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Jennifer Ebert: Christus praesens angesichts des Volkes Israel (Leseprobe)

Jennifer Ebert bewegt sich in Ihrer Dissertation »Christus praesens angesichts des Volkes Israel« an den Schnittstellen von Liturgie, Christologie und Israeltheologie. Die Arbeit untersucht theologische Ansätze einer nicht antijudaistischen Christologie, kirchliche Verlautbarungen zum Verhältnis von Kirche und Israel und aktuelle gottesdienstliche Praxis unter der Prämisse, dass Liturgie, Gebet und Credo ein implizites Glaubenswissen auch zur Haltung gegenüber dem Judentum maßgeblich prägen. Die Ergebnisse der Untersuchungen reflektiert Ebert daraufhin systematisch-christologisch mit dem Ergebnis, dass in jedem Gottesdienst der Christus iudaeus praesens gefeiert wird.

Jennifer Ebert bewegt sich in Ihrer Dissertation »Christus praesens angesichts des Volkes Israel« an den Schnittstellen von Liturgie, Christologie und Israeltheologie. Die Arbeit untersucht theologische Ansätze einer nicht antijudaistischen Christologie, kirchliche Verlautbarungen zum Verhältnis von Kirche und Israel und aktuelle gottesdienstliche Praxis unter der Prämisse, dass Liturgie, Gebet und Credo ein implizites Glaubenswissen auch zur Haltung gegenüber dem Judentum maßgeblich prägen. Die Ergebnisse der Untersuchungen reflektiert Ebert daraufhin systematisch-christologisch mit dem Ergebnis, dass in jedem Gottesdienst der Christus iudaeus praesens gefeiert wird.

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<strong>Jennifer</strong> <strong>Ebert</strong><br />

<strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong><br />

<strong>angesichts</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Volkes</strong> <strong>Israel</strong>


Für Richard, Ferdinand, Theodor und Elinor


Vorwort<br />

»In der Christologie wird vom <strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong> aus rückwärts auf das apostolische<br />

Zeugnis, den irdischen Jesus und die erinnerten Hoffnungen <strong>Israel</strong>s hin argumentiert.«<br />

Dietrich Ritschl, Zur Logik der Theologie, 211.<br />

»A Jewish vocabulary on the lips of an almost totally Gentile church reflects the<br />

church’s worship of <strong>Israel</strong>’s LORD.«<br />

Paul van Buren, Discerning the Way, 41.<br />

Die vorliegende Arbeit wurde 2022 vom Fachbereich Evangelische Theologie der<br />

Friedrich-Alexander-Universität Erlangenals Dissertation angenommen und für<br />

die Drucklegung geringfügig überarbeitet und ergänzt.<br />

Viele Menschen haben mich auf dem Wegbis zur Fertigstellung dieser Arbeit<br />

auf unterschiedliche Weise begleitet und unterstützt. Ohne alle namentlich<br />

nennen zukönnen, möchte ich ihnen an dieser Stelle von Herzen danken.<br />

Mein Dank gilt zuerst und in ganz besonderer Weise meinem Doktorvater<br />

Prof. Dr. Dr. Wolfgang Schoberth. Durch seine überzeugende Vermittlung theologischer<br />

Inhalte hat er zunächst meineFreude am Studium der Systematischen<br />

Theologie geweckt und schließlich die Entstehung der Dissertation in all ihren<br />

Phasen engagiert und geduldig begleitet. Prof.Dr. Andreas Nehring dankeich für<br />

sein Interesse am Fortgang meiner Arbeit und die Erstellung <strong>des</strong> Zweitgutachtens.<br />

Durch meine Aufnahme ins DFG-Graduiertenkolleg 1718 »Präsenz und implizitesWissen«<br />

eröffneten sich mir im Austausch und der Zusammenarbeit mit<br />

Kollegen und Kolleginnen anderer geisteswissenschaftlicher Disziplinen neue<br />

Zugänge und interessante Fragestellungen und Texte, die die vorliegende inhaltliche<br />

und formale Anlage der Dissertation mitgeprägt haben. Gerade der performativitätstheoretische<br />

Zugang hat meiner Frage nach dem <strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong><br />

den Weghin zur Liturgie gewiesen und damit meine systematischen Einsichten<br />

bereichert.<br />

Es ist mir eine große Ehre, dass meineDissertation in der Reihe »Studien zu<br />

Kirche und <strong>Israel</strong>. Neue Folge« (SKI.NF) erscheinen darf. Dafür danke ich dem<br />

herausgebenden »Institut Kirche und Judentum« in Berlin, <strong>des</strong>sen Leiter Christoph<br />

Markschies, Beate Ego, Alexander Deeg, Hanna Liss und Ralf Meister. Tilman<br />

Meckel von der Evangelischen Verlagsanstalt in Leipzig danke ich ebenso<br />

für diefreundliche und hilfsbereite Begleitung hin zur Drucklegung. VonHerzen<br />

danken möchte ich auch Rosi <strong>Ebert</strong> für die aufwendige und fortlaufende Erstkorrektur<br />

dieser Arbeit.


8 Vorwort<br />

Für die finanzielle Unterstützung beider Drucklegung danke ich dem Pfarrerund<br />

Pfarrerinnenverein inder Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, dem<br />

BCJ.Bayern e.V. (Begegnung von Christen und Juden in Bayern), der VELKD und<br />

dem Deutschen Ökumenischen Studienausschuss der ACK (DÖSTA). Über die<br />

Prämierung dieser Arbeit mit einem BCJ.Bayern-Studienpreis und dem Franz-<br />

Delitzsch-Hauptpreis 2023 habe ich mich sehr gefreut.<br />

Die Zuversicht meiner Familie, Eltern und Freunde hat diese Arbeit erst gelingen<br />

lassen. Meinem Mann Richard und unseren Kindern Ferdinand, Theodor<br />

undElinordanke ichfür alle Unterstützung, Liebeund Nachsicht. Ihnenist dieses<br />

Buch gewidmet.<br />

Thurnau, den 11.12. 2023<br />

<strong>Jennifer</strong> <strong>Ebert</strong>


Inhalt<br />

1 Einleitung ............................................. 13<br />

1.1 Heuristischer Zugang: vis orandi – lex credendi – ars<br />

performandi ........................................ 16<br />

1.2 Systematische Frage: ›<strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong>‹ und ›<strong>Israel</strong>‹ ........ 20<br />

2 Methodologische Grundlegung zu Gottes Gegenwart im Gottesdienst 27<br />

2.1 Analytisch-hermeneutische Grundlagen ................... 27<br />

2.1.1 Sprachphilosophisch-analytische Überlegungen ........ 28<br />

2.1.2 Perspektivismus und christliche Perspektive .......... 30<br />

2.1.3 Präsenz als Ereignis – performativitätstheoretische<br />

Grundlagen .................................... 35<br />

2.2 Gottes Gegenwart im Gottesdienst ....................... 37<br />

2.2.1 Doxologie und theologische Verifikation .............. 37<br />

2.2.1.1 Doxologische Sprechhaltung ................. 39<br />

2.2.1.2 Gottesdienst als Ort der Prägung .............. 40<br />

2.2.2 Liturgie als performatives Ereignis .................. 41<br />

2.2.2.1 Liturgie als performative Sprechakte ........... 42<br />

2.2.2.2 Metaphern und Wirklichkeit ................. 44<br />

2.2.3 Anamnetische Neuschöpfung – creatio continua ........ 45<br />

2.2.3.1 Erinnern ist Wiedererkennen – Gottesnähe und<br />

Identität ................................ 45<br />

2.2.3.2 Anamnese und jüdisches Gedenken ........... 47<br />

2.2.3.3 Wiedererkennen als Moment von Offenbarung ... 49<br />

2.2.4 Epiklese und Emergenz ........................... 51<br />

2.2.4.1 Epiklese – Aktualisierung und Zueignung von<br />

Heil .................................... 52<br />

2.2.4.2 Geist – ruach – schechina ................... 53<br />

2.2.4.3 Liminalität und Emergenz ................... 55<br />

HAUPTTEIL I – Bestandsaufnahme und Analyse<br />

3 Evangelische Kirche und <strong>Israel</strong> – Nach-Shoa-Theologie und<br />

Kirchenverfassungen .................................... 61<br />

3.1 Grundlagen einer christlichen Theologie nach Auschwitz ...... 61<br />

3.1.1 Entwicklung einer <strong>Israel</strong>theologie nach 1945 .......... 62<br />

3.1.2 Bun<strong>des</strong>- und <strong>Israel</strong>theologie bei und nach Karl Barth .... 65


10 Inhalt<br />

3.1.3 Hermeneutik <strong>des</strong> Alten und Neuen Testaments ......... 70<br />

3.1.4 Systematische Modelle <strong>des</strong> Verhältnisses von Kirche und<br />

<strong>Israel</strong> ........................................ 73<br />

3.2 Der <strong>Israel</strong>bezug in den Kirchenverfassungen ............... 75<br />

3.2.1 »die Schuld unserer Kirche« ....................... 76<br />

3.2.2 »im Zeichen der Treue Gottes zum jüdischen Volk« ...... 78<br />

3.2.3 »mit seinem ersterwählten Volk <strong>Israel</strong>« ............... 81<br />

