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Special Interest Magazin Nachhaltiger IT-Einkauf

Der Einkauf von IT-Hardware, Software und IT Dienstleistungen hat einen erheblichen Einfluss auf die Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Denn die Auswirkungen von IT-Systemen auf die Umwelt sind beträchtlich, angefangen bei der CO2-Bilanz von Rechenzentren bis hin zum Energieverbrauch von Hardware und Software. Eine nachhaltige IT, die auf den Grundsätzen der Effizienz und Wiederverwertbarkeit beruht, kann dazu beitragen, diese Auswirkungen zu verringern. Themen des Magazins u.a.: Green IT - Strategien und Lösungen, Nachhaltige IT-Beschaffung in der Industrie, Nachhaltige IT Beschaffung der öffentlichen Hand, Künstliche Intelligenz in der Beschaffung, Nachhaltige Software, EVB-IT und AVV Klima als Rahmen für die nachhaltige öffentliche Beschaffung, Nachhaltige Server und Rechenzentren, Siegel für nachhaltige IT und best practice der strategischen IT Beschaffung, Und Interviews mit Thilo Plasse, Allianz SE, Josh Harbert, SustainableIT.org sowie Beiträgen von Dr. Markus Richter, Staatssekretär und, Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik, SPP Germany und SPP Denmark

Der Einkauf von IT-Hardware, Software und IT Dienstleistungen hat einen erheblichen Einfluss auf die Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Denn die Auswirkungen von IT-Systemen auf die Umwelt sind beträchtlich, angefangen bei der CO2-Bilanz von Rechenzentren bis hin zum
Energieverbrauch von Hardware und Software. Eine nachhaltige IT, die auf den Grundsätzen der Effizienz und Wiederverwertbarkeit beruht, kann dazu beitragen, diese Auswirkungen zu verringern.

Themen des Magazins u.a.:
Green IT - Strategien und Lösungen, Nachhaltige IT-Beschaffung in der Industrie, Nachhaltige IT Beschaffung der öffentlichen Hand, Künstliche Intelligenz in der Beschaffung, Nachhaltige Software, EVB-IT und AVV Klima als Rahmen für die nachhaltige öffentliche Beschaffung, Nachhaltige Server und Rechenzentren, Siegel für nachhaltige IT und best practice der strategischen IT Beschaffung,

Und Interviews mit Thilo Plasse, Allianz SE, Josh Harbert, SustainableIT.org sowie
Beiträgen von Dr. Markus Richter, Staatssekretär und, Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik, SPP Germany und SPP Denmark

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<strong>Special</strong> <strong>Interest</strong> <strong>Magazin</strong><br />

<strong>Nachhaltiger</strong> <strong>IT</strong>-<strong>Einkauf</strong><br />

6,80 EURO<br />

Ausgabe Februar 2024<br />

Green <strong>IT</strong><br />

Strategien und Lösungen<br />

KI in der<br />

nachhaltigen Beschaffung<br />

Mit einem Beitrag von<br />

Dr. Markus Richter<br />

Staatssekretär und<br />

Beauftragten der Bundesregierung<br />

für Informationstechnik<br />

Top-Themen:<br />

Best Practice nachhaltiger <strong>IT</strong>-Beschaffung<br />

in Unternehmen und Verwaltung<br />

Kleine Kniffe<br />

1<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 1 12.02.24 12:53


2 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 2 12.02.24 12:53


Editorial<br />

Der <strong>Einkauf</strong> von <strong>IT</strong>-Hardware, Software und <strong>IT</strong> Dienstleistungen hat einen erheblichen Einfluss<br />

auf die Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Denn die Auswirkungen von <strong>IT</strong>-Systemen auf<br />

die Umwelt sind beträchtlich, angefangen bei der CO 2<br />

-Bilanz von Rechenzentren bis hin zum<br />

Energieverbrauch von Hardware und Software. Eine nachhaltige <strong>IT</strong>, die auf den Grundsätzen<br />

der Effizienz und Wiederverwertbarkeit beruht, kann dazu beitragen, diese Auswirkungen zu<br />

verringern.<br />

Im Fokus einer nachhaltigen <strong>IT</strong> stehen der Energieverbrauch ihrer Anwendungen im Büro, in<br />

Rechenzentren, beim Streamen, weiterhin die Einhaltung von Menschenrechten bei der Gewinnung<br />

von Rohstoffen, die für die Hardwareproduktion notwendig sind wie Kobalt, Kupfer, Coltan,<br />

Zinn, Tantal und Wolfram, Gold und Silber, die Einhaltung von Menschenrechten in der <strong>IT</strong>-Fertigung<br />

und die Verwendung der <strong>IT</strong>-Geräte nach der Verwendung.<br />

Mit dem <strong>Special</strong> <strong>Interest</strong> <strong>Magazin</strong> für einen nachhaltigen <strong>IT</strong>-<strong>Einkauf</strong> wollen wir über die<br />

Möglichkeiten des <strong>Einkauf</strong>s von nachhaltigen <strong>IT</strong>-Geräten informieren, sensibilisieren und zur<br />

Nachahmung anregen. Wir berichten über <strong>IT</strong>-Gütesiegel, nachhaltige Rechenzentren, die Nutzung<br />

von Open Source Software und die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige <strong>IT</strong><br />

Beschaffung der öffentlichen Verwaltung.<br />

Wir berichten über gelungene Ansätze des <strong>Einkauf</strong>s nachhaltiger <strong>IT</strong> und werfen einen intensiven<br />

Blick in den Maschinenraum der strategischen Ausrichtung des nachhaltigen <strong>IT</strong>-<strong>Einkauf</strong>s<br />

von Unternehmen und Behörden.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Kauf von <strong>IT</strong>-Hardware, -Software und -Dienstleistungen<br />

aufgrund seines Potenzials für Kosteneffizienz, Umweltverträglichkeit, Einhaltung<br />

gesetzlicher Vorschriften, Zugang zu Finanzmitteln, Innovation und Markenreputation erhebliche<br />

Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit eines Unternehmens hat. Wenn Unternehmen bei der<br />

<strong>IT</strong>-Beschaffung auf Nachhaltigkeit achten, können sie zahlreiche Vorteile erzielen, die zu ihrem<br />

langfristigen Erfolg und ihrer Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Mit diesem Heft wollen wir Sie<br />

bei der Orientierung unterstützen.<br />

Chefredakteur<br />

Kleine Kniffe<br />

3<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 3 12.02.24 12:53


08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.<br />

42.ZUKUNFTEINKAUFEN<br />

Impressum<br />

Redaktion<br />

SDG media GmbH<br />

Wagenfeldstraße 7a<br />

44141 Dortmund<br />

Kontakt:<br />

redaktion@kleine-kniffe.de<br />

Chefredaktion und V.i.S.d.P:<br />

Thomas Heine<br />

52<br />

Textbeiträge von:<br />

Christian Bernert, Mathias Bornschein, Miguel<br />

Brand, Martin Eichenseder, Thomas Gros,<br />

Ralf Grosse, Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Henke,<br />

Thomas Heine, Heike Kleine, Dr. Moritz Philipp<br />

Koch, Marina Köhn, Peter Köhne, Prof.<br />

Dr. Julian Kunkel, Susanne Kurz, Thilo Plasse,<br />

Dr. Markus Richter, Bernhard Seibold, Yasha<br />

Tarani, Conrad Wächter, Prof. Dr. Harald<br />

Wehnes, Andreas Zimmermann, Stefan Zweili<br />

Fotos/Grafiken:<br />

Allianz SE, BMI, Bundesverband <strong>IT</strong>-Mittelstand<br />

e.V., Depositphotos, UBA, Stefan Zweili<br />

Titelfoto: Thilo Plasse<br />

14<br />

Internet:<br />

www.nachhaltige-beschaffung.com<br />

Social media:<br />

X: https://twitter.com/MKniffe<br />

LinkedIn: https://www.linkedin.com/posts/<br />

thomas-heine-866785<br />

Facebook: https://www.facebook.com/Kleine-<br />

Kniffe-1601748926512841/<br />

Digitalausgabe:<br />

06. KI IM<br />

BESCHAFFUNGS-<br />

WESEN<br />

10. INTERVIEW M<strong>IT</strong><br />

THILO PLASSE,<br />

ALLIANZ SE<br />

20. ZERTIFIZIERUNG<br />

VON<br />

RECHENZENTREN<br />

21. KLIMA-<br />

FREUNDLICHES<br />

RECHENZENTRUM<br />

14. <strong>IT</strong>-STRATEGIE<br />

DES BUNDES<br />

22. NACHHALTIGE<br />

SOFTWARE<br />

Herausgeber<br />

SDG media GmbH<br />

Wagenfeldstraße 7a<br />

44141 Dortmund<br />

www.sdg-media.de<br />

kleine kniffe® ist eingetragene Marke<br />

der IMAGO GmbH, Dortmund<br />

16. EVB-<strong>IT</strong> & CO –<br />

QUO VADIS<br />

NACHHALTIGKE<strong>IT</strong><br />

24. GRÜNE HARDWARE<br />

18. NACHHALTIGKE<strong>IT</strong><br />

IM<br />

RECHENZENTRUM<br />

27. STRATEGISCHE<br />

<strong>IT</strong>-BESCHAFFUNG<br />

4 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 4 12.02.24 12:53


08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.08.LOREMIPSUMaecenasnecanteacorcidictumalesuadaeuismod.42.ZUKUNFTEINKAUFEN<br />

34 16<br />

42<br />

10<br />

28. UMWELTBILANZ<br />

VON STREAMING,<br />

VIDEOKONFERENZ<br />

& CO<br />

44. LE<strong>IT</strong>FÄDEN<br />

NACHHALTIGE<br />

<strong>IT</strong>-BESCHAFFUNG<br />

56. INTERVIEW M<strong>IT</strong><br />

JOSH HARWERT<br />

SUSTAINABLE-<strong>IT</strong>.<br />

ORG<br />

32. OPEN SOURCE –<br />

NEUES MINDSET<br />

34. OPEN SOURCE ALS<br />

ABWEHR VON<br />

ABHÄNGIGKE<strong>IT</strong>EN<br />

38. E-PROCUREMENT<br />

45. AVV-KLIMA<br />

46. 140.000 MON<strong>IT</strong>ORE<br />

CLEVER<br />

BESCHAFFT<br />

50. BESCHLEUNIGUNG<br />

DER<br />

NACHHALTIGKE<strong>IT</strong><br />

60. KI-ANALYSE UND<br />

KLIMAREPORTING<br />

62. KI IN DER<br />

NACHHALTIGEN<br />

BESCHAFFUNG<br />

41. DIG<strong>IT</strong>AL<br />

SUSTAINABIL<strong>IT</strong>Y<br />

SUMM<strong>IT</strong><br />

42. TIPPS FÜR EINE<br />

NACHHALTIGE<br />

<strong>IT</strong>-BESCHAFFUNG<br />

53. LE<strong>IT</strong>FADEN<br />

SOFTWARE<br />

BESCHAFFUNG<br />

54. SPP-LE<strong>IT</strong>FADEN<br />

FÜR EINE<br />

NACHHALTIGE<br />

BESCHAFFUNG<br />

66. DIE BEDEUTUNG<br />

DES ÖFFENTLICHEN<br />

EINKAUFS<br />

72. GÜTESIEGEL<br />

GREEN <strong>IT</strong><br />

Kleine Kniffe<br />

5<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 5 12.02.24 12:53


Künstliche Intelligenz<br />

Künstliche Intelligenz im Beschaffungswesen<br />

In der heutigen schnelllebigen Geschäftswelt wird das Beschaffungswesen mehr und mehr zu einem<br />

zentralen Bereich für Unternehmen geworden, in der mehr Digitalisierung angestrebt wird. Die<br />

traditionellen Beschaffungsmethoden sind oft zeitaufwändig, ressourcenintensiv und wenig effizient.<br />

Mit dem Aufkommen der künstlichen Intelligenz (KI) und ihren rasanten Fortschritten bricht jedoch eine<br />

neue Ära der Beschaffung an - eine Ära, die von intelligenten und autonomen Lösungen bestimmt wird.<br />

Dieser Artikel befasst sich mit den enormen Möglichkeiten und künftigen Fortschritten der generativen<br />

KI im Beschaffungswesen und zeigt auf, wie KI-gesteuerte Lösungen den Weg zu einer autonomeren<br />

Beschaffungslandschaft ebnen.<br />

Ein Beitrag von Andreas Zimmermann<br />

Die Integration von KI-Technologie<br />

in Beschaffungsprozesse<br />

bietet zahlreiche Vorteile, die über<br />

traditionelle Beschaffungspraktiken<br />

hinausgehen. Mit KI-gestützten<br />

Lösungen können<br />

Unternehmen ihre Beschaffungsvorgänge<br />

optimieren, Kosten<br />

senken, die Lieferantenbeziehungen<br />

verbessern und ihre Bemühungen<br />

um Nachhaltigkeit verstärken.<br />

Wir möchten einige KI-Anwendungsfälle<br />

aus dem Bereich<br />

Beschaffung vorstellen, um die<br />

Leistungsfähigkeit von KI für die<br />

Beschaffung zu verdeutlichen.<br />

Eines der Schlüsselelemente<br />

der Beschaffung ist die genaue Beschreibung<br />

des Bedarfs. Mit Hilfe generativer KI können wertvolle<br />

Erkenntnisse und Vorschläge gewonnen werden, um eine<br />

umfassende und präzise Beschreibung des tatsächlichen Bedarfs zu<br />

erstellen. Durch die Nutzung von KI können Beschaffungsexperten<br />

die Anforderungen so formulieren, dass ein besseres Verständnis<br />

und eine bessere Kommunikation mit den Lieferanten möglich sind.<br />

Übersicht<br />

In diesem Artikel werden einige KI-Anwendungsfälle aus dem<br />

Bereich Beschaffung vorgestellt, um die Leistungsfähigkeit von KI<br />

für die Beschaffung zu verdeutlichen.<br />

Dazu gehören die umfassende und präzise Beschreibung des<br />

tatsächlichen Bedarfs, die optimierte Verwaltung der Bedarfe, die<br />

optimierte Lieferantenauswahl und das Finden neuer Lieferanten.<br />

Dazu gehören aber auch die Unterstützung der Beschaffungsteams<br />

in Verhandlungen bis zur vollständigen Automatisierung von<br />

Verhandlungen.<br />

Immer wichtiger wird KI auch in der nachhaltigen Beschaffung,<br />

weil Emmissionsdaten der Lieferanten schnell bewertet und<br />

verglichen werden können und die Einhaltung von Menschenrechtsstandards<br />

und Grundsätzen der sozialen Verantwortung<br />

überprüft werden können.<br />

ChatGPT und andere Sprachmodell<br />

können sehr weiterhelfen, auch<br />

schnell eine neue Lösung für das<br />

Problem zu etablieren.<br />

Die Kategorisierung ist<br />

für eine effiziente Beschaffung<br />

im Bereich der nachhaltigen<br />

Beschaffung unerlässlich. Durch<br />

den Einsatz von KI-Technologie<br />

können Bedarfsmerkmale analysiert<br />

und die richtige Kategorie<br />

automatisch bestimmt werden.<br />

Dies reduziert nicht nur<br />

den manuellen Aufwand,<br />

sondern sichert auch eine einheitliche<br />

Klassifizierung. Die aus dieser<br />

Kategorisierung resultierende<br />

optimierte Verwaltung der Bedarfe<br />

verbessert die Entscheidungsfindung in jedem Schritt des Beschaffungsprozesses.<br />

Da saubere Stammdaten für Lieferanten nicht immer in einem<br />

guten Zustand sind und Lieferanten auch regelmäßig ihr Leistungen<br />

ändern, ist es nicht immer einfach, passende Lieferanten in<br />

6 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 6 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

der Lieferantenliste des Unternehmens zu finden. Daher suchen<br />

viele Unternehmen nach neuen Lieferanten und investieren in den<br />

Prozess der Lieferantenanbindung, selbst wenn es gut passende Lieferanten<br />

in der Lieferantenliste gibt.<br />

Durch den Einsatz von KI-gesteuerten Lösungen wie mysupply<br />

können Beschaffungsteams eingehende Beschaffungsanfragen<br />

intelligent mit den am besten geeigneten Lieferanten aus ihrer<br />

Liste abgleichen und Anfragen strategisch bündeln, indem sie sich<br />

überschneidende Lieferanten identifizieren. Durch die Integration<br />

historischer Daten können Algorithmen optimiert und auf bestimmte<br />

Nischen zugeschnitten werden.<br />

KI-gestützte Ansätze können natürlich nicht nur bestehende<br />

Lieferantenbeziehungen durch umfangreiche Datenanalysen identifizieren,<br />

sondern natürlich auch neue Lieferanten finden. Durch<br />

KI-gestützte Analysen und Datenverarbeitung erhalten Beschaffungsexperten<br />

Zugang zu einer breiteren Palette potenzieller<br />

Lieferanten und können potentiell deren Fähigkeiten, Leistungsmetriken<br />

und Übereinstimmung mit präzisen Kriterien schnell<br />

bewerten.<br />

Diese Fähigkeit ermöglicht eine fundierte Entscheidungsfindung<br />

und fördert strategische Kooperationen, die Kosteneffizienz, Qualität<br />

und langfristige Partnerschaften optimieren und letztlich einen<br />

Wettbewerbsvorteil auf dem Markt schaffen. Die Suche nach neuen<br />

Lieferanten war sogar einer der ersten Anwendungsfälle für KI in<br />

der Beschaffung. In den letzten 2 Jahren wurde sie in vielen Unternehmen<br />

bereits zu einer Standardanwendung.<br />

KI-gestützte Verhandlungen geben Beschaffungsteams die<br />

Möglichkeit, verschiedene Verhandlungsszenarien mit nur einem<br />

Knopfdruck zu lösen. Für die strategische Beschaffung hilft KI bei<br />

der optimalen Vorbereitung von Verhandlungen. Intelligente Algorithmen<br />

generieren mehrere potenzielle Verhandlungsergebnisse<br />

auf der Grundlage verschiedener Variablen und Parameter. Auf diese<br />

Weise kann eine Reihe von Faktoren wie Preis, Auftragsvolumen,<br />

Zahlungsbedingungen, Vorlaufzeiten und andere Verhandlungsparameter<br />

einfach, schnell und datenbasiert berücksichtigt werden.<br />

Mit Hilfe von KI kann eine Reihe von Verhandlungsszenarien<br />

erstellt und den Beschaffungsteams zur Verfügung gestellt werden,<br />

so dass sie einen umfassenden Überblick über Markttrends, Lieferantenverhalten<br />

und andere Faktoren erhalten, wobei verschiedene<br />

Kombinationen von Bedingungen berücksichtigt werden. KI kann<br />

auf einfache Weise historische Verhandlungsdaten und relevante<br />

Faktoren analysieren, um Verhandlungsstrategien zu empfehlen, die<br />

wahrscheinlich zu günstigen Ergebnissen führen werden.<br />

Bei Verhandlungen über taktische oder operative Bedarfe hilft<br />

KI, die Verhandlungen vollständig zu automatisieren. Durch den<br />

Kleine Kniffe<br />

7<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 7 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

Einsatz von KI kann jeder Bedarf verhandelt werden, selbst wenn der<br />

Aufwand zu hoch ist, um die Zeit der Einkäufer dafür zu verschwenden.<br />

Aufgrund der hohen Effizienzsteigerung durch den Einsatz von<br />

Tools für autonome Verhandlungen können zusätzliche Einsparungen<br />

leicht erzielt werden.<br />

Nachhaltige Beschaffung ist ein Thema, das jeden Tag an Bedeutung<br />

gewinnt. Die Kohlendioxidemissionen der Lieferanten werden<br />

bald ein obligatorischer Bestandteil der Beschaffungsagenda sein.<br />

KI-gesteuerte Lösungen können die Emissionsdaten von Lieferanten<br />

schnell bewerten und vergleichen. Dadurch können<br />

Beschaffungsteams Entscheidungen treffen, die mit den Umweltzielen<br />

übereinstimmen, indem sie Lieferanten mit geringen<br />

Emissionen bevorzugen und die Einführung umweltfreundlicher<br />

Praktiken fördern. In ähnlicher Weise kann ein Unternehmen, das<br />

Wert auf ethische Arbeitsbedingungen legt, mit Hilfe von KI die<br />

Einhaltung von Menschenrechtsstandards und Grundsätzen der<br />

sozialen Verantwortung durch die Lieferanten überprüfen und so<br />

eine verantwortungsvollere Lieferkette fördern. Indirekt trägt KI zu<br />

Nachhaltigkeitszielen bei, indem sie sich wiederholende Aufgaben<br />

automatisiert und Kapazitäten für strategische Nachhaltigkeitspraktiken<br />

freisetzt.<br />

Die Fähigkeit der KI, große Datenmengen zu verwalten, ist<br />

besonders bei der Identifizierung nachhaltiger Lieferanten von Vorteil.<br />

Mit Hilfe von KI können Unternehmen Lieferanten, bei denen<br />

Nachhaltigkeit im Vordergrund steht, effektiv bewerten und mit<br />

ihnen in Kontakt treten und so zu einer umweltbewussten und sozial<br />

verantwortlichen Lieferkette beitragen. Beschaffungsteams können<br />

mühelos verschiedene Nachhaltigkeitsdaten einbeziehen, die mit den<br />

Werten und Zielen des Unternehmens übereinstimmen. Diese transformative<br />

Fähigkeit gewährleistet datengestützte Präzision bei der<br />

Lieferantenauswahl und fördert einen fairen Wettbewerb zwischen<br />

den Lieferanten auf der Grundlage von Nachhaltigkeits-Benchmarks.<br />

Ein weiterer Schritte in der Digitalisierung ist Predictive Sourcing.<br />

Angetrieben durch künstliche Intelligenz (KI), stellt es einen<br />

ausgeklügelten Ansatz zur Gestaltung von Beschaffungsstrategien<br />

dar. Durch die Nutzung historischer Daten schlägt es proaktiv optimale<br />

Einkäufe vor, noch bevor konkrete Anfragen gestellt werden.<br />

Dies erfordert eine gründliche Analyse vergangener <strong>Einkauf</strong>sdaten,<br />

früherer Bestellungen und relevanter Marktereignisse, um erkennbare<br />

Trends, Muster und Korrelationen aufzudecken.<br />

Diese analytische Tiefe ermöglicht es der KI, potenzielle künftige<br />

Produkt- oder Dienstleistungsanforderungen zu antizipieren<br />

und Einblicke in Produktkategorien, benötigte Mengen und den<br />

Zeitpunkt dieser Käufe zu geben. Darüber hinaus gehen KI-gesteuerte<br />

Lösungen noch einen Schritt weiter, indem sie den künftigen<br />

Bedarf mit dem idealen Zeitpunkt für den Kauf abgleichen. Die<br />

Preise für viele Waren steigen und fallen. KI hilft bei der Analyse<br />

von Preisänderungen und bei der Vorhersage potenziell günstiger<br />

Kaufzeitpunkte.<br />

8 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 8 12.02.24 12:53


Obwohl KI-gesteuerte Lösungen ihre Fähigkeit unter Beweis<br />

gestellt haben, dauerhafte Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen<br />

zu erzielen, ist die Integration solcher Technologien in die<br />

täglichen Abläufe jedes Beschaffungsteams noch in den Anfängen.<br />

Ein Beschaffungsspezialist kann sich jedoch die Fähigkeiten von<br />

ChatGPT zunutze machen, um verschiedene Aspekte seiner Rolle<br />

ganz einfach zu verbessern.<br />

Sie können lange Angebote schnell in prägnante 1-Satz-Highlights<br />

destillieren, schnelle Einblicke in neue Lieferanten gewinnen,<br />

indem sie öffentlich verfügbare Daten nutzen, mühelos Aufzählungspunkte<br />

in ausgefeilte Lieferanten-E-Mails umwandeln, überzeugende<br />

Argumente oder Gegenargumente während Verhandlungen generieren,<br />

klare Erklärungen für komplexe Bedarfsanfragen erhalten<br />

und effizient doppelte Bedarfe mit unterschiedlichen Beschreibungen<br />

aufspüren.<br />

Darüber hinaus befähigt ChatGPT den Spezialisten, potenzielle<br />

Probleme in Lieferantenverträgen zu erkennen, um solide Vereinbarungen<br />

zu gewährleisten, und personalisierte Berichte aus Rohdaten<br />

für verschiedene Interessengruppen zu erstellen. Diese KI-gesteuerte<br />

Unterstützung steigert die Effizienz der Beschaffung, die Entscheidungsfindung<br />

und die Einbindung der Stakeholder.<br />

mysupply, eine, die das Potenzial von KI in der<br />

Beschaffung nutzt.<br />

Durch die Nutzung von KI-Funktionen ermöglich mysupply<br />

bereits ein autonomes Sourcing. Dabei automatisiert mysupply Aufgaben<br />

wie die Gruppierung von Bedarfen, die gemeinsam beschafft<br />

werden können, das Vorschlagen von Lieferanten, die diese liefern<br />

können, führt eigenständig Verhandlungen durch und einiges mehr.<br />

mysupply nutzt neue Technologien, um eine durchgängige Beschaffung<br />

zu schaffen, die fair, ethisch und nachhaltig ist.<br />

ChatGPT ergänzt die eigenen KI-Fähigkeiten von mysupply.<br />

Dabei macht sich mysupply insbesondere die Sprachintelligenz zu<br />

nutze. Diese Fähigkeit kann besonders gut genutzt werden, um<br />

die Interaktion des Verhandlungs-Bots natürlicher zu gestalten.<br />

Außerdem bietet die umfassende Datenbasis von Chat-GPT die<br />

Möglichkeit die Qualität von Bedarfsbeschreibungen intelligent zu<br />

verbessern.<br />

Autor:<br />

Andreas Zimmermann<br />

Founder und CEO<br />

der „Mysupply GmbH“<br />

Kleine Kniffe<br />

9<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 9 12.02.24 12:53


Praxis des nachhaltigen <strong>IT</strong>-<strong>Einkauf</strong>s<br />

Im Gespräch mit Thilo Plasse, Allianz SE<br />

Der <strong>Einkauf</strong> spielt für die Dekarbonisierung eine zentrale Rolle. Wir sprechen mit Thilo Plasse,<br />

wie der <strong>Einkauf</strong> von <strong>IT</strong> gestaltet werden muss, um die Klimaziele in der Lieferkette zu erreichen<br />

und welche Herausforderungen das CO 2<br />

-Monitoring, das Lieferantenmanagement, Öko-Label und<br />

kreislaufwirtschaftliche Aspekte in der <strong>IT</strong> Beschaffung stellen.<br />

Das Interview führte Thomas Heine<br />

Die <strong>IT</strong>-Beschaffung verfügt<br />

über einen wirksamen<br />

Hebel zur Verbesserung der<br />

Klimabilanz des Unternehmens:<br />

Computer, Laptops,<br />

Server und andere Geräte<br />

der Informationstechnik<br />

hinterlassen schon in der<br />

Fertigung, von der Rohstoffgewinnung<br />

bis zur<br />

Auslieferung, einen enormen<br />

CO₂-Fußabdruck?<br />

Wie geht der <strong>Einkauf</strong> der<br />

Allianz SE mit dieser Herausforderung<br />

um?<br />

In der Warengruppe <strong>IT</strong> geht<br />

es bei der Allianz SE um Komponenten<br />

und Dienstleistungen zu<br />

zu den Hardware-Komponenten<br />

von <strong>IT</strong>-Netzwerken, Server, und<br />

anderer Infrastruktur, es geht<br />

aber auch um die Beauftragung<br />

von <strong>IT</strong>-Services wie Softwareentwicklung, Coding und Customizing.<br />

Für all diese Güter haben wir Fragebögen entwickelt, in die<br />

eine fachliche, eine finanzielle und eine nachhaltige Bewertung einfließt.<br />

Das Interview<br />

Thilo Plasse ist als Head of Procurement Development & Analytics<br />

der Allianz SE für Ausgaben in Höhe von sechs Milliarden<br />

EUR jährlich verantwortlich. 40% davon fallen auf den Bereich<br />

<strong>IT</strong>-Beschaffung, in der die Beschaffung von Hardware, Software<br />

und Dienstleistungen subsummiert sind.<br />

Noch ist es eine Herausforderung,<br />

diese drei Kriterien im Anforderungskatalog<br />

gleichwertig umzusetzen,<br />

weil der Wunschlieferant auf einmal<br />

nicht mehr die Nr. 1 ist. Um Klarheit<br />

für die Beschaffungsvorgänge zu<br />

erreichen, werden wir deshalb im 2.<br />

Quartal das Sustainability Board der<br />

Allianz Gruppe bitten, bindend für<br />

die gesamte Gruppe einen Standard<br />

der Bewertung zu entwickeln, nachdem<br />

sich der <strong>Einkauf</strong> richten kann.<br />

Die Allianz SE hat sich einen<br />

engagierten Rahmenplan zur<br />

Nachhaltigkeit geschaffen.<br />

Welche Auswirkungen hat das<br />

auf den <strong>Einkauf</strong>?<br />

Der Einfluss des Rahmenplans<br />

zur Nachhaltigkeit ist groß. Wenn<br />

heute die Erfassung der Scope 3 Emissionen<br />

noch auf freiwilliger Basis<br />

erfasst werden, arbeiten wir zurzeit an der Festlegung der operativen<br />

Ziele. Die CO 2<br />

-Emissionen nach Scope 1 und Scope 2 werden darüber<br />

hinaus bis 2030 Bestandteil des Allianz Nachhaltigkeitsberichts<br />

sein, die CO 2<br />

-Emissionen nach Scope 3 ab 2050.<br />

10 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 10 12.02.24 12:53


Foto: Allianz SE<br />

Der <strong>Einkauf</strong> steht immer im Konflikt zwischen monetären<br />

und firmenpolitischen Anforderungen an die<br />

Beschaffung. Produkte und Dienstleistungen, die preislich<br />

attraktiv sind, erfüllen keine Nachhaltigkeitsnorm.<br />

Und Produkte, die auf Dekarbonisierung, Langlebigkeit<br />

und Recylingfähigkeit einzahlen, sind oft zu teuer. Wie<br />

geht der <strong>Einkauf</strong> der Allianz SE mit diesem Dilemma um?<br />

Wir führen intern diese Diskussion, sind aber noch nicht am<br />

Ende angelangt. Es gibt viele Aspekte und viele Meinungen zu<br />

diesem Thema. Um eine Struktur zu entwickeln wird sich das Sustainability<br />

Board darum bemühen, einen konzernweiten Standard zu<br />

entwickeln, gegenüber den Bedarfsträgern existiert jedoch auch die<br />

Herausforderung, Transparenz für nachhaltigen <strong>Einkauf</strong> zu entwickeln<br />

und Empfehlungen für den <strong>Einkauf</strong> auszusprechen.<br />

Das Green Software-Konzept bezieht sich auf den<br />

Ansatz, Softwareentwicklung und -nutzung umweltfreundlicher<br />

und nachhaltiger zu gestalten. Durch<br />

Code-Optimierung, effizientes Datenmanagement und<br />

Verwendung energieeffizienter Algorithmen kann der<br />

Energieverbrauch der Software verringert werden. Gleichzeitig<br />

können Softwarelösungen dazu beitragen, den<br />

Kühlungsbedarf und die Lastverteilung in Rechenzentren<br />

zu optimieren. Welchen Ansatz verfolgt die Allianz SE bei<br />

der Beschaffung und Nutzung von Software?<br />

Diese Frage richtet sich vor allem an die Software-Eigenentwicklung<br />

der Allianz SE. Green Coding fasse wir unter dem begriff<br />

Sustainable Coding zusammen, weil neben der energieeffizienten<br />

Softwareentwicklung auch die Aspekte der Barrierefreiheit und<br />

der Userfreundlichkeit eine Rolle spielen. Auch hierbei sind wir auf<br />

dem Pfad der Optimierung, indem wir Standards entwickeln und die<br />

Ergebnisse aus der Anwendung proprietärer Softwareentwicklung<br />

kontinuierlich messen, um sie optimieren zu können.<br />

Green-Data-Centers, auch als grüne Rechenzentren<br />

bezeichnet, sind Rechenzentren, die darauf ausgelegt<br />

sind, den Energieverbrauch zu reduzieren und umweltfreundlicher<br />

zu sein. Sie verwenden verschiedene<br />

Technologien und Praktiken, um Energieeffizienz zu maximieren<br />

und den ökologischen Fußabdruck zu minimieren.<br />

Auf welche Kriterien stützt sich die Allianz SE bei der<br />

Ausschreibung von Rechenzentrenleistungen?<br />

Die von der Allianz betriebenen Data Center unterliegen kontinuierlich<br />

einem Monitoring Prozess, der auf ihre Optimierung<br />

auch unter nachhaltigen Gesichtspunkten gerichtet ist. Kaufen wir<br />

Leistungen von Rechenzentren ein, achten wir auf die Einhaltung<br />

vieler Aspekte. Dazu gehören die CO 2<br />

-Emissionen, der Footprint des<br />

Rechenzentrums, die Einhaltung der ISO 14001 und den EU Code<br />

of Conduct. Bei den Lieferanten achten wir dazu auch auf die Einhaltung<br />

von Menschenrechten, auf Equal-Pay, auf soziale Aspekte<br />

und auf die Vermeidung von Diskriminierung und das Bemühen von<br />

Inklusion.<br />

Kleine Kniffe<br />

11<br />

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Foto: Allianz SE<br />

Bei all den Aspekten, die für eine nachhaltige <strong>IT</strong> zu<br />

berücksichtigen sind, fehlt manchmal der Überblick,<br />

was Sinn ergibt und was nicht. Klarheit versprechen<br />

Umweltzeichen, Standards und Zertifizierungen, die bei<br />

der Auswahl und Entwicklung nachhaltiger Software<br />

unterstützen wollen. Nutzt die Beschaffung der Allianz<br />

SE Umweltzeichen und Standards bei der Ausschreibung<br />

und Vergabe von <strong>IT</strong>-Losen?<br />

Ja natürlich nutzen wir Umweltzeichen und Standards in unseren<br />

Ausschreibungen. der Energy Star, TCO Lables, die EU Waste<br />

Framework Directive und die EU-Rechtsvorschrift Right to Repair,<br />

gehören beispielweise dazu.<br />

Immer wieder scheitern transformatorische Projekte<br />

am inneren Widerstand oder der Einstellung der Beschäftigten.<br />

Der <strong>Einkauf</strong> optimiert die <strong>IT</strong>-Beschaffung unter<br />

