentlichen Einkauf zu informieren und dabei zu unterstützen.<br />

Im Gespräch mit Ilse Beneke, Antonia Dierker, Ralf Grosse, Sonja Martínez-Barreto, Johannes<br />

Michel, Marion Rumpl, Clivia Schoenen, Martin Wünnemann<br />

Was ist eigentlich die Kompetenzstelle <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong>?<br />

Antonia Dierker: Die Kompetenzstelle <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong> beim <strong>Beschaffung</strong>samt des BMI (KNB) unterstützt<br />

öffentliche Auftraggeber bei der Berücksichtigung von Kriterien<br />

der Nachhaltigkeit bei <strong>Beschaffung</strong>svorhaben. Die KNB ist <strong>für</strong> rund<br />

30.000 Vergabestellen im Bund, in den Ländern und bei den Kommunen<br />

die zentrale Anlaufstelle, wenn es um <strong>nachhaltige</strong> öffentliche<br />

<strong>Beschaffung</strong> geht. Erfahrene Personen möchten stets auf dem Laufenden<br />

sein und neue Mitarbeiter benötigen Unterstützung bei der<br />

Einarbeitung in das Thema. In beiden Fällen kann die KNB unterstützen.<br />

Was sind die größten Hürden <strong>für</strong> eine <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong> in Kommunen?<br />

Ralf Grosse :Nach unserem Eindruck sind maßgebliche Hemmnisse<br />

fehlende Informationen zu rechtlichen Möglichkeiten und<br />

Unkenntnis und Unsicherheit hinsichtlich der praktischen Umsetzung<br />

<strong>nachhaltige</strong>r <strong>Beschaffung</strong>. Dies merken wir besonders bei<br />

Schulungen: Dort sind wir im direkten Austausch mit den Bedarfsträgern<br />

und Beschaffenden. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen<br />

auch Hepperle und Müller in: „Welche Hemmnisse stehen einer<br />

<strong>nachhaltige</strong>ren öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> im Wege – Ergebnisse einer<br />

empirischen Erhebung in Baden-Württemberg“. Dort wird aufgezeigt,<br />

dass neben der Einführung von strukturierten Prozessen auch<br />

Schulungen vorhandene Unsicherheiten reduzieren können.<br />

Hilfreich ist, wenn es Festlegungen zur Nachhaltigkeit im Leitbild<br />

der Verwaltung gibt, bzw. die verschiedenen Leitungsebenen<br />

sich klar zur <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong> positionieren und hier unterstützen.<br />

Bestenfalls gibt die Leitung Regelungen zum Vorgehen im<br />

Sinne eines verlässlichen Rahmens zur <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong> an<br />

die Hand.<br />

Hartnäckig hält sich der Glaube, die fehlende Finanzierbarkeit<br />

<strong>nachhaltige</strong>r Lösungen stünde mehr Nachhaltigkeit im Wege. Hier<br />

wird zu selten der aus dem Haushaltsrecht resultierende Wirtschaftlichkeitsgedanke<br />

berücksichtigt: Relevant sind die Kosten<br />

im gesamten Lebenszyklus – z.B. inklusive Energie- und Wasserverbrauch.<br />

Eine Studie im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung<br />

„Umwelt- und Kostenentlastung durch eine umweltverträgliche<br />

<strong>Beschaffung</strong>“ aus dem Jahr 2015 zeigt auf, dass sich unter Berücksichtigung<br />

von Lebenszykluskosten bei 10 von 15 Produktgruppen ein<br />

finanzieller Vorteil gegenüber den konventionellen <strong>Beschaffung</strong>svarianten<br />

errechnen lässt.<br />

Woher bekommen Kommunen Informationen und<br />

Unterstützung, um diese Hürden zu überwinden?<br />

Clivia Schoenen: Die KNB bietet ein vielfältiges Angebot an<br />

Unterstützungsmaßnahmen <strong>für</strong> Bedarfsträger und Vergabestellen.<br />

Auf der Webseite der KNB finden Sie sowohl diverse Leitfäden,<br />

Praxisbeispiele, Hinweise zu Hilfestellungen und Informationen<br />

aus den Ländern sowie Hinweise zu Veranstaltungen anderer Stellen<br />

und Fachtagungen der KNB rund um das Thema <strong>nachhaltige</strong><br />

öffentliche <strong>Beschaffung</strong>. Hilfestellungen findet man übrigens auch<br />

beispielsweise auf der Webplattform des Umweltbundesamts zur<br />

44 Kleine Kniffe<br />

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Ilse Beneke Antonia Dierker Ralf Grosse<br />

umweltfreundlichen <strong>Beschaffung</strong> oder auf der Webplattform des<br />