3.2.4 »durch Jesus <strong>Christus</strong> hineingenommen« ............. 82<br />

3.2.5 »im Vertrauen auf den dreieinigen Gott, der <strong>Israel</strong> erwählt<br />

hat« .......................................... 83<br />

3.3 Zusammenfassung, Desiderat, Ausblick ................... 86<br />

3.3.1 Zusammenfassung .............................. 86<br />

3.3.2 Desiderat: Niederschlag israeltheologischer Aspekte in<br />

aktuellen Gesamtdarstellungen ..................... 87<br />

3.3.2.1 »Dogmatik«, Wilfried Härle .................. 88<br />

3.3.2.2 »Dogmatik«, Band 1und 2, Wilfried<br />

Joest/Johannes v.Lüpke .................... 89<br />

3.3.2.3 »Systematische Theologie«, Eilert Herms ........ 91<br />

3.3.2.4 »Studium Systematische Theologie«, Gunther<br />

Wenz ................................... 93<br />

3.3.3 Ausblick für die Weiterarbeit: Christologie und<br />

Soteriologie .................................... 94<br />

4 Evangelischer Gottesdienst und <strong>Israel</strong> ........................ 97<br />

4.1 Gottesdienst in <strong>Israel</strong>s Gegenwart – liturgietheoretische<br />

Betrachtungen ...................................... 98<br />

4.1.1 Das <strong>Israel</strong>kriterium <strong>des</strong> Evangelischen Gottesdienstbuches 99<br />

4.1.2 »Predigen in <strong>Israel</strong>s Gegenwart« – homiletische Hinweise 101<br />

4.1.3 Niederschlag israeltheologischer Aspekte in liturgischer<br />

Literatur ...................................... 103<br />

4.2 <strong>Israel</strong> im Gottesdienst – Gottesdienst in<strong>Israel</strong> .............. 106<br />

4.2.1 <strong>Israel</strong>sonntag – 10. Sonntag nach Trinitatis ........... 107<br />

4.2.2 Gottesdienst feiern in <strong>Israel</strong> ....................... 109<br />

4.2.2.1 Haifa, katholische Freitagabendmesse .......... 109<br />

4.2.2.2 Die Klostergemeinschaft Dormitio und das Gloria<br />

Patri ................................... 115<br />

4.2.2.3 Die evangelisch-lutherische Auslandsgemeinde<br />

Jerusalem ............................... 118<br />

4.3 Lobend zum Tisch <strong>des</strong> Herrn ........................... 120<br />

4.3.1 Eucharistiegebet ................................ 121<br />

4.3.2 Präfation ...................................... 125<br />

4.3.3 Dankgebet ..................................... 127


Inhalt 11<br />

4.4 Zusammenfassung, Desiderat, Ausblick ................... 129<br />

4.4.1 Zusammenfassung .............................. 129<br />

4.4.2 Desiderat: <strong>Israel</strong>theologie und Abendmahlstheorie ...... 131<br />

4.4.3 Ausblick für die Weiterarbeit ...................... 136<br />

HAUPTTEIL II – Dogmatische Reflexion<br />

5 Aspekte einer Christologie im Angesicht <strong>Israel</strong>s ................ 141<br />

5.1 Verhältnisbestimmungen von Kirche und <strong>Israel</strong> ............. 142<br />

5.1.1 Das christliche Bekenntnis zu <strong>Israel</strong> ................. 142<br />

5.1.2 Ekklesiologisch-parataktisches Modell: Das<br />

Nebeneinander und notwendige Gegenüber von Kirche<br />

und <strong>Israel</strong> ..................................... 145<br />

5.1.3 Bun<strong>des</strong>denken – Covenantal thinking ................ 150<br />

5.2 <strong>Israel</strong>s Gegenwart ................................... 154<br />

5.2.1 <strong>Israel</strong> <strong>praesens</strong> in absentia – <strong>Israel</strong> absens in praesentia 154<br />

5.2.2 <strong>Israel</strong>anamnetische Christologie als fundamentum<br />

ecclesiae ...................................... 158<br />

5.2.3 <strong>Israel</strong> in trinitate ................................ 160<br />

5.3 <strong>Christus</strong> iudaeus <strong>praesens</strong> ............................. 164<br />

5.3.1 Jesus, ein jüdischer Mann ......................... 165<br />

5.3.2 Solus weil totus <strong>Christus</strong> .......................... 167<br />

5.3.3 Diener Gottes und Dienst an <strong>Israel</strong>s Gottesdienst ....... 169<br />

6 Resümee – Wie wir den <strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong> <strong>angesichts</strong> <strong>des</strong> <strong>Volkes</strong><br />

<strong>Israel</strong> im Gottesdienst feiern können ......................... 179<br />

Literaturverzeichnis ......................................... 183<br />

Anhang .................................................. 195<br />

Anhang 1: Email-Korrespondenz mit Pater Dr. Nikodemus Claudius<br />

Schnabel OSB vom 29. 05./06. 06. 2018 ....................... 195<br />

Anhang 2: Gottesdienstablauf Evangelisch-Lutherische Erlöserkirche<br />

Jerusalem am 27.05. 2018 ................................. 196


1 Einleitung<br />

Non lex orandi – non lex credendi: Wovon nicht gebetetwird, daran können wir<br />

auch nicht glauben. Diese nüchterneErkenntnis führt zu der Frage, wie denn die<br />

sich kirchlich neu entwickelnde <strong>Israel</strong>theologie das Beten prägt und den Glauben<br />

inspiriert. Der Zusammenhang von Liturgie und Theologie ist dabei kein dichotomischer<br />

oder hierarchischer, sondern ein interdepedenter. 1 Die Annahme,<br />

dass man nur über das Judentum in der Predigt sprechen müsse, um eine Veränderung<br />

<strong>des</strong> Glaubenswissens zu bewirken, geht fehl. Das vielfältige sprachliche<br />

und nichtsprachliche Geschehen der liturgischen Vollzüge ist mit der original<br />

positiv gewendeten Formel lex credendi – lex orandi allein nicht abzubilden. 2<br />

Das ist der Zugang dieser Arbeit zur Frage nach dem <strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong><br />

<strong>angesichts</strong> <strong>des</strong> <strong>Volkes</strong> <strong>Israel</strong>. Im Gottesdienst wird Gottes Gegenwart erfahrbar.<br />

Die Feier <strong>des</strong> ›<strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong>‹ 3 ist ein performatives Ereignis, das den Heiligen<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Für eine multiperspektivische Bearbeitung theologischer Sachverhalte plädiert Michael<br />

Welker, Gottes Offenbarung, der den ›subjectivistic turn‹ und ›iconic turn‹, ineiner<br />

Hinwendung zum ›pneumatological‹ und ›multicontextual turn‹ überwindet, ohne einer<br />

unbestimmten Pluralität das Wort zu reden, vgl. 47–52. Ebenfalls eine multiperspektivische<br />

Sicht auf Liturgie vertreten Wildt/Kranemann/Odenthal, Zwischen-Raum<br />

Gottesdienst, mit Beiträgen zu einer multiperspektivischen Liturgiewissenschaft.<br />

Dazu s. Schilson, Lex orandi – lex credendi, 871f.; Wainwright, Grundlagen, 72–94;<br />

Wilfried Härle, Dogmatik, 141ff., begründet, dass sich evangelischerseits das Bekenntnis<br />

nicht als lex credendi – lex orandi zeigen kann, sondern nur als Hinweis, der<br />

auch diskutiert werden darf und muss. Dazu auch Lindbeck, Grammatik <strong>des</strong> Glaubens,<br />

37: »Die Funktion von kirchlichen Lehraussagen, die in dieser Hinsicht besonders<br />

hervortreten wird, ist ihr Gebrauch nicht als expressive Symbole oder als Wahrheitsbehauptungen,<br />

sondern ihr Gebrauch als für eine Gemeinschaft gültige autoritative<br />

Regel <strong>des</strong> Diskurses, ihrer Haltung und Handlungsweisen.« Zur in diesem Zusammenhang<br />

stehenden Frage nach einer Theologie <strong>des</strong> Gottesdienstes im genitivus subjectivus<br />

oder objectivus vgl. Deeg, Das äußere Wort, 26–27.<br />

Zum Begriff ›<strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong>‹ s. Kap. 1.2.