Gesichtspunkten der Dekarbonisierung, in den Abteilungen<br />

werden aber Computer über Nacht angelassen und<br />

ein neuer Standard von einem statt zwei Bildschirmen<br />

schleicht sich ein. Hat die Allianz SE diesen Rebound-Effekt<br />

im Visier? Und welche Maßnahmen werden dabei<br />

ergriffen?<br />

Wir ergreifen in dieser Hinsicht vor allem technische Maßnahmen.<br />

<strong>IT</strong>-Hardware, die wir an die Bedarfsträger ausliefern, ist so<br />

eingestellt, dass der Standby-Modus automatisch anspringt und ein<br />

Sleep-Mode von 20:00 Uhr bis 8:00 Uhr nur im Bedarfsfall ausgesetzt<br />

wird.<br />

Eine abschließende Frage: Wo steht die Allianz SE mit<br />

der nachhaltigen <strong>IT</strong>- Beschaffung im Dezember 2024?<br />

Wir verfolgen in diesem Jahr vor allem zwei Schwerpunkte:<br />

Wir wollen in unserem Lieferantenpool eine Transparenz für den<br />

ESG-Bereich aufbauen. Wir wollen technisch nachvollziehen, wie<br />

unsere ESG-Kriterien wirken und wollen für jede Ausschreibung<br />

wissen, wer der Gewinner dieser Ausschreibung geworden ist und<br />

warum.<br />

12 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 12 12.02.24 12:53


Die Nach haltig keits strategie der<br />

Allianz Gruppe<br />

„We secure your future“ – diesem Anspruch will die Allianz<br />

Gruppe weltweit gerecht werden. Die Allianz hat sich verpflichtet,<br />

ihr Versicherungsgeschäft und die Anlage der eigenen Vermögenswerte<br />

bis 2050 klimaneutral zu stellen.<br />

Die Emissionen aus dem Geschäftsbetrieb sollen bis 2030<br />

auf netto null reduziert werden. Erst im September 2023 hat die<br />

Allianz ihren eigenen, sehr ehrgeizigen Übergangsplan veröffentlicht,<br />

der Zwischenziele für 2030 und einen Überblick darüber<br />

enthält, wie diese erreicht werden sollen. Da dies das entscheidende<br />

Jahrzehnt ist, hat die Allianz beschlossen, ihre Ressourcen noch<br />

stärker auf die Umsetzung zu konzentrieren.<br />

Entsprechend arbeitet die Allianz aktiv mit Unternehmen in<br />

ihrem Portfolio an der Umsetzung der Pariser Klimaziele, unter<br />

anderem über Unternehmensdialoge und klare Veränderungspfade.<br />

2019 hat sich die Allianz mit anderen Versicherungen und<br />

Pensionskassen unter dem Dach der Vereinten Nationen zur<br />

UN-Convened Net-Zero Asset Owner Alliance (NZAOA) zusammengeschlossen.<br />

Zudem ist die Allianz in weiteren freiwilligen<br />

Initiativen aktiv. Ziel ist es, den Wandel zu einer emissionsarmen<br />

Wirtschaft in vielen Branchen zu unterstützen.<br />

Vorrangige Ziele der Allianz SE Gruppe<br />

Klimawandel und Dekarbonisierung. Die Begrenzung des<br />

Klimawandels und die Anpassung an ihn erfordert gemeinsame<br />

Anstrengungen seitens Regierungen, Unternehmen, Industrien<br />

und Gemeinschaften auf der ganzen Welt.<br />

Gesellschaftliche Auswirkungen: Angesichts der<br />

Auswirkungen von COVID-19 auf Leben, Gesundheit und Lebensgrundlagen<br />

weltweit war die Übernahme kollektiver sozialer<br />

Verantwortung noch nie so wichtig wie heute.<br />

Und wir wollen uns unter Management-Gesichtspunkten an die<br />

Entwicklung eines Big Picture für die nachhaltige <strong>IT</strong>-Beschaffung<br />

heranarbeiten. Noch ist unser Blick auf Einzelaspekte gerichtet. Wir<br />

wollen uns aber Gedanken machen, um neue Konzepte zu entwickeln,<br />

die in einer Mischung von Messbarkeit und Motivation dazu<br />

führen, den gesamten <strong>Einkauf</strong> auf die Erfordernisse nachhaltiger<br />

Beschaffung umzubauen.<br />

ESG integrieren. Das Engagement für Umwelt(environmental),<br />

Sozial (social)- und Governance-Themen (ESG) zielt darauf<br />

ab, Nachhaltigkeit überall zu verankern.<br />

Handlunsgfelder zur Erreichung der Ziele sind:<br />

• Den Kunden zuhören<br />

• Vielfalt, Gerechtigkeit und Integration anstreben<br />

• Umweltmanagement vorantreiben<br />

• Wahrung der Menschenrechte umsetzen<br />

• Steuerliche Transparenz schaffen<br />

Das Interview führte<br />

Thomas Heine<br />

• Nachhaltige Beschaffung stärken<br />

Chefredakteur<br />

www.nachhaltige-beschaffung.com<br />

Kleine Kniffe<br />

13<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 13 12.02.24 12:53


<strong>IT</strong>-Strategie des Bundes<br />

Die <strong>IT</strong>-Strategie des Bundes und ihre Instrumente<br />

Nachhaltigkeit in der <strong>IT</strong>-Beschaffung<br />

Eine funktionsfähige Informations- und Telekommunikationstechnik (<strong>IT</strong>K) innerhalb der<br />

Bundesverwaltung ist für die Handlungsfähigkeit von Staat von Verwaltung von zentraler<br />

Bedeutung. Die <strong>IT</strong>-Strategie des Bundes bildet dabei das Fundament. Zu einer funktionierenden<br />

<strong>IT</strong>K gehört die Beschaffung von entsprechender Ausstattung. Eine wesentliche Rolle spielt<br />

dabei die Nachhaltigkeit, die nach dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung, im Rahmen der<br />

Digitalisierung strikt zu beachten ist.<br />

Ein Beitrag von Dr. Markus Richter<br />

<strong>IT</strong>-Strategie des Bundes<br />

Die <strong>IT</strong>-Strategie des Bundes, die unter der Federführung des<br />

Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) erarbeitet<br />

wurde, beschreibt die Ziele zur Ausrichtung der <strong>IT</strong> innerhalb<br />

der Bundesverwaltung insgesamt. Sie bildet die Grundlage für<br />

alle bestehenden und zukünftigen <strong>IT</strong>-Maßnahmen. Die Ziele und<br />

Handlungsfelder dieser Strategie sind grundsätzlich für alle Bundesbehörden<br />

verpflichtend. Die <strong>IT</strong>-Strategie definiert zehn strategische<br />

Ziele. Eines davon umfasst die Bereiche Umweltverträglichkeit und<br />

Nachhaltigkeit. Zur Erreichung der Ziele der <strong>IT</strong> Strategie gibt es<br />

aktuell eine entsprechende Anzahl an Handlungsfeldern: u.a. die<br />

<strong>IT</strong>-Nachhaltigkeit.<br />

Nachhaltigkeit in der <strong>IT</strong>-Beschaffung<br />

Die Sustainable Development Goals der UN-Agenda 2030<br />

(Unterziel 12.7 „Nachhaltiges Beschaffungswesen“) sehen vor,<br />

dass in der öffentlichen Beschaffung nachhaltige Produkte und<br />

Dienstleistungen zu fördern sind. Dies wurde in der Deutschen<br />

Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigt. Das Maßnahmenprogramm<br />

Nachhaltigkeit – Weiterentwicklung 2021 konkretisiert in Kapitel<br />

IV für die Beschaffung von <strong>IT</strong>K-Produkten verschiedene Anforderungen,<br />

die aus Nachhaltigkeitsgründen zu berücksichtigen sind.<br />

Zu nennen sind u.a. die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten<br />

(Lebenszeitkosten) sowie die Anwendung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift<br />

zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen<br />

(AVV Klima). Bei öffentlichen Beschaffungen sind auch laut <strong>IT</strong>-Beschaffungsstrategie<br />

umwelt- und energieeffizienzbezogene Kriterien<br />

zu berücksichtigen, soweit es möglich und sachgerecht ist und ein<br />

sachlicher Zusammenhang zum Auftragsgegenstand besteht. Diese<br />

Aspekte müssen bereits vorab bei der Bedarfsanalyse im Rahmen des<br />

Beschaffungsprozesses geprüft werden. Bei Ausschreibungen sollen<br />

die Kriterien des Umweltzeichens „Blauer Engel“ oder die Standards<br />

vergleichbarer Gütezeichen wie z.B. des Europäischen Umweltzeichens<br />

oder des Energy Star verwendet werden.<br />

Außerdem fördern die Vergabestellen im Rahmen des Beschaffungsprozesses<br />

soziale Aspekte wie Arbeitsbedingungen und die<br />

Beachtung der Menschenrechte innerhalb der Lieferkette.<br />

Begleitend dazu gibt es für die Beschaffung von <strong>IT</strong>K-Produkten<br />

richtungsweisende Vorgaben in der Architekturrichtlinie für die <strong>IT</strong><br />

des Bundes, in der Soll-Konzeption der <strong>IT</strong>-Beschaffungsbündelung<br />

sowie in der <strong>IT</strong>-Beschaffungsstrategie. In der <strong>IT</strong>-Beschaffungsstrategie<br />

sind vertiefende Empfehlungen für die Bereiche ökonomische,<br />

ökologische und soziale Nachhaltigkeit festgelegt. Diese definieren<br />

sich aus den vier Leitlinien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie:<br />

Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, Sozialer Zusammenhalt<br />

und internationale Verantwortung.<br />

Nachhaltigkeit der <strong>IT</strong>-Beschaffung in der<br />

Praxis<br />

Die größte Beschaffungsstelle für <strong>IT</strong> innerhalb der Bundesverwaltung<br />

ist die Zentralstelle <strong>IT</strong>-Beschaffung (ZIB) im<br />

Beschaffungsamt des BMI (BeschA). Die Aufgaben der ZIB basieren<br />

u.a. auf der <strong>IT</strong>-Beschaffungsstrategie. Bei ihren Beschaffungsvorha-<br />

14 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 14 12.02.24 12:53


„Foto: BMI<br />

ben berücksichtigt sie grundsätzlich Nachhaltigkeitskriterien z.B. die<br />

Kriterien des „Blauer Engel“. In den durch die ZIB geschlossenen<br />

und im Kaufhaus des Bundes abrufbaren Rahmenvereinbarungen<br />

zu <strong>IT</strong>K-Produkten wird jeweils angegeben, welche der drei Säulen<br />

der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie, Soziales) berücksichtigt<br />

wurden.<br />

Die ZIB fördert den Nachhaltigkeitsfokus auch auf andere Weise.<br />

So wurde beispielsweise in Kooperation mit dem Umweltbundesamt<br />

ein Marktdialog zum Thema „Nachhaltige Rechenzentren“ durchgeführt.<br />

Dieser und andere entsprechende Dialoge sollen einerseits<br />

den Markt für die Notwendigkeit der Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien<br />

sensibilisieren. Anderseits sollen sie eine bestmögliche<br />

Abbildung der bestehenden Möglichkeiten in zukünftigen Ausschreibungen<br />

ermöglichen.<br />

Im Rahmen der sozialen Nachhaltigkeit hat das BeschA gemeinsam<br />

mit dem Digitalverband Bitkom eine Verpflichtungserklärung<br />

für die Beschaffung von <strong>IT</strong>K-Produkten und -Dienstleistungen<br />

erstellt. Schwerpunkt der Erklärung ist die Pflicht von Auftragnehmern<br />

zur Einhaltung von Menschenrechten in der Produktion und<br />

Leistungserbringung bei der Bereitstellung von <strong>IT</strong>K-Produkten und<br />

-Dienstleistungen. Durch diese Erklärung ist es dem öffentlichen<br />

<strong>Einkauf</strong> möglich, bis in die dritte Stufe der Lieferkette ihrer Auftragnehmer<br />

transparent und nachvollziehbar zu überprüfen, ob soziale<br />

Arbeitsstandards bei der Produktion eingehalten wurden.<br />

Ein Beispiel dafür, dass die Berücksichtigung verschiedenerer<br />

Nachhaltigkeitsaspekte in Rahmenvereinbarungen möglich ist,<br />

zeigt die vom BeschA 2022 geschlossene Vereinbarung mit dem<br />

Inklusionsunternehmen AfB gGmbH zur Wiedervermarktung,<br />

Datenvernichtung und Entsorgung von <strong>IT</strong>-Altgeräten unter Berücksichtigung<br />

sozialer Aspekte gem. § 118 GWB.<br />

Im Interministeriellen Ausschuss für nachhaltige öffentliche<br />

Beschaffung werden u.a. für die <strong>IT</strong>K-Beschaffung einheitliche Nachhaltigkeitskriterien<br />

entwickelt. Ziel ist, diese für Bund, Länder und<br />

Kommunen zu etablieren.<br />

Fazit<br />

Nachhaltigkeitsaspekte spielen bei der <strong>IT</strong>K-Beschaffung des<br />

Bundes bereits heute eine wichtige Rolle. Es gilt diese zukünftig<br />

weiter auszubauen. Das betrifft ebenfalls die Fortschreibung der<br />

<strong>IT</strong>-Strategie des Bundes als Ganzes. Ein verändertes Verhalten bei<br />

Konsum und Ressourcennutzung, die Verwirklichung der Kreislaufwirtschaft<br />

oder eine Anpassung von Produktions- und Lieferketten<br />

durch digitale Technologien sind dabei mitzudenken.<br />

Autor<br />

Dr. Markus Richter<br />

Staatssekretär und<br />

Beauftragten der Bundesregierung für<br />

Informationstechnik<br />

Kleine Kniffe<br />

15<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 15 12.02.24 12:53


<strong>IT</strong> Vergaberecht<br />

Transformation des Vergaberechts<br />

EVB-<strong>IT</strong> & Co – Quo vadis Nachhaltigkeit in der <strong>IT</strong>-Vergabe?<br />

Die Berücksichtigung von umweltbezogenen und sozialen Aspekten im Vergabeverfahren hat in den<br />

vergangenen Monaten erheblich an Bedeutung gewonnen und rückt immer mehr in das Zentrum<br />

vergaberechtlicher Diskussionen. Besonders deutlich wird das im Zuge der geplanten Transformation des<br />

Vergaberechts.<br />

Ein Beitrag von Dr. Moritz Philipp Koch<br />

Im Rahmen der öffentlichen Konsultation zur Transformation<br />

des Vergaberechts identifizierte das Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Klimaschutz der Bundesrepublik Deutschland (BMWK)<br />

insgesamt fünf Aktionsfelder. Der Umstand, dass die Aktionsfelder 1<br />

und 2 der Stärkung der umwelt- und klimafreundlichen Beschaffung<br />

(Aktionsfeld 1) und der Stärkung der sozial-nachhaltigen Beschaffung<br />

(Aktionsfeld 2) gewidmet wurden, ist ein hinreichender Beleg<br />

für die gestiegene Praxisrelevanz der Nachhaltigkeitsaspekte. Das<br />

bestätigten auch die zahlreichen Rückmeldungen ganz unterschiedlicher<br />

Akteure im Rahmen der öffentlichen Konsultation.<br />

Was folgt daraus für die Beschaffung von <strong>IT</strong>-<br />

Leistungen und <strong>IT</strong>-Dienstleistungen?<br />

Zunächst ist hervorzuheben, dass die <strong>IT</strong>-Beschaffung eine ganz<br />

zentrale Rolle in der Beschaffungspraxis spielt und keineswegs nur<br />

für <strong>IT</strong>-Dienstleister relevant ist. Vielmehr gehören Beschaffungen<br />

von <strong>IT</strong>-Leistungen und <strong>IT</strong>-Dienstleistungen zum Alltag zahlreicher<br />

Vergabebereiche in Bund, Ländern, Kommunen sowie bei Hochschulen,<br />

Unikliniken und weiteren öffentlichen Auftraggebern.<br />

Zahlreichen der dort agierenden Praktikerinnen und Praktikern<br />

fällt es indes weiterhin schwer, Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />

ausreichend und wirkungsvoll Rechnung zu tragen. Gespräche auf<br />

Veranstaltungen und in Seminaren verdeutlichen immer wieder,<br />

dass die oben geschilderte Relevanz der Berücksichtigung von<br />

Nachhaltigkeitsaspekten bereits im Vergabeverfahren nahezu überall<br />

erkannt wird.<br />

Die Herausforderungen beginnen aber mit der konkreten<br />

Umsetzung. Viele Beschaffende wünschen sich aktuell mehr Unterstützung<br />

durch Standards und Empfehlungen für <strong>IT</strong>-Beschaffungen.<br />

Wie kann diese Unterstützung für die <strong>IT</strong>-<br />

Beschaffung erreicht werden?<br />

Die <strong>IT</strong>-Beschaffung ist durch ein großes Spektrum unterschiedlicher<br />

Beschaffungsgegenstände gekennzeichnet. Klassische<br />

Hardware- und Software-Beschaffungen werden durch die sog.<br />

Zukunftsfelder der <strong>IT</strong>-Vergabe ergänzt.<br />

Dabei steht aktuell die Beschaffung von Cloud-Lösungen in<br />

einem ganz besonderen Fokus. Aber auch die Beauftragungen von<br />

Open-Source-Software (OSS) und künstlicher Intelligenz (AI bzw.<br />

KI) rücken zunehmend in den Mittelpunkt.<br />

Dementsprechend versteht es sich von selbst, dass es keine<br />

allgemeingültige Antwort auf die Frage geben kann, wie eine<br />

Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im Rahmen von<br />

<strong>IT</strong>-Vergaben ideal gelingen kann. Festzuhalten ist vielmehr, dass die<br />

Beschaffenden im jeweiligen Einzelfall die passende Lösung finden<br />

müssen.<br />

Das klingt für viele Beschaffende zunächst herausfordernd<br />

und nicht zufriedenstellend. Die gute Nachricht für <strong>IT</strong>-Beschafferinnen<br />

und <strong>IT</strong>-Beschaffer ist jedoch: Gerade im Bereich der<br />

<strong>IT</strong>-Vergabe besteht aufgrund der Existenz der Ergänzenden Vertragsbedingungen<br />

für die Beschaffung von <strong>IT</strong>-Leistungen (EVB-<strong>IT</strong>)<br />

eine großartige Möglichkeit zur Schaffung gemeinsamer Standards.<br />

16 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 16 12.02.24 12:53


Foto:depositphotos<br />

Wie also können die EVB-<strong>IT</strong> die erforderliche<br />

Hilfestellung schaffen?<br />

Um die besondere Chance zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />

zu verstehen, ist zunächst das Wesen der EVB-<strong>IT</strong><br />

hervorzuheben. Sie bilden die wichtigsten Standards bei der Beschaffung<br />

von <strong>IT</strong>-Leistungen und <strong>IT</strong>-Dienstleistungen, weil sie zwischen<br />

der öffentlichen Hand und der <strong>IT</strong>-Wirtschaft verhandelt werden.<br />

Durch diese gemeinsamen Verhandlungen erreichen sie eine große<br />

Akzeptanz und dadurch eine große Reichweite.<br />

Für viele öffentliche Auftraggeber besteht sogar eine Anwendungsverpflichtung,<br />

insbesondere im Bereich des Bundes und der<br />

Bundesländer.<br />

Mit insgesamt 11 verschiedenen Vertragstypen erfassen<br />

die EVB-<strong>IT</strong> fast das gesamte Spektrum der Beschaffung von<br />

<strong>IT</strong>-Leistungen und <strong>IT</strong>-Dienstleistungen, angefangen beim Kauf von<br />

Hardware, über Dienstleistungen bis hin zu Cloud-Leistungen.<br />

Die Arbeitsgruppe EVB-<strong>IT</strong> unter der Federführung des Bundesministeriums<br />

des Innern und für Heimat (BMI) erarbeitet derzeit<br />

weitere EVB-<strong>IT</strong> Standards, u.a. für Rahmenvereinbarungen und für<br />

die Beschaffung von Open-Source-Software (OSS).<br />

Damit bilden die EVB-<strong>IT</strong> die ideale Grundlage auch für Nachhaltigkeitsaspekte.<br />

Denn diese können in den jeweiligen EVB-<strong>IT</strong><br />

hinreichend individuell auf den Beschaffungsgegenstand zugeschnitten<br />

werden.<br />

In den aktuellen EVB-<strong>IT</strong> wird diese Möglichkeit bisher nicht<br />

vollständig genutzt, was auch darauf zurückzuführen ist, dass die<br />

meisten Aktualisierungen und Überarbeitungen der EVB-<strong>IT</strong> bereits<br />

einige Jahre zurückliegen.<br />

In der Zwischenzeit ist die Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />

im Vergabeverfahren deutlich angestiegen, wie die obigen<br />

Ausführungen zur geplanten Transformation des Vergaberechts<br />

eindrucksvoll belegen.<br />

Diese Bestrebungen des BMWK und der involvierten Expertinnen<br />

und Experten sollten kurzfristig zu einem Abschluss gebracht<br />

werden. Denn dann könnten auf dieser Grundlage auch die geltenden<br />

EVB-<strong>IT</strong> aktualisiert und Nachhaltigkeitsaspekte einbezogen<br />

werden.<br />

Für unzählige Beschafferinnen und Beschaffer in Bund, Ländern,<br />

Kommunen, Hochschulen und Unikliniken würde dadurch ein sehr<br />

großer Mehrwert mit riesigem praktischem Nutzen geschaffen.<br />

Autor<br />

Dr. Moritz Philipp Koch<br />

Leiter Sourcing/Vergabe<br />

der Vergabestelle,<br />

Regierungsdirektor bei <strong>IT</strong>.NRW<br />

Kleine Kniffe<br />

17<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 17 12.02.24 12:53


Nachhaltige Produktinnovationen<br />

Nachhaltigkeit:<br />

Rechenzentren energetisch sanieren und planen<br />

Eine der wichtigsten Erkenntnisse in Krisenzeiten ist die enorme Abhängigkeit unserer alltäglichen<br />

Abläufe von der digitalen Infrastruktur. Diese Entwicklung rückt Rechenzentren zunehmend<br />

in den Blick: Es stellt sich die Frage nach deren Umwelteinfluss und Vereinbarkeit mit einer<br />

nachhaltigen Zukunft. Auch die effizienteste Hardware braucht Kühlung – und genau an dieser<br />

Stelle verschenken Unternehmen noch zu oft viel Potenzial. Denn ein energetisches Ende-zu-Ende-<br />

Konzept schont Hardware, Umwelt und Geldbeutel.<br />

Ein Beitrag von Bernhard Seibold und Conrad Wächter<br />

Kosten, Ökologie, mehr energetische Unabhängigkeit – es gibt<br />

viele gute Gründe, ein Rechenzentrum nicht nur im Hinblick auf die<br />

Leistung, sondern auch auf den Stromverbrauch zu optimieren. Je<br />

geringer der Kühlaufwand von leistungsstarken Chipsätzen und je<br />

mehr nutzbare Wärme abgeführt werden kann,<br />

umso besser für die Gesamtenergiebilanz. Doch<br />

selbst beim besten Wirkungsgrad entstehen<br />

immer Verluste. Daher muss ein ganzheitliches<br />

Energiekonzept auch die Frage beantworten:<br />

Wie kann die Abwärme nicht nur reduziert,<br />

sondern vom Verlust zum Gewinn werden?<br />

Die Lösung kann in einer Vielzahl von Fällen<br />

eine Heißwasserkühlung in Kombination mit<br />

entsprechender Zweit- oder Nebennutzung<br />

sein.<br />

Damit eine solche Nachverwertung erfolgreich<br />

funktioniert, ist die effektive Ableitung<br />

der Wärme von den Chip-Oberflächen die<br />

Grundvoraussetzung. Die erwähnte Heißwasserkühlung<br />

stellt hierbei das derzeitige<br />

technische Optimum dar: Wasser ist aufgrund<br />

seiner hervorragenden Wärmetransporteigenschaften als Kühlmedium<br />

ca. 3.800-mal besser als Luft; und die Nutzung des bereits im<br />

Kühlsystem befindlichen heißen Wassers ist energetisch ideal für<br />

Folgeprozesse wie die Abgabe der Energie in ein Nahwärmenetz<br />

oder die Heizung von direkt angeschlossenen Gebäudeteilen.<br />

Planung und Realisierung<br />

Prinzipiell ist eine Realisierung auf der grünen Wiese dabei<br />

ebenso möglich wie eine Nachrüstung von Bestandssystemen; um<br />

die energetischen Vorteile eines solchen Kühlkonzepts<br />

bestmöglich nutzen zu können, ist für beide Varianten<br />

eine gewisse Vorplanung auch über die <strong>IT</strong> selbst hinaus<br />

nötig, etwa in baulicher Hinsicht. Besondere Kompetenz<br />

in Form von Expertenwissen ist jedoch vor allem<br />

bei der Planung der Kühlpfade erforderlich sind – die<br />

Fertigung und Verwendung von Kühlkörpern ist kein<br />

Kinderspiel: Temperaturen, Druckniveaus, Dauerlasten<br />

etc. müssen für ihre Produktion bestimmt und berücksichtigt<br />

werden. Lösungen gibt es dabei heutzutage<br />

allerdings für jede Anwendung.<br />

Wie bei den meisten <strong>IT</strong>-Projekten gilt auch<br />

hier: Erfahrung, Kommunikation, Transparenz und<br />

gute Beratung machen den Unterschied. Die häufig<br />

bediente Urangst vor Undichtigkeiten und ausgelaufenen<br />

Flüssigkeiten ist nur in den Köpfen ein Thema.<br />

Wichtig ist es vielmehr, das Gesamtkonzept im Auge<br />

zu behalten und von der Anwendung aus zu denken. Im Idealfall<br />

können Geräte zum Einsatz kommen, die bereits ab Werk über eine<br />

Heißwasserkühlung verfügen. Auch ist sinnvollerweise auf belegte<br />

Energieeffizienz zu achten; ein Tipp: Die Thomas-Krenn.AG hat als<br />

erster und bisher einziger Anbieter den „Blauen Engel“ des Umweltbundesamtes<br />

für einen Server erhalten. In den allermeisten Fällen<br />

18 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 18 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

ist jedoch auch eine vergleichsweise günstige Umrüstung möglich,<br />

wobei allerdings auf etwaige Gewährleistungsfragen zu achten ist<br />

(Hersteller vs. „Umrüster“).<br />

Externes Know-how sollte besonders bei der Aufnahme und<br />

Konzepterarbeitung genutzt werden, etwa bei der Berücksichtigung<br />

einer Nah- oder Fernwärmeeinbindung, der Verwendung<br />

von Wärmespeichern, der Nutzung im Gebäude usw. Auch sollte<br />

bei der Umrüstung auf Heißwasserkühlung der Partner operativ<br />

mit im Boot sein, um etwa Steuerung bzw. Regelung sowie eine<br />

gesicherte Inbetriebnahme mit definierten Testroutinen durchführen<br />

zu können. Empfehlenswert ist es hier auf jeden Fall, sowohl<br />

einen Factory-Acceptance-Test als auch einen Site-Acceptance-Test<br />

anzufragen – so ist sichergestellt, dass alle Bauteile frei von Produktions-<br />

und Transportfehlern sind. Tipp: Erfahrene Dienstleister<br />

können meist auch Hilfe für Vertragsverhandlungen vermitteln,<br />

wenn es zum Beispiel an die Vergütung von eingespeister Wärme<br />

in ein fremdes Netz geht.<br />

bis zehn Prozent Mehrkosten sind entsprechend einzukalkulieren.<br />

Die Gesamtrentabilität bei den Betriebskosten entsteht durch die<br />

geringeren Stromkosten – direkter Betrieb, Klimaanlage – sowie die<br />

Vergütung über eine Sektorenkopplung (s. o.). Als weiterer positiver<br />

Nebeneffekt ergibt sich nicht selten eine so mögliche höhere<br />

Pack-Dichte, die eine optimierte Nutzung des häufig knappen Platzes<br />

im Rechenzentrum ermöglicht.<br />

Kosten und Ertrag<br />

Grundsätzlich sollte sich die Heißwasserkühlung bei einer<br />

TCO-Betrachtung stets gegen andere Konzepte durchsetzen. Bei<br />

der Anschaffung fallen zunächst durchaus etwas höhere Kosten<br />

an, etwa beim Bezug von Servern mit Liquid Cooling oder der<br />

entsprechenden Nachrüstung; hier sind auch die leider nach wie<br />

vor vergleichsweise geringen Stückzahlen noch ein Hemmnis auf<br />

dem Weg zur Preisparität bei den Beschaffungskosten; rund fünf<br />

Autoren<br />

Bernhard Seibold verantwortet das Produktmanagement<br />

bei der Thomas-Krenn.AG<br />

Conrad Wächter ist Team Lead Hardware & Cybernetics<br />

bei der Cloud&Heat Technologies GmbH<br />

Kleine Kniffe<br />

19<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 19 12.02.24 12:53


Zertifizierung nachhaltiger Produkte<br />

Server für den Einsatz in Rechenzentren<br />

seit 2021 für Nachhaltigkeit zertifiziert<br />

Die ersten Server von Hewlett Packard Enterprise wurden bereits 2021 entsprechend der strengen<br />

Nachhaltigkeitskriterien von TCO Certified zertifiziert. Denn, analog zu anderen <strong>IT</strong>-Produkten,<br />

stehen auch Produkte, die in Rechenzentren zum Einsatz kommen, mit sozialen und ökologischen<br />

Risiken in Verbindung. Hewlett Packard Enterprise positioniert sich hier als Vorreiter in Sachen<br />

Nachhaltigkeit.<br />

Ein Beitrag von Martin Eichenseder<br />

TCO Certified ist die weltweit führende Nachhaltigkeitszertifizierung<br />

für <strong>IT</strong>-Produkte. Mit ökologischen und sozialen Kriterien<br />

deckt die Zertifizierung den gesamten Lebenszyklus eines Produkts<br />

ab. Dies schließt die Verantwortung in der Lieferkette, gefährliche<br />

Substanzen und ebenso Kriterien zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft<br />

mit ein. Als Folge dieses Lebenszyklus-Ansatzes stehen<br />

Käufern mehr Produkte zur Verfügung, die im Sinne des Kreislaufgedankens<br />

gefertigt wurden<br />

Unternehmen fordern zunehmend nachhaltigere <strong>IT</strong>-Produkte.<br />

Die Herausforderung für die meisten Einkäufer besteht darin,<br />

zu überprüfen, ob die von den <strong>IT</strong>-Herstellern zu ihren Produkten<br />

genannten Angaben in Sachen Nachhaltigkeit auch tatsächlich zutreffen.<br />

Bei TCO Certified ist eine unabhängige Verifizierung nicht<br />

nur eine Option, sondern stets inbegriffen. Die Einhaltung aller Kriterien<br />

wird über die gesamten Laufzeit des Zertifikats hinweg von<br />

unabhängiger Seite geprüft. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass<br />

Verbraucher und professionelle Einkäufer detaillierte, vergleichbare<br />

Informationen zur Verfügung stehen.<br />

„Jährlich verbringen Experten mehr als 20.000 Stunden damit,<br />

sowohl die Produkte als auch die Fabriken, in denen sie hergestellt<br />

werden, entsprechend der Kriterien von TCO Certified zu verifizieren.<br />

Wir wissen, dass eine bloße Eigendeklaration nicht ausreicht,<br />

um tatsächliche Veränderungen voranzutreiben – Produkttests<br />

in unabhängigen Testlaboren sowie Fabrikinspektionen durch<br />

unabhängige Auditoren sind hier der entscheidende Schlüssel“, sagt<br />

Sören Enholm, CEO von TCO Development, der Organisation<br />

hinter TCO Certified.<br />

Hewlett Packard Enterprise ist die erste Marke, deren Server die<br />

strengen Kriterien von TCO Certified für Rechenzentrumsprodukte<br />

erfüllen.<br />

„Wir erwarten, dass weitere Marken folgen werden. Das Interesse<br />

an unseren Produktkategorien für Rechenzentren ist groß,<br />

nicht nur seitens der Industrie, die TCO Certified für ihre Produkte<br />

beantragen möchte, sondern auch seitens der Einkäufer, die nach<br />

Produkten ausschau halten, deren Nachhaltigkeit unabhängig verifiziert<br />

wurde“, so Enholm weiter.<br />

„In unserem Product Finder kann direkt nach zertifizierten Produkten<br />

gesucht werden. Dieser ermöglicht ferner den Zugriff auf<br />

Daten, die die Nachhaltigkeit dieser Produkte belegen. Unsere neuen<br />

Product-Watcher-Funktionen erleichtern es Einkäufern zudem,<br />

Maßnahmen in puncto Nachhaltigkeit sowie für den Nutzer interessante<br />

Produktkategorien zu verfolgen“, betont Enholm.<br />

Autor:<br />

Martin Eichenseder<br />

Geschäftsführer<br />

TCO Certified<br />

martin.eichenseder@<br />

tcodevelopment.com<br />

20 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 20 12.02.24 12:53


Nachhaltiges Rechenzentrum<br />

Wie Rechenzentren klimafreundlicher werden<br />

Rechenzentren in Deutschland müssen klimafreundlicher werden. Das legt das neue<br />

Energieeffizienzgesetz (EnEfG) fest, das seit einigen Wochen in Kraft ist. Auf viele Betreiber<br />

kommerzieller Rechenzentren und größere Unternehmen mit eigenen Rechenzentren kommt<br />

damit eine Reihe an Verpflichtungen zu, die sie künftig beachten müssen, insbesondere zu<br />