RENN-Netzwerkes oder auf dem Kompass Nachhaltigkeit.<br />

Außerdem beraten wir in der KNB gern über unsere Hotline<br />

sowie per E-Mail und darüber hinaus bieten wir Interessierten<br />

Schulungen an, seit letztem Jahr auch digital. Hier stehen neben<br />

Grundlagen-Modulen zur strategischen und rechtlichen Umsetzung<br />

diverse Produkt-Module zur Auswahl. Informieren Sie sich gerne<br />

über Teilnahmemöglichkeiten unter Nachhaltigkeit@bescha.bund.<br />

de.<br />

Wie kann man die <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> in Kommunen<br />

stimulieren?<br />

Martin Wünnemann: Für den Einstieg in ein <strong>nachhaltige</strong>s<br />

<strong>Beschaffung</strong>swesen eignen sich erste kleine Schritte mit einzelnen<br />

Produkten. Zu Beginn sollte nicht gleich zu viel verlangt werden.<br />

Man kann beispielsweise mit Produkten und/oder Dienstleistungen<br />

beginnen, bei denen die ökonomischen Vorteile deutlich ersichtlich<br />

sind. So wirkt sich die <strong>Beschaffung</strong> von energiesparenden Bildschirmen<br />

in der Regel auch positiv auf den Haushalt aus. Der Einstieg<br />

in eine <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> fällt leicht, wenn mit einzelnen,<br />

marktgängigen Produkten, z.B. fairem Kaffee, Recyclingpapier,<br />

begonnen wird. Zu einer Vielzahl von Produkten gibt es Ausschreibungsempfehlungen,<br />

die durchaus gut in eigene Vergabeunterlagen<br />

übernommen werden können. Bei der freihändigen <strong>Beschaffung</strong><br />

und erst recht beim Direktkauf können Produktkennzeichnungen<br />

als Auswahlkriterium dienen. Für die <strong>Beschaffung</strong> sind in den Verwaltungen<br />

in der Regel verschiedene Akteure zuständig. Daher sollte<br />

sichergestellt werden, dass die Kenntnisse alle involvierten Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der Verwaltung erreicht. Dazu tragen<br />

zum Beispiel verwaltungsinterne Schulungen und ein regelmäßiger<br />

Austausch unter den <strong>Beschaffung</strong>sstellen innerhalb der eigenen<br />

Gemeinde und auch mit Nachbargemeinden bei.<br />

Der Green Deal der Europäischen Union soll deren<br />

Mitgliedsstaaten mit einem „man on the moon“ Effekt in<br />

eine <strong>nachhaltige</strong> Zukunft katapultieren. Welche Bedeutung<br />

hat der Green Deal und andere internationale<br />

Übereinkommen <strong>für</strong> die öffentliche <strong>Beschaffung</strong>? Auch<br />

auf kommunaler Ebene?<br />

Johannes Michel: Mit dem Green Deal verfolgt die Europäische<br />

Union das Ziel, ihr Wirtschaftssystem bis 2050 treibhausgasneutral,<br />

ressourceneffizient und fair <strong>für</strong> alle Bürgerinnen und Bürger des<br />

Kontinents zu gestalten. Der öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> wird hierbei<br />

eine besondere Rolle beigemessen: So schlägt die Europäische Kommission<br />

in sektorenspezifischen Rechtsvorschriften verbindliche<br />

Mindestkriterien <strong>für</strong> eine umweltorientierte öffentliche <strong>Beschaffung</strong><br />

vor und unterstützt öffentliche Auftraggeber durch Schulungen,<br />

Leitfäden und die Kommunikation bewährter Praktiken beim Kapazitätsaufbau.<br />

Sie unterstützt auch mit der Entwicklung von ökologischen<br />

Mindestkriterien <strong>für</strong> die öffentliche <strong>Beschaffung</strong>, den sogenannten<br />

„Green Public Procurement (GPP)“-Kriterien. Sie sind <strong>für</strong> eine<br />

Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen verfügbar und können<br />

gerade kommunalen Vergabestellen den Einstieg in die <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong> erleichtern.<br />

Kleine Kniffe<br />

45<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 45 29.03.21 11:16


Sonja Martínez-Barreto Johannes Michel Marion Rumpl<br />

Von besonderer Bedeutung sind Kommunen auch <strong>für</strong> die<br />

Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten<br />

Nationen, der sich viele Kommunen bewusst verpflichtet haben.<br />

Hier ist die <strong>nachhaltige</strong> öffentliche <strong>Beschaffung</strong> ein wichtiger Teil<br />

des Ziels 12: „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster“ (SDG<br />

12).<br />

Die Aktivitäten auf internationaler Ebene haben aus unserer<br />

Sicht stark zugenommen, daher wollen wir uns stärker international<br />

vernetzen: Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft haben<br />

wir in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission ein Netzwerk<br />

europäischer Kompetenzstellen <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> öffentliche<br />