14 1Einleitung<br />

Geist anruft, Gott lobt und Jesu Geburt, Leben, Todund Auferstehung feiert. Ins<br />

Leben der Gläubigen hinein, in dieWelt hinein wird Gott in Jesus <strong>Christus</strong> durch<br />

den Heiligen Geist erfahrbar.<br />

Da diese Arbeit imRahmen <strong>des</strong> Graduiertenkollegs 1718 »Präsenz und<br />

implizites Wissen« an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg<br />

entstanden ist, sind kulturwissenschaftliche Überlegungen als Chance und<br />

Möglichkeit erkannt worden, diese Fragestellung zu behandeln. Geht man<br />

nämlich zugleich davon aus, dass Liturgie Glauben prägt und vice versa, muss<br />

gefragt werden, wie diese Prägung veränderbar ist.<br />

Gerade die performative Sprechakttheorie hilft hier zu verstehen, was geschieht,<br />

wenn Liturgie, als schriftlich tradierter, ritualisierter, formalisierterund<br />

zumeist verbindlich vorgegebener und gewohnter Text zur ›Aufführung‹ kommt.<br />

Das gesprochene Wort der Liturgie als Grundlage und Möglichkeit für das performative<br />

Gottesdienstereignis als gesprochenes Wort und performative Sprechakte<br />

verhilftzueiner Sicht auf oratio undcredo,die die Interaktion von Doxologie<br />

und Theologie herausstellt. Eingebunden in eine perspektivistische Sicht wird<br />

dabei die Sprache nicht ontologisch, sondern als kreatürliches Medium der Geschöpfe<br />

betrachtet. Sprechen kann sowohl doxologisch als auch theologisch im<br />

Sinne von anbetend und reflektierend genutzt werden und muss daher auch<br />

immer hinsichtlich <strong>des</strong> Kontextes und der Perspektive, die die Sprechenden<br />

innehaben betrachtet werden.<br />

Die Suche nach gelingender, antijudaismusfreier Rede vom ›<strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong>‹<br />

wird also nicht auf rein textlicher Ebene angesehen, sondern im Kontext der<br />

Gottesdienstfeier. Diese Art der Aufführung wird in ihrer Bedeutung für die<br />

Gläubigenals Ort der Prägunganerkannt. Diese Prägung geschieht einmal durch<br />

den Besuch <strong>des</strong> Gottesdienstes und kann als Aufführung performativitätstheoretisch<br />

beschrieben werden. Die Arbeiten Erika Fischer-Lichtes stellen hier den<br />

kulturwissenschaftlichen Zugang dar, den diese Arbeit wählt. 4 Dabei wird die<br />

Interdependenz von emergierendem Wissen und eingebrachter Erinnerung in<br />

den Fokusgerückt,dahier der Ort ist, an dem sich dann auch spezifisches Wissen<br />

zu <strong>Israel</strong> prägt.<br />

Erika Fischer-Lichte stellt vier Aspekte von Performativität vor, die in dieser<br />

Arbeit fruchtbar gemacht werden sollen hinsichtlich der Frage nach der<br />

Gegenwart Gottes im Gottesdienst. ›Präsenz‹, ›Emergenz‹, ›Liminalität‹ und<br />

›transformatorische Kraft‹ –diesen vier Aspekten wird mithilfe von Ritual- und<br />

Gedächtnistheorien hinsichtlich <strong>des</strong> Gottesdienstes und seiner prägenden Kraft<br />

durch den Heiligen Geist nachgegangen. Es zeigt sich dabei, dass gerade die<br />

Frage nach dem Erinnern als Teil von Anamnesis, Mimesis und Epiklesis (Olaf<br />

4<br />

Erika Fischer-Lichte (*1943), deutsche Theaterwissenschaftlerin und Performativitätstheoretikerin.<br />

Vgl. Fischer-Lichte, Performativität und Ereignis und dies., Performativität.<br />

Eine Einführung.


1Einleitung 15<br />

Richter) hier wichtige Erkenntnisse bietet. Dieser Aspekt der Performativitätstheorie<br />

wird daher erinnerungs- und sprechakttheoretisch genauer untersucht.<br />

Dietrich Ritschl 5 und Paul van Buren 6 sind bei der theologischen Reflexion<br />

<strong>des</strong> impliziten <strong>Israel</strong>wissens in Gottesdienst und Theologie ständige Referenzpunkte.<br />

Ihre theologischen Arbeiten zu einer gelingenden, antijudaismusfreien<br />

heilvollen Rede vom ›<strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong>‹ werden in dieser Arbeit als Reflexionshilfe<br />

genutzt, um aktuelle theologische und gottesdienstliche Rede vom Volk<br />

<strong>Israel</strong> dogmatisch zu betrachten.<br />

Analytische Sprachphilosophie und philosophischer Perspektivismus – bei<br />

der Entwicklung ihrer israeltheologisch zentrierten Überlegungen waren diese<br />

Theorien für die Theologen Dietrich Ritschl und Paul van Buren Grundlage und<br />

Inspirationsquelle. Mithilfe dieser Ansätze konnten sie eine der Gegenwart angemessene<br />

Theologie formulieren und einen Wegfinden, die Frage nach <strong>Israel</strong><br />

fernab alter Substitutionsmodelle neu zu denken und <strong>Israel</strong> als Ziel und Ausgangspunkt<br />

ihres Denkens zu beschreiben. Dabei eint sie außerdem die intensive<br />

Beschäftigung mit Patristik und der Orthodoxie, was gerade bei Paul van Buren<br />

auch zu einer ausdrücklichen Rückkehr zur Theologie und Abkehr von rein<br />

sprachphilosophischen Überlegungen führte. 7<br />

Was liegt Glaubensaussagen zugrunde, was daran gehört zu konfessionsspezifischer<br />

Ausformung, was resultiert aus persönlicher Glaubenserfahrung,<br />

und wie kann man sich darüber verständigen? Regulative Sätze und implizite<br />

Axiome, Stories und Metaphern – diese Begriffe legt Dietrich Ritschl in seiner<br />

5<br />

6<br />

7<br />

Dietrich Ritschl (1929–2018), ein schweizerischer evangelisch-reformierter Theologe,<br />

hatte die Frage nach Verständigung und Ökumene vor Augen bei seiner Suche nach dem,<br />

was theologische Sätze ausmacht, vgl. z. B. Ritschl, Bildersprache und Argumente;<br />

Ritschl/Jones, »Story« als Rohmaterial.<br />

Paul van Buren (1924–1998), US-amerikanischer Theologe der Episcopal Church in the<br />

USA, veröffentlichte bereits 1987 seine dreibändige Christologie »A Theology of the<br />

Jewish-Christian Reality« mit <strong>Israel</strong>, dem Volk Gottes, als Ausgangspunkt und Ziel der<br />

christlichen Fragestellung, vgl. dazu Meyer, Christologie im Schatten, 16: Sie verweist<br />

auf van Burens Engagement in der »Christian Scholars Group«, die sie als das »führende[<br />

]Forum christlich-jüdischer Reflexion in den USA« beschreibt. Außerdem lehrte<br />

van Buren in Jerusalem am Shalom-Hartman-Institut. Anders als deutsche Theologen<br />

stand er so in Austausch und Kontakt mit jüdischen Theologen seiner Zeit.<br />

Paul van Buren lehnt die Ausweitung der Säkularität auf den Bereich der Weltanschauungen<br />

als unverantwortlich ab und begründet dies damit, »daß die Bedeutung <strong>des</strong><br />

menschlichen Lebens das Höchste ist, und daß sein Wert letztgültig ist. Vielleicht kommt<br />

diesem Anspruch die Tatsache am nächsten, daß Bedeutung und Wert <strong>des</strong> menschlichen<br />

Lebens in einer Realität verankert sind, die bezeichnenderweise durch den Glauben an<br />

Säkularität ausgeschlossen ist – nämlich in Gott.« Van Buren, Theologie <strong>des</strong> christlichjüdischen<br />

Diskurses, 104. Vgl. auch ders., Edges of Language; ders., Theological Explorations.


16 1Einleitung<br />

systematischen Darstellung »Zur Logik der Theologie« vor, immer darauf hinweisend,<br />

dass es sich beim Denken solcher Fragen nicht um endgültige Schlüsse<br />

handeln kann, sondern um Zwischenergebnisse und nichtabgeschlossene Gedankenstränge<br />

im Spannungsfeld von Erinnerung und Hoffnung. 8<br />

Dietrich Ritschls analytische Methode, die von der Gegenwart ausgehend<br />

Fragen stellt, beweist sich hier als Ausgangspunkt und wichtige Ergänzung zur<br />

hermeneutischen Methode, die Neues in Vorhandenes einzubetten versucht:<br />

»Die Kirche, die sich nur dem ›bleibend Wichtigen‹ widmet, verliert die Gegenwart<br />

und den Mitmenschen; wer sich nur dem ›jetzt Dringlichen‹ zuwendet, verliert die<br />

Frage nach Gott und nach der Legitimität seines Tuns.« 9<br />

Dietrich Ritschl und Paul van Buren, die als Theologen selbst sprachphilosophische<br />

Ansätze verwendet haben und zugleich <strong>Israel</strong>theologie als Grundpfeiler<br />

ihrer Arbeit verstanden haben, bestimmen <strong>Israel</strong> als Kontext der Kirche und<br />

Jesus <strong>Christus</strong> als Perspektive der Kirche. Aufbauend auf deren Überlegungen<br />

soll die Frage nach dem <strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong> <strong>angesichts</strong> <strong>des</strong> <strong>Volkes</strong> <strong>Israel</strong> hinsichtlich<br />

der Interdependenz von Liturgie und Christologie bearbeitet werden.<br />

1.1 Heuristischer Zugang: vis orandi –lex credendi –<br />

ars performandi<br />

Die dichotomische Sicht auf lex orandi – lex credendi wird aufgebrochen durch<br />

die interdependente zirkuläre Gottesdienstbeschreibung ›vis orandi – lex credendi<br />

– ars performandi‹ und kann als Weiterformulierung unter performativitätstheoretischen<br />

Gesichtspunkten der Liturgie-Definition von Geoffrey Wainwright<br />

gesehen werden:<br />

»Diese Anerkennung einer anfänglichen formativen Kraft<strong>des</strong> Gottesdienstes auf den<br />

christlichen Glauben sowie diese Zuerkennung einer beständigen Beweiskraft der<br />

Liturgie der Kirche im Blick auf ihre Lehre sind aber nur eine Seite der Sache. Die<br />

andere hängt an der Tatsache, dass der Gottesdienst auch das Produkt <strong>des</strong> Glaubens<br />

ist, sodass sich (sic!) von einem frühen Stadium an Glaubensüberzeugungen die<br />

kultische Praxis mit prägen und früher oder später die Hüter der Lehre der Kirche die<br />

Liturgie der Kirche regeln müssen.« 10<br />

8<br />

9<br />

10<br />

So lautet auch der Titel von Dietrich Ritschls erinnerungstheoretischer und israeltheologischer<br />

Monografie »Memory and Hope«.<br />

Ritschl, Logik, 121.<br />

Wainwright, Grundlagen, 89.