Energieeffizienz, Nutzung von Abwärme und Reporting.<br />

Ein Beitrag von Thomas Heine<br />

Der Digitalverband Bitkom hat daher jetzt einen Leitfaden veröffentlicht,<br />

in dem betroffene Unternehmen Hilfestellung finden.<br />

„Das Energieeffizienzgesetz stärkt verbindlich die Nachhaltigkeit<br />

der digitalen Infrastruktur, stellt<br />

die Branche aber auch vor große<br />

Herausforderungen.<br />

Wichtig ist, dass sich alle<br />

betroffenen Unternehmen mit den<br />

Vorgaben vertraut machen“, betont<br />

Kilian Wagner, Referent für nachhaltige<br />

digitale Infrastrukturen<br />

beim Bitkom. „Für den Erfolg des<br />

Gesetzes braucht es eine praxisnahe<br />

Umsetzung im Austausch<br />

mit Behörden und Politik. Der<br />

Leitfaden kann dabei eine Diskussionsgrundlage<br />

für dieses<br />

gemeinsame Ziel darstellen.“<br />

Im Leitfaden wird zunächst<br />

Foto: depositphotos<br />

definiert, welche Art Rechenzentren<br />

vom Gesetz betroffen sind und welche nicht. Danach folgen in<br />

separaten Kapiteln Vorgaben für vor Juli 2026 in Betrieb genommene<br />

Rechenzentren – und für Rechenzentren, die erst nach dieser Frist<br />

ihren Betrieb aufnehmen. Die spezifischen Vorgaben fallen jeweils<br />

anders aus.<br />

Ein besonderes Augenmerk wird danach auf die Abwärmenutzung<br />

gelegt. „Damit die Abwärme von Rechenzenten erfolgreich<br />

genutzt werden kann, braucht es geeignete Abnehmer. Die kommunale<br />

Wärmeplanung muss die Potenziale von Rechenzentren in<br />

Zukunft stärker einbeziehen“, betont Wagner.<br />

Die Einrichtung von Energieund<br />

Umweltmanagementsystemen<br />

sowie Reporting-Pflichten werden<br />

im Leitfaden ebenfalls ausführlich<br />

behandelt. Der Leitfaden wurde<br />

vom Arbeitskreis Rechenzentren<br />

des Bitkom erarbeitet und wird im<br />

Zuge sich verändernder Rahmenbedingungen<br />

durch die EU künftig<br />

aktualisiert werden.<br />

Seit dem 18.11.2023 ist das<br />

neue Energieeffizienzgesetz<br />

(EnEfG) in Kraft, das weitreichende<br />

Anforderungen an große Teile<br />

der deutschen Wirtschaft enthält.<br />

Unter anderen werden Energieeffizienz-,<br />

Abwärmenutzungs- und<br />

Berichtspflichten für Rechenzentren festgelegt.<br />

Der Leitfaden „Energieeffizienzgesetz für Rechenzentren: Vorgaben<br />

und Umsetzung“ soll dabei unterstützen, sich mit diesen<br />

Vorgaben vertraut zu machen, sie zu interpretieren und das Gesetz<br />

erfolgreich umzusetzen.<br />

Der Leitfaden steht hier zum Download bereit:<br />

Kleine Kniffe<br />

21<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 21 12.02.24 12:53


Aus nationalen Kompetenzstellen der Beschaffung<br />

Der unbemerkte Einfluss<br />

von Software auf unsere Umwelt<br />

Die Digitalisierung hat einen enormen Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck und den<br />

Energie- und Ressourcenverbrauch. Die Produktion digitaler Endgeräte, der höhere Strombedarf<br />

der <strong>IT</strong>-Infrastruktur oder die Übertragung großer Datenmengen über das Glasfaser- oder<br />

Mobilfunknetz sind schon heute eine ernst zu nehmende Umweltbelastung. So wie bisher können<br />

wir nicht weiter machen! Doch es reicht nicht, CO 2<br />

-Emissionen zu reduzieren – wir müssen<br />

Ressourcen in Zukunft effektiver und effizienter nutzen.<br />

Ein Beitrag von Mathias Bornschein<br />

Software ist allgegenwärtig und weit mehr als<br />

ein Programmcode<br />

Software bestimmt, wie energie- und<br />

ressourceneffizient unsere Geräte sind.<br />

Digitalisierung kann dabei unterstützen. Sie ist ein zentraler<br />

Schlüssel, um unsere gesteckten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.<br />

Klar ist, dass die Digitalisierung selbst auch nachhaltig gestaltet<br />

werden muss. Der Fokus bei diesem Thema fällt jedoch schnell auf<br />

die Herstellung oder den Betrieb von Infrastruktur oder Hardware.<br />

Software hingegen spielt in diesem Zusammenhang eine bisher<br />

wenig beachtete Rolle.<br />

Dabei brachte der Autor Marc Andreessen schon im Jahr 2011<br />

deren wachsende Bedeutung in der heutigen Zeit auf den Punkt. In<br />

seinem Essay „Why Software Is Eating The World“ (Andreessen,<br />

2011) beschreibt er den stetig wachsenden Einfluss von Software<br />

und großer Softwarefirmen und wie uns diese in vielen Bereichen<br />

des täglichen Lebens schier auffressen.<br />

Software bestimmt dabei schon lange nicht mehr nur darüber,<br />

wie wir unsere Texte am Computer verfassen oder unsere digitalen<br />

Bilder bearbeiten. Sie verändert vielmehr, wann und wie wir<br />

Informationen und Daten suchen, finden, konsumieren, weiterverarbeiten<br />

und speichern. Im Hintergrund und häufig unbemerkt ist<br />

Software jedoch noch viel mächtiger.<br />

Am Ende verbraucht zwar weiterhin die Hardware die Energie,<br />

aber Software löst diesen „Energiehunger“ in der Regel aus. Computer<br />

und die wachsende Anzahl smarter Endgeräte vom T-Shirt mit<br />

Mikrochip bis zur Brille mit Display, können immer nur so energieeffizient<br />

sein, wie es ihnen die Software ermöglicht.<br />

Softwareentwicklung und Datenverarbeitung unterliegen dabei<br />

keinen Beschränkungen. Generell bestimmen heute noch immer die<br />

Regeln der Wirtschaftlichkeit, dass Programmierzeit über Rechenzeit<br />

gestellt wird. Dies führt dazu, dass ineffiziente Programmierung<br />

akzeptiert und durch schnellere und leistungsfähigere Hardware<br />

kompensiert wird.<br />

Daneben haben Softwaredesign und Programmierung, zusätzlich<br />

zum „Energiehunger“, auch durch Updatepolitik oder die<br />

Implementierung zahlreicher nützlicher und unzähliger ungenutzter<br />

Funktionen (Software-Bloat) einen maßgeblichen Einfluss, wie<br />

kurz oder lang Geräte genutzt werden können. Die Forschung zeigt,<br />

dass dies im schlimmsten Fall sogar dazu führen kann, dass voll<br />

funktionstüchtige Hardware erneuert werden muss (softwarebedingte<br />

Hardwareobsoleszenz).<br />

22 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 22 12.02.24 12:53


Diese Entwicklungen können wir so nicht<br />

weiter hinnehmen<br />

Wir müssen vorhandene Potenziale identifizieren und ausnutzen.<br />

Auch beim Thema Software bieten sich für jeden von uns<br />

Möglichkeiten, diesem Energie- und Ressourcenverbrauch aktiv<br />

entgegenzuwirken.<br />

Einen großen Beitrag können hierbei natürlich Programmierer:innen<br />

leisten. So kann schon durch die Auswahl der richtigen<br />

Programmiersprache zu Beginn eines Softwareprojektes bei gleichen<br />

Ergebnissen eine deutlich bessere Energiebilanz erzielt werden.<br />

Studien zeigen, dass systemnahe Programmiersprachen (z.B. C#) im<br />

Gegensatz zu interpretierten Programmiersprachen (z.B. Python)<br />

effizienter sein können, da Rechenoperationen direkt ausgeführt<br />

und nicht erst aufwändig kompiliert oder übersetzt werden müssen<br />

(siehe Pereira et al., 2021).<br />

Das Umweltbundesamt versucht genau hier Expertise zu bündeln<br />

und Tatsachen zu schaffen. Mit dem Vorhaben „SoftAWERE<br />

: Energieeffizienz-Kennwerte von Komponenten und Werkzeugen<br />

der Softwareentwicklung und Vorarbeiten zur Etablierung einer<br />

Kennzeichnung für energieeffiziente Software“ soll mehr Transparenz<br />

in der Softwareentwicklungsgemeinschaft geschaffen werden.<br />

Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sollen Softwareentwickler:innen<br />

als Werkzeug dienen, einfach und ohne großen Aufwand<br />

den Energieverbrauch ihres Programmcodes zu ermitteln und im<br />

Nachgang zu optimieren.<br />

Mit der richtigen Software lässt sich mit jedem<br />

Punkt und Komma Energie sparen.<br />

Aber nicht nur die Auswahl der Programmiersprache, sondern<br />

auch die Auswahl eingesetzter Anwendungsprogramme kann einen<br />

positiven Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck haben. So<br />

zeigt ein weiteres Forschungsvorhaben des Umweltbundesamts,<br />

dass zwei Textverarbeitungsprogramme bei gleichem Nutzungsszenario<br />

einen unterschiedlichen Energieverbrauch aufweisen können,<br />

der bis zu 4x höher ausfallen kann (siehe Gröger et al., 2018).<br />

Kurzfristiges Ziel muss es sein, solche Softwareprodukte zu identifizieren<br />

und perspektivisch als Standardsoftware im täglichen<br />

Arbeitsalltag zu etablieren.<br />

Einen ersten Schritt geht dabei das Umweltzeichen Blauer<br />

Engel für Ressourcen- und energieeffiziente Softwareprodukte<br />

(DE-UZ 215). Das Umweltzeichen möchte einen Beitrag leisten,<br />

um den Energieverbrauch der IKT insgesamt zu reduzieren und<br />

die Ressourceneffizienz zu steigern. Konsument:innen, sowie die<br />

öffentliche Beschaffung sollen Gewissheit erlangen, dass die ausgezeichneten<br />

Softwareprodukte „[...] im besonderen Maße sparsam<br />

mit den Hardwareressourcen umgehen und in ihrer Nutzung einen<br />

sparsamen Energieverbrauch aufweisen [...] ohne eine vergleichende<br />

Wertung zwischen verschiedenen Produkten vorzunehmen.“ (vgl.<br />

RAL, 2020).<br />

Mit dem universellen Dokumentenbetrachter KDE Okular<br />

konnte hier bereits ein Softwareprodukt ausgezeichnet werden.<br />

Diese Software ermöglicht es zum Beispiel, auch beim Lesen von<br />

PDF-Dateien etwas für die Umwelt zu tun.<br />

Dieser Blaue Engel für Software befindet sich derzeit in der<br />

grundlegenden Überarbeitung und soll perspektivisch neben reinen<br />

Desktopanwendungen auch auf App- und Cloudanwendungen<br />

erweitert werden.<br />

Diese wenigen Beispiele zeigen, dass das Thema Software auch<br />

im Zusammenhang mit Green <strong>IT</strong> mitgedacht werden muss und die<br />

ersten Schritte bereits gegangen wurden. Es wird aber auch deutlich,<br />

dass wir unsere gesteckten Nachhaltigkeitsziele nur erreichen, wenn<br />

alle von uns mithelfen.<br />

Quellen:<br />

1. ANDREESSEN, M. 2011. Why Software Is Eating The World : Essey.<br />

The Wallstreet Journal. [s.l.].<br />

2. GRÖGER, J., KÖHLER, A., NAUMANN, S., FILLER, A., GULDNER, A.,<br />

KERN, E., HILTY, L. M. & MAKSIMOV, Y. 2018. Entwicklung und<br />

Anwendung von Bewertungsgrundlagen für ressourceneffiziente Software<br />

unter Berücksichtigung bestehender Methodik : Abschlussbericht,<br />

Dessau, Umweltbundesamt.<br />

3. PEREIRA, R., COUTO, M., RIBEIRO, F., RUA, R., CUNHA, J., FERN-<br />

ANDES, J. P. & SARAIVA, J. 2021. Ranking programming languages by<br />

energy efficiency. Science of Computer Programming, 205.<br />

4. RAL 2020. Ressourcen- und energieeffiziente Softwareprodukte : DE-UZ<br />

2015 ; Vergabekriterien, Bonn, RAL Umwelt.<br />

Autor<br />

Mathias Bornschein<br />

Umweltbundesamt,<br />

Referat Digitalisierung und<br />

Umweltschutz, E-Government<br />

www.uba.de<br />

Kleine Kniffe<br />

23<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 23 12.02.24 12:53


Refurbished <strong>IT</strong><br />

Grüne Hardware<br />

für eine nachhaltigere Beschaffung<br />

Im Interview: Thomas Gros, CEO und Mitbegründer von circulee und Experte für das Thema<br />

Kreiswirtschaft in der <strong>IT</strong>. Unter dem Credo „Besser als neu“ vertreibt das Berliner Unternehmen<br />

seit 2022 generalüberholte <strong>IT</strong>-Hardware von höchster Qualität an Firmen und Organisationen.<br />

Das Ziel: Nachhaltige Alternativen gegenüber Neuanschaffungen von <strong>IT</strong>-Hardware auch in<br />

der beruflichen Welt zu etablieren. Seit der Gründung von circulee konnten bereits über 5.500<br />

generalüberholte Geräte in erstklassiger Qualität in Umlauf gebracht und dadurch mehr als 1.700<br />

Tonnen CO 2<br />

gespart werden.<br />

Das Interview führte: Thomas Heine<br />

Herr Gros, wie kamen Sie dazu, sich mit<br />

circulee für die nachhaltige Beschaffung<br />

von <strong>IT</strong>-Hardware für Unternehmen und<br />

Organisationen einzusetzen?<br />

Elektroschrott ist der am schnellsten wachsende Abfallstrom<br />

der Erde. Obwohl die Lebensdauer eines <strong>IT</strong>-Geräts in der Regel<br />

inzwischen sehr viel höher ist, tauschen viele Unternehmen ihre<br />

Hardware oft alle zwei bis drei Jahre durch Neugeräte aus. Wir<br />

haben uns gefragt, wo dieser Hang zum Neukauf herkommt, obwohl<br />

Unternehmen und Organisationen doch eigentlich sehr viel sensibler<br />

im Umgang mit den Ressourcen sein sollten. Als wir uns den Markt<br />

für gebrauchte <strong>IT</strong> im Unternehmenssektor angesehen haben, stellten<br />

wir fest, dass es tatsächlich bis dato kein robustes und modernes<br />

Angebot gab, das den Anforderungen von Unternehmen wirklich<br />

gerecht wurde – insbesondere mit Blick auf die Geschäftstauglichkeit,<br />

also die Qualität der Geräte, die erforderlichen Garantien und<br />

den Service für einen reibungslose Integration in den bestehenden<br />

Gerätepool. Außerdem konnte man generalüberholte <strong>IT</strong> bis dahin<br />

meistens nur in Einzelstücken erwerben, was für die einheitliche<br />

Gerätelandschaft gleicher Modelle und Qualität schwierig ist. So entstand<br />

die Idee, mit circulee professionell aufbereitete <strong>IT</strong>-Hardware<br />

speziell für die Ansprüche von Unternehmenskunden anzubieten<br />

und ihnen damit nicht nur Kostenvorteile, sondern auch eine bessere<br />

Umweltbilanz zu ermöglichen.<br />

Wie genau wirkt sich die Beschaffung von<br />

generalüberholter <strong>IT</strong> auf die Ziele des Klima-<br />

und Umweltschutzes aus?<br />

Es macht für die Nachhaltigkeit einen großen Unterschied, ob<br />

Laptops, Monitore oder Smartphones neu eingekauft werden, oder<br />

ob Unternehmen und Organisationen Geräte einsetzen, die sich<br />

in ihrem zweiten oder sogar dritten Lebenszyklus befinden. Wir<br />

können auf Basis externer und unabhängiger Recherchen die genaue<br />

CO 2<br />

-Bilanz von <strong>IT</strong>-Geräten ermitteln, einschließlich der Emissionen<br />

während ihrer Produktion, der Nutzung und der Logistik. Gerade<br />

der Produktionsprozess ist für bis zu 80 Prozent der durch die Geräte<br />

verursachten Emissionen verantwortlich. Um ein Gefühl zu geben:<br />

Bei einem Monitor werden über 415 Kilogramm CO 2<br />

in der Produktion<br />

frei, das ist das Äquivalent von etwa drei Inlandsflügen. Weiter<br />

lässt sich berechnen, wie sich der Produktionszeitpunkt neuer<br />

Geräte bei Verlängerung ihres Lebenszyklus nach hinten verschiebt<br />

und wie viel CO 2<br />

dadurch eingespart wird. Um diesen Mehrwert<br />

für unsere Kundschaft transparent zu machen, haben wir ein digitales<br />

Cockpit entwickelt, auf dem Unternehmen und Einrichtungen<br />

die genauen Daten ihrer nachhaltigen Gerätelandschaft fortlaufend<br />

einsehen können. Viele integrieren diese Informationen inzwischen<br />

auch in ihre Nachhaltigkeitsberichte, was uns zeigt: Gebrauchte <strong>IT</strong><br />

eine Chance zu geben, ist nicht nur wichtig für die Umwelt, sondern<br />

auch für die Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig schont die Entscheidung<br />

natürlich auch die finanziellen Ressourcen.<br />

24 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 24 12.02.24 12:53


Sie sprechen viel mit Entscheidungsträgern<br />

und den für die <strong>IT</strong>-Ausstattung<br />

verantwortlichen Einkäufern. Welche<br />

Vorbehalte begegnen Ihnen noch immer<br />

bezogen auf generalüberholte Geräte?<br />

Wir haben tatsächlich sehr viele Entscheider da draußen, die<br />

recht konservativ und aus „Angst“ agieren. Vielfach finden wir<br />

da ein verankertes Mindset á la „Das haben wir schon immer so<br />

gemacht“ oder „wenn ich gute Qualität will, muss ich neu kaufen“.<br />

Deshalb müssen wir beständig daran arbeiten, diese Denkweisen<br />

zunächst zu ändern. Technische Vorbehalte spielen im Grunde<br />

keine große Rolle mehr, da längere Lebenszeiten von <strong>IT</strong>-Geräten<br />

und Fortschritte im Generalüberholungsprozess diese entkräften.<br />

Neu ist eben längst nicht mehr zwangsläufig besser! Heutzutage<br />

hält Hardware einschließlich des Betriebssystems und der Updates<br />

(z.B. Security Patches) erheblich länger als noch vor ein paar Jahren.<br />

Bei Laptops kann man mittlerweile von mindestens sechs Jahren<br />

ausgehen, einige Hersteller sprechen sogar von acht Jahren. Wenn<br />

man es richtig anstellt, steht generalüberholte <strong>IT</strong> ihrem fabrikneuen<br />

Pendant in nichts mehr nach und punktet mit dem ökologischen<br />

und finanziellen Mehrwert. Wir müssen Entscheider bewusst<br />

informieren, dass professionell generalüberholte <strong>IT</strong>-Hardware auf<br />

der Überholspur ist und eine wirklich leistungsstarke Alternative<br />

darstellt. Das sagen auch unsere inzwischen über 900 Kunden.<br />

Mittlerweile gibt es einige Refurbishing<br />

Anbieter auf dem Markt. Was macht circulee<br />

besonders?<br />

Wir sind derzeit noch immer der einzige Anbieter auf dem Markt,<br />

der sein Angebot gezielt auf die Bedürfnisse von Unternehmen und<br />

anderen professionellen Organisationen ausrichtet. Dieses Versprechen<br />

beinhaltet bei uns sehr hohe Standards in Bezug auf Qualität,<br />

Lieferzeiten, den Service, Garantien und zum Schluss auch auf die<br />

Preise unserer Geräte. Für uns ist klar, dass gebrauchte Geräte sich<br />

nur dann gegenüber Neuware durchzusetzen werden, wenn sie in<br />

allen Punkten überzeugen, die für Unternehmen und professionelle<br />

Einkäufer relevant sind. Dazu beziehen wir unsere Geräte ausschließlich<br />

aus Leasingrückläufen aus professionellem Umfeld und<br />

stellen mit einer sorgfältigen TÜV- und ISO zertifizierten 19-stufigen<br />

Qualitätskontrolle sicher, dass nur Grade A Ware, also Geräte<br />

der höchsten Qualitätsstufe, unsere Lagerhalle verlässt. Bestelltes<br />

<strong>IT</strong>-Equipment wird von uns voreingerichtet und ist binnen maximal<br />

drei Werktagen einsatzbereit im Büro oder im Home-Office bei den<br />

Mitarbeitenden. In Bezug auf die Beschaffung bieten wir Unternehmen<br />

mit einer gewissen Bonität die Möglichkeit, Geräte risikofrei zu<br />

testen. Wir versenden ein Gerät und gewähren dem Unternehmen<br />

oder dem <strong>IT</strong>-Administrator 30 Tage Zeit für einen ausführlichen<br />

Test. Ist der Kunde zufrieden, kann er das Gerät behalten; andernfalls<br />

kann es einfach zurückgeschickt werden. Darüber hinaus setzen<br />

wir auf Garantien und Versicherungen, um Risiken zu minimieren.<br />

Kleine Kniffe<br />

25<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 25 12.02.24 12:53


Wer ist Ihre Zielgruppe? Wer kauft bei Ihnen<br />

bereits ein und wie werden die Geräte genutzt?<br />

Unsere Zielgruppen sind vorrangig kleine und mittelgroße<br />

Unternehmen mit bis zu 15.000 Mitarbeitenden, die sowohl Kosten<br />

sparen als auch einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten wollen.<br />

Ein großer Teil unserer Kunden befinden sich im Bereich Gemeinwohl,<br />

dem karitativen und dem sozialen Sektor, einschließlich<br />

des kirchlichen Bereichs, sowie im Bildungssektor. Dabei muss<br />

man klar sagen, dass wir inzwischen sämtliche Branchen, darunter<br />

auch Bauunternehmen, <strong>IT</strong>-Beratungen und viele andere mit<br />

unserer Hardware beliefern. Unsere Kunden setzen unsere grüne<br />

<strong>IT</strong> in unterschiedlichsten Szenarien ein, sei es für die klassischen<br />

Bürotätigkeiten, im Außendienst oder wie im Beispiel der karitativen<br />

Organisationen auch in der direkten Arbeit mit vulnerablen<br />

Gruppen.<br />

Bekanntermaßen hat auch die öffentliche Hand in ihrer Beschaffung<br />

eine erhebliche Verantwortung zur Vermeidung von<br />

Elektromüll und CO 2<br />

und auch hier haben wir einen Teil unserer<br />

Kundschaft und bedienen erste Kommunen oder Landkreise. Dieses<br />

Segment möchten wir noch weiter ausbauen, da auch hier noch<br />

erhebliche Mengen an sowohl CO 2<br />

als auch Elektromüll eingespart<br />

werden können – und weil sich insbesondere auch dort die meisten<br />

Tätigkeiten ideal mit generalüberholten Geräten abbilden lassen.<br />

In Frankreich gibt es bereits in der öffentlichen Verwaltung eine<br />

Quote für den Einsatz von wiederaufbereiteten Geräten, und auch<br />

in Deutschland unternehmen einzelne Bundesländer erste wichtige<br />

Schritte in Richtung nachhaltiger <strong>IT</strong>-Beschaffung. Wir erwarten,<br />

dass die ESG-Regulierung den Einsatz wiederaufbereiteter <strong>IT</strong>-Hardware<br />

auch in Deutschland bald mandatieren wird, ähnlich wie in<br />

Frankreich.<br />

Welche Tipps würden Sie Beschaffern noch<br />

mitgeben und was ist aus Ihrer Sicht der erste<br />

Schritt, um aktiv zu werden?<br />

(lacht) Ich würde jeder Organisation und jeder Person, die für die<br />

Beschaffung von <strong>IT</strong>-Hardware verantwortlich ist, nahelegen, einmal<br />

zu prüfen, ob sie nicht auch generalüberholte Geräte in ihren verschiedenen<br />

Anwendungsbereichen einsetzen könnten. Sie werden<br />

erstaunt sein, wenn sie feststellen, dass dies beinahe ausnahmslos<br />

möglich sein dürfte. Falls Sie Potenzial erkennen, dann einfach zum<br />

Hörer greifen oder uns über unser Kontaktformular anfragen. Im<br />

persönlichen Gespräch lässt sich dann am besten klären, ob und<br />

welche Geräte mit welchen Konfigurationen ihnen dabei helfen<br />

können, die Gerätelandschaft ein Stück weit nachhaltiger zu gestalten<br />

und obendrein nennenswert Geld einzusparen. Und wie gesagt:<br />

Qualifizierte Organisation können obendrein unsere Geräte komplett<br />

risikofrei testen – Beschaffung und der Planet können also nur<br />

gewinnen!<br />

26 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 26 12.02.24 12:53


“Kleine Kniffe” der nachhaltgen Beschaffung<br />

Strategische <strong>IT</strong>-Beschaffung hilft Ihnen, nachhaltigen<br />

Fortschritt zu erzielen<br />

Wie in jeder Branche sind Marktsignale von entscheidender Bedeutung, um <strong>IT</strong>-Marken zu<br />

helfen, zu verstehen, wo die Prioritäten liegen. Die nachhaltige <strong>IT</strong>-Beschaffung kann als<br />

strategisches Instrument genutzt werden, um die Entwicklung von nachhaltigeren Produkten und<br />

Geschäftsmodellen voranzutreiben.<br />

Ein Beitrag von Martin Eichenseder<br />

In vielen Unternehmen steht Nachhaltigkeit heute ganz oben<br />

auf der Tagesordnung. Vorrangig geht es oft darum, negative Auswirkungen<br />

des Kerngeschäfts zu verringern. Indirekte soziale und<br />

ökologische Auswirkungen sind jedoch oft weitaus bedeutender als<br />

diejenigen, die sich aus dem Kerngeschäft ergeben. Die Beschaffung<br />

kann ein sehr nützliches Mittel sein, um die Nachhaltigkeitsagenda in<br />

Ihrem Unternehmen voranzubringen. Ein strategisches, nachhaltiges<br />

Beschaffungswesen kann dazu beitragen, Ihre Nachhaltigkeitsarbeit<br />

solider zu gestalten, und ermöglicht es Ihnen, eine starke Marke bei<br />

Mitarbeitern und externen Stakeholdern aufzubauen.<br />

Festlegung der richtigen Kriterien<br />

Die Einbeziehung umfassender, anspruchsvoller ökologischer<br />

und sozialer Nachhaltigkeitskriterien in die Beschaffung kann Ihrem<br />

Unternehmen helfen, seine Klimabilanz und andere Umweltauswirkungen<br />

zu verringern und soziale Risiken in der Lieferkette zu<br />

vermeiden. Zirkuläre Kriterien können Ihnen auch helfen, Kosten<br />

zu senken und den Gesamtwert Ihrer <strong>IT</strong>-Nutzung zu verbessern.<br />

Die Nachfrage der Abnehmer treibt die<br />

Industrie an<br />

<strong>IT</strong>-Marken führen Veränderungen oft als direkte Reaktion auf<br />

die Absichten des Marktes durch. Auch wenn die <strong>IT</strong>-Branche in den<br />

letzten Jahren ihre Ambitionen in Bezug auf Nachhaltigkeit erhöht<br />

hat, sind die Risiken nach wie vor hoch. Viele Marken warten auf die<br />

Nachfrage der Einkäufer, bevor sie größere Schritte in die richtige<br />

Richtung unternehmen. Indem Sie relevante Nachhaltigkeitskriterien<br />

einbeziehen und ihnen im Beschaffungsprozess genügend<br />

Gewicht verleihen, können Sie dazu beitragen, die Branche in eine<br />

nachhaltige Richtung zu lenken.<br />

Autor:<br />

Martin Eichenseder<br />

Geschäftsführer<br />

TCO Certified<br />

martin.eichenseder@<br />

tcodevelopment.com<br />

Kleine Kniffe<br />

27<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 27 12.02.24 12:53


Aus nationalen Kompetenzstellen der Beschaffung<br />

Umweltbilanz von Streaming,<br />

Videokonferenz & Co.<br />

Der Büroalltag von vielen Beschäftigten sieht derzeit so aus, dass vom Küchentisch oder bequem<br />

vom Sofa mit Kolleg:innen oder Teilnehmenden einer Veranstaltung über Videokonferenz<br />

der Kontakt hergestellt wird. Es stellen sich hierbei die Fragen, was nach der Pandemie für<br />

Arbeitsformen bestehen bleiben und welcher ökologische Rucksack damit verbunden ist. Das<br />

Umweltbundesamt (UBA) hat die Umweltbilanz von einigen digitalen Diensten ermittelt. Dabei<br />

kamen erwartbare und nicht erwartbare Ergebnisse zum Vorschein. Welche das sind, wird im<br />

folgenden Beitrag vorgestellt.<br />

Ein Beitrag von Marina Köhn<br />

Digitale Diensten bestimmen nicht nur den<br />

Arbeitsalltag<br />

Morgens eine Videokonferenz, dann die Dokumente in der<br />

Cloud gespeichert und zum Feierabend einen Film aus der Mediathek<br />

sehen oder mit Freunden zum Online-Spielen verabreden.<br />

Immer mehr Menschen nutzen Cloud-Dienste. Die Bundesnetzagentur<br />

hat im Tätigkeitsbericht Telekommunikation 2020/2021 auf<br />

das weiterhin rasant steigende Datenvolumen hingewiesen. Im Jahr<br />

2020 wurden in Deutschland insgesamt rund 81 Mrd. Gigabyte (GB)<br />

Daten über das Festnetz und knapp 4 Mrd. GB Daten über die Mobilfunknetze<br />

übertragen. Für das Jahr 2021 wird pandemiebedingt mit<br />

der Zunahme des Datenvolumens von ca. 20 Prozent beim Festnetz<br />

und ca. 30 Prozent im Bereich Mobilfunk gerechnet. „Die absolute<br />

Steigerung um 21 Mrd. GB im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie<br />

war die bisher höchste überhaupt.“ [BNetzA 2021]. Das durchschnittliche<br />

Datenvolumen sei pro Festnetz-Anschluss von 142 GB<br />

auf 225 GB im Monat gestiegen. Geht man von einer Festplattengröße<br />

von 500 GB aus, so transportiert jeder Haushalt in jedem Monat<br />

ca. die Hälfte seines Festplattenvolumens.<br />

Die Anwendungen, die derzeit das Wachstum des Internetverkehrs<br />

antreiben, sind Videostreaming und soziale Netzwerke.<br />

Insbesondere das Videostreaming hält nach Schätzungen nicht nur<br />

den Löwenanteil des Internetverkehrs mit ca. 60 %, sondern weist<br />

auch den höchsten prozentualen Anstieg auf.<br />

Dass Streaming und andere Internetdienste einen CO 2<br />

-Fußabdruck<br />

haben, hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber wie hoch<br />

ist die Umweltbelastung des sogenannten Cloud-Computing? Ist es<br />

für den Klimaschutz besser, klassisch an einer Konferenz vor Ort<br />

oder per Videokonferenz teilzunehmen? Muss ich ein schlechtes<br />

Gewissen haben, wenn ich mehrmals am Tag Videos im Internet<br />

streame?<br />

Um diese Frage zu beantworten, gibt es methodisch unterschiedliche<br />

Wege. Bisherige Studien basieren i.d.R. auf Literatur- und<br />

Internetrecherchen und nicht auf direkten Messungen. Das erklärt,<br />

warum es unterschiedliche Forschungsergebnisse über die Umweltbilanz<br />

von Streaming-Diensten gibt und diese Ergebnisse zum<br />

Teil weit auseinander liegen. Das UBA hat sich entschieden, diese<br />

Fragen im Forschungsvorhaben Green-Cloud Computing [Groeger<br />

2021] zu beantworten und außerdem die Umweltbelastung<br />

von Cloud-Computing-Anwendungen bei Cloud-Dienstleistern in<br />

der Praxis zu messen. Mit der UBA Methode KPI4DCE (Key Performance<br />

Indikator for Datacenter) [Schödwell 2018] liegen die<br />

methodischen Voraussetzungen vor, um die direkten Umweltbelastungen<br />

im Rechenzentrum zu messen.<br />

Die Werte können sich je nach Dienstanbieter und -leistung<br />

unterscheiden, denn es kommt darauf an, wie effizient die Dienstleistung<br />

erbracht wird und welchen Anteil erneuerbare Energie an<br />

der Stromversorgung hat.<br />

28 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 28 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

Ein Beispiel, das diese These bestätigt, ist die Berechnung des<br />

CO 2<br />

-Fußabdrucks von Online-Speicherplatz in vier Rechenzentren.<br />

Wie man in der Abbildung 1 erkennen kann, werden für ein<br />

Terabyte Online-Datenspeicherung jährlich CO 2<br />

-Emissionen in<br />

unterschiedlicher Größenordnung freigesetzt. Die Bandbreite reicht<br />

bei den vier Rechenzentren von 166 Kilogramm (RZ02) bis zu 280<br />

Kilogramm CO 2<br />

-Äquivalente pro Terabyte (RZ01) gespeicherte<br />

Daten pro Jahr.<br />

Abbildung 1: CO 2<br />

-Fußabdruck für Online-Storage im Vergleich;<br />

UBA 2021 Green Cloud Computing<br />

Wäre es für Cloud-Dienstleister verpflichtend, den CO 2<br />

-Fußabdruck<br />

für die Cloud-Dienstleistung auszuweisen, wäre es für<br />

Verbraucher:innen möglich, sehr schnell festzustellen, welcher<br />

Anbieter die Dienstleistung mit einer geringeren Klimabelastung<br />

erbringt.<br />

Kaum ein Cloud-Dienst hat in den letzten Jahren eine ähnlich<br />

große Nachfrage erfahren wie das Streamen von Videos<br />

aus dem Internet. Videostreaming ist mit Abstand die häufigste<br />

nachgefragte Dienstleistung. Das war Anlass genug, die Umweltbelastung<br />

für diese Dienstleistung unter die Lupe zu nehmen. Für<br />

die Ermittlung des CO2-Fußabdruck konnten wir einen großen<br />

Streaming-Dienstleister als Praxispartner gewinnen, der uns alle notwendigen<br />