<strong>Beschaffung</strong> ins Leben gerufen.<br />

Welche Rolle spielen <strong>nachhaltige</strong> Lieferketten in der<br />

öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> und wie können Kommunen mit<br />

dem Thema umgehen?<br />

Marion Rumpl: Nachhaltige Entwicklung bedeutet unter anderem<br />

auch den „Menschen“ und dessen Bedürfnisse im Sinne einer<br />

zukunftsorientierten Gesellschaft in den Mittelpunkt zu rücken.<br />

Im Zusammenhang mit der öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> gelangt man<br />

dann z.B. schnell zu der Frage, unter welchen Arbeitsbedingungen<br />

bestimmte Produkte hergestellt wurden und wie man als öffentlicher<br />

Auftraggeber hierzu einen positiven Beitrag leisten kann. Die<br />

Antworten sind oft nicht ganz so einfach, aber in den letzten Jahren<br />

haben sich viele <strong>Beschaffung</strong>sstellen bereits auf den Weg gemacht.<br />

Praxisbeispiele und Erfahrungen, die im Rahmen konkreter Vergabeverfahren<br />

gesammelt und auf Infoportalen zur <strong>nachhaltige</strong>n<br />

<strong>Beschaffung</strong> zur Verfügung gestellt und weitergegeben werden, sind<br />

in der Regel besonders hilfreich. Oft hilft auch der direkte persönliche<br />

Kontakt zu den Vergabestellen, die hierzu besondere Vorreiter<br />

sind. Die Nutzung von Gütezeichen und deren Kriterien kann hierzu<br />

ebenfalls hilfreich sein, sowie in einem ersten Schritt zum Beispiel<br />

die Fokussierung auf bestimmte Standardprodukte.<br />

Welche Herausforderungen hat die KNB in der Pandemiezeit<br />

zu meistern und welche Auswirkungen sehen Sie<br />

in diesem Zusammenhang <strong>für</strong> die Kommunen?<br />

Sonja Martínez-Barreto: Die größten Herausforderungen<br />

hatten wir beim Angebot von Schulungen und Fachveranstaltungen.<br />

Die Schulungen wurden bisher vor Ort durchgeführt. Um bereits<br />

gebuchte Schulungen nicht ausfallen zu lassen, haben wir innerhalb<br />

kurzer Zeit unser Lehrangebot in den virtuellen Raum verlagert. So<br />

konnten wir realisieren, dass allen Institutionen, die eine Schulung<br />

bei uns gebucht hatten, ein alternativer Webinar-Termin angeboten<br />

wurde.<br />

Unsere erste diesjährige Fachveranstaltung „Anforderungen<br />

an eine <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> von Verpflegungsverpackung <strong>für</strong><br />

Einsatzkräfte“ am 26. Januar <strong>2021</strong> wurde als Online-Fachtagung<br />

ausgerichtet. Toll ist dabei, dass die Teilnahme von überall möglich<br />

ist, wo die benötigten technischen Voraussetzungen gegeben sind.<br />

Wir haben den Eindruck, dass es besonders <strong>für</strong> Mitarbeitende<br />

kommunaler, kleiner Vergabestellen besonders schwierig ist, sich<br />

zur <strong>nachhaltige</strong>n öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> unkompliziert weiterzubilden.<br />

Daher bauen wir außerdem auch gerade ein E-Learning auf.<br />

46 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe04_21_Kirche.indd 46 29.03.21 11:16


Clivia Schoenen<br />

Martin Wünnemann<br />

Hiervon werden vor allem die Kommunen profitieren: Denn der<br />

größte Vorteil der virtuellen Angebote - ob Webinar, Online-Konferenz<br />

oder E-Learning - ist die geografische Unabhängigkeit.<br />

Engagierte Mitarbeitende in Kommunen werden den unkomplizierten<br />

Umgang und die Flexibilität schätzen und unsere Angebote<br />

einfacher wahrnehmen können.<br />

Was kommt Ihres Erachtens auf kommunale Verantwortungsträger<br />

im Bereich <strong>nachhaltige</strong> öffentliche<br />

<strong>Beschaffung</strong> in Zukunft zu?<br />

Ilse Beneke: Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren politisch<br />

stark an Aufmerksamkeit gewonnen. Die Bürgerinnen und Bürger<br />

erwarten hier in ihren Kommunen und staatlichen Stellen ein<br />

Vorbild – wir müssen mit gutem Beispiel voran gehen. Und insbesondere<br />

in den Kommunen sind die Bürger „ganz nah dran an der<br />

<strong>Beschaffung</strong>“. Alles, was gekauft wird, wird von den Bürgerinnen<br />

und Bürgern gesehen und wahrgenommen! Mein Eindruck ist, dass<br />

die Rolle der Vergabe <strong>für</strong> die Nachhaltigkeit von Kommunen oft von<br />

den Verantwortlichen unterschätzt wird.<br />

Dabei bedürfen Bedarfsträger und Beschaffende gerade im<br />

Moment besonderer Aufmerksamkeit und Unterstützung, denn<br />

die (rechtlichen) Anforderungen werden immer klarer: So sehen<br />

wir immer mehr Ambitionen, <strong>nachhaltige</strong> öffentliche <strong>Beschaffung</strong><br />