1.1 Heuristischer Zugang: vis orandi –lex credendi –ars performandi 17<br />

Die Kraft <strong>des</strong> Gebets und die Kunst der Performativität nehmen also intensiv<br />

Einfluss auf die impliziten und expliziten Regeln und Inhalte <strong>des</strong> Glaubens.<br />

Die Betrachtung von Liturgie mithilfe theaterwissenschaftlicher, speziell<br />

performativitätstheoretischer Theorien findet seit Langem intensive Beachtung<br />

in der Praktischen Theologie. 11 Klaus Raschzok verweist auf zwei neuere Monografien<br />

von David Plüss und Ursula Roth, die mithilfe performativitätstheoretischer<br />

Thesen Liturgie betrachten. 12 Die vorliegende Arbeit versucht den Fokus<br />

auf die systematisch-theologische Bewertung zu richten, indem sie das, was<br />

sich performativ ereignet, hinsichtlich der Frage nach der Feier <strong>des</strong> <strong>Christus</strong><br />

<strong>praesens</strong> <strong>angesichts</strong> <strong>des</strong> <strong>Volkes</strong> <strong>Israel</strong> untersucht. Somit wird mithilfe performativitätstheoretischer<br />

Überlegungen zur Liturgie, die darin vorfindliche<br />

gottesdienstliche <strong>Israel</strong>theologie christologisch reflektiert. 13<br />

Die vorliegende Arbeit fußt auf der Überzeugung, dass sich liturgische<br />

Sprache als kreatürliche Antwort auf Gottes Anrede zwischen Doxologie und<br />

Theologie bewegt. Gerade in der Spannung dieser beiden Sprechformen zeigen<br />

sich die Bedingungen und Möglichkeiten für gelingende liturgische und theologische<br />

Rede, die sich im Gottesdienst prägt, aber auch bisher Geglaubtesdurch<br />

neue Erinnerungen, Einsichten oder Konflikte verändern kann. 14<br />

Weiterhin ist es ein Kurzschluss, gottesdienstliche Aussagen als dogmatische<br />

Setzungen zu behandeln. Es ist daher wichtig, neben dem Inhalt auch die<br />

Sprachform, den Kontext und den Vertrauensrahmen der Gottesdienstteilnehmenden<br />

im Zusammenhang zu betrachten. Eine rein explizite sprachanalytische<br />

Betrachtungsweise ohne Blick auf den performativen Rahmen und die ausgelöste<br />

Rezeption durch erinnern<strong>des</strong> wiederholtes gemeinschaftliches Hören im gottesdienstlichen<br />

Kontext kann nicht zu einer angemessenen Einschätzung der<br />

Aussagen gelangen. Der dieser Arbeit zugrundeliegende heuristische Zugang<br />

basiert folglich darauf, dass lex credendi und lex orandi einem kreativenProzess<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Einen aktuellen Überblick geben Mildenberger/Raschzok/Ratzmann, Gottesdienst<br />

und Dramaturgie.<br />

Vgl. Raschzok, Gottesdienst und Dramaturgie, 44 f. Vgl. Plüss, Gottesdienst als Textinszenierung;<br />

vgl. Roth, Theatralität <strong>des</strong> Gottesdienstes.<br />

Es zeigt sich einmal dabei die Nähe zu dem Vorschlag Alexander Deegs einer Fundamentalliturgik,<br />

vgl. Deeg, Das äußere Wort, 27. Systematisch-theologisch inspiriert ist<br />

diese Arbeit auch von dem kleinen Buch von Michael Welker,Abendmahl, das nach dem<br />

gottesdienstlichen Geschehen aus praktischer und theologischer Sicht fragt und die<br />

Nähe zu performativitätstheoretischen Fragestellungen durch seine Beschreibung der<br />

sinnlichen, körperlichen Involviertheit nahelegt.<br />

Vgl. dazu Ritschl, Logik, Kap. E4 Verifikation durch Wiedererkennen; G3 Die Umkehrung<br />

der Frage nach der Relevanz <strong>des</strong> Evangeliums; EDoxologie als Tradition und<br />

vorweggenommene Verifikation.


2 Methodologische Grundlegung zu<br />

Gottes Gegenwart im Gottesdienst<br />

Im Folgenden sollen die methodologischen Grundlagen dieser Arbeit (Kap. 2.1)<br />

und deren Bedeutung für ein Verständnis von Gottesdienst als Ereignis vorgestellt<br />

werden (Kap. 2.2). Dabei werden kulturwissenschaftliche Einsichten zur<br />

Performativität mit sprachanalytischen, erinnerungstheoretischen Überlegungen<br />

ins Gespräch gebracht und theologisch reflektiert.<br />

2.1 Analytisch-hermeneutische Grundlagen<br />

Seit Luthers Gottesdienstreformen besteht nach Rainer Volp der Auftrag an die<br />

aktuelle Liturgie darin, »den Gehalt christlichen Glaubens situationsgerecht<br />

gegen unterschiedliche Mißbräuche zu verteidigen und ihn in den kulturellen<br />

Herausforderungen der Zeit schöpferisch zu entfalten«. 38 Die Einsicht in den<br />

Zusammenhang von gesprochenem Wort, rituellerHandlung und dem jeweiligen<br />

Kontext ist also keine neue Erkenntnis, bekommt mithilfe der kulturwissenschaftlich<br />

und sprachwissenschaftlich vertieften Theorien aber Unterstützung.<br />

Gerade auch die Absicht Luthers, »nicht die Metaphysik <strong>des</strong> Redeaktes,<br />

sondern die Fähigkeit, in hoher theologischer Verantwortung das Ganze als einen<br />

universellen Verweisungszusammenhang zu bedenken«, 39 ist bis heute der<br />

Schlüssel, auch Überholtes zu ersetzen und schöpferisch Neues zu entfalten. 40<br />

Mit Blick auf dieDarstellung der AnalytischenMethode und deren induktiver<br />

Fragerichtung (Kap. 2.1.1) soll im Folgenden dargestellt werden, dass das, was<br />

die Gottesdienstbesucher*innen erfahren, nicht subjektive Rezeptionspluralität<br />

ist, sondern persönliche und personale multiperspektivische Gotteserfahrung<br />

38<br />

39<br />

40<br />

Volp, Liturgik II, 747.<br />

Volp, Liturgik II, 747.<br />

Vgl. Volp, Liturgik II, 747. Zum performativen Gottesdienst, besonders Abendmahlsverständnis<br />

als »Theater <strong>des</strong> Heils« und »Tropus-Performativitäts-Modell« vgl. Soosten,<br />

Präsenz und Repräsentation, 99–122, die Zitate finden sich auf 102 und 104.


28 2Methodologische Grundlegung zu Gottes Gegenwart im Gottesdienst<br />

(Kap. 2.1.2) mit dem einen Gott <strong>Israel</strong>s höchstpersönlich. 41 Hier bietet der performativitätstheoretische<br />

Zugang die Chance, Gottesdienstals Ereignis näher zu<br />

bestimmen und dies mit der Rede vom <strong>Christus</strong> <strong>praesens</strong> zu korrelieren. Damitist<br />

die Grundlage für die Verzahnung von kulturwissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

und theologischen Überlegungen zur Gegenwart Gottes gelegt (Kap. 2.2).<br />

2.1.1 Sprachphilosophisch-analytische ?berlegungen<br />

Die Analytische Sprachphilosophie bietet einen nichtmetaphysischen, heuristischen<br />

Zugang zu den vorfindlichen Dingen wie Sprechen und Handeln der Gegenwart<br />

und verhilft zueinem »lebendigen Gottesbegriff«. 42 Das analytische<br />

Konzept verfährt DietrichRitschl zufolge induktiv, um »dieGegenwart mit ihren<br />