Daten zur Verfügung gestellt hat. Für die Bereitstellung<br />

der Cloud-Dienstleistung Videostreaming wurde im Rechenzentrum<br />

ein CO 2<br />

-Fußabdruck von 1,46 Gramm Kohlendioxid-Äquivalenten<br />

pro Stunde Videostream in HD-Qualität (2 Gigabyte Datenvolumen)<br />

ermittelt. Das Rechenzentrum liefert im Jahr 619 Millionen Stunden<br />

Videostreams in HD Qualität aus und emittiert dabei 899 Tonnen<br />

Kohlendioxid-Äquivalente.<br />

Der CO 2<br />

-Fußabdruck für eine Stunde Videostreaming im<br />

Rechenzentrum erscheint sehr gering. Hierbei muss bedacht werden,<br />

dass die Umweltaufwände für die Datenübertragung und für die<br />

Technik im Heimnetz in der Berechnung nicht enthalten sind.<br />

Kleine Kniffe<br />

29<br />

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Abbildung 3: Treibhausgasemissionen Videokonferenz-Teilnahme bei verschiedenen Endgeräten (incl. Herstellungs- und Nutzungsphase)<br />

In Abbildung 2 ist der elektrische Energiebedarf bei der Übertragung<br />

von einem GB Datenvolumen über unterschiedliche<br />

Übertragungstechniken dargestellt. Redundante Netztechnik und<br />

Standby-Verbräuche wurden in der Berechnung der Datenübertragung<br />

nicht berücksichtigt. Trotzdem lassen die Werte den Schluss zu,<br />

dass die Datenübertragung über die Mobilfunknetze einen wesentlich<br />

höheren Energiebedarf als kabelgebundene Anschlüsse hat.<br />

Den Anteil der Technik im Heimnetzwerk am CO 2<br />

-Fußabdruck<br />

möchte ich im letzten Fallbeispiel Videokonferenz darstellen.<br />

Videokonferenzen sind mittlerweile für viele Arbeitnehmer:innen,<br />

Schüler:innen und Student:innen zum festen Bestandteil des Büro-,<br />

Schul- oder Studienalltags geworden. Ob Unternehmen und Behörden<br />

auch nach der Pandemie für Meetings auf Video-Konferenzen<br />

setzen, wird sich zeigen. Anhand unserer Berechnungen können wir<br />

bestätigen, dass die Teilnahme an einer Videokonferenz zur Reduzierung<br />

der Treibhausgasemissionen in Unternehmen beiträgt.<br />

Mit der Teilnahme an einer einstündigen Videokonferenz<br />

sind Treibhausgasemissionen zwischen 55 und 295 Gramm<br />

CO 2<br />

-Äquivalenten verbunden, je nachdem mit welcher <strong>IT</strong> an<br />

der Videokonferenz teilgenommen wird (inklusive Herstellung<br />

der Hardware). In Abbildung 3 ist gut erkennbar, dass für den<br />

Löwenanteil der Treibhausgasemissionen die Technik im Heimnetz<br />

verantwortlich ist. Die klimafreundlichste Videokonferenz-Teilnahme<br />

ist mit einem Laptop möglich. Bei Treibhausgasemissionen<br />

von 55 Gramm CO 2<br />

-Äquivalenten pro Stunde ist sie die klimaschonendste<br />

Variante. Mit einem Desktop-PC mit Monitor sind es 90<br />

Gramm und mit einem großen Videomonitor sind es 295 Gramm<br />

CO 2<br />

-Äquivalenten pro Stunde Teilnahme.<br />

Die Treibhausgasemissionen für die Teilnahme an einer Stunde<br />

Videokonferenz sind in Abbildung 7 mit denen der Verkehrsmittel<br />

PKW, Linienbus, ÖPNV und Fernzug ins Verhältnis gesetzt. Eine<br />

einstündige Videokonferenz mit einem Laptop ist klimafreundlicher<br />

als die An und Abreise, sobald mehr als 0,26 Personenkilometer mit<br />

dem PKW oder 1,01 Personenkilometer mit dem Fernzug zurückzulegen<br />

sind.<br />

Abbildung 2: Theoretische Leistungsaufnahme im Telekommunikationsnetzwerk<br />

bei 1 GB/h innerhalb Deutschlands (2020)<br />

Handlungsempfehlungen für energieeffiziente<br />

und ressourcenschonende Nutzung von Cloud-<br />

Dienstleistungen<br />

Die vergleichsweise geringen Treibhausgasemissionen für die<br />

Nutzung der Cloud-Dienste und die Verdopplung des Datenvolumens<br />

alle zwei Jahre sind die zwei Seiten einer Medaille. Nicht das<br />

einzelne Video, sondern die große Anzahl an Filmen, die täglich<br />

konsumiert werden und Videoclips, die mit Freunden und Verwandten<br />

geteilt werden, sind das Hauptproblem. Nur so lässt sich erklären,<br />

welchen großen Anteil Videostreaming am Gesamtdatenvolumen<br />

einnimmt.<br />

30 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 30 12.02.24 12:53


Abb. 7: Vergleich der Treibhausgasemissionen von Videokonferenzen mit verschiedenen Anzeigegeräten mit den Personenkilometern verschiedener Verkehrsmittel<br />

Um die digitalen Infrastrukturen nicht zu überlasten, müssen<br />

Anreize zur Einsparung von Daten geschaffen werden. Jeder hat es in<br />

der Hand, sich gegen Fehlanreizen zu entscheiden, die zu Mehrkonsum<br />

führen, wie beispielsweise kostenlose Flatrates für Musik- und<br />

Videostreaming.<br />

Folgende Faustregeln helfen, den CO 2<br />

-Fußabdruck bei der<br />

Nutzung von Cloud-Diensten zu senken: Alle Daten, dazu gehören<br />

auch Video-Streams, sollten möglichst über WLAN oder LAN<br />

übertragen werden, nicht über Mobilfunk. Videos sollten möglichst<br />

komprimiert werden. Je kleiner der Monitor, desto geringer ist der<br />

CO 2<br />

-Fußabdruck beim Video-Streaming aus der Mediathek oder<br />

von der Streaming-Plattform. Das Datenvolumen hängt unmittelbar<br />

mit der Auflösung zusammen. Im Allgemeinen gilt: Je höher<br />

die Auflösung, desto größer die Datei, die übertragen werden muss.<br />

Häufig ist der Qualitätsunterschied bspw. zwischen Full-HD- und<br />

4K-UHD-Auflösung kaum erkennbar - insbesondere bei kleinen<br />

Monitoren und bei Entfernung zum Bildschirm.<br />

Eine weitere Möglichkeit, den persönlichen digitalen CO 2<br />

-Fußabdruck<br />

zu reduzieren, ist es, Daten die nicht mehr gebraucht werden,<br />

wie Bilder oder Videos, regelmäßig aus der Cloud zu löschen. Denn<br />

die Daten in der Cloud verbrauchen viel Energie (vgl. Abbildung<br />

1), weil sie 24 Stunden an jedem Tag im Jahr zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

Sie haben bereits erfahren, dass bei der Teilnahme an einer<br />

Videokonferenz das Endgerät, mit dem Sie an der Konferenz teilnehmen,<br />

entscheidet für den CO 2<br />

-Fußabdruck ist. Sie können diesen<br />

weiter reduzieren, in dem Sie Ihr Videobild immer nur dann aktivieren,<br />

wenn es notwendig ist.<br />

In der Pandemie war es für viele von uns ein Trost, dass wir mit<br />

Freund:innen, Eltern und Großeltern über Videotelefonie kommunizieren<br />

konnten. Lassen Sie es nicht zur Gewohnheit werden und<br />

reduzieren Sie die Video-Telefonie auf ein notweniges Maß, auch<br />

dann, wenn es scheinbar kostengünstig ist.<br />

Gewohnheit und nicht mehr darüber nachzudenken, welche<br />

negativen Umweltwirkungen mit dem Handeln verbunden sind,<br />

führen zum Rebound-Effekt. Wir alle haben es AUCH in der Hand,<br />

die Digitalisierung umweltverträglicher zu machen.<br />

Auszug aus Köhn, M. 2022. Informationstechnik geht auch<br />

Rumposch (Hrsg.), Green Hospital -Nachhaltigkeit und<br />

Ressourcenschonung im Krankenhaus,<br />

ISBN: 978-3-95466-679-9. Online verfügbar unter:<br />

umweltverträglich. In J. A. Werner, T. Kaatze, A. Schmidt-<br />

https://www.mwv-berlin.de/produkte/!/title/greenhospital/id/830<br />

Literaturverzeichnis<br />

1. BNetzA 2021: Tätigkeitsbericht Telekommunikation 2020/2021. Bundesnetzagentur<br />

für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und<br />

Eisenbahne (Hg.). Bonn Dezember 2021 Online verfügbar unter https://<br />

www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Mediathek/Berichte/2021/<br />

TTB2020.pdf?__blob=publicationFile&v=1<br />

2. Gröger J, Li R, Stobbe L, Druschke J, Richter N (2021): Green Cloud<br />

Computing Lebenszyklusbasierte Datenerhebung zu Umweltwirkungen<br />

des Cloud Computing (Texte 94/2021). Umweltbundesamt (Hg.), 2021.<br />

Online verfügbar unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/green-cloud-computing<br />

3. Schödwell B, Zarnekow R, Liu R, Gröger J, Wilkens M (2018): Kennzahlen<br />

und Indikatoren für die Beurteilung der Ressourceneffizienz von<br />

Rechenzentren und Prüfung der praktischen Anwendbarkeit (Texte<br />

19/2018). Umweltbundesamt (Hg.), 2018. Online verfügbar unter https://<br />

www.umweltbundesamt.de/publikationen/kennzahlen-indikatoren-fuer-die-beurteilung-der<br />

Autorin<br />

Marina Köhn<br />

Beratungsstelle nachhaltige<br />

Informations-<br />

und Kommunikationstechnik<br />

www.uba.de<br />

Kleine Kniffe<br />

31<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 31 12.02.24 12:53


Aus Expertensicht<br />

Open Source – neues Mindset für den <strong>IT</strong>-<strong>Einkauf</strong><br />

Der Einsatz von Open-Source-Software, deren Quellcode frei zugänglich ist, ist aus den meisten<br />

Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Der aktuelle Open Source Monitor 2021 des Bitkom<br />

kommt zu dem Ergebnis, dass 71 Prozent aller Unternehmen in Deutschland bereits Open-Source-<br />

Software nutzen. Eingesetzt wird sie vor allem in Unternehmensbereichen, die sich in der digitalen<br />

Transformation befinden, wie Cloud Computing oder Big Data & Analytics. Auch für Logistik und<br />

Supply Chain Management ist der Ansatz interessant<br />

Ein Beitrag von Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Henke<br />

Dachser, DB Schenker, duisport und Rhenus haben deshalb im<br />

Oktober 2021 gemeinsam die Open Logistics Foundation gegründet.<br />

Die gemeinnützige Stiftung verfolgt das Ziel, den Open-Source-Gedanken<br />

in der Logistik zu realisieren. Zweck ist der Aufbau einer<br />

europäischen Open-Source-Community, um die Digitalisierung in<br />

Logistik und Supply Chain Management auf der Basis von Open<br />

Source voranzutreiben. Dutzende von Unternehmen haben bereits<br />

ihre Mitarbeit angekündigt. Eine derartige Technologieinitiative<br />

ist bis dato nicht nur einmalig in der Logistik, die Stiftungsgründer<br />

nehmen damit auch eine Vorreiterrolle beim Zukunftsthema<br />

Open Source ein. Zusammengebracht hat sie das Fraunhofer IML.<br />

Prof. Michael Henke, Institutsleiter des Fraunhofer IML, sieht im<br />

Open-Source-Ansatz auch ein großes Potenzial für den <strong>Einkauf</strong>.<br />

Dieser hat künftig eine Schlüsselrolle, aber das Mindset der Wirtschaft<br />

muss sich ändern und die große Zeit der Savings geht ihrem<br />

Ende entgegen.<br />

Weshalb haben Sie den Anstoß zur Gründung<br />

der Open Logistics Foundation gegeben?<br />

Wir haben mit Silicon Economy Logistics Ecosystems und<br />

Blockchain Europe zwei große Projekte, die mit öffentlichen Geldern<br />

finanziert sind. Dementsprechend werden wir die Ergebnisse<br />

diskriminierungs- und barrierefrei zur Verfügung stellen, wobei<br />

der Schwerpunkt auf kleinen und mittleren Unternehmen liegt. Es<br />

ist doch völlig ineffizient, wenn jedes Unternehmen für sich immer<br />

wieder insbesondere Commodities, die jeder braucht, komplett<br />

eigenständig entwickelt. Deshalb entwickeln wir diese Lösungen<br />

open source und stellen sie allen zur Verfügung. Es geht dabei in<br />

erster Linie um Software und um Baupläne für Hardware.<br />

Ein praktisches Beispiel?<br />

Wir haben beispielsweise eine KI-basierte Lösung für Estimated<br />

Time of Arrival entwickelt, die allen frei zur Verfügung steht. So<br />

können wir in gewisser Weise De-Facto-Standards realisieren, denn<br />

wenn alle an diesen Lösungen partizipieren, dann sind sie eben auch<br />

schnell überall im Einsatz. Die Ressourcen, die bei den beteiligten<br />

Unternehmen dadurch frei werden, können diese dann wiederum<br />

für proprietäre Lösungen nutzen, um ihr eigenes Geschäft weiter<br />

zu entwickeln. Das ist doch ein ganz wichtiger Punkt für sehr viele<br />

Unternehmen: Wie kann ich meine knappen Ressourcen, insbesondere<br />

wenn es um Softwareentwicklung geht, zielführend einsetzen?<br />

Für kleine und mittlere Unternehmen funktioniert das sicher nicht,<br />

indem jeder seine eigene Softwarelösung entwickelt und dann hofft,<br />

dass sie international zum Standard wird – das wird nicht passieren.<br />

Darüber hinaus schafft eine Open-Source-Software eine gewisse<br />

Vertrauensbasis, weil jeder den dahinter liegenden Code oder die<br />

Baupläne einsehen kann.<br />

Wie könnte eine Open-Source-Lösung im<br />

<strong>Einkauf</strong> aussehen?<br />

Ich gehe davon aus, dass sich auch der <strong>Einkauf</strong> in Richtung Open<br />

Source entwickeln wird. Der <strong>Einkauf</strong> ist es nach wie vor gewohnt und<br />

wird teilweise auch danach incentiviert, Dinge günstig zu beschaf-<br />

32 Kleine Kniffe<br />

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Foto: Open Logistocs Foundation<br />

fen, um die Budgets seiner internen Kunden möglichst auskömmlich<br />

zu gestalten. Er bezahlt für bestimmte Güter und Dienstleistungen<br />

und definiert darüber seine Arbeit und seine Erfolge, beispielsweise<br />

in Form von Savings. Nun bekommen Open-Source-Lösungen<br />

in den Unternehmen immer mehr Raum, und die Commodities,<br />

die der <strong>Einkauf</strong> früher eingekauft hat, sind heute open source<br />

verfügbar. Kostenlos. Was macht der <strong>Einkauf</strong> dann mit seinem<br />

Instrumentenkasten? Da ist nichts drin, was die Beschaffung von<br />

Open-Source-Lösungen adressiert. Das ist eine sehr spannende Diskussion,<br />

denn es betrifft sein klassisches, ureigenes Tätigkeitsfeld: die<br />

Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen, die das Unternehmen<br />

braucht, um seine eigenen Produkte herzustellen.<br />

Die Preise würden sich also massiv verändern?<br />

Die Preise verändern sich auf jeden Fall, denn, vor allem nicht<br />

wettbewerbsdifferenzierende Software- aber auch Hardware ist<br />

dann kostenlos. Viel wichtiger ist aber, dass durch Open Source die<br />

Entwicklungsgeschwindigkeit steigt, und damit auch Wettbewerbsfähigkeit<br />

und Effizienz. Entscheidend sind die Entwickler, die diese<br />

Open-Source-Lösungen verstehen und weiterentwickeln können,<br />

gemeinsam mit der Community, aber auch zu proprietären Lösungen<br />

für das eigene Unternehmen. Der Fokus wird sich verschieben von<br />

Einkäufern, die gut verhandeln können zu denen, die Open-Source-Entwicklungen<br />

beurteilen und entscheiden können, diese oder<br />

jene Lösung für das eigene Unternehmen zugänglich zu machen und<br />

auf dieser Basis die eigenen Produkte zu entwickeln. Das Skill-Level<br />

wird also breiter werden – gefragt sind nicht nur Text Scouting und<br />

Data Analytics, sondern auch die Fähigkeit, Open-Source-Lösungen<br />

aller Art richtig einschätzen und weiterentwickeln zu können.<br />

Die Kompetenz, Preise richtig einzuschätzen und gut verhandeln zu<br />

können, wird dagegen weniger relevant werden.<br />

Muss sich der <strong>Einkauf</strong> neu erfinden?<br />

Nicht grundsätzlich. Innovationsgespür beispielsweise wird<br />

heute schon von einem Einkäufer erwartet. Was wir brauchen, ist<br />

eine Veränderung im Mindset der Unternehmen, von denen die<br />

meisten ja nach wie vor den <strong>Einkauf</strong> nach Savings incentivieren. Das<br />

wird zunehmend unwichtiger, weil man aufgrund der Open-Source-Verfügbarkeit<br />

gar keine Savings mehr generieren kann. Open<br />

Source ist der Schlüssel für den größten Effizienzgewinn seit der<br />

globalen Beschaffung. Jetzt kommt es darauf an, was der <strong>Einkauf</strong><br />

daraus macht.<br />

Autor<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Henke<br />

Institutsleiter Fraunhofer-Institut für<br />

Materialfluss und Logistik IML |<br />

Die Fragen stellte Ulrike<br />

Dautzenberg, freie Journalistin aus<br />

Wiesbaden<br />

Kleine Kniffe<br />

33<br />

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Open Source Software<br />

Durch vorrangige Beschaffung von Open Source Software<br />

die digitale Kolonie verhindern<br />

Die bereits bestehende digitale Abhängigkeit von einigen wenigen Tech Monopolen hat ein<br />

besorgniserregendes Ausmaß erreicht. Experten sprechen bereits davon, dass wir uns auf<br />

dem Weg in ein digitales Entwicklungsland befinden – mit katastrophalen Auswirkungen auf<br />

Unternehmen, Organisationen und staatliche Institutionen. In diesem Beitrag wird ein nachhaltiger<br />

und erfolgsversprechender Lösungsweg aufgezeigt: Vorrang von Open Source Software beim<br />

<strong>Einkauf</strong> von Software und <strong>IT</strong>-Services.<br />

Ein Beitrag von Prof. Dr. Harald Wehnes, Prof. Dr. Julian Kunkel, Christian Bernert<br />

Aus den Erfahrungen mit der Abhängigkeit von<br />

fossilen Energien lernen<br />

Das allgemeine Bewusstsein für Abhängigkeiten ist in letzter<br />

Zeit durch verschiedene Ereignisse (Ukraine-Krieg, Trump-Regierungszeit,<br />

Machtmissbrauch von Monopolen etc.) sprunghaft<br />

gestiegen. Die aktuellen digitalen Abhängigkeiten (Cloud und<br />

Vendor Lock-in) sind im Verhältnis zur Abhängigkeit von russischem<br />

Gas wesentlich kritischer zu bewerten, da sie irreversiblen<br />

Charakter haben. Beim Gas gab es Sofortlösungen durch Nutzung<br />

vorhandener Reserven und vielfältige Sparmaßnahmen. Sollte uns<br />

der „digitale Hahn“ abgedreht werden, zu dem es internationale<br />

Beispiele gibt, verfügen wir derzeit über keine Sofortlösungen und<br />

müssen alle Konsequenzen ohne Plan B erdulden.<br />

B<strong>IT</strong>Mi-Umfrage: <strong>IT</strong>-Mittelstand zieht<br />

besorgniserregende Bilanz zur Digitalpolitik<br />

Eine von Bundesverband <strong>IT</strong>-Mittelstand e.V. im September<br />

2023 veröffentlichte Mitgliederbefragung stellt der bisherigen Digitalpolitik<br />

der Bundesregierung ein vernichtendes Zeugnis aus:<br />

• Fast 90 % der Befragten sind „sehr unzufrieden“ oder<br />

„unzufrieden“ mit der Digitalpolitik<br />

• Fast alle (94 %) finden, dass unsere digitale Zukunft<br />

außerhalb Europas gestaltet wird.<br />

Ist Deutschland auf dem Weg in die digitale<br />

Kolonie?<br />

In jüngster Zeit mehren sich die Warnungen von hochkarätigen<br />

<strong>IT</strong>-Experten, Vertretern der Wirtschaft und Politikern: „Deutschland<br />

droht zur digitalen Kolonie zu werden“ (Bitkom-Chef Ralf<br />

Wintergerst, Wirtschaftswoche vom 20.11.2023). Wenn Deutschland<br />

nur noch zum Nutzer von Digitalisierungsprodukten wird,<br />

findet die Wertschöpfung in der digitalen Welt ohne uns statt –<br />

mit weitreichenden Konsequenzen für unsere Sozialsysteme und<br />

unseren Wohlstand. Es ist Zeit zum Handeln!<br />

Risiken / Konsequenzen aus digitalen<br />

Abhängigkeiten<br />

Fast regelmäßige zweistellige Preiserhöhungen im Halbjahrestakt<br />

verdeutlichen die wirtschaftlichen Folgen der Monopolisierung und<br />

dem damit verbundenen fehlenden Wettbewerb am digitalen Markt.<br />

Besonders kritisch sind Auflösungen der eigenen <strong>IT</strong>-Bereiche „aus<br />

Kostengründen“ zu bewerten. Die verlockenden Einsparungen<br />

können durch die damit verbundenen Dauerabhängigkeiten teuer<br />

erkauft werden.<br />

Weitere Risiken der digitalen Abhängigkeit sind u.a.:<br />

• Eingeschränkte Informationssicherheit, rechtliche Unsicherheit,<br />

eingeschränkte Flexibilität, fremdgesteuerte Innovation<br />

• Wirtschaftliche und politische Erpressbarkeit<br />

34 Kleine Kniffe<br />

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Abbildung: Umfrage Bundesverband <strong>IT</strong>-Mittelstand e.V. (B<strong>IT</strong>Mi) zur Digitalpolitik , Quelle: https://www.bitmi.de/it-mittelstand-zieht-besorgniserregende-bilanz-zur-digitalpolitik/<br />

• Verlust von Eigentums- und Urheberrechten, Wissen, Informationen<br />

zur Beantragung von Patenten etc.<br />

• Verlust der Datenhoheit, Industriespionage.<br />

Mit Open Source die Zukunft gestalten<br />

Um aus dieser äußerst schwierigen Situation herauszukommen,<br />

bedarf es einer großangelegten Initiative und einem Mindset Change.<br />

Die Initiative muss von staatlichen Einrichtungen, Unternehmen<br />

und Organisationen sowie von Bürgerinnen und Bürgern getragen<br />

werden. Je früher gestartet wird, umso größer sind die Chancen für<br />

eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung.<br />

Eine besonders wirkungsvolle und sofort umsetzbare Maßnahme<br />

ist die vorrangige Beschaffung von Open Source Software (OSS).<br />

Neben einer Verringerung von digitaler Abhängigkeit werden<br />

dadurch folgende Vorteile (wenn auch nicht als Automatismus)<br />

erreicht:<br />

Kosteneinsparungen: Kosteneinsparungen sowie Zugriff auf<br />

den Quellcode und einfache Anpassungen sind aus Unternehmenssicht<br />

die wichtigsten Gründe für den Einsatz von OSS.<br />

Datensouveränität: OSS sichert Unternehmen und Organisationen<br />

die Kontrolle über ihre Systeme und Daten, da die<br />

Quellcodes offen zugänglich sind.<br />

Innovationsmöglichkeiten. Aktuell wird der digitale Markt<br />

von wenige Monopolisten beherrscht, die ihre Monopolstellungen<br />

mit massiven Lobbymaßnahmen inzwischen auch auf<br />

andere lukrative Branchen (Medien, Banken, Bildung, Gesundheit<br />

etc.) ausdehnen.<br />

Verbesserte Sicherheit: Die Transparenz von OSS ermöglicht<br />

eine schnellere Identifizierung und Behebung von Sicherheitslücken,<br />

was die Sicherheit erhöht.<br />

Verhinderung von Datenspionage: OSS reduziert die Gefahr<br />

von Datenspionage bei Unternehmen und in der öffentlichen<br />

Verwaltung.<br />

Große Unternehmen handeln bereits<br />

Immer mehr Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen<br />

haben die Konsequenzen der digitalen Abhängigkeit erkannt und<br />

handeln bereits. Der vom Bundeswirtschaftsministerium eingerichtete<br />

Expertenkreis „Transformation der Automobilwirtschaft“<br />

empfiehlt „Durch Open-Source-Softwareentwicklung den Automobilstandort<br />

Europa stärken“ und begründet dies u.a. mit: „Dabei<br />

bietet Open-Source-Software die Möglichkeit, Kompetenzen<br />

unternehmensübergreifend zu bündeln, Kosten zu sparen und über<br />

eine breite Verwendung standardisierte Lösungen zu schaffen.“<br />

Wettbewerb: Durch OSS kann wieder ein funktionierender<br />

Markt mit Wahlfreiheit hergestellt werden mit vielfältigen<br />

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Foto: depositphotos<br />

Gutachten zum rechtssicheren Vorrang von<br />

Open Source Software bei der Vergabe<br />

Die große Bedeutung von Open Source Software für die<br />

Digitale Souveränität Deutschlands hat die Bundesregierung sowohl<br />

im Koalitionsvertrag von 2021 als auch in der Digitalstrategie von<br />

2022 betont. Sie wird auch in zentralen Beschlüssen des <strong>IT</strong>-Planungsrates<br />

immer wieder hervorgehoben. Leider entsprechen die<br />

Taten, wie die Vergabe eines Auftrags von 4,6 Mrd. Euro an den<br />

Datenbank-Monopolisten Oracle ohne Ausschreibung durch das<br />

BMI, nicht den Versprechungen. Auch die bereitgestellten Bundesmittel<br />

für die Förderung von OSS und digitale Souveränität sind<br />

noch völlig unzureichend.<br />

Einige Bundesländer sind bereits deutlich weiter als die Bundesregierung:<br />

• Schleswig-Holstein und Thüringen haben den Vorrang von<br />

Open Source Software verbindlich in ihren<br />

E-Government-Gesetzen geregelt.<br />

• Weitere Bundesländer wie beispielsweise Baden-Württemberg<br />

haben den Vorrang für Open Source Software in<br />

Verwaltungsvorschriften verankert.<br />

Zusammenfassung und Empfehlung<br />

Die digitale Abhängigkeit Deutschlands und Europas von<br />

wenigen Tech-Monopolisten hat ein besorgniserregendes Ausmaß<br />

erreicht. Es droht die digitale Kolonie. Ein wichtiger Hebel dies zu<br />

vermeiden ist der Vorrang von Open Source Software beim <strong>Einkauf</strong><br />

von <strong>IT</strong>-Produkten und Leistungen.<br />

Die gute Nachricht: Es gibt viele gute alternative Lösungen,<br />

mit denen die digitale Abhängigkeit verringert werden kann. Software-Übersichten<br />

bzw. weitere Informationen findet man u.a. bei<br />

der Open Source Business Alliance (OSBA, https://osb-alliance.de)<br />

und dem Bundesverband <strong>IT</strong>-Mittelstand (B<strong>IT</strong>Mi, https://www.<br />

bitmi.de). Die Universität Würzburg hat die Plattform https://<br />

digital-sovereignty.net (MVP) eingerichtet, mit der man die digitale<br />

Souveränität seines Software-Portfolios messen kann. Darüber<br />

hinaus enthält sie u.a. eine Risikocheckliste und einen Maßnahmenkatalog<br />

zur Verringerung digitaler Abhängigkeiten. Mit dem Ausbau<br />

zu einem Marktplatz für digital souveräne Produkte wurde bereits<br />

begonnen.<br />

Ein Gutachten von Prof. Wiebe, Universität Göttingen, kommt<br />

zu dem Schluss, dass eine vorrangige Beschaffung von OSS im<br />

Rahmen der strategischen Beschaffung (§97 Abs. 3 GWB) nicht nur<br />

gesetzlich möglich, sondern sogar erforderlich ist, wenn die öffentliche<br />

Verwaltung die Stärkung der digitalen Souveränität sowie die<br />

Förderung von Innovation und Wettbewerb erreichen will.<br />

Unternehmen können natürlich unabhängig von diesen gesetzlichen<br />

Regelungen schon heute handeln und bei <strong>IT</strong>-Beschaffungen<br />

primär auf OSS bzw. souveräne <strong>IT</strong>-Lösungen „Made in Germany/<br />

EU“ setzen, die in eigenen Rechenzenten oder in Rechenzentren von<br />

Betreibern gehostet werden, die der EU-Gesetzgebung unterliegen.<br />

Autoren<br />

Prof. Dr. Harald Wehnes, Universität Würzburg<br />

Prof. Dr. Julian Kunkel, Gesellschaft für wissenschaftliche<br />

Datenverarbeitung mbH<br />

Christian Bernert, Direktor LPM Academy<br />

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E-Procurement<br />

Nachhaltige öffentliche Beschaffung<br />

durch elektronische Marktplätze?<br />

<strong>Einkauf</strong> im öffentlichen Sektor und elektronische Marktplätze – wie geht das zusammen? Mit dieser<br />

Frage haben sich die <strong>Einkauf</strong>sleitungen in den Fachgruppen der BME-Sektion „Öffentliche Auftraggeber“<br />

intensiv auseinandergesetzt. Die Ergebnisse sind im neuen BME-Leitfaden „Chancen und Nutzung von<br />

elektronischen Marktplätzen im öffentlichen <strong>Einkauf</strong>“ zusammengefasst. Die Publikation gibt auf 116 Seiten<br />

einen ausführlichen Überblick über die Welt der E-Marktplätze und findet neue Lösungsansätze.<br />

Das Interview führte Thomas Heine<br />

Digitalisierung in der Beschaffung ist ein Riesenthema<br />

und betrifft nicht nur die Zielgruppe „Bund“, sondern<br />

auch die Länder und nachgeordneten sektoralen Ebenen.<br />

In den klassischen Verwaltungsstrukturen gibt es zwar<br />

eine zentrale Vergabestelle, jedoch keinen Zentraleinkauf.<br />

Die Beschaffung ist zumeist dezentral organisiert<br />

und die Vorgangsbearbeitung erfolgt auf „Papier und<br />

mit Office-Anwendungen“. Welchen Nutzen hat eine<br />

Digitalisierung der Beschaffungsprozesse?<br />

In der Tat wird in Verwaltungen gerade bei geringen Auftragswerten<br />

im Direktauftrag dezentral, individuell und manuell<br />

beschafft. Oftmals fehlt hierbei die passende <strong>IT</strong>-Unterstützung,<br />

wodurch die Prozesskosten hoch sind und die Datenlage intransparent<br />

und unvollständig. Die Abläufe sind zeitverzögert und mögliche<br />

Synergien bei sich wiederholenden Tätigkeiten werden verschenkt.<br />

Dabei gehen viele Bündelpotenziale zur Kostensenkung und auch zu<br />

mehr Innovation und Nachhaltigkeit verloren. Unter Prozesskosten<br />

versteht man die finanziellen und zeitlichen Kosten, also die Beschaffungskosten<br />

beim Auftraggeber wie zum Beispiel der Aufwand für die<br />

Markterkundung. Durch E-Marktplätze ist der Prozess digitalisiert,<br />

folgt in den Bestellschritten einem Standard und Bündelpotenziale<br />

können durch eingebundene Rahmenverträge gehoben werden. So<br />

können automatisierte Abläufe im <strong>Einkauf</strong>sprozess dabei helfen, die<br />