auch in speziellen Fachgesetzen oder auf kommunaler Ebene besonders<br />

in Ratsbeschlüssen zu regeln. Hilfreich sind dabei sicher die in<br />

manchen Bundesländern eingerichteten Kompetenzstellen, die auch<br />

die landesrechtlichen Regelungen und Netzwerke intensiv im Blick<br />

haben. Bei Fragen und Unterstützungsbedarf stehen wir, das Team<br />

der KNB, Ihnen sehr gern zur Verfügung!<br />

<strong>Das</strong> Interview führte<br />

Thomas Heine<br />

SDG media GmbH<br />

www.sdg-media.de<br />

Kleine Kniffe<br />

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Aus bundesweiten Initiativen<br />

Palmöl, aber richtig! –<br />

Hannover und Deutsche Umwelthilfe gehen<br />

gemeinsam voran <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong>s Palmöl<br />

Was hat Handseife damit zu tun, dass Orang-Utans aussterben? Warum tragen viele<br />

Gebäudereinigungsmittel zum Klimawandel bei? Und was kann eine kommunale Vergabestelle in<br />

Deutschland daran ändern? Jennifer Daubert von der Zentralen Vergabe der Landeshauptstadt<br />

Hannover kennt die Antworten auf diese Fragen. Denn die niedersächsische Metropole ist die erste<br />

Pilotkommune im Projekt „Palmöl, aber richtig!“ der Deutschen Umwelthilfe.<br />

Ein Beitrag von Janos Wieland, Deutsche Umwelthilfe e.V.<br />

Artensterben und Klimawandel -<br />

<strong>Das</strong> Problem mit dem Palmöl<br />

17,3 Kilogramm Palmöl hat jeder Deutsche im Schnitt im Jahr<br />

2017 verbraucht. Aber das vielseitige Produkt steht zurecht in der<br />

Kritik. In Indonesien und Malaysia zum Beispiel durchstreiften<br />

einst Orang-Utans die üppigen, weitläufigen Regenwälder.<br />

Heute reihen sich dort über Quadratkilometer hinweg Ölpalmen<br />

aneinander und rauben die Lebensgrundlage der faszinierenden<br />

Menschenaffen. Und der globale Bedarf an Palmöl steigt<br />

ungebremst weiter. Jahr <strong>für</strong> Jahr werden große Flächen wertvoller<br />

Regenwälder gerodet, um Platz <strong>für</strong> noch mehr Ölpalmen zu<br />

schaffen. So geht Lebensraum <strong>für</strong> unzählige Tiere und Pflanzen<br />

unwiederbringlich verloren. Zugleich entweichen dabei enorme<br />

Mengen an Treibhausgasen und heizen den Klimawandel weiter<br />

an.<br />

Aber: Andere Ölfrüchte wie Raps oder Kokospalmen benötigen<br />

im Vergleich zu Ölpalmen die fünf- bis achtfache Anbaufläche,<br />

um dieselbe Menge Öl zu produzieren (Abb. 1). Wollte man<br />

Palmöl durch andere Pflanzenöle ersetzen, würden möglicherweise<br />

noch schneller noch mehr Wälder gerodet als bisher – ein Teufelskreis.<br />

Um ihn zu durchbrechen, hat die Deutsche Umwelthilfe<br />

das Projekt „Palmöl, aber richtig!“ ins Leben gerufen. Kern des<br />

Projektes: die Marktmacht der öffentlichen Hand nutzen, um die<br />

Nachfrage nach nachhaltig produziertem Palmöl zu steigern: Die<br />

teilnehmenden Kommunen sollen künftig „entwaldungsfreies“<br />

Palmöl beschaffen, welches von bestehenden Plantagen stammt<br />

und damit keine Abholzung weiterer wertvoller Primärwälder<br />

verursacht.<br />

Grafik: Flächenertrag verschiedener Ölfrüchte<br />

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Die Praxis: Wie kann <strong>nachhaltige</strong>s Palmöl in<br />

der öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> implementiert<br />

werden?<br />

Die Produktpalette, die Palmöl enthält, ist vielfältig. Sie<br />

umfasst Nahrungsmittel, Kosmetika, Kerzen, Kunststoffe, Futtermittel<br />

sowie Wasch-, Pflege- und Reinigungsprodukte. Zudem<br />

fließen aktuell große Teile der Produktion in die energetische<br />

Nutzung, insbesondere in den Biodiesel.<br />

„Für uns als Zentrale Vergabe sind zurzeit besonders Handseifen<br />

sowie Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel relevant“, sagt<br />