Rätseln, Nöten und Angeboten […] gegenüber den alten Texten unserer Story<br />

relevant, durchsichtig und nutzbar« 43 zu machen. 44 Die Frage nach Zeit, Gegenwart<br />

und dem dadurch geprägten Blick auf die Vergangenheit wird im Perspektivismus<br />

geschärft. Gleichzeitig wird durch die Analytische Sprachphilosophie<br />

dieFragenach der Perspektive aufgeworfen und zugleich infrage gestellt.<br />

Die Analytische Sprachphilosophie kann hier als wichtige kontrapunktische<br />

Erweiterung zur hermeneutischen Methode verstanden werden, ohne Letztere<br />

gänzlich abzulehnen. 45<br />

Wichtig ist die analytisch-sprachphilosophische Grunderkenntnis, dass das<br />

Sprechen seine Funktion im Gebrauch erhält und nicht Abbild einer idealen<br />

Sprache ist. Dabei wird nicht nur positivistisch das Gesagte nach Fakten abgeklopft,<br />

sondern das Sprechen selbst als Fakt bewertet, das sich in vielfältiger<br />

Form als Sprechakte zeigt. Die ›ordinary language philosophy‹ sieht daher auch<br />

in religiösen Aussagen sinnvolle Äußerungen und bietet soeine Möglichkeit,<br />

41<br />

42<br />

43<br />

44<br />

45<br />

Die Vielfalt der Begriffe (persönlich, personal, höchstpersönlich) soll verdeutlichen, dass<br />

es sich bei der Gottesbegegnung um ein relationales Erleben handelt. Der Personbegriff<br />

wird durch die Varianz bewusst unscharf gehalten, da die altgriechisch-philosophische<br />

Rede von den Personen der Trinität an dieser Stelle nicht gemeint ist, vgl. zum Begriff der<br />

relationalen Ontologie z.B. Sattler,Eucharistische Realpräsenz: »Es gibt nichts an sich.<br />

Es ist alles, was ist, immer in einem Bezugszusammenhang, der konstitutiv für das eigene<br />

Sein ist«, 456.<br />

Ritschl, Logik, 134.<br />

Ritschl, Logik, 135.<br />

Hermeneutischen Konzepten wirft Ritschl vor, mit einem neuplatonischen, zeitlosen<br />

Gottesbegriff zu arbeiten, vgl. Ritschl, Memory and Hope, 34–47.<br />

Vgl. dazu Just, Religiöse Sprache, 153–161, besonders 160: »Wofür ich hier plädieren<br />

möchte, ist eine sinnvolle Kombination von hermeneutischen und sprachanalytischen<br />

Methoden bei der Suche nach dem Sinn sprachlicher Äußerungen«.


2.1 Analytisch-hermeneutische Grundlagen 29<br />

diese Aussagen nach Sprechakten auf ihre verweisende und wirklichkeitserstellende<br />

Wirkung hin zu betrachten. 46<br />

Karl Otto Apel plädiert nun für eine Vermittlung der beiden Herangehensweisen.<br />

Die Analytische Methode kann zwar den Moment analysieren, hat aber<br />

das Defizit, dass sie »das eigentlich Geschichtliche <strong>des</strong> Verstehens, die Vermittlung<br />

zwischen den zerfallenden und entstehenden Sprachspielen (das normale<br />

Phänomender Traditionsvermittlung) und wiederum die Vermittlung über<br />

die Zeiten hinweg, die Wiederbelebung und Aneignungder Vergangenheit in die<br />

gegenwärtige Lebensform hinein, […] nicht eigentlich fassen« kann. 47 Apel plädiert<br />

dafür, die hermeneutische Methode 48 für die geschichtliche Vermittlung<br />

zwischen Sprachspielen zu nutzen. Damit wären dann auch gemeinsameund die<br />

Zeiten überdauernde Sprachspiele inklusive ihrer Veränderung oder leichten<br />

Verschiebung von Bedeutungsnuancen im Blick und damit der Blick auf Geschichte<br />

und das kollektive Gedächtnis der Gläubigen bewahrt und zugänglich.<br />

Dietrich Ritschls Begriff einer »Hermeneutik <strong>des</strong> Vertrauens« 49 zeigt nochmals,<br />

dass es nicht um eine Abgrenzung zur hermeneutischen Frage geht, aber<br />

der Blick auf die Gegenwart und die Relevanz <strong>des</strong> Evangeliums, also die<br />

christliche Botschaft insgesamt von der Gegenwart der Gläubigen aus gestellt<br />

werden muss:<br />

»Die Entdeckung <strong>des</strong> Evangeliums geschieht im Vorgang der Analyse der gegenwärtigen<br />

Situation, einer Gegenwartsfrage oder -lage, die ihrerseits auf ihre ›Relevanz‹<br />

zu dem im Gottesdienst gefeierten und erinnerten Gott befragt wird.« 50<br />

Ritschl betont, dass es gerade in der Zusammenschau und nicht imStreit und<br />

Abgrenzung zu hilfreichen, sogar therapeutischen Effekten in und für die<br />

Theologie kommen kann. 51<br />

46<br />

47<br />

48<br />

49<br />

50<br />

51<br />

Vgl. Just, Religiöse Sprache, Kap. »Die Philosophie der normalen Sprache: Religiöse<br />

Aussagen und Funktionsanalyse«, 87–134. Dazu auch Krämer, Sprache, Sprechakt,<br />

Kommunikation, 109–260.<br />

Apel, Wittgenstein, 87.<br />

Apel verweist hier besonders auf die Arbeiten Wilhelm Diltheys. Zu Dilthey s. z.B.<br />

Kozljani ,Lebensphilosophie, 119–134.<br />

Ritschl/Hailer, Grundkurs christliche Theologie, 55: Dort verweist er auf seinen Aufsatz<br />

»Theorie und Konkretionen in der Ökumenischen Theologie. Kann es eine Hermeneutik<br />

<strong>des</strong> Vertrauens inmitten differierender semiotischer Systeme geben?«,<br />

Münster 2003, [2005.<br />

Ritschl, Logik, 134 f.<br />

Ritschl, Logik, 340.


30 2Methodologische Grundlegung zu Gottes Gegenwart im Gottesdienst<br />

»Das Licht der Hoffnung und die Wegleitung für die Zukunft, schon gespiegelt in den<br />

alten Texten, kommt von ›vorne‹ aus der Richtung <strong>des</strong> Gegenentwurfs, der Kritik, die<br />

in den biblischen ›Gerichtsbildern‹ aufleuchtet, aber vor allem aus dem Entwurf einer<br />

von Liebe, Gewaltlosigkeit und Friede geregelten Welt.« 52<br />

2.1.2 Perspektivismus und christliche Perspektive<br />

Eine perspektivistische Theologie nimmt nach Paul van Buren in der Partikularität<br />

ihren Ausgangspunkt:<br />

»Jedoch ist der Tod, der mit Sicherheit unser Ende bestimmt, der Ausgangspunkt<br />

unseres Nachdenkens über den Weg, auf dem wir uns befinden, denn er führt uns vor<br />

Augen, wer und wo wir sind: Geschöpfe, nicht der Schöpfer; mit unseren Füßen im<br />

Staub, nicht in den Wolken.« 53<br />

Sybille Krämer bezeichnet diese Sicht als ein ›nichtintellektualistisches Weltbild‹,<br />

das keine ideale Sprache zum Ausgangspunkt der Überlegungen heranzieht,<br />

sondern sich mit dem vorfindlichen Sprechen beschäftigt, sowie es sich zeigt<br />

ohne Ableitung von einer idealen eigentlichen Größe darüber oder dahinter:<br />

»Der ›intellektualistische Fehlschluß‹ besteht also nicht darin, einen Begriff oder ein<br />

Modell von Sprache zu bilden, dieses ›noumenale Gebilde‹ dann mit einem Realitätsindex<br />

zu versehen und schließlich das je<strong>des</strong>malige Sprechen für die Wirklichkeit<br />

der reinen Sprache selbst zu halten. Es wird nicht einfach Modell und Wirklichkeit<br />

verwechselt, vielmehr wird die Wirklichkeit verwandelt in eine Repräsentation <strong>des</strong><br />

Modells, was stets zuungunsten der Wirklichkeit ausfallen wird. Der Fehlschluß<br />

besteht also darin, daß die Wirklichkeit <strong>des</strong> Sprechens so angesehen wird, als ob sie<br />

Repräsentation, genauer: eine Instantiierung der Sprache sei.« 54<br />

Der nichtintellektualisierten Weltsicht, der der Perspektivismus zuzuordnenist,<br />

rechnet Krämer Theoretiker zu wie Ludwig Wittgenstein, Niklas Luhmann, John<br />

L. Austin, JaquesDerrida, Judith Butler, Jaques Lacan und weitere. Diese werden<br />

von Krämer als Vertreter einer »flachen Ontologie« 55 bezeichnet, die nicht zwischen<br />

»raum-zeitlich situiertem Vollzug und einer hinter diesem Vollzug lokalisierbaren<br />

Ebene einer zeitlosen, idealen Struktur […]unterscheiden«. 56 Sprache<br />

52<br />

53<br />

54<br />

55<br />

56<br />

Ritschl/Hailer, Grundkurs christliche Theologie, 391.<br />

Van Buren, Theologie <strong>des</strong> christlich-jüdischen Diskurses, 11.<br />

Krämer, Sprache, Sprechakt, Kommunikation, 105.<br />

Krämer, Sprache, Sprechakt, Kommunikation, 272.<br />

Krämer, Sprache, Sprechakt, Kommunikation, 269.