Beschaffung effizienter, transparenter und flexibler zu gestalten. Die<br />

Digitalisierung führt in den Verwaltungen zu tiefgreifenden Veränderungen<br />

der Geschäftsprozesse im Beschaffungsmanagement.<br />

Das Ziel, Produkte einzukaufen, die ökonomisch,<br />

ökologisch und sozial nachhaltig sind, spielt eine immer<br />

größere Rolle bei der Beschaffungsentscheidung.<br />

Welche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang<br />

E-Marktplätze?<br />

Die Vielfalt der E-Marktplätze mit einer Fülle an Anbietern<br />

und Produkten unterstützt die Zielsetzungen für mehr Innovation<br />

und Nachhaltigkeit. Um dies in der Beschaffung zu realisieren, ist<br />

es wesentlich, sich die einzelnen Warengruppen auf ihren möglichen<br />

Impact anzuschauen und daraus eine Warengruppenstrategie<br />

abzuleiten. Aus der strategischen Analyse in den Warengruppen<br />

werden innovative und nachhaltige Kriterien abgeleitet und in<br />

Rahmenverträgen und E-Katalogen abgebildet. Diese können den<br />

Bedarfsträgern dann strukturiert und standardisiert auf einem<br />

E-Marktplatz bzw. einer E-Procurement-Plattform angeboten<br />

werden. Diese Plattformen vereinfachen mit den verschiedenen<br />

Funktionen wie Produktkatalogen, Bestellsystemen und Zahlungs-<br />

38 Kleine Kniffe<br />

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Foto: Susanne Kurz, BME<br />

abwicklung den <strong>Einkauf</strong>sprozess und helfen dabei, die Beschaffung<br />

effizienter und damit wirtschaftlicher zu gestalten.<br />

Bei der Entscheidung für die Nutzung von E-Marktplätzen<br />

stehen die öffentlichen Beschaffungsstellen<br />

jedoch im Spagat zwischen den Vorgaben des Vergaberechts<br />

und der Digitalisierung der <strong>Einkauf</strong>sprozesse.<br />

Wie kann dieser Widerspruch aufgelöst werden?<br />

Eine konkrete Regelung, wie mit elektronischen Marktplätzen in<br />

der öffentlichen Beschaffung umgegangen werden soll, fehlt bislang.<br />

Es fehlt auch an klaren Vorschriften in der öffentlichen Beschaffung<br />

im Einklang mit dem deutschen Vergaberecht. Die Nutzung von<br />

elektronischen Marktplätzen hängt größtenteils von der Innovationsbereitschaft<br />

einzelner öffentlicher Auftraggeber ab. Insgesamt<br />

wird deutlich, dass den öffentlichen Auftraggebern insbesondere für<br />

Direktaufträge Softwarelösungen verschiedenen Anbieter zur Verfügung<br />

stehen, die es zu nutzen gilt.<br />

Wie und wo kann man sich über die Möglichkeiten von<br />

elektronischen Marktplätzen für den öffentlichen <strong>Einkauf</strong><br />

informieren?<br />

Mit dieser Frage setzen sich die <strong>Einkauf</strong>sleitungen in den Fachgruppen<br />

der BME-Sektion „Öffentliche Auftraggeber“ bereits seit<br />

Längerem auseinander. Die Ergebnisse sind in der 1. Auflage des im<br />

Oktober 2023 erschienen Leitfadens mit dem Titel „Chancen und<br />

Nutzung von elektronischen Marktplätzen im öffentlichen <strong>Einkauf</strong>“<br />

zusammengefasst. Der Leitfaden gibt einen ausführlichen Überblick<br />

über die Welt der E-Marktplätze und findet neue Lösungsansätze.<br />

Denn die Bedeutung von E-Marktplätzen nimmt zu und die am<br />

Markt angebotenen Lösungen entwickeln sich stetig weiter.<br />

Welche Vorteile hat ein elektronischer Marktplatz für<br />

die Beschaffungsverantwortlichen?<br />

Digitale Plattformen wie elektronische Marktplätze ermöglichen<br />

öffentlichen Auftraggebern den Zugang zu einer breiten Anbieterbasis<br />

und schaffen so die Voraussetzungen, um eine fundierte<br />

Lieferantenauswahl, sowohl qualitativ als auch quantitativ, treffen<br />

zu können. Mit der Vielzahl der Anbieter und der Fülle an Informationen<br />

und deren Auswertbarkeit tragen E-Marktplätze zu mehr<br />

Kleine Kniffe<br />

39<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 39 12.02.24 12:53


Wettbewerb bei und erhöhen die Markttransparenz. Damit wird es<br />

einfacher, die Anbieter nach nachhaltigen und sozial verantwortlichen<br />

Kriterien zu bewerten.<br />

Haben Sie ein Beispiel dafür, wie Transparenz den<br />

Beschaffungsverantwortlichen hilft?<br />

Um nachhaltige Produkte schnell finden zu können, bieten<br />

E-Marktplätze die Möglichkeit, nach international anerkannten<br />

Siegeln und Zertifikaten zu filtern. Damit lässt sich das riesige Sortiment<br />

hinsichtlich Nachhaltigkeitskriterien eingrenzen. In einem<br />

Marktplatz-Beispiel können für über 2.000 der meistgesuchten<br />

Schlüsselworte europaweit über 1,2 Millionen Angebote von Produkten<br />

mit Umwelt- und Soziallabels selektiert werden. Zudem kann<br />

sich der Nutzer auf dem Marktplatz vollständig nachhaltige Kataloge<br />

freischalten oder bereits bestehende regionale beziehungsweise<br />

nachhaltige Lieferanten einfach mit in den Katalog einbringen. Ein<br />

Beispiel eines Stadtwerkes aus dem Leitfaden macht dies anschaulich.<br />

Auf deren E-Procurement-Plattform ist das Kriterium Nachhaltigkeit<br />

mit bis zu 700 Zertifikaten enthalten, die einzeln und<br />

in Summe ausgewählt werden können. Das Stadtwerk hat für ihr<br />

Sortiment eine Nachhaltigkeitsrichtlinie implementiert, die dafür<br />

sorgt, dass Produkte mit Nachhaltigkeitszertifizierungen bevorzugt<br />

angezeigt werden.<br />

Welche Aspekte sind bei der Auswahl eines E-Marktplatzes<br />

zu beachten, wenn man wert legt auf eine<br />

nachhaltig ausgerichtete öffentliche Beschaffung?<br />

Bei der Entscheidung für einen bestimmten E-Marktplatz mit<br />

dem Ziel der nachhaltigen Beschaffung ist relevant, ob der Plattformanbieter<br />

Nachhaltigkeitsziele mit spezifischen Konfigurationen<br />

und Selektionsmöglichkeiten auf der Plattform unterstützt. Werden<br />

dem Nutzer beispielsweise Auswahlfunktionen für ökologische und<br />

sozial nachhaltige Kriterien zur Selektion von Anbietern angeboten?<br />

Kann der Anbieterkreis regional eingegrenzt werden? Ist es möglich,<br />

nach Unternehmensgröße zu selektieren, um kleine und mittlere<br />

Unternehmen bzw. Start-ups bei der Auswahl zu bevorzugen? Die<br />

vorgenannten Selektionskriterien beziehen sich auf das eigentliche<br />

Plattform-Angebot.<br />

Ein anderer Aspekt bei der Entscheidungsfindung für einen<br />

E-Marktplatz ist die Betrachtung des Unternehmens, welches den<br />

Marktplatz betreibt. Verfolgt der Plattform-Anbieter selbst eine<br />

nachhaltige Unternehmensstrategie und kommuniziert dies? Ist das<br />

Unternehmen zertifiziert ist und hat es sich einem Nachhaltigkeitsrating<br />

gestellt? Hier spielen neben umweltbezogenen und sozialen<br />

Aspekten auch die Unternehmensführung betreffende Kriterien eine<br />

Rolle.<br />

Was ist das Besondere am Leitfaden des BME „Chancen<br />

und Nutzung von elektronischen Marktplätzen im<br />

öffentlichen <strong>Einkauf</strong>“?<br />

Die Erstellung des neuen Leitfadens war für mich eine spannende<br />

Reise in die Welt der E-Marktplätze und ich durfte viele<br />

interessante Gespräche mit öffentlichen Auftraggebern sowie Plattform-Anbietern<br />

führen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn<br />

der Leitfaden ist gespickt mit Erfahrungsberichten, Checklisten und<br />

Handlungsempfehlungen für die Beschaffung sowie Anbindung<br />

von E-Marktplatzlösungen. In der Publikation werden spezielle<br />

Fragestellungen aus Sicht des Vergaberechts erörtert und viele Praxistipps<br />

für eine strategische Nutzung von E-Marktplätzen vermittelt.<br />

Informationen<br />

Hier geht es zum Download des Leitfadens<br />

Der 1954 gegründete Bundesverband Materialwirtschaft,<br />

<strong>Einkauf</strong> und Logistik e.V. (BME) ist ein führender Fachverband<br />

und Netzwerkpartner für <strong>Einkauf</strong>s-, Supply-Chain- und Logistikverantwortliche<br />

in Deutschland und Europa. Er zählt 9.750<br />

Mitglieder (Stand: September 2023) – vom Einzelunternehmen über<br />

den Mittelstand bis zum Konzern – aus allen Branchen und Sektoren,<br />

insbesondere auch aus dem öffentlichen Sektor. Das Volumen<br />

der von den Verbandsmitgliedern beschafften Waren und Dienstleistungen<br />

beträgt jährlich rund 1,25 Billionen Euro.<br />

Webseite: https://www.bme.de<br />

BME-Fachgruppen: https://www.bme.de/netzwerk/fachgruppen/oeffentliche-auftraggeber<br />

Seit dem Jahr 2013 führt der BME das Kompetenzzentrum<br />

innovative Beschaffung (KOINNO) im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) durch. Ziel des<br />

Kompetenzzentrums ist es, die Innovationsorientierung der öffentlichen<br />

Beschaffung in Deutschland dauerhaft zu stärken und den<br />

Anteil der Beschaffung von Innovationen am Gesamtvolumen des<br />

öffentlichen <strong>Einkauf</strong>s in Deutschland zu erhöhen.<br />

Webseite: https://www.koinno-bmwk.de<br />

40 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 40 12.02.24 12:53


Digital Sustainability Summit (#DSS24)<br />

Konferenz für die grüne und digitale Zwillingstransformation<br />

Wie gelingt die „Twin Transition“, also die Verbindung von grünem und digitalem Wandel? Welche<br />

digitalen Innovationen für mehr Nachhaltigkeit gibt es? Wie gelingt der Aufbau nachhaltiger<br />

digitaler Geschäftsmodelle? Und wie sieht die klimafreundliche digitale Wirtschaft der Zukunft<br />

aus?<br />

Darum geht es beim Digital Sustainability Summit (#DSS24) am<br />

10. April 2024. Zum zweiten Mal bringen wir Innovatorinnen und<br />

Innovatoren der Digitalbranche, Nachhaltigkeitscommunity, Wissenschaft<br />

und Verantwortliche aus der Politik zusammen. Gemeinsam<br />

sprechen wir über konkrete Lösungsansätze für Unternehmen und<br />

Staat und diskutieren, wie die Digitalisierung zur Erreichung der<br />

Klimaschutzziele beitragen kann.<br />

Wollen wir Deutschland auf dem 1,5-Grad-Pfad halten, dürfen<br />

wir auf dem Weg in eine grüne und digitale Zukunft keine Zeit verlieren<br />

und müssen zügig die richtigen Weichenstellungen vornehmen.<br />

Diskutieren Sie mit, wie wir die Nachhaltigkeitspotenziale digitaler<br />

Technologien freisetzen, nachhaltig digitale Geschäftsmodelle der<br />

Zukunft gestalten und die Digitalwirtschaft dekarbonisieren können.<br />

Die Themen<br />

Digitale Innovationen für mehr Nachhaltigkeit<br />

Die digitale Technologielandschaft hat sich in den letzten<br />

Jahrzehnten rasant entwickelt und neue Technologien haben ein<br />

großes Nachhaltigkeitspotenzial. Wenn wir die gesetzten Nachhaltigkeits-<br />

und Klimaziele noch erreichen wollen, können wir<br />

auf die Potenziale digitaler Technologien nicht mehr verzichten.<br />

Doch wie genau und in welchen Anwendungsfällen können digitale<br />

Lösungen als Hebel für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz<br />

eingesetzt werden?<br />

Aufbau nachhaltiger, digitaler<br />

Geschäftsmodelle<br />

Begreifen wir die nachhaltige und digitale Transformation<br />

als zentrale, zukunftsprägende Herausforderung der kommenden<br />

Jahrzehnte, so werden diese beiden Ansätze unweigerlich die<br />

Geschäftsmodelle der Zukunft prägen. Doch wie können transformationsdienliche,<br />

d.h. zugleich digital und nachhaltige Geschäftsmodelle<br />

aussehen und wie gelingt ihr Aufbau?<br />

Die klimafreundliche Digitalwirtschaft der<br />

Zukunft<br />

Genau wie alle anderen Bereiche unserer Gesellschaft und Sektoren<br />

unserer Wirtschaft befindet sich auch die Digitalwirtschaft<br />

auf einem Transformationspfad hin zu einer klimafreundlichen<br />

Zukunft. Doch wie genau kann der eigene ökologische Fußabdruck<br />

des <strong>IT</strong>K-Sektors gesenkt und die Nachhaltigkeitstransformation des<br />

Sektors vollzogen werden? Wie wird die klimafreundliche Digitalwirtschaft<br />

der Zukunft aussehen?<br />

Interesse?<br />

Hier geht es<br />

Zum Programm<br />

Zur Anmeldung<br />

Kleine Kniffe<br />

41<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 41 12.02.24 12:53


Gewusst wie!<br />

Fünf Tipps für nachhaltige<br />

<strong>IT</strong>-Beschaffung im öffentlichen <strong>Einkauf</strong><br />

Die öffentliche Beschaffung soll nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial und ökologisch<br />

ausgerichtet sein. Nachhaltigkeit im ökologischen und sozial gerechten Sinn ist damit zu<br />

einem wesentlichen Beschaffungsziel geworden. Die Relevanz des Themas dürfte den meisten<br />

Institutionen klar sein. Die größere Herausforderung ist, nachhaltige Beschaffung in der Praxis<br />

umzusetzen. Wir sprechen mit Heike Kleine von Unite darüber, wie sich die <strong>IT</strong>-Beschaffung<br />

nachhaltig ausrichten kann.<br />

Das Interview führte Thomas Heine<br />

Tipp #1: Lebenszyklus eines Produkts<br />

einbeziehen<br />

Produkte der hochtechnisierten Gesellschaft des 21.<br />

Jahrhunderts wie Elektro- und Elektronikgeräte verursachen<br />

unter anderem durch zwei Gegebenheiten<br />

signifikante Umweltauswirkungen: Erstens steigt die<br />

Anzahl der Produkte selbst stetig an und zweitens sind<br />

teilweise relativ kurze Nutzungsdauern zu beobachten.<br />

Wie kann man in der <strong>IT</strong>-Beschaffung nachhaltige Akzente<br />

setzen?<br />

Die Lebensdauer eines Produkts ist ein Kriterium für Nachhaltigkeit.<br />

Je länger ein Produkt genutzt werden kann, desto weniger<br />

Energie und Ressourcen werden verbraucht und desto weniger Abfall<br />

entsteht. Verschiedene Faktoren haben Einfluss auf die Lebensdauer.<br />

Austauschbare Komponenten und Upgrade-Möglichkeiten stellen<br />

sicher, dass ein Produkt an sich verändernde Anforderungen anpassbar<br />

und damit langlebiger ist. Ein langjähriger Hersteller-Support<br />

und die Lieferung sicherheitsrelevanter Software-Updates sorgen<br />

ebenfalls dafür, dass <strong>IT</strong>-Produkte eine längere Lebensdauer haben. In<br />

jedem Fall sollte die Herstellergarantie in die <strong>Einkauf</strong>sentscheidung<br />

einbezogen werden. Neben der Lebensdauer des Produkts lohnt sich<br />

auch ein Blick auf den Lieferanten dahinter und dessen wirtschaftliche<br />

Leistungsfähigkeit. Ist dieser finanziell stabil und zu einer<br />

langfristigen Partnerschaft fähig? Stabile Lieferantenbeziehungen<br />

sind die Basis für langlebige und damit nachhaltige Geschäftsbeziehungen.<br />

Tipp #2: Wiederaufbereitet statt neu<br />

Jedes Jahr werden Millionen elektrischer und elektronischer<br />

Geräte ausrangiert, weil sie kaputt gehen<br />

oder veraltet sind und weggeworfen werden. Diese ausrangierten<br />

Geräte werden als Elektroschrott bezeichnet<br />

und können zu einer Bedrohung für die Umwelt und die<br />

menschliche Gesundheit werden, wenn sie nicht ordnungsgemäß<br />

behandelt, entsorgt und recycelt werden.<br />

Zu den üblichen Gegenständen im Elektroschrottstrom<br />

gehören Computer und Mobiltelefone, Gibt es Beschaffungsstrategien,<br />

die sich gegen diesen Trend stemmen?<br />

Besonders bei <strong>IT</strong>-Produkten lohnt es sich, wiederaufbereitete<br />

oder sog. Refurbished-Produkte in Betracht zu ziehen. Die fachkundige<br />

Wiederaufbereitung kann die Lebensdauer durchschnittlich um<br />

bis zu fünf Jahre verlängern. Kauft man bspw. wiederaufbereitete<br />

Laptops, spart man je nach Modell 69 bis 83 Prozent der CO 2<br />

-Emissionen<br />

und bis zu 90 Prozent der benötigten Wassermenge. Mit<br />

der Anschaffung von gebrauchten, wiederaufbereiteten <strong>IT</strong>-Produkten<br />

wird nicht nur die Umwelt geschont, sondern im Sinne der<br />

Wirtschaftlichkeit auch finanzielle Ressourcen gespart. Wiederaufbereitete<br />

Geräte sind genauso funktionstüchtig, aber bis zu 40<br />

Prozent günstiger.<br />

Tipp #3: Soziale Verantwortung prüfen<br />

Spätestens seit sich 2010 und 2013 mehrere Selbstmorde<br />

beim Produzenten der Apple iPhones ereigneten,<br />

entstand auch in Europa eine Diskussion um soziale Verantwortung<br />

beim <strong>Einkauf</strong> von <strong>IT</strong>-Ausrüstung. Es geht<br />

dabei um Lohnhöhe und Absicherung von Krankheit,<br />

42 Kleine Kniffe<br />

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Foto: Heike Kleine Unite<br />

Arbeitsstunden, soziale Betreuung, Arbeitssicherheit und<br />

flexibilisierte Anstellungsverträge wie der Arbeitseinsatz<br />

von Studenten. Wie kann der <strong>Einkauf</strong> Verantwortung<br />

übernehmen?<br />

Tipp #5: Auf Zertifizierungen achten<br />

Gibt es Orientierungen für <strong>IT</strong>-Einkäufer, die in ihrer<br />

Warengruppe nachhaltig einkaufen wollen?<br />

Zum Thema Nachhaltigkeit zählen nicht nur ökologische Aspekte,<br />

sondern auch soziale Kriterien wie tariftreue Entlohnung und faire<br />

Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit, soziale Integration und<br />

der Schutz von Menschenrechten. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz<br />

verpflichtet Unternehmen, diese soziale Verantwortung<br />

einzuhalten. Aber auch öffentliche Institutionen, die das Gesetz<br />

rechtlich (noch) nicht erfüllen müssen, sollten diese Themen<br />

in der Lieferkette proaktiv managen. Erste wesentliche Schritte<br />

setzen öffentliche Auftraggeber mit themenspezifischen Schulungen<br />

für Bieter und den Fokus auf eine lokale bzw. europäische<br />

Lieferantenstruktur, welche das abstrakte Risiko von Menschenrechtsverletzungen<br />

reduziert. Der nächste konkrete Schritt wäre die<br />

Einbeziehung sozialer Aspekte in die Ausführungskriterien.<br />

Zertifizierungen sind ein weiterer wichtiger Indikator dafür, ob<br />

Produkte nachhaltig hergestellt wurden. Dies kann den Einsatz von<br />

umweltfreundlichen Materialien, Energieeffizienz, Abfallreduktion<br />

und Recyclingmaßnahmen umfassen. Siegel wie “TCO certified” oder<br />

der “Blaue Engel” zählen zu den bekanntesten Nachhaltigkeitszertifizierungen<br />

von <strong>IT</strong>-Produkten. Produkte mit diesem Siegel enthalten<br />

keine toxischen Substanzen und wurden energie- und ressourceneffizient<br />

produziert. Eine Übersicht der gängigsten Zertifizierungen<br />

für <strong>IT</strong>-Produkte finden Sie hier. Um schnell Produkte mit den<br />

entsprechenden Siegeln zu finden, eignen sich digitale Plattformen.<br />

Sie schaffen Transparenz, da sie in der Regel mit einem Klick über<br />

die Filterfunktion Artikel mit Zertifizierungen anzeigen.<br />

Tipp #4: Innovation wagen<br />

Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen technischen<br />

Innovationen und Nachhaltigkeit?<br />

Innovative Lösungen können zu mehr Nachhaltigkeit führen.<br />

Der schonende Einsatz von Ressourcen und Energieeffizienz sind<br />

immer auch mit Innovationen verbunden. Die Förderung von Innovationen<br />

im öffentlichen Beschaffungswesen ist daher ein wichtiges<br />

Element der Wirtschafts- und Energiepolitik. Öffentliche Auftraggeber<br />

können mit ihrer gezielten Nachfrage Innovationen begünstigen<br />

und Geschäftspartner dazu ermutigen, innovative Ansätze bei der<br />

Erfüllung der Anforderungen zu entwickeln.<br />

Hinweis<br />

Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Sie Ihre Beschaffung<br />

nachhaltiger aufstellen?<br />

Unite, die E-Procurement Plattform mit integriertem Marktplatz,<br />

informiert regelmäßig in Webinaren, wie eine digitale<br />

Plattform dabei unterstützen kann.<br />

Heike Kleine, die den Bereich öffentliche Beschaffung bei Unite<br />

verantwortet, freut sich darauf, Ihnen live die Unite Lösungen für<br />

den öffentlichen Sektor vorzustellen. Hier finden Sie immer die<br />

aktuellen Events.<br />

Kleine Kniffe<br />

43<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 43 12.02.24 12:53


Leitfäden zur nachhaltigen <strong>IT</strong>-Beschaffung<br />

Neue Leitfäden zur nachhaltigen <strong>IT</strong>-Beschaffung erschienen<br />

TCO Development, die Organisation hinter der Nachhaltigkeitszertifizierung TCO Certified,<br />

präsentiert vier neue Leitfäden für die Beschaffung von <strong>IT</strong>-Produkten. Die Leitfäden sollen<br />

Unternehmen dabei unterstützen, beim <strong>Einkauf</strong> von <strong>IT</strong>-Produkten soziale und ökologische<br />

Verantwortung zu übernehmen.<br />

Ein Beitrag von Martin Eichenseder<br />

Computer, Bildschirme und andere <strong>IT</strong>-Produkte gehen mit<br />

einer ganzen Reihe von Nachhaltigkeitsrisiken wie Konfliktmineralien,<br />

gesundheitsgefährdenden Substanzen und schlechten<br />

Arbeitsbedingungen in der Lieferkette einher. Die richtige Wahl bei<br />

der Beschaffung von <strong>IT</strong>-Produkten zu treffen, die besser für Mensch<br />

und Natur sind, kann daher einen großen Unterschied machen.<br />

„Da das Beschaffungswesen weiter an Bedeutung gewinnt,<br />

rücken Fragen nach den Auswirkungen der gekauften Produkte<br />

für den Klimawandel, nach Abfallvermeidung und ethischem Verhalten<br />

in der Lieferkette verstärkt in dessen Fokus. Entsprechend<br />

wollen wir den <strong>IT</strong>-Einkäufern dabei helfen, sowohl die Risiken für<br />

die Umwelt als auch die Verantwortung in der Lieferkette anzusprechen,<br />

die in Zusammenhang mit der von ihnen gekauften Elektronik<br />

stehen“, sagt Clare Hobby, Director Purchaser Engagement Global<br />

bei TCO Development, der Organisation hinter TCO Certified.<br />

Die vier Leitfäden bilden dabei den Grundstein, Einkäufern den<br />

Einstieg in die nachhaltige Beschaffung zu erleichtern bzw. sie in<br />

ihrem Bestreben voranzubringen:<br />

Leitfaden für nachhaltige <strong>IT</strong>-Beschaffung mit TCO Certified:<br />

Dieser Schritt-für-Schritt-Leitfaden führt den Leser durch den<br />

gesamten Beschaffungsprozess und erläutert gleichzeitig, was zu tun<br />

ist, um mit TCO Certified in die nachhaltige <strong>IT</strong>-Beschaffung einzusteigen.<br />

Zusammenfassung der Kriterien von TCO Certified, Generation<br />

8: Hierbei handelt es sich um eine detaillierte Zusammenfassung<br />

aller in TCO Certified enthaltenen Kriterien sowie ein kurzer<br />

Überblick darüber, wie die Einhaltung der Kriterien unabhängig<br />

verifiziert wird.<br />

Sprachliche Empfehlungen für die Verwendung von TCO Certified<br />

in der Beschaffung. Dieser Leitfaden liefert hilfreiche Tipps zu<br />

empfohlenen Formulierungen für die Aufnahme von TCO Certified<br />

in Ausschreibungen, Richtlinien und andere Beschaffungsunterlagen<br />

Gleichwertiger Nachweis der Konformität: Für Einkäufer, die<br />

einen gleichwertigen Nachweis der Konformität mit TCO Certified<br />

akzeptieren müssen, beschreibt dieser Leitfaden die spezifischen<br />

Nachweise, die in diesem Zusammenhang erforderlich sind. ​<br />

Der Rückgriff auf eine Zertifizierung macht die nachhaltige<br />

Beschaffung sowohl einfacher als auch effizienter, da der jeweilige<br />

Einkäufer hierdurch Zugang zu einer Vielzahl vorgefertigter Kriterien<br />

erhält und diese folglich nicht selbst definieren muss. Damit<br />

die Kriterien jedoch eine Wirkung entfalten können, muss die<br />

Einhaltung unabhängig überprüft werden. Sich einfach auf Produktinformationen<br />

oder eigene Erklärungen der Hersteller zu verlassen,<br />

reicht nicht aus und kann zu unfairen Vergleichen und Greenwashing<br />

führen.<br />

TCO Certified basiert auf einem gut etablierten und effektiven<br />

System unabhängiger Verifizierung, das von der Industrie Verantwortung<br />

einfordert und sicherstellt, dass Verstöße korrigiert werden.<br />

Jedes Jahr verbringen unabhängige Prüfer mehr als 20.000 Stunden<br />

mit Produkttests, Fabrikinspektionen und Nachuntersuchungen,<br />

was TCO Certified zu einem der umfassendsten Zertifizierungssysteme<br />

auf dem Markt macht.<br />

Die Leitfäden stehen hier zum Download zur Verfügung.<br />

Autor:<br />

Martin Eichenseder<br />

Geschäftsführer<br />

TCO Certified<br />

martin.eichenseder@<br />

tcodevelopment.com<br />

44 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 44 12.02.24 12:53


Aus nationalen Kompetenzstellen der Beschaffung<br />

Bundesbehörden berücksichtigen bei Bedarfsermittlung<br />

und Beschaffung den Klimaschutz<br />

Die für Bundesbehörden verpflichtende Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur<br />

Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima), das Klimaschutzgesetz (KSG), das<br />

Kreislaufwirtschaftsgesetz sowie das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit der Bundesregierung<br />

stellen wichtige Meilensteine auf dem Weg zur klimaneutralen Bundesverwaltung bis zum Jahr<br />

2030 dar.<br />

Ein Beitrag von Ralf Grosse<br />

Die AVV Klima enthält für Bedarfsträger und Beschaffer neue<br />

Anforderungen und Pflichten, die sich aus § 13 KSG ergeben, und<br />

konkretisiert diese. Die Zielsetzung dabei ist die Minderung von<br />

Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus. Die AVV<br />

Klima ist damit ein wichtiges Instrument, um die oben genannten<br />

Ziele in der öffentlichen Beschaffung umzusetzen.<br />

Im September 2021 hat das Bundeswirtschaftsministerium, heute<br />

das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK),<br />

die AVV EnEff zur AVV Klima weiterentwickelt und neben den<br />

Aspekten der Energieeffizienz jetzt auch den Klimaschutz, unter<br />

Berücksichtigung der Vorgaben des § 13 (2) Bundes-Klimaschutzgesetz<br />

(KSG), einbezogen. Die AVV Klima ist zum 1. Januar 2022 in<br />

Kraft getreten. Bundesbehörden in unmittelbarer Bundesverwaltung<br />

müssen nun die Anforderungen daraus berücksichtigen.<br />

Der Fokus der AVV Klima liegt in einem hohen Maß im Bereich<br />

der Energieeffizienz, aber auch auf der Bilanzierung und der<br />

monetären Bewertung von Treibhausgasemissionen, die über den<br />

gesamten Lebenszyklus eines Produkts hinweg anfallen und in der<br />

Auftragsvergabe der öffentlichen Hand entsprechende Berücksichtigung<br />

finden sollen.<br />

Die Erläuterungen zur AVV Klima halten hierzu fest, „dass für<br />

die Vermeidung oder Verursachung von Treibhausgasemissionen<br />

in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ein CO 2<br />

-Preis rechnerisch<br />

zugrunde zu legen ist (CO 2<br />

- Schattenpreis). Bezug genommen<br />

wird dabei auf das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), das<br />

Orientierung für eine Bepreisung von klimarelevanten Emissionen,<br />

angegeben als CO 2<br />

-Äquivalent, bietet.“<br />

Mit der AVV Klima werden auch Prüf-, Berücksichtigungsund<br />

Bevorzugungspflichten klimafreundlicher Leistungen zu<br />

einer zentralen Vorgabe in den, dem Bedarf zugrunde liegenden,<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, wie auch in den Bereichen der<br />

Bedarfsermittlung und in den Beschaffungsprozessen des Bundes.<br />

Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und der<br />

Bedarfsermittlung sind bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung<br />

mit Blick auf die Klimarelevanz der zu beschaffenden Leistungen<br />

zu berücksichtigen. Dabei soll die höchstmögliche Energieeffizienzklasse<br />

einbezogen, soweit verfügbar auch die Nutzung von Kriterien<br />

vorhandener Gütezeichen in Betracht gezogen werden, wie beispielhaft<br />

die Kriterien des Blauen Engels oder des Europäischen<br />

Umweltzeichens. Die AVV Klima beinhaltet auch die Berücksichtigung<br />

der Kosten der verursachten Treibhausgasemissionen bei<br />

der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Hierzu können, für<br />

eine entsprechende Überprüfung der eingegangenen Angebote, ab<br />

einem voraussichtlichen Auftragswert von 10.000 Euro von allen<br />

Bietern konkrete Angaben zu Energieverbräuchen und Treibhausgasemissionen<br />

gefordert werden.<br />

Neu ist die Aufnahme einer „Negativliste“ in die AVV Klima<br />

und damit verbunden eine Einschränkung des Leistungsbestimmungsrechts<br />

öffentlicher Auftraggeber des Bundes. Diese beinhaltet<br />

Leistungen und Produkte, deren Beschaffung aus Gründen des<br />

Umwelt- oder Gesundheitsschutzes unzulässig ist. Hierunter fallen<br />

unter anderem die sogenannten „Gas-Heizpilze“, wie auch „Geräte,<br />

die ausschließlich der Zubereitung von Heißgetränken durch Befüllung<br />

mit Lebensmittelportionen, die für den Endverbraucher nur als<br />

einzeln verpackte Einheiten in, mehrere dieser Einheiten enthaltenden<br />

Verkaufsverpackungen erhältlich sind, dienen.“<br />

Autor<br />

Ralf Grosse<br />

Kompetenzstelle für Nachhaltige<br />

Beschaffung (KNB)<br />

Kleine Kniffe<br />

45<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 45 12.02.24 12:53


Nachhaltige Vergabe in der Schweiz<br />

Clever beschafft<br />

Wie man die Marktmacht der öffentlichen Hand und bestehende Gesetze<br />

nutzen kann, um nachhaltigere Produkte zu erhalten<br />

Die Bedeutung guter und vor allem nachhaltig beschaffter und betriebener Business Monitore wird<br />

allgemein unterschätzt. 140.000 Monitore mussten für die Schweizer Bundesverwaltung beschafft<br />

und verhandelt werden. Es handelte sich um ein Zuschlagsvolumen von etwas über 150 Millionen<br />

CHF. Die Beschaffungsstelle hatte darauf zu achten, dass neben der Definition der rein technischen<br />

Anforderungen die Monitore auch über die gesamte Laufzeit des Rahmenvertrages mindestens der<br />

jeweiligen Gesetzgebung entsprechen, besser aber darüber hinausgehen. Zudem mussten die Anbieter<br />

sämtliche Recyclingleistungen für die GEWA kostenfrei anbieten. Hier werden die wesentlichen<br />

Ausschreibungskriterien und deren gesetzliche Grundlagen vorgestellt.<br />

Ein Beitrag von Stefan Zweili<br />

Die Schweiz beschafft seit<br />

1.1.2022 mit dem totalrevidierten<br />

Bundesgesetz über das öffentliche<br />

Beschaffungswesen (BöB) wie in<br />

der EU auch, nach den den Grundsätzen<br />

des GPA 2012. Auch die<br />

gesetzlichen sozialen und ökologischen<br />

Mindestanforderungen sind<br />

mit denen der EU nahezu identisch.<br />

(Siehe Kasten am Ende des Artikels)<br />

Ziele der Beschaffung<br />

Folgeausschreibung (Nach GPA<br />

1994) von Business Monitoren.<br />

Durch Corona und Mehrbedarf an<br />

Monitoren im Homeoffice wurde<br />

das ursprünglich geplante Kontingent<br />

vorzeitig ausgeschöpft.<br />

Kundenseitig wurde die Beschaffung von Standard Business<br />

Monitoren verlangt und diese in den Grössen 24, 27 und 32<br />

Zoll. Ausprägungen festintegrierte Lautsprechern und Microsoft<br />

Windows Hello fähige WebCams. Als Standard Anschluss wurde<br />

der Business Anschlusstyp «Display Port» definiert. Optional USB<br />

Type-C Anschlusskabel.<br />

Übersicht<br />

Die Schweizerische Bundesverwaltung beschäftigt ca. 40.000<br />

Mitarbeitende. Mit Projekten wie „Neue Arbeitswelten“ tritt der<br />

herkömmliche Büroarbeitsplatz sukzessive in den Hintergrund.<br />

Digitale und flexible Arbeitsformen werden immer wichtiger.<br />

Anhand des konkreten Beispiels der Beschaffung von Business<br />

Monitoren für die schweizerische Bundesverwaltung werden<br />

in diesem Artikel, ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben der<br />