Jennifer Daubert. „Kriterien zum <strong>nachhaltige</strong>n Ölpalmenanbau in<br />

der Vergabe zu berücksichtigen, ist aber gar nicht so einfach. Denn<br />

neben dem Palmöl selbst gibt es hunderte Stoffe, die durch dessen<br />

Weiterverarbeitung entstehen. Oft ist auf den ersten Blick gar nicht<br />

erkennbar, dass ein Produkt Palmöl enthält. Uns von der Zentralen<br />

Vergabe war die Problematik vor Projektbeginn in dem Umfang<br />

nicht präsent. Aber auch seitens der Produzent*innen gibt es<br />

momentan nur ein sehr geringes Bewusstsein. Es handelt sich um<br />

ein Thema, das viel Aufklärungsbedarf beinhaltet.“<br />

Daher gab es einen Austausch zwischen Mitarbeitenden der<br />

Vergabestelle der Landeshauptstadt Hannover und der Deutschen<br />

Umwelthilfe. Zunächst wurden am Beispiel Handseifen Kriterien<br />

erarbeitet, die praktisch anwendbar sind. Ein erster Entwurf liegt<br />

vor, die Kriterien werden in einem Workshop zusammen mit<br />

anderen Kommunen weiter verfeinert und erarbeitet.<br />

Grundsätzlich empfiehlt sich bei Palmöl die Anwendung<br />

von Mindeststandards wie den RSPO , ISCC+ oder Rainforest<br />

Alliance, kombiniert mit Bio und Standards <strong>für</strong> Fairen Handel wie<br />

z.B. „Fair for Life“ oder „Hand in Hand“. <strong>Das</strong> Fairtrade-Siegel ist<br />

bei Palmöl nicht verbreitet. Mindeststandards ermöglichen erste<br />

Schritte in Richtung Nachhaltigkeit, während Zusatzstandards<br />

<strong>für</strong> strengere Vorgaben in einzelnen Aspekten wie Pestizid- und<br />

Düngeeinsatz oder Mindestpreise und -löhne sorgen.<br />

„<strong>Das</strong> perfekte Siegel gibt es leider noch nicht, jedes hat Stärken<br />

und Schwächen“, resümiert auch Beschafferin Jennifer Daubert.<br />

„Wir fangen auf einem umsetzbaren Level an, mit dem Ziel, die<br />

Anforderungen in Zukunft sukzessive zu steigern. In unserer aktuellen<br />

Ausschreibung <strong>für</strong> Handseifen haben wir den Fokus zunächst<br />

daraufgelegt, Mindeststandards zu definieren. Dazu orientieren wir<br />

uns am RSPO. Allerdings begegnen uns völlig neue Herausforderungen,<br />

die wir nicht vorhersehen konnten. Zum Beispiel haben<br />

wir zahlreiche Handseifenspender, <strong>für</strong> die keine passenden Gebinde<br />

mit <strong>nachhaltige</strong>m Palmöl auf dem Markt verfügbar sind.“<br />

Wie geht es weiter?<br />

Die Zahl der „Palmöl-Pioniere“ soll wachsen. „Es gibt<br />

bereits weitere Städte, die in nächster Zeit ins Projekt einsteigen<br />

wollen“, so Peer Cyriacks, Stellvertretender Leiter Naturschutz<br />

bei der Deutschen Umwelthilfe. „Ihnen stehen wir von Anfang<br />

an beratend zur Seite und liefern die „Palmöl-Kompetenz“, <strong>für</strong><br />

die in den <strong>Beschaffung</strong>sstellen keine Kapazitäten zur Verfügung<br />

stehen. Momentan erarbeiten wir einen Leitfaden <strong>für</strong> öffentlich<br />

Beschaffende, der in Kürze erscheinen wird. Außerdem organisieren<br />

wir die Vernetzung zwischen den Kommunen, damit sich die<br />

<strong>Beschaffung</strong>s-Profis untereinander austauschen und voneinander<br />

profitieren können. Um dieses Netzwerk zu stärken, freuen wir<br />

uns deshalb auch über jede weitere interessierte Kommune. Jeder<br />

noch so kleine Beitrag ist wichtig.“<br />

Weitere Informationen:<br />

https://t1p.de/y7h8<br />

Kontakt:<br />

wieland@duh.de<br />

Autor<br />

Janos Wieland |<br />

Projektmanager Kommunaler<br />

Umweltschutz,<br />

Deutsche Umwelthilfe e.V.<br />

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Aus Wissenschaft und Forschung<br />

Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit<br />

auch über die <strong>Beschaffung</strong> in die Küchen bringen<br />

Wie fördert man eine <strong>nachhaltige</strong> Außer-Haus-Verpflegung? Zunächst könnte man ja denken, dass<br />

nur die Mitarbeitenden in den Küchen weitergebildet werden müssen. Doch hier ist die FH Münster<br />

anderer Meinung.<br />

Ein Beitrag von Dr. Therese Kirsch, FH Münster<br />

Natürlich spielt das Wissen der Köche und Köchinnen eine<br />

große Rolle, es gibt aber viele weitere Faktoren. Daher müssen in<br />

Organisationen auch Entscheider, Einkäufer und die Gäste <strong>für</strong> das<br />