2.1 Analytisch-hermeneutische Grundlagen 31<br />

kann hier also nur als Sprechen und demnach als konkrete Praxis untersucht<br />

werden.<br />

Das durch eine Praxis vermittelte, oder wie es die Performanz-Theoretiker<br />

sagen würden ›verkörperte Sprechen‹ gewinnt neben der ›verschriftlichten<br />

Sprache‹ an Bedeutung: »Denn es gibt Sprache immer nur als eine in den<br />

stimmlichen, gestischen, schriftlichen oder technischen Medien verkörperte<br />

Sprache.« 57 An dieser Stelle ist zu betonen, dass durch diese neue Sicht auf<br />

Sprache und Sprechen nicht je<strong>des</strong> verschriftlichte Wort oder jeder Text insgesamt<br />

fortan ignoriert wird. Ihre Alleinstellung wird jedoch bestritten unddas lebendige<br />

Sprechen in seinem Eigenwert betont. 58 Wie bei der Analytischen Methode, die<br />

als notwendige Ergänzung zur hermeneutischen Sicht betrachtet wird, geht es<br />

auch hier um eine notwendige Ergänzung der Sicht auf Sprache und Sprechen<br />

»als die Unterscheidung zwischen historisch und systematisch spezifizierbaren<br />

Sprachgebräuchen«. 59<br />

Der Perspektivismus 60 rechnet mit der Begrenztheitder eigenen Perspektive,<br />

die sich an Gegebenheiten orientiert und von diesen abhängig ist:<br />

»Gibt man einmal zu, daß metaphysisches Wissen kulturkreishaftseinsverbundenes<br />

Wissen ist, so kann man nur ein dynamisches System in dieser Denksphäre voraussetzen<br />

und nicht ein einmaliges System der überschwebenden Wahrheiten annehmen«.<br />

61<br />

57<br />

58<br />

59<br />

60<br />

61<br />

Krämer, Sprache, Sprechakt, Kommunikation, 273.<br />

Grundsätzliche Einsichten zum Verhältnis von Oralität und Literalität bietet Walter Ong,<br />

Oralität und Literalität. Auch wenn sowohl die jüdische als auch christliche Kultur seit<br />

Anbeginn über Schrift verfügte, steht der Gottesdienst oralen Kulturen dahingehend<br />

nahe, dass er sich mnemotechnischer, rhythmisierender und sprachlicher Stilmittel wie<br />

Reim und Wiederholung bedient, um die gemeinsame Wortfeier letztlich ohne Notwendigkeit<br />

von Text zumin<strong>des</strong>t in den Ordinariumsteilen der Liturgie feiern zu können,<br />

vgl. 37–80, Kap. III Die Psychodynamik der Oralität. Ong erklärt im Kapitel »Oralität,<br />

Gemeinschaftund das Heilige«, dass die »verinnerlichende Kraft<strong>des</strong> oralen Wortes […]in<br />

besonderer Weise mit dem Sakralen, mit den tiefsten Bezügen der Existenz zusammen«<br />

hängt, 78. In Bezug auf den christlichen Gottesdienst verweist er darauf, dass eine<br />

»textuell unterstützte religiöse Tradition die Vorherrschaft<strong>des</strong> Oralen in vieler Hinsicht<br />

sogar besiegeln« kann, 78. Trinitarisch ausgeführt, stellt Ong fest: »In der Theologie der<br />

Dreifaltigkeit ist die zweite Person der Gottheit das Wort, und das menschliche Analogon<br />

für dieses Wort ist nicht das geschriebene, sondern das gesprochene Wort. Gott ›spricht‹<br />

seinen Sohn: Er schreibt ihn nicht.« Ebd., 78. Vgl. dazu auch Kap. 2.2.3.<br />

Krämer, Sprache, Sprechakt, Kommunikation, 272.<br />

Vgl. König, Perspektive, Perspektivismus, perspektivisch.<br />

König, Perspektive, Perspektivismus, perspektivisch, Sp. 368, zit. aus »Die Landschaft<br />

als Landschaft«, v. K. Mannheim, in: Wissenssoziologie (1964, hg. K. H. Wolff), vgl.<br />

Sp. 374.


HAUPTTEIL I–<br />

Bestandsaufnahme<br />

und Analyse


3 Evangelische Kirche und <strong>Israel</strong> –<br />

Nach-Shoa-Theologie und<br />

Kirchenverfassungen<br />

Die Frage dieser Arbeit, wie ein neues <strong>Israel</strong>verhältnis durch den Gottesdienst<br />

geprägt werden kann, fußt auf der heuristischenAnnahme, dass Liturgie Glauben<br />

prägt und vice versa. Die Neubestimmung der Beziehung von Kirche und <strong>Israel</strong><br />

stellt dabei zugleich Eingabe und Produkt <strong>des</strong> Gottesdienstes dar und dient der<br />

christologischen Reflexion (vgl. Kap. 5). Es soll nun gezeigt werden, dass systematische<br />

Erkenntnisse durch liturgische Prozesse angeregt werden können,<br />

gleichzeitig selbst auch liturgische Vollzüge und Texte beeinflussen. Eine nichtantijudaistische<br />

Rezeption basiert auf einem nicht-antijudaistischen Vertrauensrahmen<br />

– wozu sowohl dogmatische Klärungen als auch bedachte liturgische<br />

Intertextualisierung prägend beitragen.<br />

Dievorliegende Arbeit nimmtnun in Kapitel3.1 und3.2 diekirchenöffentliche<br />

undsystematische Rede von<strong>Israel</strong>unter denjeweils eigenenBedingungen in den<br />

Blick. Nach einemforschungsgeschichtlichenund hermeneutisch-systematischen<br />

Überblick zur <strong>Israel</strong>theologie inKapitel 3.1 wird inKapitel 3.2 gezeigt, inwieweit<br />

dieser israeltheologische Anspruch Eingang inlan<strong>des</strong>kirchliche Verfassungstexte<br />

undPräambeln derevangelischen KircheninDeutschland gefunden hat. Wiesich<br />

dieser Anspruch in derakademischenTheologie niedergeschlagen hat, wird dann<br />

im Kapitel 3.3 untersucht. Eszeigt sich eine Diskrepanz zwischen Dogmatiken,<br />

die den wissenschaftlichen Standard abbilden, einer spezifischen <strong>Israel</strong>theologie<br />

unddem kirchenoffiziellenStreben nach einemisraelanerkennenden christlichen<br />

Bekenntnis.<br />

3.1 Grundlagen einer christlichen Theologie nach<br />

Auschwitz<br />

Im Folgendenwird zuerst nach den Grundlagen einer christlichenTheologie nach<br />

Auschwitz gefragt (3.1.1). Es wird die Entwicklung der Theologie nach 1945<br />

hinsichtlich ihrer (Neu⌃)Verhältnisbestimmung von Kirche und <strong>Israel</strong> nachgezeichnetmit<br />

besonderem Fokus auf der Bun<strong>des</strong>theologie Karl Barths(3.1.2). Dazu


62 3Evangelische Kirche und <strong>Israel</strong><br />

war und ist es nötig, hermeneutische und systematische Modelle <strong>des</strong> Kirche-<br />

<strong>Israel</strong>-Verhältnisses zu entwickeln, die <strong>Israel</strong> nicht antijudaistisch als abgelöst<br />

oder vergangen beschreiben, sondern als unbestritten in seiner Existenz und<br />

gewürdigt in seiner theologischen Notwendigkeit ansich und für die Kirche<br />

bestätigen (Kap. 3.1.3 und 3.1.4).<br />

3.1.1 Entwicklung einer <strong>Israel</strong>theologie nach 1945<br />

Der Begriff <strong>Israel</strong>theologie umfasst die theologische Beschäftigung mit <strong>Israel</strong><br />

als systematisch-theologischer Größe und wird hier bevorzugt als Begriff gewählt,<br />

da eine ergebnisoffene Haltung beschrieben wird, die in jedem Fall <strong>Israel</strong> eine<br />

theologische Qualitätzuschreibt. Siefußt auf der bald nach der Shoa einsetzenden<br />

jüdischen ›Holocaust Theology‹, die dann von christlichen Theolog*innen aufgenommenwurde.<br />

189 Diese frühe Holocaust Theology ringt mit der Unfassbarkeit<br />

<strong>des</strong> Schreckens der Shoa 190 und führt zur kritischen Auseinandersetzung mit<br />

dem christlichen Antisemitismus. Die grundsätzliche Neubestimmung <strong>des</strong> Verhältnisses<br />

der römisch-katholischen Kirche imDokument »Nostra Aetate« 1965<br />

bildet einen Wendepunkt und die Grundlage für eine konstruktive Auseinandersetzung<br />

auf katholischerSeite in den Folgejahren. Christliche Theolog*innen,<br />

die <strong>angesichts</strong> <strong>des</strong> Judentums nun versuchen, alle dogmatischen Bereiche einer<br />

189<br />

190<br />

Vgl. Haynes, Prospects for post-Holocaust Theology, 5: Haynes nennt z. B. Richard Rubenstein,<br />

Eliezer Berkovits, Michael Wyschgorod, Irving Greenberg und Emil Fackenheim<br />

und als christliche Denker: Rosemary Ruether, Gregory Baum, A. Roy und Alice<br />

Eckadt, Franklin Littell.<br />

Dem Begriff der ›Shoa‹ wird in dieser Arbeit der Vorzug gegeben, dazu s. Jan Heiner Tück,<br />

Gottes Augapfel, 30–36. Auf S. 34 f. erläutert er, dass das Wort ›Churban‹ auf jüdischorthodoxer<br />