Beschaffung, die Ausschreibungskriterien, Mehrleistungen und<br />

Zuschlagskriterien ausführlich beschrieben, um der Forderung nach<br />

nachhaltigen Produkten gerecht zu werden. Damit wurde zuerst eine<br />

solide Basis für die späteren Lebenszyklusphasen geschaffen.<br />

In einem weiteren Schritt werden im Sinne der Kreislaufwirtschaft<br />

und der Energieeffizienz die Aspekte der Betriebsphase, der<br />

Supportphase und der Entsorgung der Geräte in den Fokus genommen.<br />

In der Verordnung über die Organisation des öffentlichen<br />

Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB) 11a ist festgehalten,<br />

dass die zentralen Beschaffungsstellen angehalten sind, [...]<br />

nach Möglichkeit marktgängige, genormte Güter, die über ihren gesamten<br />

Lebensweg hohe wirtschaftliche,<br />

ökologische und soziale Anforderungen<br />

erfüllen zu beschaffen. Zusätzlich<br />

sind diese Güter zu standardisieren, in<br />

Produktkatalogen abzubilden und die<br />

Beschaffungen zu bündeln.<br />

Demzufolge halte ich den den<br />

Standardisierungsbeitrag der Kollegin<br />

Judith Jung KOINNO (Kleine<br />

Kniffe, Ausgabe Oktober 2021) als<br />

zwingende Grundvoraussetzung<br />

für eine innovative nachhaltige<br />

Submission von Standardgütern!<br />

Die seit 2019 anhaltenden<br />

Probleme mit den internationalen<br />

Lieferketten, Homeoffice und<br />

Corona bekamen zudem eine ganz<br />

neue Dringlichkeit und definierten<br />

das Vendormanagement unter anderem mit:<br />

• Eine strikte über Monate im Voraus zu organisierende aktive<br />

Forecast Planung<br />

• Einen erhöhten Mengenbedarf<br />

• Berücksichtigung von nicht oder schlecht planbaren Bestellprozessen<br />

• Schlechtere Qualität, da neu vermehrt mit unterschiedlichen<br />

Subunternehmern in der Fertigung produziert werden muss,<br />

und dies laufend.<br />

46 Kleine Kniffe<br />

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Foto: depositphotos<br />

Gesetzliche Grundlagen<br />

Normalerweise werden die ökologischen und sozialen gesetzlichen<br />

Vorgaben einzeln abgefragt. Eine mehrmonatige Marktanalyse<br />

hat jedoch gezeigt, dass TCO-zertifizierte Monitore sowohl die<br />

europäische als auch die schweizerische Gesetzgebung und sogar<br />

darüber hinaus abdecken. Auch ist genügend Markt für TCO zertifizierte<br />

Geräte vorhanden.<br />

Innovationen<br />

Musskriterium TCO Certified<br />

Sämtliche, für den Zuschlag angebotenen Geräte müssen mit<br />

einer zum Zeitpunkt der Ausschreibung gültigen Zertifikat eingereicht<br />

werden.<br />

Musskriterium Energystar<br />

Sämtliche, für den Zuschlag angebotenen Geräte müssen mit<br />

einer zum Zeitpunkt der Ausschreibung gültigen Zertifikat eingereicht<br />

werden.<br />

Musskriterium WebCam<br />

Zur Reduktion des CO 2<br />

Ausstoss hat der Bundesrat am 3. Juli<br />

2019 festgelegt, dass für Reisen kürzer als 6 Stunden nicht mehr<br />

geflogen werden darf. So wurde entschieden, dass die neu zu<br />

beschaffenden Monitore zudem mit einer WebCam ausgerüstet<br />

sein müssen. Aus sicherheitstechnischen und logistischen Gründen<br />

wurden festverbaute WebCams mit Zusatzpunkten belohnt.<br />

Musskriterium Voll Garantie<br />

Sämtliche anzubietenden Monitore müssen mit einer Vollgarantie<br />

von 60 Monaten (5 Jahre) angeboten werden.<br />

Musskriterium Design für die Reparierbarkeit<br />

Nachweis, dass die offerierten Geräte die gemäss (GPP TS2,TS3,<br />

TS4 ) repariert werden können, und dies mittels universell verfügbarer<br />

Werkzeuge. Nachweis: EU Umweltzeichen Typ I (nach ISO<br />

14024), sowie Manuel und oder Videodokumentation.<br />

Musskriterum Ersatzgeräte<br />

Als Ersatzgeräte dürfen nur bereits homologierte & integrierte<br />

Geräte geliefert werden.<br />

Musskriterium End-of-life-Management<br />

Nachweis, dass sämtliche über die gesamte Vertragslaufzeit mindestens<br />

folgende Teile für Recyclingzwecke leicht zerlegbar sind:<br />

Gehäuseteile, Chassis, Bildschirm-Panel und Elektrobaugruppen<br />

(inkl. Leiterplatten) MÜSSEN als Fraktionen von Materialien<br />

anderer funktioneller Einheiten getrennt und nach Möglichkeit<br />

werkstofflich verwertet werden können.<br />

Musskriterium Low Blue-Light Filter<br />

Nachweis, dass sämtliche angebotenen Monitore Low Blue, und<br />

Ey comfort Flicker free Technologie TÜV zertifiziert sind.<br />

Mehrleistungen<br />

Während der gesamten Laufzeit des Rahmenvertrags dürfen nur<br />

zum Zeitpunkt der Lieferung gültige Energystar und TCO-zertifizierte<br />

Monitore angeboten werden. Es muss immer die aktuellste<br />

Zertifizierung vorgelegt werden. Auf diese Weise wird sichergestellt,<br />

dass immer der neueste Stand der europäischen und schweizerischen<br />

Gesetzgebung abgedeckt ist.<br />

Kleine Kniffe<br />

47<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 47 12.02.24 12:53


Foto: Stefan Zweili<br />

Mehrleistung, Minimierung von Rohstoffen / Zubehör<br />

Verzicht auf nicht benötigtes Zubehör in der Verpackung wie:<br />

• Plastiksäcke<br />

• metallische Plastikkabelbinder<br />

• Deutschen Stromanschlusskabel<br />

• 3.5 mm Audiokabel<br />

• HDMI Kabel<br />

• DVI-D Kabel<br />

• VGA Kabel<br />

• Papier Manuals<br />

Mehrleistung TCO Certified Edge<br />

Die zu offerierenden Geräte sind mit der aktuellsten Version<br />

TCO Edge zertifiziert. (mind. 85 % recycelter Kunststoff, halogenfreie<br />

Displays, voll funktionale in alle Richtungen drehbare<br />

Monitore.<br />

Mehrleistung ETEC_MAX<br />

Angabe des Wertes gemäss der Energy Star Formel. Der Minderstromverbrauch<br />

wurde mit Zusatzpunkten bewertet. (GPP ZK6 )<br />

Mehrleistung, Minimierung von Rohstoffen / Zubehör<br />

Verzicht auf Styropor in den Verpackungen<br />

Diese obigen beiden Kriterien wurden als «Best Praxis Beispiele<br />

bei Circular & Fair ICT Pact (CF<strong>IT</strong>), einem Programm im Rahmen<br />

des SPP-Programms des UN One Planet Network publiziert und als<br />

besonders innovativ im Rahmen von: «Weniger kaufen und vermeiden<br />

von unnötigem Zubehör» gewürdigt.<br />

Aktuelle und überprüfte ISO-Zertifizierungen<br />

branchenspezifische bedarfsgerechte ISO-Zertifizierungen<br />

(9001:2015, 14001:2015; 45000:2018)<br />

Mehrleistung für Monitore inkl. USB Type-C Schnittstelle<br />

USB Type-C Monitore sind fähig, Notebooks ≥ 65 Watt laden zu<br />

können, und dies inkl. Bild- und Datensignalübertragung.<br />

Recycling Prozess, kostenneutral<br />

Zu retournierende Altgeräte müssen inkl. sämtlicher deinstallierter<br />

Kabel und Zubehör werterhaltend verpackt werden.<br />

Anschliessend sind sie werterhaltend in das Lager des Dienstleisters<br />

zu transportieren, wobei Leerfahrten generell und über den gesamten<br />

Lebenszyklus zu vermeiden sind.<br />

Die Altgeräte sind der Firma GEWA , einem sozialwirtschaftlichen<br />

Unternehmen, kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Die GEWA<br />

befähigt Menschen ihren Platz in der Arbeitswelt zu finden. Die Bundesverwaltung<br />

unterstützt die GEWA bei dieser Aufgabe indem sie<br />

auf auf einen allfälligen Cashback von Altgeräten verzichtet und sie<br />

Altgeräte zu einem möglichst hohen Restwert zur Verfügung stellt.<br />

Die Abholung kann auch direkt am Projektstandort erfolgen. Hierzu<br />

ist immer die umweltfreundlichste Transportlösung zu wählen.<br />

Die GEWA bereitet die Altgeräte auf, und führt sie dem Weitereinsatz<br />

zu. Dem Bundespersonal werden die Altgeräte zu einem<br />

Vorzugspreis in einem Webshop zur Verfügung gestellt. Altgeräte<br />

welche nicht einem zweiten Leben zugeführt werden kön-nen,<br />

werden Werkstoff recycliert.<br />

Dieser Rücknahmeprozess – ein separater Vertrag – besteht<br />

aus 18 grösstenteils sicherheitsrelevanten Arbeitsschritten, mit dem<br />

ALLE Altgeräte der Bundesverwaltung retourniert, gelöscht und<br />

wieder aufbereitet wird. Diese Arbeitsschritte werden regelmässig<br />

48 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 48 12.02.24 12:53


Gesetzliche Grundlagen<br />

Normalerweise werden die ökologischen und sozialen gesetzlichen Vorgaben einzeln abgefragt. (Was in der EU die GPP<br />

Kriterien sind, ist in der Schweiz der Ressourcen- und Umweltstandard für die Beschaffung der IKT-Infrastruktur, P025.<br />

Eine mehrmonatige Marktanalyse hat jedoch gezeigt, dass TCO-zertifizierte Monitore sowohl die europäische als auch<br />

die schweizerische Gesetzgebung und sogar darüber hinaus abdecken. (172.056.1, [BöB], Beschaffungsstrategie 2021-<br />

2030, Art. 1, 2 und 6, 814.620, [VREG] , Art 3, 13a, 151.1 , Anhang 1.12 und 2.2, 730.02, EnEV)[ [EG 125/2009] , [EU<br />

1275/2008] und [EU 801/2013],[EU 2019/2021] , Anhang 2.18, 814.81, [ChemRRV] [EU 65/2011] [EU 65/2011]<br />

[EN 50581:2012] , Art. 71, 813.11, [ChemV], (REACH-Erklärung gemäss [EG 1907/2006])<br />

Zum Lieferauftrag im TED: https://t1p.de/9b5ix<br />

auditiert. Die Wipingdaten sind der Finanzkontrolle während 10<br />

Jahren für Kontrollen zur Verfügung stellen. Die Sicherheitsverantwortlichen<br />

der Bundesverwaltung haben jederzeit die Möglichkeit<br />

unangemeldete Kontrollen durchzuführen.<br />

Positiver Impact nach Zuschlag?<br />

Was hat man aus Sicht Nachhaltigkeit erreicht, wenn mit<br />

all diesen Kriterien einen Zuschlag und dies für zwei Zuschlagsempfängern<br />

– also einer Dual Vendor Strategie - erteilt hat?<br />

Es wurde lediglich eine solide Basis (Unterbaukonstruktion) für<br />

die späteren Lebenszyklusphasen geschaffen.<br />

«Erst Governance, Strategie und ein konsequentes , operatives Vendormanagement<br />

führen die Nachhaltigkeit zum Erfolg.»<br />

Um das Dilemma der verschiedenen Wechselwirkungen<br />

zwischen Ausschreibungs- und Hersteller-Roadmap-Dauer, den<br />

gesetzlichen Anpassungen und Umwelt Zertifikatsdauer zu lösen,<br />

ist nach der Zuschlagserteilung eine erneute Marktanalyse durchzuführen.<br />

Diese stellt sicher, dass der richtige Beschaffungsgegenstand<br />

zusammen mit der aktuellsten Umweltgesetzgebung und den neuesten<br />

gültigen Umweltzertifikaten beschafft wird.<br />

In der Betriebsphase sind sämtliche Akteure, also die Dienstleister<br />

und die am operativen Prozess beteiligten Mitarbeitenden<br />

dahingehend zu unterstützen, dass die definierten Abläufe auch<br />

umgesetzt werden.<br />

In der Supportphase ist sicherzustellen, dass die defekten<br />

Geräte termingerecht ausgetauscht, gleichzeitig aber auch Leerfahrten<br />

vermieden werden.<br />

Die Rücknahme, Aufbereitung und Wiedereinsatz aller<br />

Altgeräte erfolgt durch die GEWA einer Wiedereingliederungsstätte.<br />

Die von der GEWA erstellten Urkunden zeigen bemerkenswerte<br />

sozial ökologische Rohstoff- und CO 2<br />

Reduktionen auf. Die Umweltreporte<br />

wurden in Zusammenarbeit mit myclimate und der AFB im<br />

Rahmen eines Projektes entwickelt.<br />

Nach diesem zweiten Leben, werden die Altgeräte zurückgenommen<br />

durch Immark gemäss der Verordnung über die Rückgabe,<br />

die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer<br />

Geräte (VREG)Werkstoff recycelt. Gleichzeitig bilden Mustergargen<br />

die Grundlage zur Berechnung von Ökobilanzen.<br />

Ich weiss gar nicht, ob Sie das wussten,…<br />

«oder wie auch bei bestehenden Monitoren<br />

bis zu 50% Betriebskosten gespart werden<br />

können.»<br />

Wussten Sie, dass Monitore - um das EnergyStar Label zu erhalten<br />

- mit einer Default Helligkeitswert Einstellung von 200 cd/m2<br />

(Candela pro m 2 ) gemessen werden müssen? (Default = Out of the<br />

Box)<br />

Dieser Messwert entspricht je nach Alter des Monitors bzw.<br />

Energy Star Version. Diese Einstellung ist viel zu hell.<br />

«Wer täglich mit dem Computer arbeitet, kennt das Phänomen von<br />

trockenen oder gar schmerzenden Augen.»<br />

Lösungsansatz: Stellen Sie bei der Erstinbetriebnahme die Helligkeit<br />

auf 0 % ein. Danach regeln Sie die Helligkeit so hoch bis diese<br />

Ihnen angenehm erscheint. Wiederholen Sie den Vorgang zu verschiedenen<br />

Tageszeiten.<br />

Nebst dem Neuen viel angenehmeren Lesegefühl werden Sie<br />

erstaunt sein, dass sie so bis zu 50% des Monitor Stromverbrauchs<br />

einsparen können. (Gemessen mit «myStrom WiFi Switch»)<br />

Business Monitore verfügen zudem oftmals auch noch über<br />

einen integrierten Power- oder Anwesenheitssensor. Mit unbedenklichen<br />

Infrarotsignalen wird die Abwesenheit der Nutzer<br />

festgestellt und automatisch die Bildschirmhelligkeit reduziert wenn<br />

Sie sich vom Schreibtisch entfernen. Der Stromverbrauch kann so<br />

bis zu 70% reduziert werden.<br />

Autor:<br />

Stefan Zweili,<br />

Der Autor äussert hier seine<br />

persönliche Meinung.<br />

Vendor Manager<br />

Kleine Kniffe<br />

49<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 49 12.02.24 12:53


SPP Chapter Denmark<br />

Beschleunigung der Nachhaltigkeit<br />

bei <strong>IT</strong>-Beschaffungsinitiativen<br />

Im November 2023 veranstaltete die dänische Sektion des Sustainable Procurement Pledge ein<br />

Webinar zum Thema „Beschleunigung der Nachhaltigkeit bei Ihren <strong>IT</strong>-Beschaffungsinitiativen“<br />

mit den Gastrednern Bhanushee Malhotra und Arpita Dwivedi von der Forschungs- und<br />

Beratungsfirma Everest Group. Die Aufzeichnung des Webinars ist auf dem SPP YouTube-Kanal<br />

hier verfügbar.<br />

Ein Beitrag von Miguel Brand<br />

Hintergrund und Einführung<br />

Wir alle kennen die explosionsartige Zunahme von Geräten,<br />

Hardware, Software und Apps in unserem Privat- und Arbeitsleben.<br />

Von Sofortkommunikation und Dateispeicherung bis hin zu<br />

Online-Inhalten und Videokonferenzen sind digitale Dienste zu<br />

einem wichtigen Bestandteil unseres Alltags geworden, und dieser<br />

Trend wurde durch die jüngste globale Pandemie noch beschleunigt.<br />

Der schwindelerregende Aufstieg der <strong>IT</strong>- und Kommunikationsbranche<br />

hat negative ökologische und soziale Auswirkungen,<br />

angefangen bei der Herstellung von Hardware und Geräten bis<br />

hin zum steigenden Gesamtstrombedarf für die gesamte Branche.<br />

Und obwohl der Anteil der Nutzung erneuerbarer Energien steigt,<br />

wird ein großer Teil des Stroms immer noch mit fossilen Brennstoffen<br />

erzeugt. Nach Angaben der EU und anderer Quellen ist<br />

Elektroschrott derzeit die am schnellsten wachsende Abfallkategorie.<br />

<strong>IT</strong>-Dienstleister stehen zunehmend unter Beobachtung, um die<br />

immer anspruchsvolleren regulatorischen Anforderungen in Bezug<br />

auf ESG-Überlegungen zu erfüllen.<br />

Die Beschaffung ist die Brücke zwischen den Geschäftsbereichen<br />

und -funktionen und den Lieferanten und Dienstleistern. Zunächst<br />

ist es wichtig, die übergreifenden Ziele für die betreffende <strong>Einkauf</strong>sorganisation<br />

festzulegen. Handelt es sich in erster Linie um einen auf<br />

Risikomanagement und Einhaltung von Vorschriften basierenden<br />

Ansatz, oder ist er Teil eines Programms zur Dekarbonisierung der<br />

Lieferkette? Wird es Teil einer umfassenderen Strategie für Nachhaltigkeit<br />

als Unterscheidungsmerkmal für Unternehmen sein? Wie<br />

Bhanushee und Arpita erläuterten, werden Ansätze wie ESG-Zertifizierung,<br />

Dekarbonisierung der Lieferkette usw. wahrscheinlich je<br />

nach Branche der einkaufenden Organisation variieren.<br />

Daten, Analytik und S2P-Prozess<br />

Unternehmen sollten ihre Ausgabendaten nutzen, um strategische<br />

Ansätze zu entwickeln, bei denen die Kategorien mit den<br />

größten Auswirkungen auf die Ausgaben durch die Kategorieteams<br />

des Unternehmens priorisiert werden. Die Integration<br />

von Nachhaltigkeit in die <strong>IT</strong>-Beschaffung kann bedeuten, dass die<br />

Beschaffungsprozesse angepasst, die Sorgfaltspflicht verstärkt und<br />

ESG-Klauseln in die Verträge aufgenommen werden. Außerdem<br />

sollten die Lieferanten dazu angehalten werden, ihre Fortschritte<br />

aufzuzeichnen und nachzuverfolgen - zum Beispiel, wenn es um<br />

Treibhausgasemissionen geht, unter Verwendung von Zielen, die<br />

auf der SBTi (Science-Based Targets Initiative) basieren.<br />

Einige große Unternehmen nutzen erfolgreich Source-to-<br />

Pay-Prozesse (S2P), um ihre Rechnungen zu analysieren und die<br />

Nachhaltigkeitsauswirkungen (CO 2<br />

-Emissionen) von Einkäufen zu<br />

validieren. Nach Angaben der Everest Group beschränkt sich dies<br />

jedoch auf eine Minderheit von Unternehmen, denen es gelungen ist,<br />

ihre <strong>IT</strong>-Systeme in hohem Maße in Rating- und Nachhaltigkeitsplattformen<br />

zu integrieren.<br />

50 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 50 12.02.24 12:53


Die soziale und Governance-Dimension.<br />

Neben den bekannten Umweltkriterien müssen unbedingt auch<br />

soziale und Governance-Kriterien berücksichtigt werden, insbesondere<br />

bei Managed Service Providern (MSP) und BPO (Business<br />

Process Outsourcing), wo das Risiko ganz anderer Natur ist. Impact<br />

Sourcing - auch bekannt als sozial verantwortliches Outsourcing -<br />

ist die aktive Förderung der Beschäftigung von sozioökonomisch<br />

benachteiligten Personen und ist relevant für Drittanbieter und MSP<br />

mit Arbeitnehmern in Zentren, die informationsbasierte Dienstleistungen<br />

für nationale und internationale Kunden erbringen.<br />

Personaldienstleister und andere Auftragnehmer sollten Leistungskennzahlen<br />

zu Themen wie Vielfalt und Einhaltung von<br />

Sozial- und Arbeitsrechten vorlegen. Beschaffende Unternehmen<br />

können die Einstellungsprozesse ihrer Zulieferer positiv beeinflussen,<br />

indem sie ESG-Verpflichtungen in Lieferantenverträgen<br />

festschreiben. In den USA ist es üblicher, Beschaffungsmandate zu<br />

haben. Ein Beispiel wäre die Vorgabe, dass 5 % der Zulieferer in einer<br />

bestimmten Kategorie nachweislich über eine vielfältige Belegschaft<br />

verfügen müssen.<br />

Leistungsverfolgung und Rechenschaftspflicht<br />

der Lieferanten<br />

Wie in anderen Bereichen sollte die Leistung der Lieferanten<br />

durch Beschaffungs-Scorecards und Kontrolltürme überwacht<br />

werden. Nachhaltigkeitsmetriken wie Dekarbonisierungsziele,<br />

Energieeffizienz, umweltfreundliche Gebäude und Infrastruktur,<br />

Abfallmanagementmetriken, Wassereinsparung und andere<br />

ESG-Metriken werden zunehmend in die Scorecards der <strong>IT</strong>-Lieferanten<br />

aufgenommen und alle 6 oder 12 Monate selbst berichtet.<br />

Bei Hardware, Geräten und Cloud-Diensten wird in der Regel<br />

mehr Wert auf Umweltkennzahlen gelegt, während bei Softwareund<br />

Dienstleistungsanbietern der Schwerpunkt auf ESG-Governance<br />

liegt. Typische Fragen für die zweite Gruppe könnten sein: Haben<br />

die Anbieter eine eigene ESG-Funktion? Sind sie auf Zusammenarbeit<br />

ausgerichtet? Welche ESG-Richtlinien gibt es?<br />

Best Practice<br />

Die besten Unternehmen im Bereich der nachhaltigen Beschaffung<br />

zeichnen sich durch eine starke funktionsübergreifende<br />

Zusammenarbeit aus, setzen nach Möglichkeit ESG-spezifische Ressourcen<br />

ein und verfügen über erfahrene Beschaffungsexperten, die<br />

die Lieferanten für ihre Ansprüche zur Rechenschaft ziehen.<br />

Einige große Organisationen gehen über diesen Ansatz hinaus,<br />

indem sie ihre eigenen Nachhaltigkeitsauszeichnungen für Lieferanten<br />

einführen. Dies kann einen positiven Wandel beschleunigen,<br />

da ein “Wettbewerb unter Gleichen” entsteht.<br />

Nach den Erfahrungen der Everest Group gibt es verschiedene<br />

Reifegrade für Unterkategorien der <strong>IT</strong>-Beschaffung. Software, Hard-<br />

Kleine Kniffe<br />

51<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 51 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

ware und “grüne” Rechenzentren weisen oft den höchsten Reifegrad<br />

auf. Telekommunikations- und Beratungsdienste haben in der Regel<br />

einen mittleren Reifegrad, und verwaltete Dienste (wie ausgelagerte<br />

Arbeitskräfte und Ressourcen) weisen den niedrigsten Reifegrad auf.<br />

Darüber hinaus werden die Ergebnisse von Lieferanten-Scorecards<br />

nach den Erfahrungen der Everest Group eher als Prioritäten<br />

für die endgültige Lieferantenauswahl genutzt, als dass sie ein echtes<br />

“make or break”-Kriterium darstellen.<br />

Andere erwähnte Ansätze sind die Verknüpfung von<br />

Vergütungskomponenten von Beschaffungs-Kategorieteams mit<br />

Nachhaltigkeitsergebnissen. Ein weiterer Ansatz war die Champion-/Herausforderer-Taktik:<br />

Hier vergibt die einkaufende<br />

Organisation einen Auftrag an einen anderen Anbieter (Backup)<br />

für weniger kritische Dienstleistungen, um die Verhandlungen mit<br />

dem Hauptlieferanten zu unterstützen. Dies wird oft als Taktik zur<br />

Verbesserung von Kosteneinsparungen angesehen, wird aber auch<br />

eingesetzt, um Lieferanten zu einer besseren ESG-Leistung zu drängen.<br />

Schließlich kann eine einfache Matrix der Lieferantenauswirkungskategorien,<br />

wie unten dargestellt, verwendet werden,<br />

um Prioritäten zu setzen und die besten Ansätze für das Management<br />

von ESG-Risiken zu bestimmen. Die Lieferanten werden nach<br />

ESG-Risiko und Geschäftsrelevanz (Ausgaben, Beziehungen, strategische<br />

Bedeutung, Auswirkungen auf den Umsatz usw.) gruppiert.<br />

Vielen Dank an: Bhanushee Malhotra und Arpita Dwivedi von<br />

der Everest-Gruppe.<br />

Quellen:<br />

MSP: Ein Managed Service Provider (MSP) erbringt Dienstleistungen<br />

wie Netzwerk-, Anwendungs-, Infrastruktur- und<br />

Sicherheitsdienste durch kontinuierlichen und regelmäßigen Support<br />

und aktive Verwaltung in den Räumlichkeiten des Kunden, im<br />

Rechenzentrum des MSP (Hosting) oder in einem Rechenzentrum<br />

eines Dritten. (https://www.gartner.com/en/information-technology/glossary/msp-management-service-provider).<br />

Priorisierung von Risiken<br />

Mehr Informationen:<br />

SPP Denmark auf LinkedIn:<br />

https: /www.linkedin.com/groups/12878063/<br />

52 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 52 12.02.24 12:53


Aus nationalen Kompetenzstellen der Beschaffung<br />

Leitfaden zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung<br />

von Software - Neufassung 2023<br />

Dieser Beschaffungsleitfaden (Neufassung 2023) baut auf den Anforderungen des Blauen Engels<br />

für Softwareprodukte (DE-UZ 215) auf. Er enthält einen Katalog von Kriterien für die Beschaffung<br />

umweltverträglicher Software und erläutert, wie Beschaffungsstellen ihn bei Ausschreibungen<br />

einsetzen können. Er ist sowohl für die Beschaffung fertiger Standardsoftware als auch bei einem<br />

Auftrag für Software-Entwicklung geeignet.<br />

Software bestimmt wesentlich mit, wie umweltverträglich Informations-<br />

und Kommunikationstechnik genutzt wird. Sie beeinflusst<br />

den Energiebedarf und kann dazu<br />

beitragen, dass Hardware vorzeitig<br />

ausgetauscht werden muss („Software-bedingte<br />

Obsoleszenz“).Bei der<br />

Beschaffung von Standard-Software<br />

können (und sollten) Sie als Auftraggeber<br />

Auskunft vom Anbieter<br />

einholen, ob und in welchem Umfang<br />

sein Produkt die von Ihnen gestellten<br />

Anforderungen erfüllt, beispielsweise<br />

mithilfe eines Anbieterfragebogens.<br />

Ein Softwareprodukt soll seine<br />

Funktionalität mit einem minimalen<br />

Ressourcenaufwand erbringen: Die<br />

Ressourceneffizienz soll möglichst<br />

hoch sein. In diesem Zusammenhang<br />

bedeutet das, dass die Software<br />

im Betrieb möglichst wenig Energie<br />

beansprucht und dass ihr Einsatz nicht<br />

dazu führen soll, dass Sie vorzeitig<br />

neue Hardware beschaffen müssen.<br />

Unter „Ressourcen“ verstehen wir<br />

grundsätzlich alle natürlichen Ressourcen,<br />

insbesondere Rohstoffe, Energie und die Aufnahmefähigkeit<br />

der Umwelt für Emissionen. In der <strong>IT</strong>-Branche versteht man darunter<br />

meist Hardware-Ressourcen. Wenn man Hardware-Ressourcen<br />

und Energie nutzt, werden aber immer auch natürliche Ressourcen<br />

beansprucht. Deshalb ist der Unterschied für den Zweck dieses Leitfadens<br />

nicht bedeutend.<br />

Auf Grundlage der Vergabekriterien<br />

des Blauen Engels für ressourcen- und<br />

energieeffiziente Software will dieser<br />

Leitfaden Sie als Bedarfsträger*innen<br />

oder Beschaffer*innen bei der Beschaffung<br />

von Software unterstützen. Sie<br />

können die hier vorgestellten Kriterien<br />

sowohl bei der Beschaffung von Standard-Software<br />

anwenden als auch, wenn<br />

Sie eine Fachanwendung entwickeln<br />

lassen möchten. Bei der Beschaffung<br />

von Standard-Software sollten Sie bei<br />

den Anbietern abfragen, inwieweit ihre<br />

Software die Kriterien einhält. Wenn Sie<br />

einen Auftrag für Pro-grammierleistungen<br />

vergeben, sollten Sie die Kriterien in die<br />

Leistungsbeschreibung oder Auf-tragsausführungsbedingungen<br />

und somit in den<br />

später abzuschließenden Vertrag aufnehmen.<br />

Hier geht es zum Download des Leitfadens<br />

Kleine Kniffe<br />

53<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 53 12.02.24 12:53


SPP Chapter Germany<br />

„The Guide“ –<br />

SPP-Leitfaden für eine nachhaltige Beschaffung<br />

„The Guide“ ist das erste Instrument des Sustainable Procurement Pledge (SPP), das auf<br />

der Grundlage der Erfahrungen der SPP-Gemeinschaft beruht. Der Leitfaden stellt eine<br />

Sammlung von Best Practices, Erfolgen und Misserfolgen vor. Damit soll das Dokument<br />

Beschaffungsverantwortlichen den Weg zu einem nachhaltigeren <strong>Einkauf</strong> ebnen.<br />

Ein Beitrag von Thomas Heine und Peter Köhne<br />

Eine Umfrage der International Federation of Purchasing and<br />

Supply Management ergab, dass 89 Prozent der Beschaffungsleiter<br />

Nachhaltigkeitskriterien bei der Auswahl von Lieferanten und Verträgen<br />

berücksichtigen wollen. Darüber hinaus gaben 76 Prozent der<br />

Befragten an, dass sie planen, mit ihren Lieferanten zusammenzuarbeiten,<br />

um die Kohlenstoffemissionen innerhalb ihrer Lieferketten<br />

zu reduzieren.<br />

„Es ist an der Zeit, gemeinsam von der Ambition zur Wirkung zu<br />

kommen“, sagte Peter Köhne, CPO bei Speira „Beschaffung, Nachhaltigkeit<br />

und Lieferkette müssen Hand in Hand arbeiten, unterstützt<br />

durch Technologie, wenn wir einen echten Wandel herbeiführen<br />

wollen. Wir müssen die Punkte miteinander verbinden, wenn wir<br />

einen Wandel bewirken wollen.”<br />

„The Guide“ – Kompass für eine nachhaltige<br />

Beschaffung<br />

Der SPP-Leitfaden ist eine Momentaufnahme der aktuellen<br />

Erfolge, Herausforderungen und Fallstudien. Er will Beschaffungsfachleuten<br />

dabei helfen, sich den Herausforderungen zu stellen und<br />

einen echten Wandel herbeizuführen, um Nachhaltigkeit zu einem<br />

festen Bestandteil der Beschaffungsstrategien zu machen.<br />

Der von SPP herausgegebene Leitfaden bietet einen “Realitätscheck”<br />

der harten Wahrheiten, denen sich Beschaffungsleiter stellen<br />

müssen, um Nachhaltigkeit in ihren Unternehmen zu verankern.<br />

Außerdem werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Erzielung<br />

und Aufrechterhaltung von Fortschritten dargelegt.<br />

„Dieser Leitfaden spricht offen über die Elefanten im Raum -<br />

die nicht angenehmen Wahrheiten, die Nachhaltigkeitsbemühungen<br />

behindern können”, erklärt Thomas Udesen, CPO bei der Bayer AG.<br />

„Wir glauben, dass die Offenlegung dieser Realitäten der erste Schritt<br />

zu ihrer Überwindung ist.“<br />

Zu den unangenehmen Wahrheiten gehören die mangelnde<br />

Unterstützung durch die Unternehmensleitung, die Schwierigkeit,<br />

den Wert der Nachhaltigkeit zu quantifizieren, und der Widerstand<br />

der Lieferanten gegen Veränderungen. Der Leitfaden empfiehlt<br />

dabei, das Engagement der Führungskräfte zu sichern, ESG-Daten<br />

zu sammeln und mit Lieferanten zusammenzuarbeiten.<br />

„Wir wollen Fachleute inspirieren, indem wir aufzeigen, was<br />

möglich ist“, sagte Peter Köhne „Mit Mut und Vorstellungskraft<br />

können die hässlichen Wahrheiten, die der Nachhaltigkeit im Wege<br />

stehen, durchaus überwunden werden.“<br />

54 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 54 12.02.24 12:53


Foto: Co Chair SPP Germany: Thomas heine, Peter Köhne<br />

Unabhängig davon, wo sich Beschaffungsfachleute auf dem<br />

Weg zur Nachhaltigkeit befinden, soll „The Guide“ einen “Grundlagen-Check“<br />

der vorherrschenden Denkweise, der Pläne und<br />

ihrer Fortschritte ermöglichen. Er stützt sich auf die Erfahrungen<br />

von Führungskräften, die diesen Weg bereits beschritten haben.<br />

Er beleuchtet die wichtigsten Voraussetzungen, um einen echten<br />

Wandel herbeizuführen und ist dazu gedacht, Denken, Absichten<br />

und Fortschritt an den Realitäten zu messen, mit denen andere konfrontiert<br />

wurden.<br />

Ein Leitfaden für Beschaffungsverantwortliche,<br />

der lebt<br />

Bei der Entwicklung von „The Guide“ ging man davon aus, dass<br />

die Herausforderungen, mit denen Beschaffungsexperten konfrontiert<br />

sind, nicht statisch bleiben und sich im Laufe der Zeit verändern<br />

werden. Die Nachhaltigkeitslandschaft entwickelt sich rasant.<br />

Deshalb ist der Ruf nach einem Zugang zu den aktuellen Informationen<br />

laut.<br />

Der SPP-Leitfaden „The Guide“ wird sich mit dem Fortschritt<br />

der nachhaltigen Beschaffung weiterentwickeln. Er ist ein Crowdsourcing<br />

der Fallstudien von Beschaffungsfachleuten. Das Ziel ist es,<br />

gemeinsam schnellere und sicherere Fortschritte zu erzielen.<br />

SPP-Germany<br />

Thomas Heine und Peter Köhne wollen als Co Chair von<br />

SPP-Germany „The Guide“ dazu nutzen, die Zusammenarbeit der<br />

Beschaffungsverantwortlichen in Deutschland zu stärken: „Wir<br />

rufen alle Mitglieder und Interessierte der Initiative von SPP-Germany<br />

dazu auf, mitzuwirken. Macht eure Erfahrungen, Ansätze und<br />

Instrumente transparent für eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten<br />

und tragt dazu bei, „The Guide“ als gemeinsame Plattform der nachhaltigen<br />

Beschaffung weiterzuentwickeln.“<br />

Download<br />

Der Leitfaden „The Guide“ von SPP steht hier kostenfrei zum<br />

Download zur Verfügung.<br />

Mehr Informationen:<br />

SPP Germany auf LinkedIn:<br />

https: /www.linkedin.com/groups/12700757/<br />

Kleine Kniffe<br />

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Nachhaltige <strong>IT</strong>-Initiativen der Wirtschaft<br />