Thema sensibilisiert werden.<br />

<strong>Beschaffung</strong> als Hürde zu<br />

<strong>nachhaltige</strong>n Speisen<br />

Grundsätzlich ist die <strong>Beschaffung</strong> eine der großen Hürden <strong>für</strong><br />

<strong>nachhaltige</strong>s Handeln. Dies konnte das Team der FH Münster in dem<br />

jetzt begonnenen Projekt GeNAH in den ersten Gesprächen mit Praxispartnern<br />

bereits herausfiltern. Die Verfügbarkeit von regionalen<br />

und saisonalen oder Bio-zertifizierten Produkten in der richtigen<br />

Menge und Verarbeitungsstufe ist nicht einfach. Häufig scheitern die<br />

Praxispartnern da bisher. Daher wird die <strong>Beschaffung</strong> ein wichtiges<br />

Thema im Projekt sein.<br />

Entwicklung von Bildungskonzepten<br />

und Speiseplänen<br />

Daneben werden gemeinsam mit Praxispartnern aus drei<br />

Trägerorganisationen aus dem kirchlichen Umfeld und dem Gesundheitssektor<br />

<strong>nachhaltige</strong> Speisepläne sowie Konzepte <strong>für</strong> Bildung<br />

und Schulung von unterschiedlichen Zielgruppen zu <strong>nachhaltige</strong>m<br />

Wirtschaften entwickelt: Beispiele <strong>für</strong> die Gästekommunikation,<br />

Seminareinheiten <strong>für</strong> Bildungshäuser sowie Weiterbildungskonzepte<br />

<strong>für</strong> Einkäufer und Küchenpersonal sind hier das Ziel.<br />

50 Kleine Kniffe<br />

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Nicht Forschung,<br />

sondern Weitertragen von Know-how<br />

Wir haben hier kein klassisches Forschungsprojekt, sondern ein<br />

Transferprojekt. Es gibt schon so viele gute Ansätze, die es aber nicht<br />

in die Breite geschafft haben. Hier wollen wir neue Wege suchen“,<br />

erläutert die Projektleiterin Prof. Dr. Petra Teitscheid. Nachdem die<br />

entwickelten Konzepte bei den Kooperationspartnern getestet sind,<br />

werden sie in die Trägerstrukturen unserer Praxispartner integriert<br />

und in ein breites Netzwerk getragen.<br />

Haben Sie auch Interesse an dem Thema, dann informieren Sie<br />

sich auf unserer Projekt-Webseite:<br />

www.fh-muenster.de/genah.<br />

Möglichkeit zur Mitwirkung bieten zudem verschiedene<br />

Veranstaltungen, wie z. B. die Küchengespräche des Instituts <strong>für</strong><br />

<strong>nachhaltige</strong> Ernährung (iSuN).<br />

Bei Interesse melden Sie sich per Mail an<br />

isun@fh-muenster.de<br />

Projektinfo<br />

<strong>Das</strong> Projekt „Außer-Haus-Angebote – nachhaltig und gerecht<br />

gestalten“ (GeNAH) der FH Münster hat sich das Ziel gesetzt,<br />

mehr Klimaschutz und Gerechtigkeit bei den Angeboten in der<br />

Gemeinschaftsgastronomie zu erreichen. Für die Umsetzung<br />

sind drei große Trägerorganisationen mit 16 einzelnen<br />

Einrichtungen als Praxispartner mit an Bord. <strong>Das</strong> Bistum<br />

Münster und die Himmlischen Herbergen, eine evangelische<br />

Arbeitsgemeinschaft mit rund 310 Bildungshäusern und<br />

Gruppenunterkünften, sowie die Kliniken in Münster und in<br />

Lengerich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. <strong>Das</strong><br />

dreijährige Projekt wird von der Deutschen Bundesstiftung<br />

Umwelt (DBU) fachlich begleitet und finanziell gefördert<br />

Autorin:<br />

Dr. Therese Kirsch<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

Institut <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Ernährung<br />

therese.kirsch@fh-muenster.de<br />

Kleine Kniffe<br />

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Aus Wissenschaft und Forschung<br />

Mehr Nachhaltigkeit und Gesundheit in der Mittagspause<br />

Bedeutung und Chancen der Gemeinschaftsverpflegung<br />

Currywurst mit Pommes, ein paniertes Schnitzel mit Bratkartoffeln oder Kartoffelsalat und<br />

Spaghetti Bolognese. <strong>Das</strong> sind die beliebtesten Kantinen-Essen der Deutschen. Wenn sich also<br />

um die Mittagszeit in Deutschland durchschnittlich knapp zehn Millionen Hungrige auf den<br />

Weg in die Kantine, die Cafeteria, das Betriebsrestaurant oder die Mensa machen, dann sind<br />

es diese Gerichte, die mit am häufigsten ausgegeben und verzehrt werden. Damit gestaltet die<br />