Seite zur Beschreibung von großen Katastrophen wie der Tempelzerstörung,<br />

die als Bestrafung schuldhaften Verhaltens angesehen wurde, genutzt wurde. Der Begriff<br />

›Holocaust‹, ursprünglich von Eli Wiesel eingeführt, verbreitete sich durch den gleichnamigen<br />

Film. Das griechische Wort ›Holocaust‹ bedeutet wie das hebräische ›Churban‹<br />

auf Deutsch ›Feueropfer‹ und entstammt ursprünglich antijüdischer Polemik, die die<br />

Sinnlosigkeit von Feueropfern herausstellen wollte. Mittlerweile wird auch von ›Holocaust‹<br />

in anderen Zusammenhängen gesprochen, wie z. B. hinsichtlich <strong>des</strong> Genozids an<br />

den Armeniern oder auch vom ›ökologischen Holocaust‹.Der Begriff ›Shoa‹ oder ›Shoah‹<br />

oder ›Schoa(h)‹ hingegen ist ein theologisch und geschichtlich ungeprägter Begriff aus<br />

Jes 10,3: »Was wollt ihr tun, wenn die Strafe naht, wenn das Unwetter (shoah) von fern<br />

heraufzieht?« Jom HaShoah ist der Gedenktag jüdischer Opfer <strong>des</strong> Nationalsozialismus.<br />

Gegenüber dem zum pars pro toto gewordenen Unheilswort ›Auschwitz‹,das als Ort für<br />

die Vernichtung insgesamt steht, eignet sich der Begriff ›Shoa‹ dafür, die gesamte jüdische<br />

Leidensgeschichte in den Blick zu nehmen.


3.1 Grundlagen einer christlichen Theologie nach Auschwitz 63<br />

Reformulierung <strong>angesichts</strong> <strong>des</strong> Judentums zu unterziehen, nennt Stephen Haynes<br />

»›post-Holocaust‹ theologians«. 191<br />

Die Auseinandersetzung mit der Shoa hat auf die christliche Theologie und<br />

ihre Selbstsicht unterschiedliche Wirkung und brachte und bringt verschiedene<br />

Haltungen hervor. Im Folgenden soll die Entwicklung der <strong>Israel</strong>theologie seit<br />

der Shoa vorgestellt werden, genauso wie ihre theologischen Grundlagen und<br />

Vertreter. Der Begriff <strong>Israel</strong>theologie stellt nun die Auseinandersetzung mit<br />

dem Judentum, dem lebendigen Volk Gottes in unserer Zeit als Grundlage der<br />

christlichenTheologie in den Mittelpunkt. Die Beschäftigung mit dem Holocaust<br />

wird als Auslöser gesehen, ist aber nicht immer einziger oder sogar gar nicht<br />

Gegenstand der Beschäftigung. 192 Der Begriff <strong>Israel</strong>theologie ermöglicht außerdem,<br />

neben der notwendigen Frage, wie die Shoa christlich-theologisch zu verorten<br />

ist, immer wieder neu nach den dogmatischen Konsequenzen einer erneuerten<br />

undveränderten Verhältnisbestimmung der Kirche zu <strong>Israel</strong> zu fragen,<br />

die auf einer Anerkennung der Bun<strong>des</strong>treue <strong>des</strong> Gottes <strong>Israel</strong>s zu seinem erwählten<br />

Volk basiert. 193<br />

Die theologische Bearbeitung der christlich-jüdischen Verhältnisbestimmung<br />

ist folglich eine Entwicklungsgeschichte 194 und wirkt, sowohl kirchenpolitisch<br />

als auch theologisch betrachtet, von außen nach innen. Die erste Theolog*innengeneration<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg hat den Schock über Kriegsverbrechen<br />

undHolocaust in Schulderklärungenund kirchlichenVerlautbarungen nach außen<br />

hinverarbeitet:zunennensindhierdie StuttgarterSchulderklärung von 1945,das<br />

DarmstädterWort von1947und dieErklärungvon Weißensee1950. DasEntsetzen<br />

über das Leid und die Erkenntnis der eigenen Schuld führte zu dem Bedürfnis,<br />

theologisch anders über <strong>Israel</strong> nachzudenken als zuvor.<br />

Die zweite Nachkriegs-Theolog*innen-Generation war dann auf der Suche<br />

nach einer theologischen Basis für erste interreligiöse Gespräche. So gründete<br />

sich 1975 die »Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen« <strong>des</strong> Deutschen Evangelischen<br />

Kirchentags (DEKT), und die Evangelische Kirche in Deutschland gab<br />

191<br />

192<br />

193<br />

194<br />

Haynes, Prospects for post-Holocaust Theology, 8. Als Beispiel nennt er Jürgen Moltmann<br />

und Paul van Buren.<br />

Vgl. Petersen, Theologie nach Auschwitz, 62–82: Birte Petersen zeigt verschiedene<br />

Ansätze <strong>des</strong> Nachdenkens über die Shoa von Kreuzestheologie bis Christologie.<br />

Die Unvergänglichkeit <strong>des</strong> <strong>Israel</strong>bun<strong>des</strong> liegt der <strong>Israel</strong>theologie Karl Barths zugrunde,<br />

vgl. Barth,KDIV/1, 34, §57, 2. Der Bund als Voraussetzung der Versöhnung, 22–70; vgl.<br />

dazu z. B. Klappert, Miterben der Verheißung, 154–156.<br />

Petersen, Theologie nach Auschwitz, unterteilt in drei Phasen: 1. Nachkriegszeit: moralische<br />

Betroffenheit; 2. 60er Jahre: Neuansätze durch beginnenden Dialog mit Judentum;<br />

3. Seit Beginn der 80er Jahre: konfessorische Phase, vgl. 34–37.


64 3Evangelische Kirche und <strong>Israel</strong><br />

Studien zum Thema »Christen und Juden« 195 in Auftrag. Die Begegnung von<br />

Christen und Juden förderte die Annäherung der beiden Religionen und Verständigung<br />

v.a. im Bereich der Ethik, Schöpfungslehre und Eschatologie.<br />

Am Dialog interessierte Theologen entwickelten seit den 1970er Jahren<br />

Grundlagenentwürfe einer erneuerten Theologie, die das Judentum im Blick<br />

haben. Friedrich-Wilhelm Marquardt, Peter von der Osten-Sacken und Bertold<br />

Klappert sind hier mit ihren Arbeiten als bedeutende Vertreter zu nennen.<br />

Als wichtiger kirchlicher Entwicklungsschritt gilt die Rheinische Synodalerklärung<br />

von 1980, in der festgestellt wird, dass das Volk <strong>Israel</strong> bleibend erwählt<br />

ist und heilsgeschichtliche Bedeutung hat. Hier wurde eine theologische<br />

Grundlage gelegt, neu über das Verhältnis von Kircheund <strong>Israel</strong> nachzudenken,<br />

und das mit einer Grundsätzlichkeit, die alle theologischen Bereiche betraf.<br />

Die dritte Nachkriegs-Generation ist nun in der Lage, fundamental-theologische,<br />

hermeneutische und religionsphilosophische Fragestellungen zu bearbeiten.<br />

Die persönliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem<br />

Holocaust und Begegnungen mit Shoa-Überlebenden haben aus der Schuldfrage<br />

die Verantwortungsfrage werden lassen. 196<br />

Ein wichtiges Dokument <strong>des</strong> jüdisch-christlichen Gesprächs ist das Thesenpapier<br />

»Dabru Emet« (Redet Wahrheit), das jüdische Theologen im September<br />

2000 in der New York Times veröffentlichten. 197 2015 äußerten sich orthodoxe<br />

Rabbiner inzwei weiteren Dokumenten zum Dialog mit Christen: »Den Willen<br />

unseres Vaters im Himmel tun« und »Zwischen Rom und Jerusalem«. 198<br />

Dabei sind zwei Wahrnehmungen herauszustellen: Zum einen soll dieses<br />

›Generationen‹-Modell nicht soverstanden werden, als würden sich die Generationen<br />

ablösen, vielmehr ist es ein Nebeneinander von Phasen der Auseinandersetzung,<br />

199 die jede Generation durchlaufen muss und es zeigt sich an der<br />

Geklärtheit der Positionen, inwieweit das erfolgt ist. 200 Zum Zweiten zeigt sich,<br />

195<br />

196<br />

197<br />

198<br />

199<br />

200<br />

Vgl. EKD, Christen und Juden I; dass., Christen und Juden II; dass., Christen und Juden<br />

III.<br />

Dazu Kodalle,Hier wird nicht genötigt, 347: »Gleichwohl müsse aus dem Wissen heraus,<br />

was zwischen 1933 und 1945 passiert sei, eine Verantwortung für jeden erwachsen –<br />

egal ob er Muslim, Katholik, Protestant, Jude oder völlig ungläubig sei.«<br />

Der Text »Dabru emet« vom 31.03.2015 sowie Reaktionen sind gesammelt von Kampling/Weinrich,<br />

Dabru emet – redet Wahrheit.<br />

Die Texte sind zu finden auf der Homepage von www.jcr-relations.net (letzter Zugriff:<br />

29. 06.2020).<br />

Ebenfalls von Generationen spricht Barbara Meyer, Christologie im Schatten, vgl. 13–<br />