Technologie für eine nachhaltige Zukunft:<br />

Sustainable<strong>IT</strong>.org<br />

Eine bis dahin in Deutschland nur Insidern bekannte junge und weltweite Wirtschaftsinitiative<br />

zur Förderung der Nachhaltigkeit durch technologische Führerschaft rief im Januar diesen Jahres<br />

erstmals in Hamburg ein zentrales Treffen für Europas Technologie- und Nachhaltigkeitssektoren,<br />

den European Sustainable<strong>IT</strong> Impact Summit aus. Die Veranstaltung brachte 75 der führenden<br />

europäischen <strong>IT</strong>- und Nachhaltigkeitsverantwortlichen zusammen. Welche Ziele verfolgt die<br />

Initiative? Im Gespräch mit Josh Harbert, Präsident und Mit-Initiator erfuhr ich mehr.<br />

Das Interview führte Thomas Heine<br />

Wer ist Sustainable<strong>IT</strong>.org?<br />

Sustainable<strong>IT</strong>.org ist eine globale gemeinnützige Organisation,<br />

die sich für die Förderung der Nachhaltigkeit durch technologische<br />

Führerschaft einsetzt. Unsere Aufgabe ist es, Programme zur<br />

Transformation der Nachhaltigkeit zu definieren, Best Practices und<br />

Frameworks zu entwickeln, Standards und Zertifizierungen festzulegen,<br />

Aus- und Weiterbildung anzubieten und das Bewusstsein für<br />

ökologische und gesellschaftliche Programme zu schärfen, die unsere<br />

Organisationen und die Welt für kommende Generationen nachhaltig<br />

machen. Derzeit zählen wir über 80 Unternehmensmitglieder in<br />

10 Ländern mit 1.000 engagierten Führungskräften und Praktikern,<br />

und es werden jeden Tag mehr.<br />

Warum wurde die Initiatve gegründet?<br />

Wir haben diese Organisation gegründet, weil wir an die Macht<br />

der Zusammenarbeit von Technologieführungskräften glauben, die<br />

sich zusammenschließen, um nachhaltige Initiativen zu beschleunigen.<br />

Es ist nicht länger das Problem von jemand anderem, das<br />

es zu lösen gilt. Viele der Herausforderungen, mit denen Unternehmen<br />

heute konfrontiert sind, erfordern eine technologische<br />

Führungsrolle - ob es sich nun um datenbezogene Herausforderungen,<br />

Transformationsprogramme in der Lieferkette und darüber<br />

hinaus handelt - ohne technische Führungskräfte kann nur sehr<br />

wenig geschehen. Diese Gruppe, die gemeinsam bewährte Praktiken<br />

austauscht, Rahmenwerke und andere praktische Instrumente<br />

bereitstellt und weltweit zusammenkommt, wird uns viel schneller<br />

ans Ziel bringen.<br />

Welches sind die Mandate und Ziele von<br />

Sustainable<strong>IT</strong>.org?<br />

Wir haben vier Mandate, die von unserem Vorstand,<br />

unseren Mitgliedern, Partnern und allgemeinen Delegierten<br />

getragen werden.<br />

• Gemeinschaft und Bildung - Aufbau lokaler, regionaler und<br />

globaler Gemeinschaften für Technologie- und Unternehmensführer<br />

zur Förderung der Nachhaltigkeit. Entwicklung<br />

von Ausbildungs- und Schulungsprogrammen sowie Lernreisen<br />

für bestimmte Rollen in der <strong>IT</strong>.<br />

• Forschung & Standards - Identifizierung von Programmen<br />

zur nachhaltigen digitalen Transformation nach Branchen.<br />

Erforschung und Definition von Best Practices, Frameworks<br />

und Standards für die Übernahme durch <strong>IT</strong>, Unternehmen und<br />

Branchen.<br />

• Advocacy & Awareness - Förderung von Programmen zur<br />

nachhaltigen digitalen Transformation und von Fortschritten<br />

56 Kleine Kniffe<br />

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Foto: Josh Harbert, Präsident Sustainable<strong>IT</strong>.org<br />

im Bereich Nachhaltigkeit. Steigerung des Bewusstseins und<br />

des Interesses durch Auszeichnungen, Medien, Presse und<br />

Veröffentlichungen.<br />

• Transparenz und Rechenschaftspflicht - Legen Sie<br />

Standards für Metriken und Berichte fest, um Transparenz<br />

und Rechenschaftspflicht zu ermöglichen. Schaffung von<br />

Zertifizierungsprogrammen für Einzelpersonen und<br />

Organisationen.<br />

Wer sind die Menschen hinter der Initiative?<br />

Ende 2021 nahmen Jedidiah Yueh - der Gründer und CEO von<br />

Delphix - und ich an einem Preisverleihungsprogramm für CIOs teil.<br />

Der Saal in Atlanta war unglaublich voll. Aber ein wichtiges Thema<br />

fehlte auf der Veranstaltung: Nachhaltigkeit. In diesem Moment war<br />

die Idee geboren. Wenn es uns gelänge, die Tech-Führungskräfte<br />

der größten Unternehmen der Welt dazu zu inspirieren, in ihren<br />

Unternehmen Nachhaltigkeitspraktiken einzuführen, ihre Unternehmen<br />

zu verändern und ihre Branchen umzugestalten, könnten<br />

wir gemeinsam einen größeren Einfluss ausüben als jede andere<br />

Organisation auf der Welt.<br />

Wir mussten das finanzieren, und zwar schnell. Bei Delphix<br />

ist Nachhaltigkeit ein zentrales Anliegen. Aus ökologischer Sicht<br />

werden die Umweltkosten der Daten überall dort, wo sie eingesetzt<br />

werden, um das 10-fache reduziert, indem die Daten überall dort<br />

konsolidiert werden, wo sie eingesetzt werden. Darüber hinaus<br />

schützen sie personenbezogene Daten, da sie Daten für alle niedrigeren<br />

Umgebungen maskieren, die bis zu 80 % des Daten-Fußabdrucks<br />

in einem Unternehmen ausmachen können. Sie sind der perfekte<br />

Underwriter für diese wichtige Aufgabe.<br />

Im Januar 2022, nur zwei Monate nach der Idee, trafen wir uns<br />

mit CIOs von Fidelity, Molina Healthcare, Allstate, BNP Paribas,<br />

Choice Hotels International, Lumentum, ADP, Vuori, Cognizant,<br />

Toiko Marine, Deloitte und Morgan Stanley, um unsere Vision und<br />

Mission festzulegen und den Weg in eine nachhaltigere Zukunft zu<br />

beschreiten.<br />

Im Februar 2022 wurde Sustainable<strong>IT</strong>.org mit dem Ziel gegründet,<br />

die weltweit führenden Technologieunternehmen zu vereinen,<br />

um die globale Nachhaltigkeit durch Technologieführerschaft zu<br />

fördern. In dieser kurzen Zeit haben wir bereits eine unglaubliche<br />

Reise hinter uns, und wir werden heute von 45 CIOs in Nordamerika<br />

und Europa geleitet, wobei für 2024 eine Ausweitung auf Brasilien,<br />

Indien und Australien geplant ist.<br />

Kleine Kniffe<br />

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Sie haben in so kurzer Zeit einen weiten Weg zurückgelegt.<br />

Können Sie uns sagen, was Sie bis jetzt erreicht<br />

haben?<br />

In einer so kurzen Zeitspanne haben wir Meilensteine erreicht,<br />

von denen wir einst nur träumen konnten. Wir sind auf über 80<br />

Unternehmensmitglieder in 10 Ländern angewachsen, haben Tausende<br />

von Führungskräften und Praktikern eingebunden und uns<br />

mit Initiativen wie dem Sustainable<strong>IT</strong> Standard und den ersten Sustainable<strong>IT</strong><br />

Impact Awards einen Namen gemacht. Wir wurden in<br />

Forbes, dem Wall Street Journal und auf der Nasdaq MarketSite vorgestellt.<br />

Unsere Stimme wurde auf der COP28-Klimakonferenz der<br />

Vereinten Nationen gehört, und wir haben gerade ein 25 CxO-geführtes<br />

europäisches Beratungsgremium gegründet, das unsere<br />

Position als wichtiger Technologieberater der Vereinten Nationen<br />

und des Weltwirtschaftsforums stärken und die branchenweite<br />

Zusammenarbeit bei der Corporate Sustainability Reporting Directive<br />

(CSRD) vorantreiben soll.<br />

Wir sind der Meinung, dass diese Fortschritte eine starke<br />

Bestätigung dafür sind, dass diese Arbeit wichtig ist und die Gemeinschaft<br />

nach einem Forum und einer Plattform für diese Arbeit<br />

verlangt. Wir sind begeistert von der Leidenschaft und den Aktivitäten,<br />

die diese Gruppe bisher unternommen hat und denen sie<br />

verpflichtet ist.<br />

Es ist großartig zu hören, dass Sustainable<strong>IT</strong>.org<br />

auf der COP28 vorgestellt wurde und auf dem Weltwirtschaftsforum<br />

in Davos auftrat. Was steckt hinter<br />

diesem plötzlichen Aufschwung auf der globalen Bühne?<br />

Wie ich bereits erwähnt habe, fehlte die kollektive Stimme der<br />

Technologieführerschaft in Gesprächen und bei der Entscheidungsfindung<br />

- nicht nur innerhalb von Unternehmen und Branchen,<br />

sondern auch auf der globalen Bühne. Mit unserer Verpflichtung<br />

auf der COP28 haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, der Stimme<br />

der Technologieführerschaft in der globalen Nachhaltigkeitsdiskussion<br />

und Entscheidungsfindung Gehör zu verschaffen. Dazu gehört<br />

auch die Zusammenarbeit mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung<br />

der Vereinten Nationen (SDG), dem UN Global Compact,<br />

dem Weltwirtschaftsforum (WEF) und den Regulierungsbehörden<br />

im Zusammenhang mit der Corporate Sustainability Reporting<br />

Directive (CSRD). Wir werden auch bei vielen anderen wichtigen<br />

Veranstaltungen wie der Climate Week in New York präsent sein.<br />

Unser Ziel ist es, das Bewusstsein zu schärfen, die Abstimmung<br />

zu verbessern und das Sponsoring zwischen Unternehmen (CEO),<br />

Nachhaltigkeitsführern (CSO), Technologieführern (CIO), nachhaltigkeitsorientierten<br />

Medien (WSJ, Axios, Blomberg, CNBC, Politico,<br />

Forbes, Washington Post, Times), Nachhaltigkeitsberatungsfirmen<br />

(Deloitte) und großen Technologieunternehmen (AWS, Google,<br />

Microsoft, SAP, ServiceNow) auszubauen.<br />

Warum haben Sie die erste europäische Beirats- und<br />

Preisverleihungsveranstaltung in Hamburg abgehalten?<br />

Das Engagement und die Führungsrolle von Technologieführern<br />

in Deutschland waren bemerkenswert. Das zeigt sich an der<br />

überschwänglichen Unterstützung und dem Enthusiasmus von<br />

Führungskräften wie Dr. Annette Hamann, Dr. Michael Müller-Wünsch,<br />

Dorothée Appel, Rainer Karcher, Isabelle Droll, Tobias<br />

Fausch, Daniel Büchle und vielen anderen.<br />

Wir haben uns aus zwei Gründen für Hamburg entschieden. Erstens<br />

empfahl uns unser Vorstand die Stadt als Innovationszentrum<br />

für nachhaltige Technologien und ein leidenschaftliches Netzwerk<br />

von Führungskräften, die diese Initiative unterstützen. Der <strong>IT</strong> Executive<br />

Club hat uns beim Start dieser Initiative mit Kontakten und<br />

Beratung unterstützt. Die Resonanz war überwältigend positiv - wir<br />

mussten unser Ziel von 40 auf 120 erhöhen und waren dann gezwungen,<br />

die Registrierung aufgrund von Kapazitätsbeschränkungen im<br />

wunderschönen Yu Garden Restaurant zu schließen - ein phänomenaler<br />

Veranstaltungsort.<br />

Der zweite Grund ist eine zukunftsgerichtete Politik. Die Stadt<br />

verfügt über proaktive Regierungsinitiativen zur Förderung eines<br />

umweltfreundlichen städtischen Lebens und zur Verringerung der<br />

Kohlenstoffemissionen sowie über ein kollaboratives Ökosystem,<br />

das Partnerschaften zwischen Unternehmen, Hochschulen und<br />

Behörden fördert. Dies macht Hamburg zu einer Modellstadt für<br />

nachhaltige Entwicklung und technologische Innovation, die Startups<br />

und etablierte Unternehmen anzieht, die sich auf die Gestaltung<br />

einer nachhaltigeren Zukunft konzentrieren.<br />

58 Kleine Kniffe<br />

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Foto: depositphotos<br />

Die Digitalisierung verbraucht viel Energie beim Hosting,<br />

bei Anwendungen der künstlichen Intelligenz und<br />

beim Streaming. Man könnte meinen, dass die Digitalisierung<br />

den Weg zur Nachhaltigkeit versperrt. Ist das<br />

richtig?<br />

Die Digitalisierung verbraucht in der Tat viel Energie für das<br />

Hosten von Diensten, den Betrieb von KI-Anwendungen und<br />

die Bereitstellung von Streaming-Plattformen. Sie spielt jedoch<br />

auch eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Nachhaltigkeitsbemühungen<br />

voranzutreiben, anstatt sie zu behindern. Die<br />

Digitalisierung hat uns in eine Ära beispielloser Effizienz und Innovation<br />

bei der Verwaltung von Ressourcen, der Optimierung des<br />

Energieverbrauchs und der Reduzierung von Abfällen geführt. Es<br />

ist von entscheidender Bedeutung zu erkennen, dass digitale Tools<br />

und Plattformen die Erfassung und Analyse riesiger Datenmengen<br />

ermöglichen und so eine intelligentere Entscheidungsfindung<br />

erleichtern, die mit den Nachhaltigkeitszielen in Einklang steht.<br />

Mithilfe von prädiktiven Analysen, IoT-Geräten und KI-gesteuerten<br />

Lösungen können Unternehmen ihre Energieeffizienz drastisch<br />

verbessern, ihren CO 2<br />

-Fußabdruck minimieren und Lieferketten<br />

rationalisieren. Darüber hinaus fördert die Digitalisierung die Entwicklung<br />

von Kreislaufwirtschaften, in denen der Lebenszyklus von<br />

Produkten durch innovative Recycling- und Wiederverwendungspraktiken<br />

auf der Grundlage digitaler Plattformen verlängert wird.<br />

Indem sie digitale Technologien nutzen, tragen Unternehmen nicht<br />

nur zu einer nachhaltigeren Welt bei, sondern verbessern auch ihre<br />

betriebliche Effizienz und eröffnen neue Wege für Wachstum und<br />

Wettbewerbsfähigkeit in einem zunehmend umweltbewussten<br />

Markt. Anstatt die Digitalisierung als Hindernis für die Nachhaltigkeit<br />

zu betrachten, sollte sie als Katalysator gesehen werden, der<br />

unsere Reise in eine nachhaltigere und wohlhabendere Zukunft<br />

beschleunigt, ohne jedoch zu vergessen, dass Ethik, Energieverbrauch<br />

oder sogar Gerechtigkeit, digitale Integration und Zugänglichkeit<br />

eine entscheidende Rolle spielen.<br />

Ich würde die Metapher verwenden, dass ein Bus mehr Kraftstoff<br />

pro Kilometer verbraucht als ein Auto, aber er ist effizienter, da<br />

er mit diesem Kraftstoff mehr Menschen befördern kann. Busse sind<br />

also effizientere Fahrzeuge, es sei denn, es gibt zu wenige Fahrgäste.<br />

Digitale Tools und künstliche Intelligenz können auf die gleiche<br />

Weise betrachtet werden: Sie sind großartige Hilfsmittel, um die<br />

Effizienz zu ermitteln und zu steigern, aber sie sind nicht das beste<br />

Werkzeug für jede Aufgabe. Sustainable<strong>IT</strong>.org kann bei dieser Überlegung<br />

helfen, indem wir aufzeigen, wie Unternehmen diese und<br />

andere Tools in den effizientesten Modellen einsetzen, damit wir<br />

einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Einsatz dieser neuen<br />

Tools und Plattformen fördern können, anstatt sie ineffizient zu<br />

nutzen.<br />

Gibt es einen idealen Fahrplan für Unternehmen,<br />

die ihren Weg zur Nachhaltigkeit durch Digitalisierung<br />

fördern wollen?<br />

Wir empfehlen einen übergeordneten Ansatz mit Bewertung,<br />

Zielsetzung, Transformation und Transparenz. Wir haben einen<br />

Standard veröffentlicht, der einen gewissen Kontext und eine erste<br />

Iteration eines Rahmens und Modells bietet, um darüber nachzudenken.<br />

Jedes Unternehmen wird jedoch seine eigenen Prioritäten und<br />

Fähigkeiten haben, so dass die Elemente des Rahmens/Standards,<br />

mit denen es bei der Zielsetzung und Umgestaltung beginnt, unterschiedlich<br />

sein können und sollten.<br />

• Da das Engagement aller Bereiche des Unternehmens von<br />

entscheidender Bedeutung ist, muss auch eine ständige Übersetzung<br />

der verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen erfolgen.<br />

• Dies erfordert zum einen ein modernes und attraktives<br />

Schulungsprogramm für die Mitarbeiter.<br />

• Darüber hinaus ist es äußerst wichtig, durch Leuchtturmprojekte<br />

Erfolge zu erzielen, um die für die Transformation so<br />

wichtige Motivation zu fördern und zu erhalten.<br />

• Es ist daher sinnvoll, gerade zu Beginn der Reise niedrig<br />

hängende, leicht zu erreichende Veränderungen hin zu einer<br />

nachhaltigeren <strong>IT</strong> zu nutzen.<br />

Autor<br />

Thomas Heine<br />

Chefredakteur “Kleine Kniffe”<br />

www.nachhaltige-beschaffung.com<br />

Kleine Kniffe<br />

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Klimaberichterstattung<br />

KI-Analysen enthüllen die strategische<br />

Bedeutung von Klima-Reportings<br />

Groß angelegte KI-Screenings von Nachhaltigkeitsberichten bilden heute die Datengrundlage für<br />

klimarelevante Partnerschaften entlang ganzer Lieferketten. Gleichzeitig ist die Berichterstattung<br />

noch Neuland und viele Unternehmen tappen in typische Fallen – was zu Greenwashing-<br />

Vorwürfen und verpassten Geschäftschancen führt. Hier sind die 5 wichtigsten Erkenntnisse aus<br />

KI-Screenings zu aktuellen Problemen und Best Practices der Klimaberichterstattung.<br />

Ein Beitrag von Yasha Tarani<br />

Unternehmen befinden sich heute in einem sich rapide verändernden<br />

Geschäftsumfeld, in dem der eigene Klimareifegrad zum<br />

entscheidenden Faktor für Geschäftspartnerschaften wird. Jede <strong>Einkauf</strong>sentscheidung<br />

ist heute eine Klimaentscheidung – und benötigt<br />

datengetriebene Prozesse. Die Offenlegung von Klimazielen, Kennzahlen<br />

und Maßnahmen in Nachhaltigkeitsberichten spielt daher<br />

eine zentrale Rolle. Hierbei werden Analysen durch Künstliche Intelligenz<br />

(KI) immer wichtiger, um relevante Daten von Lieferanten<br />

zu erfassen. 5 entscheidende Erkenntnisse aus KI-Screenings helfen<br />

Entscheider:innen heute, ihr Klima-Reporting strategisch für ihr<br />

Unternehmen auszubauen.<br />

Die Bedeutung der Klimaberichterstattung<br />

Die Bedeutung der Klimaberichterstattung für Unternehmen<br />

steigt aktuell immens an. Nicht nur aufgrund gesetzlicher Anforderungen,<br />

sondern vor allem aufgrund der wachsenden Bedeutung<br />

des Klimaschutzes in der Geschäftswelt. Unternehmen müssen heute<br />

daher nicht nur ihre eigenen CO 2<br />

-Emissionen reduzieren, sondern<br />

auch die Emissionen in ihrer Lieferkette. Denn hier entsteht der<br />

Großteil der Emissionen. Dies kann nur durch effektive Zusammenarbeit<br />

mit Lieferanten auf Basis einer umfassenden Datengrundlage<br />

über klimarelevante Informationen gelingen. Hier kommt KI ins<br />

Spiel.<br />

Künstliche Intelligenz für die Erfassung von<br />

Klimadaten<br />

Fragebögen per E-Mail und Excel versenden, um klimarelevante<br />

Daten aus der Lieferkette zu sammeln, ist nicht nur mühsam, sondern<br />

führt auch häufig zu fehlerhaften Daten. Künstliche Intelligenz<br />

hilft hier, die Zeit und Ressourcen von allen Beteiligten zu schonen.<br />

KI-Pipelines sind Automatisierungstools, die öffentlich verfügbare<br />

Daten aus den Nachhaltigkeitsberichten von Lieferanten sammeln<br />

und für geschäftsentscheidende Erkenntnisse analysieren. Die neue<br />

Technologie ermöglicht es Unternehmen, in kürzester Zeit einen<br />

ganzheitlichen Überblick über die Klimaleistung ihrer Lieferanten<br />

zu erhalten. Bei THE CLIMATE CHOICE haben wir bereits<br />

gemeinsam mit unseren Kund:innen umfangreiche Erfahrungen<br />

in der Anwendung von KI-Analysen sammeln können. Aus diesen<br />

Screenings haben wir die 5 wichtigsten Erkenntnisse zusammengestellt,<br />

die ein neues Licht auf aktuelle Transparenzprobleme werfen,<br />

aber auch aufzeigen, wie Unternehmen sie lösen können.<br />

Hier die 5 wichtigsten Best Practices für eine klare und authentische<br />

Kommunikation der eigenen Klimaperformance:<br />

1. Kurz und bündig: Die Kommunikation von Klimazielen<br />

und -maßnahmen sollte kurz und präzise sein.<br />

Entscheidungsträger:innen und Investor:innen haben begrenzte<br />

Aufmerksamkeitsspannen. Halten Sie Ihren Bericht knapp und vermeiden<br />

Sie unnötige Umschweife. Die wichtigsten Informationen<br />

sollten auf einen Blick verständlich sein.<br />

2. Spezifität ist wichtig: Gehen Sie in die Tiefe. Wenn Sie über<br />

wissenschaftlich fundierte Klimaziele, extern validierte CO2-Emissionen<br />

oder umgesetzte Dekarbonisierungsmaßnahmen sprechen,<br />

bieten Sie detaillierte Erläuterungen. Klarheit und Präzision sind<br />

entscheidend, da verschiedene Interpretationen möglich sind.<br />

3. Transparente Offenlegung: Transparenz ist unerlässlich.<br />

Veröffentlichen Sie Ihre CO 2<br />

-Emissionen für alle Scopes und<br />

Kategorien. Dadurch zeigen Sie Ihre Professionalität und fördern<br />

Vertrauen in Ihre Aussagen. Die Offenlegung sollte daher möglichst<br />

umfassend sein.<br />

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Foto: depositphotos<br />

4. Durch Beweise untermauert: Jede Aussage in Ihrem Bericht<br />

sollte durch solide Beweise gestützt werden. Ob es um Erfolge bei<br />

der Emissionsreduzierung oder um Umweltauswirkungen geht, die<br />

Präsentation durch Nachweise stärkt Ihre Glaubwürdigkeit. Zeigen<br />

Sie, wie Ihre Maßnahmen tatsächlich zu positiven Veränderungen<br />

führen.<br />

5. Sorgfältige Datierung: Die Zeitpunkte von und zwischen<br />

Plan und Maßnahmen sind entscheidend. Dazu müssen die meisten<br />

Daten jährlich aktualisiert werden, wie z. B. Emissionsberechnungen,<br />

Maßnahmenumsetzung und Teilzielerreichung. Um Ihr Klimaversprechen<br />

integer zu kommunizieren, ist es wichtig, dass Ihre Zahlen<br />

aktuell sind.<br />

Die Bedeutung dieser Best Practices<br />

Diese 5 Best Practices helfen Unternehmen dabei, Greenwashing<br />

bewusst zu vermeiden und stattdessen Klimaschutz glaubwürdig<br />

umzusetzen. Dabei gilt: Nicht kommunizieren, geht nicht. Denn<br />

wer nicht über seine Klimamaßnahmen berichtet, läuft Gefahr, das<br />

Vertrauen seiner wichtigsten Stakeholder sowie zunehmend Wettbewerbsfähigkeit<br />

zu verlieren. In einer Welt, in der Klimaschutz eine<br />

immer größere Rolle spielt, sind klare und authentische Klima-Reportings<br />

ein Eckpfeiler für den Aufbau von Beziehungen zu Kunden<br />

und Geschäftspartnern.<br />

Das neue KI-Lieferanten-Screening von<br />

THE CLIMATE CHOICE<br />

Die vorgestellten 5 Best Practices sind Erkenntnisse aus dem<br />

neuen KI-Lieferanten-Screening von THE CLIMATE CHOICE.<br />

Das Programm ermöglicht die Analyse von umfangreichen Lieferanteninformationen,<br />

mit minimalem Aufwand. Unternehmen<br />

legen lediglich ihre Spezifikationen der Datenpunkte fest – den Rest<br />

erledigt die KI.<br />

Sie können jetzt am limitierten Early-Access-Programm von<br />

THE CLIMATE CHOICE teilnehmen und exklusiv die Vorteile<br />

des KI-Lieferanten-Screenings für sich nutzen. Alle Informationen<br />

unter: https://theclimatechoice.com/de/ki-lieferanten-screening<br />

Fazit: Die Zukunft spricht fließend Klima<br />

Die Offenlegung von Klimadaten wird in einer emissionsarmen<br />

Wirtschaft immer wichtiger. Unternehmen müssen nachziehen<br />

und sicherstellen, dass ihre Nachhaltigkeitsberichte den steigenden<br />

Anforderungen entsprechen. KI-Analysen bieten die Chance, Kosten<br />

zu reduzieren und gleichzeitig neue Standards zu erreichen. Die 5<br />

Best Practices helfen Ihnen dabei erfolgreich zu sein. Unternehmen<br />

können sie als Leitfaden verwenden, um ihre Klimareportings auf<br />

die nächste Stufe zu heben und ihr Umweltengagement gegenüber<br />

Geschäftspartnern, Stakeholdern und der Welt glaubwürdig zu kommunizieren.<br />

Autor<br />

Yasha Tarani,<br />

CEO von THE CLIMATE CHOICE<br />

https://theclimatechoice.com/<br />

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Künstliche Intelligenz<br />

Verantwortungsvolle KI<br />

in der nachhaltigen Beschaffung<br />

Im Zeitalter des rasanten technologischen Fortschritts läuft die künstliche Intelligenz (KI)<br />

scheinbar vorneweg. Sie verspricht transformative Auswirkungen auf alle Branchen. Für<br />

die nachhaltige Beschaffung ist der Weg zur Integration von KI-Tools jedoch sowohl von<br />

Versprechen als auch von Fallstricken geprägt. Während Unternehmen eifrig KI einsetzen, um<br />

Beschaffungsprozesse zu rationalisieren, stellt sich eine entscheidende Frage: Wie können<br />

Entscheidungsträger den Spagat zwischen technologischer Innovation und Nachhaltigkeitszielen<br />

meistern?<br />

Ein Beitrag von Thomas Heine<br />

Nachhaltiges Beschaffungsmanagement: Ein<br />

ganzheitlicher Ansatz<br />

Nachhaltiges Beschaffungsmanagement zielt darauf ab, die<br />

gesamte Lieferkette zu steuern, negative ökologische, soziale und<br />

wirtschaftliche Auswirkungen zu verringern und gleichzeitig<br />

positive Beiträge zu verstärken. Zu den Kernpunkten gehören die<br />

Integration der Nachhaltigkeit in alle Bereiche der Lieferkette, die<br />

Reduzierung von Abfällen und Emissionen, die Förderung der<br />

Entwicklung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen sowie<br />

die Förderung ethischer und sozial verantwortlicher Geschäftspraktiken.<br />

Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen allen<br />

Beteiligten der Lieferkette, einschließlich Lieferanten, Herstellern,<br />

Einzelhändlern und Kunden, sind von entscheidender Bedeutung.<br />

Wird ein nachhaltiges Beschaffungsmanagement effektiv<br />

umgesetzt, bringt es zahlreiche Vorteile mit sich, wie z. B. höhere<br />

Effizienz, Kostensenkung, Verbesserung des Rufs und Minderung<br />

ökologischer und sozialer Risiken. Darüber hinaus spielt es eine<br />

zentrale Rolle bei der Erreichung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung<br />

und der Bekämpfung des Klimawandels.<br />

Der KI-Anstieg im Beschaffungswesen<br />

Aufgrund der verbesserten Datenverfügbarkeit, der fortschrittlichen<br />

Algorithmen und der höheren Verarbeitungsleistung ist die<br />

Nachfrage nach KI-Lösungen in Unternehmen stark gestiegen. Der<br />

globale KI-Markt, der für 2022 auf 136 Mrd. US-Dollar geschätzt<br />

wird, soll von 2023 bis 2030 eine atemberaubende jährliche Wachstumsrate<br />

(CAGR) von 37,3 % verzeichnen. Chief Procurement<br />

Officers (CPOs) erkennen zunehmend die Vorteile der Digitalisierung,<br />

was zur Integration von KI-Tools in Beschaffungsprozesse<br />

führt.<br />

Die Möglichkeiten und Fallstricke von KI in der<br />

nachhaltigen Beschaffung<br />

KI befähigt Maschinen, kognitive Funktionen auszuführen, zu<br />

lernen und zielgerichtete Handlungen abzuleiten. Dazu gehören<br />

auch die Analyse und Interpretation von Daten, um Probleme zu<br />

lösen. Die selbstlernende Natur von KI-Systemen sorgt für eine kontinuierliche<br />

Verbesserung und passt das Verhalten auf der Grundlage<br />

des erworbenen Wissens an.<br />

Eine ideale Unterstützung also für die Rolle des Einkäufers, dessen<br />

Funktion eine Verknüpfung von technischen Anforderungen, kom-<br />

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Foto: depositphotos<br />

merziellen Überlegungen, logistischen Herausforderungen und einer<br />

Vielzahl von Informationen ist. Diese Komplexität erfordert eine<br />

Kombination verschiedener Kompetenzen. Hier können KI-gesteuerte<br />

Software-Tools Abhilfe schaffen, indem sie sich wiederholende<br />

Aufgaben automatisieren, Fehler und Risiken reduzieren, Preisstrategien<br />

optimieren und datengestützte Entscheidungen ermöglichen.<br />

Von zentraler Bedeutung für diese Entwicklung sind die Datenquellen.<br />

Die Qualität der Daten ist entscheidend für den Erfolg von<br />

KI-Anwendungen.<br />

Die Herausforderungen meistern:<br />

Die Vorteile von KI-Tools sind zwar beträchtlich, aber es gibt<br />

auch inhärente Herausforderungen und Risiken. Da sich KI-Systeme<br />

schnell weiterentwickeln, hinkt das interne Fachwissen oft hinterher,<br />

und es fehlen standardisierte Benchmarks, die eine nahtlose Beschaffung<br />

von KI-Lösungen unterstützen. Da es keine standardisierten<br />

Maßstäbe für verantwortungsvolle KI-Praktiken und Beschaffung<br />

gibt, ist ein sorgfältiger Beschaffungsprozess unabdingbar.<br />

Die Grenzen und Herausforderungen von KI-<br />

Tools verstehen<br />

Nur wenn man Stärken und Schwächen von KI-Tools kenn,<br />

kann man ihren Nutzen voll ausschöpfen und bösen Überraschungen<br />

vorbeugen. Im Folgenden sind einige Beispiele dafür, wie welche<br />

Herausforderungen die Nutzung von KI-Tools mit sich bringt.<br />

Voreingenommenheit bei KI-Tools: KI-Algorithmen sind<br />

nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert werden. Einschränkungen<br />

oder diskriminierende Informationen in den<br />

Trainingsdaten können Vorurteile aufrechterhalten und verstärken,<br />

was zu einer verzerrten Berichterstattung oder zur<br />

Verstärkung von Stereotypen führt.<br />

Fehlende menschliche Aufsicht: KI-Algorithmen haben unter<br />

Umständen Schwierigkeiten mit nuancierten Analysen, komplexem<br />

Kontextverständnis und ethischen Überlegungen. Wenn<br />

man sich ausschließlich auf KI-Tools ohne menschliche Aufsicht<br />

verlässt, besteht die Gefahr von Fehlern, Fehlinformationen und<br />

der Verbreitung von Falschmeldungen.<br />

Blindes Vertrauen in KI-Tools: Die Versuchung, Prozesse vollständig<br />

zu automatisieren, kann die Qualität und Tiefe der Arbeit<br />

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Foto: depositphotos<br />

beeinträchtigen. Unkontrollierte Automatisierung kann sich<br />

negativ auf den Wert und die Qualität der Ergebnisse auswirken.<br />

Mangelnde Transparenz: KI-generierte Inhalte zu verstehen<br />

und zu erklären, kann eine Herausforderung sein. Um die Akzeptanz<br />

zu fördern, ist Transparenz entscheidend. Dazu gehört die<br />

Offenlegung der Datenquellen und die Ermöglichung unabhängiger<br />

Audits oder Bewertungen durch Dritte.<br />

Verantwortung der Entwickler für eine<br />

verantwortungsvolle KI in der nachhaltigen<br />

Beschaffung<br />

Ein verantwortungsbewusstes KI-System hält sich an ethische<br />

Standards wie Fairness, Transparenz, Inklusivität und Verantwortlichkeit<br />

und bringt ökologische Nachhaltigkeit mit Rentabilität und<br />

sozialer Verantwortung in Einklang. In ihrer jetzigen Form ist die<br />

KI jedoch keine nachhaltige Lösung. Echte Nachhaltigkeit in der KI<br />

bedeutet, Systeme zu entwickeln, die mit der Erhaltung der Umweltressourcen<br />

für heutige und künftige Generationen vereinbar sind.<br />

Ein ethischer KI-Anbieter sollte deshalb einen klaren Fahrplan<br />

haben, um die Auswirkungen der Technologie auf die Umwelt abzumildern.<br />

Er sollte ausreichende Kontrollmechanismen innerhalb des<br />

Systems implementieren, um potenzielle Verzerrungen und ethische<br />

Probleme bei den Ergebnissen auszuschließen oder zu minimieren.<br />

Erklärbare KI (Explainable AI, XAI) spielt in dieser Landschaft<br />

eine entscheidende Rolle, da sie darauf abzielt, die Entscheidungswege<br />

von KI-Tools transparent und verständlich zu machen.<br />

Verantwortungsbewusste Anbieter setzen spezielle Teams für<br />

XAI ein, die Erkenntnisse zur kontinuierlichen Verbesserung von<br />

KI-Tools bereitstellen.<br />

Evaluierung von KI-Lösungen für eine<br />

nachhaltige Beschaffung<br />

Wenn Unternehmen versuchen, KI-Tools in ihre Beschaffungsprozesse<br />

zu integrieren, ist ein robuster Prüfungsprozess unerlässlich,<br />

um ethische und nachhaltige Überlegungen sicherzustellen. Zu den<br />

wichtigsten Fragen für <strong>IT</strong>-Beschaffer gehören:<br />

Datenbeschaffung und -überprüfung: Wie werden die von<br />

KI-Tools verwendeten Daten beschafft und überprüft, um die<br />

Genauigkeit und Zuverlässigkeit bei der Unterstützung nachhaltiger<br />

Beschaffungsbemühungen sicherzustellen?<br />

Maßnahmen zur Vermeidung von Verzerrungen: Welche<br />

Maßnahmen gibt es, um Verzerrungen zu beseitigen und Fairness<br />

in den Algorithmen zu gewährleisten, die von KI-Tools für<br />

die nachhaltige Beschaffung verwendet werden?<br />

Erklärbarkeit der Entscheidungsfindung: Kann der Entscheidungsfindungsprozess<br />

von KI-Tools erklärt und verstanden<br />

werden, um Transparenz bei der Unterstützung nachhaltiger<br />

Beschaffungspraktiken zu gewährleisten?<br />

Überwachung und Bewertung: Wie werden KI-Tools<br />

überwacht und bewertet, um ihre Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsziele<br />

in Beschaffungsprozessen zu beurteilen?<br />

64 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 64 12.02.24 12:53


Kooperationen und Partnerschaften: Welche Kooperationen<br />

und Partnerschaften bestehen zwischen Entwicklern von<br />

KI-Tools, Beschaffungsexperten und Nachhaltigkeitsspezialisten,<br />

um sicherzustellen, dass KI-Tools mit den Zielen der<br />

nachhaltigen Beschaffung übereinstimmen?<br />

Branchenstandards: Gibt es branchenweite Standards und<br />

Best Practices für die Entwicklung und Implementierung von<br />

KI-Tools in der nachhaltigen Beschaffung?<br />

Privatsphäre und Datenschutz: Wie können KI-Tools den<br />

Belangen der Privatsphäre und des Datenschutzes Rechnung<br />

tragen und gleichzeitig nachhaltige Beschaffungspraktiken<br />

unterstützen?<br />

Kontinuierliche Verbesserung: Welche Schritte werden<br />

unternommen, um kontinuierliche Aktualisierungen und<br />

Verbesserungen an den Algorithmen und Datenquellen zu<br />

gewährleisten, die von KI-Tools für die nachhaltige Beschaffung<br />

verwendet werden?<br />

Integration in bestehende Systeme: Wie können KI-Tools<br />

in bestehende Beschaffungsprozesse und -systeme integriert<br />

werden, um die Nachhaltigkeitsleistung und die Ergebnisse zu<br />

verbessern?<br />

Schlussfolgerung: Die Zukunft der KI in der<br />

nachhaltigen Beschaffung<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Integration von<br />