Gemeinschaftsverpflegung die Ernährungsweise von Millionen Menschen mit.<br />

Ein Beitrag von Carolyn Hutter, Katja Lotz, Maren Ann-Kathrin Sauter, Cora Schramm<br />

Legt man nun – z. B. über die Currywurst mit Pommes - den<br />

Ernährungskreis der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Ernährung (kurz:<br />

DGE), der wie eine geistige Schablone funktioniert, so wird schnell<br />

deutlich, dass beides nicht zusammenpasst.<br />

Link zu den Lebensmittel-Zufuhrempfehlungen des interaktiven<br />

Ernährungskreises der DGE: https://t1p.de/oy9u<br />

Zu viel Fett, hier vor allem gesättigte Fette, zu viel tierische<br />

Eiweiße, Salz und Zucker. Gleichzeitig zu wenig Ballaststoffe,<br />

Obst und Gemüse. <strong>Das</strong> wirkt sich negativ auf die Gesundheit der<br />

Essenden aus. So sind in Deutschland bereits mehr als die Hälfte<br />

der Erwachsenen übergewichtig. Folgen von Übergewicht können<br />

Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes Typ 2 und verschiedene<br />

Krebsarten sein. Doch nicht nur Ärzte und Ernährungs-Fachkräfte<br />

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dürften von diesen Vorlieben wenig begeistert sein, auch Umwelt<br />

und Klima macht dies zu schaffen. Bis zu 30 % der weltweit erzeugten<br />

Treibhausgase werden durch das Ernährungssystem verursacht.<br />

Diese ernährungsbedingten Treibhausgase entstehen v.a. im Rahmen<br />

der Erzeugung tierischer Lebensmittel. Auch Flächen- und Wasserverbrauch<br />

spielen eine Rolle, so werden z. B. <strong>für</strong> die Produktion<br />

eines Kilogramms Rindfleisch rund 15.000 Liter Wasser benötigt.<br />

Zum Vergleich, <strong>für</strong> die Produktion eines Kilogramms Kartoffeln<br />

sind es lediglich 210 Liter Wasser.<br />

Betrachtet man zusätzlich den Carbon-Footprint eines Menüs,<br />

so wird zum Beispiel beim Klassiker Spaghetti Bolognese deutlich,<br />

dass allein durch den Austausch von Rinderhack durch Tofu pro<br />

Portion mehr als 1 kg CO 2<br />

-Aquivalent eingespart werden kann.<br />

Aufsummiert auf viele Essen, kann die Gemeinschaftsverpflegung<br />

einiges dazu beitragen, hier vorbildlich zu wirken, ohne, dass ein<br />

großer Genuss-Verlust bei der Bolognese zu verschmerzen wäre.<br />

Es gibt bereits einige Konzepte, die sich der Frage, wie Genuss,<br />

Gesundheit und Umwelt zu vereinbaren sind, angenommen haben.<br />

So z. B. das Konzept der <strong>nachhaltige</strong>n Ernährung, es bezieht neben<br />

gesundheitlichen und ökologischen, auch ökonomische und soziale<br />

Aspekte mit ein: Konkreter wird die Planetary Health Diet, hier<br />

werden - ausgehend von der Überlegung, wie im Jahre 2050 eine<br />

Weltbevölkerung von dann voraussichtlich 10 Milliarden Menschen<br />

ernährt werden kann - Referenzwerte <strong>für</strong> die Ernährung ausgegeben.<br />

So sind hier z. B. pro Person und Tag 200 bis 600 Gramm Gemüse,<br />

aber nur 0 bis 28 Gramm rotes oder verarbeitetes Fleisch (bei einer<br />

Gesamtenergiezufuhr von 2.500 kcal/Tag) vorgesehen. Die tägliche<br />

Currywurst oder das tägliche Schnitzel sind hier nicht angedacht,<br />

stattdessen stehen bei dieser ressourcenleichten Kost pflanzliche<br />

Lebensmittel im Mittelpunkt.<br />

Es ist auch an der Gemeinschaftsverpflegung, Verantwortung<br />

<strong>für</strong> Gesundheit und Umwelt zu übernehmen und im Rahmen der<br />

Möglichkeiten zu einer <strong>nachhaltige</strong>n Entwicklung beizutragen.<br />