KI-Tools in nachhaltige Beschaffungspraktiken ein immenses Potenzial<br />

birgt. Die Entscheidungsträger müssen jedoch vorsichtig sein<br />

und sicherstellen, dass die ethischen und nachhaltigen Aspekte nicht<br />

durch das Streben nach Effizienzgewinnen beeinträchtigt werden.<br />

Transparente Datenpools, ethische Algorithmenentwicklung,<br />

erklärbare KI, kontinuierliche Überwachung und Zusammenarbeit<br />

zwischen den Beteiligten sind die Eckpfeiler einer verantwortungsvollen<br />

KI-Implementierung in der nachhaltigen Beschaffung.<br />

Indem sie diese Elemente sorgfältig aufeinander abstimmen, können<br />

Unternehmen einen Kurs einschlagen, bei dem technologischer<br />

Fortschritt und nachhaltige Praktiken nebeneinander bestehen und<br />

eine Beschaffungslandschaft gestalten, die nicht nur effizient, sondern<br />

auch sozial und ökologisch verantwortungsvoll ist.<br />

Autor<br />

Thomas Heine<br />

Geschäftsführer SDG media GmbH<br />

www.sdg-media.de<br />

Kleine Kniffe<br />

65<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 65 12.02.24 12:53


Digitalisierung des <strong>Einkauf</strong>s<br />

Die Bedeutung des öffentlichen <strong>Einkauf</strong>s<br />

für eine „nachhaltige Digitalisierung“<br />

Praxis-Empfehlungen für mehr Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung<br />

Immer mehr gesellschaftspolitische Debatten kreisen derzeit um die zentralen Themen<br />

Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Diese steigende Aufmerksamkeit ist gerechtfertigt und wird<br />

ihren Höhepunkt erst erreichen, wenn die zentrale Verbindung zwischen beiden Themen noch<br />

deutlicher herausgearbeitet wird. Denn eine „nachhaltige Digitalisierung“ wird die zentrale<br />

Herausforderung und zugleich die größte Chance der kommenden Jahre sein.<br />

Ein Beitrag von Dr. Moritz Philipp Koch<br />

Soll diese Chance genutzt<br />

werden, muss die öffentliche<br />

Hand in Bund, Ländern und Kommunen<br />

aktiv dazu beitragen. Weil<br />

öffentliche Auftraggeber an das<br />

Vergaberecht gebunden sind und<br />

sich ihre Partner für den Bezug<br />

von Leistungen und Dienstleistungen<br />

nicht frei aussuchen können,<br />

erlangt der öffentliche <strong>Einkauf</strong> eine<br />

zentrale Bedeutung für eine nachhaltige<br />

Digitalisierung. Aspekte<br />

der Nachhaltigkeit erlangen bereits<br />

über § 97 Abs. 3 GWB den Rang<br />

eines Vergabegrundsatzes („Aspekte<br />

der Qualität und der Innovation<br />

sowie soziale und umweltbezogene<br />

Aspekte“). Jede Vergabe wirft die<br />

Frage nach Mindestanforderungen<br />

auf, auch mit Blick auf Aspekte der<br />

Nachhaltigkeit. Diese Anforderungen<br />

müssen vor Beginn einer<br />

Beschaffung im Rahmen der Vorbereitung des Vergabeverfahrens<br />

in der Leistungsbeschreibung aufgestellt werden und können<br />

nachträglich grundsätzlich nicht mehr geändert werden. Schließlich<br />

ist an die Bedeutung der Zuschlagserteilung zu denken, durch die<br />

die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots und damit des Vertragspartners<br />

zum Abschluss eines Vergabeverfahrens erfolgt. Zu den<br />

Zuschlagskriterien können ausdrücklich auch soziale und umweltbezogene<br />

Aspekte und damit Kriterien der Nachhaltigkeit gehören,<br />

Kernthesen des Beitrags<br />

Weil öffentliche Auftraggeber an das Vergaberecht gebunden<br />

sind und sich ihre Partner für den Bezug von Leistungen und<br />

Dienstleistungen nicht frei aussuchen können, erlangt der öffentliche<br />

<strong>Einkauf</strong> eine zentrale Bedeutung für eine nachhaltige Digitalisierung.<br />

Beschafferinnen und Beschaffer trifft somit eine große Verantwortung,<br />

denn sie müssen im Rahmen ihrer Beschaffungen die<br />

Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung praktisch umsetzen.<br />

Öffentliche Auftraggeber sollten die vorgestellten Möglichkeiten<br />

zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der<br />

Beschreibung der Leistungen proaktiv und freiwillig im ureigenen<br />

Interesse nutzen.<br />

Der Austausch mit der Wirtschaft wird für öffentliche Auftraggeber<br />

zunehmend relevanter, weil eine umfassende Marktkenntnis<br />

die Grundlage für eine optimale Bedarfsdeckung ist und Unternehmen<br />

ihrerseits das Thema Nachhaltigkeit verstärkt aufgreifen.<br />

so dass auch hier die Bedeutung der<br />

öffentlichen Beschaffung offenbar<br />

wird.<br />

Beschafferinnen und Beschaffer<br />

trifft somit eine große<br />

Verantwortung, denn sie müssen<br />

im Rahmen ihrer Beschaffungen<br />

die Nachhaltigkeit in der öffentlichen<br />

Beschaffung praktisch<br />

umsetzen. Wie das in der Praxis<br />

gelingen kann, wird in den folgenden<br />

Abschnitten dargestellt. Um<br />

Beschafferinnen und Beschaffer<br />

auf diesem Wege zu unterstützen,<br />

sollte sich auch die jeweilige Hausspitze<br />

einbringen und nachhaltige<br />

Beschaffungen als ein strategisches<br />

Ziel definieren und insbesondere<br />

durch den Abschluss von Kooperationen<br />

Nachhaltigkeit aktiv fördern.<br />

II. Nachhaltigkeit in der öffentlichen<br />

Beschaffung<br />

Wie bereits erwähnt werden Aspekte der Nachhaltigkeit über §<br />

97 Abs. 3 GWB in den Rang eines Vergabegrundsatzes gehoben. In<br />

diesem Abschnitt wird dargestellt, wie Beschafferinnen und Beschaffer<br />

dieser Bedeutung entsprechend handeln können. Dabei stehen<br />

66 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 66 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

vor allem die Beschreibung der Leistung und die Zuschlagskriterien<br />

im Fokus.<br />

1. Erstellung der Leistungsbeschreibung<br />

Eine zentrale Vorschrift im Hinblick auf die Beschreibung der<br />

Leistung ist § 31 VgV. Nach § 31 Abs. 2 VgV sind die Merkmale<br />

des Auftragsgegenstands in der Leistungsbeschreibung zu beschreiben.<br />

Gemäß § 31 Abs. 3 VgV können diese Merkmale auch Aspekte<br />

der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene<br />

Aspekte betreffen. Das Gesetz selbst gibt öffentlichen Auftraggebern<br />

somit die Möglichkeit, Aspekte der Nachhaltigkeit ganz maßgeblich<br />

im Rahmen der eigenen Beschaffungspraxis zu berücksichtigen.<br />

Auch wenn der Begriff Nachhaltigkeit nicht ausdrücklich verwendet<br />

wird, so handelt es sich bei den genannten „sozialen und umweltbezogenen<br />

Aspekten“ um Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit.<br />

Die Leistungsbeschreibung, die von Vergabepraktikern nicht<br />

selten als das „Herzstück des Vergabeverfahrens“ bezeichnet wird,<br />

ist somit ein wertvoller Anknüpfungspunkt für Auftraggeber, die in<br />

Zukunft nachhaltiger beschaffen wollen. Von zentraler Bedeutung<br />

ist dabei die Festlegung von Mindestkriterien. Einige öffentliche<br />

Auftraggeber agieren insoweit zurückhaltend, was mit Blick auf die<br />

strategische Bedeutung dieser Kriterien verständlich ist: Im Hinterkopf<br />

schwingt immer die Sorge mit, dass die Aufstellung zu vieler<br />

Mindestkriterien zur Folge hat, dass keine oder keine passenden<br />

Angebote abgegeben werden. Und dennoch: Wer es ernst meint<br />

mit Blick auf Aspekte der Nachhaltigkeit, der sollte die gesetzliche<br />

Möglichkeit nutzen und zumindest einige Aspekte als Mindestanforderungen<br />

definieren. Außerdem kann dem Risiko, keine oder<br />

keine passenden Angebote zu erhalten, durch eine Markterkundung<br />

erfolgreich begegnet werden. Wie das optimal gelingen kann, wird<br />

nachfolgend noch näher erläutert.<br />

Die möglichen Bezugspunkte für entsprechende Kriterien in<br />

der Leistungsbeschreibung sind zahlreich und hängen – wie immer<br />

– vom konkreten Vergabegegenstand ab. In den Blick genommen<br />

werden können zunächst die Produktionsmethoden. Auch ein geringerer<br />

Materialverbrauch und eine Reduzierung von Emissionen und<br />

von Abfällen können geeignete Anknüpfungspunkte sein. Der Ausschluss<br />

bestimmter gefährlicher Substanzen (z.B. von Chemikalien)<br />

kann ebenfalls eine wichtige Mindestanforderung bilden. Schließlich<br />

ist auch die Frage der Wiederverwertbarkeit als relevanter Aspekt in<br />

Betracht zu ziehen. Die vorstehenden Punkte werden grundsätzlich<br />

den „umweltbezogenen“<br />

Aspekten zuzuordnen sein. Daneben spielen – wie bereits<br />

erwähnt – auch „soziale Aspekte“ eine Rolle. Diese können mannigfaltig<br />

sein, zu nennen sind statt vieler hier nur „Fair Trade“, die<br />

Arbeitssicherheit und die Einhaltung der ILO-Vorgaben mit Blick<br />

auf Kinderarbeit. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die<br />

Nachweisführung für Nachhaltigkeitskriterien mittels Gütezeichen<br />

(vgl. § 34 VgV) erfolgen kann, aber nicht der einzig denkbare Weg<br />

ist 1 .<br />

Öffentliche Auftraggeber sollten die vorgestellten Möglichkeiten<br />

zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Beschreibung<br />

der Leistungen proaktiv und freiwillig im ureigenen Interesse<br />

nutzen. Ob darüber hinaus weitergehende gesetzliche Regelungen<br />

erforderlich sind, die für einzelne Bereiche verpflichtende<br />

Kleine Kniffe<br />

67<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 67 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

Anforderungen zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />

enthalten, wie z.B. § 67 VgV und § 8c EU VOB/A für<br />

energieverbrauchsrelevante Waren, technische Geräte oder Ausrüstungen<br />

2 , sollte regelmäßig geprüft werden. Eine Möglichkeit<br />

bestünde auch darin, den Erfolg derartiger Vorschriften innerhalb<br />

eines begrenzten Zeitraums zu testen und anschließend zu evaluieren.<br />

2. Die Bedeutung der Markterkundung für<br />

nachhaltige Beschaffungen<br />

Anknüpfend an die besondere Bedeutung, die der Beschreibung<br />

der Leistung – wie gesehen – für die Berücksichtigung sozialer<br />

und umweltbezogener Aspekte zukommt, verwundert es, dass die<br />

Relevanz der Markterkundung (vgl. § 28 VgV) nicht häufiger hervorgehoben<br />

wird. Die Markterkundung ist ein zentrales Instrument,<br />

um den eigenen Bedarf optimal zu decken und im Rahmen der Leistungsbeschreibung<br />

angemessen zu beschreiben. Möchten öffentliche<br />

Auftraggeber zukünftig nachhaltiger beschaffen, sollten sie verstärkt<br />

Markterkundungen vornehmen. Im Rahmen einer Markterkundung<br />

kann nämlich schnell und effizient festgestellt werden, ob – abhängig<br />

vom jeweiligen Beschaffungsgegenstand – nachhaltige Lösungen<br />

überhaupt in Betracht kommen bzw. zu welchen Konditionen eine<br />

nachhaltige Beschaffung möglich ist. Insbesondere die Frage, ob und<br />

inwiefern ein Wettbewerb um nachhaltige Lösungen bereits existiert<br />

und inwieweit nachhaltige und weniger bzw. nicht nachhaltige<br />

Lösungen konkurrieren, kann durch eine belastbare Markterkundung<br />

beantwortet werden. Der Verzicht auf eine Markterkundung ist<br />

daher ein häufiger Praxisfehler.<br />

Ein wesentlicher Impulsgeber können im Rahmen von Markterkundungsgesprächen<br />

Unternehmen aus dem jeweiligen Bereich<br />

sein. Der Austausch mit der Wirtschaft wird für öffentliche Auftraggeber<br />

zunehmend relevanter, weil eine umfassende Marktkenntnis<br />

die Grundlage für eine optimale Bedarfsdeckung ist und Unternehmen<br />

ihrerseits das Thema Nachhaltigkeit verstärkt aufgreifen. Eine<br />

sinnvolle Reaktion seitens der öffentlichen Hand ist, dass einige –<br />

aber noch zu wenige – öffentliche Auftraggeber auf ein zentrales<br />

Lieferantenmanagement setzen, um ein professionelles Verhältnis<br />

und einen regelmäßigen Austausch mit den eigenen Lieferanten<br />

etablieren. 3 Festzuhalten bleibt daher, dass die Durchführung einer<br />

Markterkundung ein wesentlicher Eckpfeiler für nachhaltigere Beschaffungen<br />

ist, idealerweise über ein geschultes und professionelles<br />

zentrales Lieferantenmanagement. Da eine Erkundung des Marktes<br />

auf vielerlei Art und Weisen möglich ist, ist das konkrete Vorgehen<br />

abhängig vom Beschaffungsgegenstand.<br />

3. Erteilung des Zuschlags<br />

Schließlich ist die Erteilung des Zuschlags genauer in den Blick zu<br />

nehmen. Vor Beginn einer Vergabe legen öffentliche Auftraggeber<br />

die Zuschlagskriterien fest. Dabei ist häufig das Preis-Leistungs-Verhältnis<br />

entscheidend dafür, wer das wirtschaftlichste Angebot abgibt<br />

und daher den Zuschlag erhält. Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten<br />

Angebots können gemäß § 127 Abs. 1 S. 3 GWB sowie § 58 Abs. 2<br />

VgV neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene<br />

oder soziale Aspekte berücksichtigt werden. Diese Vorschrift<br />

ist auch vor dem Hintergrund des Vergabegrundsatzes in § 97 Abs.<br />

3 GWB zu betrachten und im Lichte der jeweiligen Beschaffung zu<br />

konkretisieren. Abhängig vom jeweiligen Vergabegegenstand hat der<br />

68 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 68 12.02.24 12:53


öffentliche Auftraggeber im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts<br />

einen weiten Beurteilungsspielraum. 4 Die Praxisbeispiele<br />

sind so vielfältig wie die möglichen Beschaffungsgegenstände selbst.<br />

Beispielhaft lassen sich bei der Beschaffung von Produkten z.B. Reparaturmöglichkeiten<br />

sowie Nutzungsverlängerungen nennen. Auch<br />

das entsprechende Verpackungsmaterial oder eine generelle Reduzierung<br />

des Verpackungsmaterials sind Anknüpfungspunkte. Über §<br />

58 Abs. 2 VgV haben öffentliche Auftraggeber somit weitreichende<br />

Möglichkeiten, Aspekte der Nachhaltigkeit bei der Zuschlagserteilung<br />

zu berücksichtigen. Interessant ist ferner § 59 Abs. 1 VgV,<br />

wonach öffentliche Auftraggeber vorgeben können, dass das Zuschlagskriterium<br />

„Kosten“ auf der Grundlage der Lebenszykluskosten<br />

der Leistung berechnet wird. Dementsprechend besteht neben der<br />

Leistung auch mit Blick auf Preis/Kosten eine Möglichkeit, Gesichtspunkte<br />

der Nachhaltigkeit zu fokussieren. Diese Möglichkeit kann<br />

sich vor allem im Digitalisierungsumfeld als wertvoll erweisen, z.B.<br />

mit Blick auf die Vermeidung von Lock-in-Effekten, die vielen<br />

öffentlichen Auftraggebern im Digitalisierungskontext derzeit Kopfzerbrechen<br />

bereiten.<br />

III. Verstärkter Rückgriff auf Kooperationen<br />

Kooperationen werden zukünftig ein immer wichtigeres Element<br />

für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Auftraggebern<br />

sein. Das verdeutlichen bereits die Entwicklungen im OZG-Kontext<br />

zu Fragen der Nachnutzung, für die das „Einer für Alle“-Prinzip<br />

etabliert wurde. 5 Kooperationen basieren auf der Überlegung, dass<br />

mehrere Partner wechselseitig – im Idealfall langfristig – voneinander<br />

profitieren können, wenn sie zusammenarbeiten. 6 Vor allem<br />

öffentlich-öffentliche Kooperationen, also Kooperationen zwischen<br />

Behörden oder sonstigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts,<br />

können dazu beitragen, Aspekten der Nachhaltigkeit verstärkt<br />

Rechnung zu tragen. Daneben können auch Kooperationen mit Universitäten<br />

und Forschungseinrichtungen insoweit wertvolle Impulse<br />

bringen, weil dort Expertinnen und Experten bereits seit einiger<br />

Zeit verstärkt Ideen zu Nachhaltigkeitsfragen entwickeln. Insgesamt<br />

sind viele Kooperationsszenarien denkbar, weil sowohl die Zahl<br />

möglicher Kooperationsgegenstände als auch die Zahl denkbarer<br />

Kooperationspartner sehr groß ist. 7 Ob und in welchem Umfang<br />

Kooperationen dem Vergaberecht unterliegen, ist eine Frage des<br />

Einzelfalles und wird sich oftmals nach § 108 GWB richten 8 .<br />

Betrachtet man die Potenziale von Kooperationen konkret<br />

im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte, so kann sich bereits ein<br />

vergleichsweise formloser Erfahrungsaustausch mit Kooperationspartnern<br />

als schnelle Hilfe erweisen. Aber auch verbindlichere<br />

Formen von Kooperationen erscheinen insoweit vielversprechend.<br />

Um den Rahmen dieses Beitrags nicht zu sprengen, muss an<br />

dieser Stelle der Hinweis genügen, dass die wesentlichen Potenziale<br />

von Kooperationen mit Blick auf eine nachhaltige Digitalisierung<br />

unbedingt genutzt werden müssen. Kooperationen können aufgrund<br />

der Zusammenarbeit unnötige Doppelarbeiten vermeiden und<br />

bereits dadurch nachhaltiger sein. Aufwände können teils erheblich<br />

reduziert werden. Gleichzeitig kann eine Beschleunigung durch die<br />

Verbindung von Wissen erreicht werden und zugleich der Blick<br />

auf wichtige Themen – wie Aspekte der Nachhaltigkeit – gestärkt<br />

werden. Öffentliche Auftraggeber sollten die Potenziale von Kooperationen<br />

gezielt nutzen. Da Kooperationen Vergaberelevanz<br />

aufweisen können, sollten sie zentral im <strong>Einkauf</strong> geschlossen werden.<br />

Dies verdeutlicht einmal mehr die Relevanz der Beschafferinnen und<br />

Kleine Kniffe<br />

69<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 69 12.02.24 12:53


Foto: depositphotos<br />

Beschaffer für eine nachhaltige Digitalisierung. Die jeweilige<br />

Hausspitze sollte das Thema Kooperationen gezielt fördern.<br />

VII. Fazit und Ausblick<br />

Die Betrachtungen belegen, dass öffentliche Auftraggeber<br />

schon heute über vielfältige Möglichkeiten verfügen, um Aspekte<br />

der Nachhaltigkeit in der eigenen Beschaffungspraxis zu etablieren.<br />

Öffentliche Auftraggeber sollten die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />

daher sowohl im Rahmen der Beschreibung<br />

der Leistung als auch mit Blick auf die Zuschlagskriterien zukünftig<br />

noch stärker forcieren. Idealerweise wird diese Entwicklung von der<br />

jeweiligen Hierarchie gefördert und als strategisches Ziel eingeordnet.<br />

In den kommenden Monaten und Jahren muss die Umsetzung in<br />

der Praxis weiter Fahrt aufnehmen, vor allem Kooperationsmöglichkeiten<br />

können dabei eine wichtige Rolle spielen. Als eine weitere<br />

interessante Schnittstelle mit zusätzlichen Potenzialen kann sich<br />

dabei die Verbindung von Nachhaltigkeit und Innovation erweisen.<br />

Im Rahmen innovativer Beschaffungsinstrumente können nachhaltige<br />

Lösungen noch effizienter beschafft werden.<br />

Quellen:<br />

1. Vgl. dazu im Einzelnen Lausen/Pustal, NZBau 2022, 3 ff.<br />

2. Vgl. dazu näher Lausen/Pustal, NZBau 2022, 3 ff.<br />

3. Zur Einführung eines zentralen Lieferantenmanagements vgl. umfassend<br />

Koch/Siegmund, MMR 2020, S. 366 ff. sowie Koch/Busche, https://www.<br />

egovernment-computing.de/lieferantenmanagement-wird-fuer-die-oeffentliche-verwaltung-wichtiger-a-1031783/<br />

(zuletzt abgerufen am<br />

13.03.2022).<br />

4. Vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.06.2016 - VII-Verg 49/15.<br />

5. https://www.onlinezugangsgesetz.de/Webs/OZG/DE/umsetzung/<br />

nachnutzung/efa/efa-node.html (zuletzt abgerufen am 13.03.2022.)<br />

6. Zu den Potenzialen und Grenzen von <strong>IT</strong>-Kooperationen in der öffentlichen<br />

Verwaltung vgl. Koch/Siegmund/Siegmund, MMR 2021, S. 760 ff.<br />

7. Vgl. im Einzelnen Koch/Siegmund/Siegmund, MMR 2021, S. 760 ff.<br />

8. Vgl. dazu Koch/Siegmund/Siegmund, MMR 2021, S. 760 ff.<br />

Insgesamt wird der zentrale Erfolgsfaktor sein, ob (nur) über<br />

Nachhaltigkeit diskutiert wird, oder aber ob Nachhaltigkeit in der<br />

Praxis tatsächlich gelebt wird. Letzteres ist erst der Fall, wenn sich<br />

öffentliche Auftraggeber bei jeder Vergabe fragen, ob und wie<br />

Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit optimal Berücksichtigung finden<br />

können.<br />

Autor<br />

Dr. Moritz Philipp Koch<br />

Leiter Sourcing/Vergabe<br />

der Vergabestelle,<br />

Regierungsdirektor bei <strong>IT</strong>.NRW<br />

70 Kleine Kniffe<br />

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Kleine Kniffe<br />

71<br />

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Gütesiegel<br />

Siegel für nachhaltige <strong>IT</strong><br />

Digitalisierung kann helfen, den Energie- und Rohstoffbedarf zu senken – sie kann auch Klima<br />

und Umwelt zusätzlich belasten. Green <strong>IT</strong> trägt dazu bei, die Digitalisierung in umweltschonende<br />

Bahnen zu lenken, so dass Hardware, Software, Rechenzentren, Netze und digitale Dienste<br />

energieeffizient und umweltverträglich sind. Welche Gütesiegel gibt es als Orientierung für eine<br />

Green <strong>IT</strong>?<br />

Ein Beitrag von Thomas Heine<br />

Umweltzeichen erleichtern die Berücksichtigung von Umweltaspekten<br />

in Ausschreibungen wesentlich. So können bei der<br />

Formulierung der technischen Anforderungen, der Zuschlagskriterien<br />

und der Auftragsausführungsbedingungen öffentliche<br />

Auftraggeber auf bestimmte Umweltzeichen, wie das EU Ecolabel,<br />

verweisen.<br />

Im Bereich <strong>IT</strong> Hard- und Software existieren zahlreiche Siegel<br />

und Standards, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Kriterien<br />

aufwarten, so dass es auf den ersten Blick nicht eindeutig klar<br />

ist, was sich genau dahinter verbirgt. Einen ersten Überblick soll die<br />

nachfolgende Zusammenstellung von fünf in Deutschland verbreiteten<br />

Siegeln geben. Weitere Informationen vermitteln auch Portale<br />

im Internet wie Siegelklarheit (https://www.siegelklarheit.de/siegelverzeichnis#/computer;sort:rating_desc)<br />

Autor<br />

Thomas Heine<br />

Hrausgeber<br />

<strong>Magazin</strong> für nachhaltige<br />

Beschaffung “Kleine Kniffe”<br />

Blauer Engel<br />

Ziel des Blauen Engel ist es, Geräte auszuzeichnen,<br />

die einen geringen Energieverbrauch haben,<br />

langlebige und recyclinggerechte Konstruktion<br />

aufweisen und umweltbelastende Materien vermeiden.<br />

Das Siegel gibt es für Ressourcen- und energieeffiziente<br />

Softwareprodukte, Arbeitsplatzcomputer und Tastaturen, Rechenzentren,<br />

Server und Datenspeicherprodukte und viele andere.<br />

Siegelgeber ist das Bundesumweltministerium. Das Umweltbundesamt<br />

stellt die Geschäftsstelle des Blauen Engels und erarbeitet<br />

die Kriterien. Die unabhängige Jury Umweltzeichen beschließt die<br />

Kriterien. Die RAL GmbH, eine Tochter des RAL Deutsches Institut<br />

für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V., vergibt den Blauen<br />

Engel.<br />

Es handelt sich um eine Produktzertifizierung. Das Siegel befindet<br />

sich am Endprodukt.<br />

https://www.blauer-engel.de/de<br />

72 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_Nachhaltige_<strong>IT</strong>.indd 72 12.02.24 12:53


TCO Certified<br />

EU-Ecolabel<br />

Ziel von<br />

TCO ist es, den<br />

Fortschritt hin<br />

zu nachhaltigen<br />

<strong>IT</strong>-Produkten voranzutreiben. Zertifizierte Produkte müssen<br />

während des gesamten Lebenszyklus umfassende ökologische und<br />

soziale Kriterien erfüllen. So müssen die Fabriken, in denen zertifizierte<br />

Produkte hergestellt werden, Kriterien zu Arbeitszeiten,<br />

Arbeitsumgebung und Löhnen einhalten.<br />

Die Produkte müssen Kriterien für Energieeffizienz, ergonomisches<br />

Design und einen begrenzten Gehalt an gefährlichen Stoffen<br />

erfüllen. Unabhängige, akkreditierte Organisationen verifizieren,<br />

dass Fabriken und Produkte alle Kriterien in TCO Certified erfüllen.<br />

Die Verifizierung erfolgt sowohl vor als auch nach der Ausstellung<br />

des Zertifikats und deckt den gesamten Gültigkeitszeitraum ab.<br />

TCO Certified ist die weltweit führende Nachhaltigkeitszertifizierung<br />

für <strong>IT</strong>-Produkte. Die Organisation hinter der<br />

Nachhaltigkeitszertifizierung ist TCO Development.<br />

Das Europäische Umweltzeichen EU Ecolabel<br />

wurde 1992 von der Europäischen Kommission<br />

ins Leben gerufen. War zunächst nur die Kennzeichnung<br />

von Produkten vorgesehen, können seit<br />

2000 auch Dienstleistungen mit dem EU Ecolabel zertifiziert werden.<br />

Das EU Ecolabel konzentriert sich auf die Umweltfreundlichkeit<br />

der Produkte und Dienstleistungen. Als freiwillige Kennzeichnung<br />

geht es weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus.<br />

Das Umweltzeichen EU Ecolabel ist in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten<br />

sowie Norwegen, Island und Liechtenstein anerkannt.<br />

Das EU Ecolabel dient als wertvolles Instrument für Unternehmen,<br />

die sich für Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit<br />

einsetzen. Im März 2023 wurden in Deutschland 9.136 Produkte<br />

mit dem EU Ecolabel zertifiziert. Die meisten Lizenzen wurden in<br />

Spanien, Italien und Frankreich vergeben.<br />

https://eu-ecolabel.de/<br />

https://www.tcocertified.com/de/tco-certified/<br />

Energy Star<br />

Das Energiesparen steht bei diesem Siegel<br />

im Mittelpunkt. Es symbolisiert, dass ein Gerät<br />

die Kriterien der US-Umweltschutzbehörde<br />

(EPA – „Environmental Protection Agency“) erfüllt. Im Unterschied<br />

zu Umweltzeichen wie beispielsweise dem Blauen Engel kann jeder<br />

Hersteller das Symbol verwenden, der denkt, dass sein Produkt mit<br />

den Vorgaben konform geht.<br />

Im Wesentlichen besagt der „Energy Star“, dass sich ein Gerät nach<br />

einiger Zeit selbstständig aus dem Betriebsmodus zurückschaltet, um<br />

Energie zu sparen. Seit der Spezifikation 5.0 für Computer ersetzen<br />

Formeln die konkreten Grenzwerte nach Gerätekategorie. In die<br />

Berechnung fließen die Messwerte für die Zustände „Aus“, „Ruhe“<br />

und „Leerlauf“ und für die typische Verwendungsweise ein. Die Formeln<br />

werden mit einem Basisfaktor multipliziert. Als typisch nimmt<br />

der „Energy Star“ etwa bei Desktop-Rechnern an, dass der Computer<br />

55 Prozent seiner Zeit ausgeschaltet ist und sich fünf Prozent im<br />

Ruhezustand sowie vierzig Prozent im Leerlauf befindet.<br />

https://www.energystar.gov/<br />

EPEAT<br />

Das EPEAT, also Electronic Product<br />

Enviromental Assement Tool ist<br />

ein Umweltsiegel, welches vom Green<br />

Electronics Council vergeben wird. Zertifizierte<br />

Produkte können in drei Klassen eingeteilt werden: Bronze,<br />

Silber und Gold. Dabei werden verschiedene Umweltaspekte des<br />

Lebenszyklus eines Produkts bewertet. Umso mehr Kriterien erfüllt<br />

werden, desto besser wird das Produkt bewertet.<br />

Die Kriterien beziehen sich unter anderem auf Anforderungen<br />

zur Energieeffizienz, Reduzierung umweltsensibler Materialien wie<br />

Quecksilber oder Recycling- und Reparaturfähigkeit. Zusätzlich<br />

gibt es weitere optionale Kriterien. Dazu zählen zum Beispiel die<br />

Reduzierung von Plastik-Materialien oder der Verzicht auf<br />

eingeklebtes Metall. Mittlerweile beinhaltet die globale EPEAT<br />

Datenbank mehr als 30.000 registrierte Produkte von mehr als 50<br />

Herstellern aus 42 Ländern.<br />

https://www.epeat.net/<br />

Kleine Kniffe<br />

73<br />

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74 Kleine Kniffe<br />

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