Diese Möglichkeiten sind vielfältig, wie eine qualitative Studie an<br />

der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn gezeigt hat.<br />

Eine Studentin des Studiengangs BWL-Food Management befragte<br />

Betriebe zu ihrem Engagement <strong>für</strong> mehr Nachhaltigkeit und Gesundheit<br />

in der Mittagsverpflegung. Handlungsmöglichkeiten ergeben<br />

sich vom Einkauf, über die Angebotsgestaltung, die Präsentation<br />

der Speisen, bis hin zur Nachbereitung. Der ausführliche Studienbericht<br />

ist unter https://www.food-management.online kostenfrei<br />

einzusehen. Im Folgenden werden einige Handlungsmöglichkeiten,<br />

insbesondere aus dem Bereich der <strong>Beschaffung</strong> und Angebotsgestaltung,<br />

exemplarisch beschrieben.<br />

So ist es z. B., gemäß den Grundsätzen der <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Ernährung von Vorteil, ökologische und fair gehandelte Produkte<br />

einzubeziehen. Viele Einrichtungen der Außerhausverpflegung<br />

<strong>für</strong>chten jedoch die vergleichsweise höheren Einkaufspreise solcher<br />

Lebensmittel. Besonders bei Fleisch- und Milchprodukten bestehen<br />

Preisdifferenzen zwischen konventionell und biologisch erzeugten<br />

Lebensmitteln. Ein Gesamtkonzept aus einem Mehr-Angebot<br />

von vegetarischen und veganen Speisen, bei einem gleichzeitig<br />

reduzierten Fleisch-Angebot (weniger und seltener) sowie Mischkalkulationen,<br />

können dabei helfen, den Kostenanstieg zu regulieren.<br />

Auch über die Preisgestaltung kann einiges bewirkt werden. So<br />

könnten gesündere und <strong>nachhaltige</strong>re Speisen günstiger angeboten<br />

Kleine Kniffe<br />

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Foto: depositphotos<br />

werden, während solche mit Fleisch-Komponente teurer abgegeben<br />

werden. Dies würde nicht nur dazu führen, dass höhere Einkaufspreise<br />

<strong>für</strong> ökologisch erzeugte Lebensmittel an den Endkonsumenten<br />

bzw. die Endkonsumentin weitergegeben werden könnten, sondern<br />

auch dazu, dass die Wertschätzung gegenüber ressourcenintensiv<br />

erzeugten Lebensmitteln, wie Fleisch, steigen dürfte.<br />

Gleichzeitig kann der günstigere Preis <strong>für</strong> fleischlose und damit<br />

nachhaltig(er)e Gerichte dazu führen, dass auch die Nachfrage steigt.<br />

Den Versuch, Gäste auf eine subtile Weise zu erwünschtem Verhalten<br />

– hier zu einer gesünderen und nachhaltig(er)en Ernährung<br />

– zu bewegen, ohne dabei die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen<br />

einzuschränken, wird als Nudging bezeichnet. <strong>Das</strong> kann neben dem<br />

Preis, z. B. auch über die Gestaltung der Kunden-Laufwege oder die<br />

besonders attraktive Präsentation entsprechender Speisen erfolgen.<br />

Die <strong>nachhaltige</strong>ren und gesünderen Angebote der Gemeinschaftsverpflegung<br />

können darüber hinaus eine Inspiration <strong>für</strong> die<br />

Essenden sein, auch zuhause im privaten Umfeld eine <strong>nachhaltige</strong>re<br />

Ernährungsweise zu praktizieren. Die Gemeinschaftsverpflegung<br />

kann diese Inkubator-Wirkung insbesondere durch Informationen<br />

und praktische Hilfestellungen, wie z. B. durch die Herausgabe von<br />

beliebten Rezepten, unterstützen. So übernimmt sie auf eine serviceorientierte<br />

Art und Weise Verantwortung <strong>für</strong> das Wohlbefinden<br />

der Gäste auf der einen und <strong>für</strong> die Umwelt auf der anderen Seite.<br />

Quellen und zum Weiterlesen:<br />

Koerber, Karl von (2015): Nachhaltige Ernährung und ihre fünf<br />

Dimensionen: Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft, Gesundheit und<br />

Kultur. In: Schockemöhle, Johanna/ Stein, Margit (Hrsg.): Nachhaltige<br />

Ernährung lernen in verschiedenen Ernährungssituationen<br />

– Handlungsmöglichkeiten in pädagogischen und sozialpädagogischen<br />

Einrichtungen. Bad Heilbrunn, Julius Klinkhardt-Verlag, S.<br />

16-45.<br />

Willett, Walter u.a. (2019): Food in the Anthropocene: the<br />

EAT-Lancet Commission on healthy diets from sustainable food<br />

systems. In: The Lancet, Februar 2019, Nr. 393, S. 447-492.<br />

<strong>Das</strong> vollständige Quellenverzeichnis ist unter<br />

www.food-management.online einzusehen.<br />

Prof. Dr. Katja Lotz Maren Sauter Prof. Dr. Carolyn Hutter Cora Schramm<br />

AutorInnen<br />

Carolyn Hutter, Katja Lotz, Maren Ann-Kathrin Sauter,<br />

Cora Schramm<br />

Die Autorinnen lehren, bzw. haben an der Dualen<br />

Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn BWL-<br />

Food Management studiert.<br />

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www.<strong>nachhaltige</strong>-beschaffung.com<br />

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