16, hingegen Gregory Baum,Einleitung, spricht von Stadien, vgl. 13, und Birte Petersen,<br />

Theologie nach Auschwitz, von Phasen, vgl. 34–37.<br />

Tatsächlich hat sich noch im Jahr 2015 die Evangelische Kirche in Deutschland im<br />

Rahmen der Lutherdekade zu Wort gemeldet mit der Zusicherung, dass Judenfeindschaft


3.1 Grundlagen einer christlichen Theologie nach Auschwitz 65<br />

dass die Frage nach <strong>Israel</strong> ein konfessionsübergreifen<strong>des</strong> Thema ist. Dietrich<br />

Ritschl stellt sogar fest, »daß das eigentlich ökumenische Problem und die<br />

wirkliche Aufgabe in der nicht verwirklichten Einheit von <strong>Israel</strong> und der Kirche<br />

besteht«, 201 und sieht darin Karl Barth folgend die grundlegende ökumenische<br />

Frage <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts. 202<br />

3.1.2 Bun<strong>des</strong>- und <strong>Israel</strong>theologie bei und nach Karl Barth<br />

In der reformierten Bun<strong>des</strong>- und Föderaltheologie fand Karl Barth Anknüpfungspunkte,<br />

das Verhältnis von Kirche und <strong>Israel</strong> neu zu denken. ImFolgenden<br />

sollen grundlegende Annahmen Barths kurz vorgestellt werden und diese<br />

Grundlinien seiner <strong>Israel</strong>theologie und die Fortführung seiner Gedanken in<br />

ausgewählten israeltheologischen Schriften bis heute dargestellt werden. 203<br />

Mit Bertold Klappert können zwei zentrale Thesen bei Barth ausgemacht<br />

werden: »Es geht hier um die These Barths vom Bund als Voraussetzung der<br />

Versöhnung in <strong>Christus</strong> (KD IV/1 §57) und also seine These von <strong>Israel</strong> und der<br />

Kirche als den beiden Gestalten der einen Gemeinde Gottes (KD II/2 §34).« 204 Dass<br />

es sich nicht um eineHineinnahme unddamit letztlich Vermischung von Kirche<br />

und <strong>Israel</strong> handelt, wird deutlich gemacht, indem »die Menschen aus den Völkern<br />

in den durch die Versöhnung im Kreuz Christi geöffneten Bund Gottes mit<br />

<strong>Israel</strong> hineingenommen« 205 werden, nicht aber zum Volk <strong>Israel</strong> werden. Barths<br />

Verständnis von Bund ist demnach der universal erweiterte <strong>Israel</strong>bund, 206 der bei<br />

Noah begann und sich im Abendmahl als neuem Zeichen der Gemeinschaft mit<br />

<strong>Israel</strong> und der Taufe als Eintritt in den Bund Gottes mit <strong>Israel</strong> zeigt. 207<br />

Die Bun<strong>des</strong>treue Gottes zum Volk <strong>Israel</strong>bleibttrotzder »Krise<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>« 208<br />

davon unberührt und wird nach Barth in Jesus <strong>Christus</strong> noch bekräftigt, »indem<br />

er den in Jesus <strong>Christus</strong> erfüllten (nicht vollendeten!) Bund noch einmal als<br />

201<br />

202<br />

203<br />

204<br />

205<br />

206<br />

207<br />

208<br />

in der evangelischen Kirche und Lehre keinen Platz hat, s. VELKD/EKD, Martin Luther<br />

und die Juden – Notwendige Erinnerung zum Reformationsjubiläum.<br />

Ritschl, Logik, 151.<br />

Vgl. Ritschl, Logik, 73, und s. dazu Pangritz, Die ökumenische Frage, 27f.<br />

Klappert, Miterben der Verheißung, 390.<br />

Klappert, Miterben der Verheißung, 398.<br />

Klappert, Miterben der Verheißung, 406.<br />

Klappert verweist darauf, dass die Rheinische Erklärung 1980 zum Verhältnis von<br />

Kirche und <strong>Israel</strong> diese »Formel von der Hineinnahme der Kirche in den ungekündigten<br />

Bund Gottes mit <strong>Israel</strong> (Rheinischer Synodalbeschluß 4,4)« aufgenommen hat, s. Klappert,<br />

Miterben der Verheißung, 402.<br />

Vgl. Klappert, Miterben der Verheißung, 403.<br />

Klappert, Miterben der Verheißung, 398.


4 Evangelischer Gottesdienst und<br />

<strong>Israel</strong><br />

Vorallem das Engagement im und die Erkenntnisse aus dem christlich-jüdischen<br />

Dialog haben die Forderung laut werden lassen, den christlichen Gottesdienst<br />

hinsichtlich seiner jüdischen Wurzeln und Verbundenheit mit <strong>Israel</strong>, dem Volk<br />

Gottes, kritisch zu überprüfen und liturgisch neue Wege zu gehen.<br />

Diese Forderung zielt einmal auf vertiefte israeltheologische Überlegungen<br />

ab. Zugleich wird aber auch die Prägkraft der Liturgie betont, um so einer<br />

»problematischen Vorherrschaft der Predigt […] entgegenzusteuern«. 324 Die<br />

These, dass jede Predigtbemühung scheitert, wenn nicht darauf geachtet wird,<br />

welches kollektive Wissen und welche Impulse die Liturgie transportiert, versteht<br />

Liturgie als »vielgestaltiges Wortgeschehen« 325 und nicht nur als den<br />

Kontext der Predigt, sondern als den Kontext <strong>des</strong> Gottesdienstgeschehens insgesamt.<br />

Mit Peter Cornehl ist es daher sinnvoll, die »Zusammenführung von<br />

homiletischen und liturgischen Überlegungen als die wesentliche Aufgabe für die<br />

Liturgik der Gegenwart« 326 anzusehen. Zugespitzt kann gesagt werden, dass alles<br />

israelsensible Predigen nichts hilft, wenn die Liturgie ihre wirkmächtige Prägkraft<br />

unreflektiert dagegen ausspielt.<br />

Kapitel 4.1 betrachtet den neu formulierten Anspruch eines israelbewussten<br />

Gottesdienstes und gleicht diesen ab mit den angebotenen Materialien <strong>des</strong><br />

Evangelischen Gottesdienstbuches. Außerdem zeigt der Blick auf den homiletischen<br />

Umgang mit <strong>Israel</strong> und die liturgietheoretische und -praktische Auseinandersetzung<br />

mit <strong>Israel</strong> als Gottesdienstgröße, wo aktuelle Entwürfe stehen.<br />

In Kapitel 4.2 wird anhand <strong>des</strong> <strong>Israel</strong>sonntages und Beispielen christlicher<br />

Gottesdienstfeiern in <strong>Israel</strong> gezeigt, welche hermeneutischen Modelle gewählt<br />

werden und welche theologischenImplikationen dabei zum Vorschein kommen.<br />

324<br />

325<br />

326<br />

Deeg, Das äußere Wort, 505.<br />

Deeg, Das äußere Wort, 505.<br />

Deeg, Das äußere Wort, 505: Deeg zitiert hier Peter Cornehl, Der Evangelische Gottesdienst,<br />

12 f.


98 4Evangelischer Gottesdienst und <strong>Israel</strong><br />

Nachdem wohl jeder Sonntag ›<strong>Israel</strong>sonntag‹ sein sollte, nimmt man die<br />

theologische Relevanz und liturgische Präsenz <strong>Israel</strong>s ernst, wird in Kapitel 4.3<br />

der Blick auf die möglichen Formen der liturgischen Stücke auf dem Wegzum<br />

Abendmahl vorgestellt.<br />

Neben Zusammenfassung und Ausblick für die Weiterarbeit findet sich in<br />

Kapitel 4.4 eine Zusammenstellung von Abendmahlsliteratur, die sich nicht mit<br />

<strong>Israel</strong> über <strong>des</strong>sen historische Existenz hinaus beschäftigt, was als Desiderat<br />

ausgemacht wird, da auch Alternativen vorgestellt werden.<br />

4.1 Gottesdienst in <strong>Israel</strong>s Gegenwart –<br />

liturgietheoretische Betrachtungen<br />

Der Gottesdienst wurde als von liturgischen Formen wirklichkeitskonstituieren<strong>des</strong><br />

Geschehen erfasst und damit als Ort der Glaubensprägung und -veränderung<br />

festgestellt (vgl. Kap. 2). Dies bedeutet für die Frage nach dem<br />

christlichen Gottesdienst <strong>angesichts</strong> <strong>Israel</strong>s wiederum, dass eine nicht auf antisemitische<br />

Klischees überprüfte Liturgie zu einem unauthentischen, nichtüberzeugenden<br />

und eine irritierende Bedeutung generierenden Gottesdienstereignis<br />

beitragen kann, obwohl in Predigt oder Gebeten nicht-antijudaistische Inhalte<br />

vorgetragen werden. Dabei ist nicht das Problem, dass Liturgie theologisch ›auf<br />

Linie‹ gebracht werden soll – als emergentes selbstreferentielles, zweckfreies<br />

Unterfangen, kann und darf Gottesdienstkeine pädagogischeFunktion erfüllen.<br />

Vielmehrgeht es darum, dass solchesgottesdienstlicheSprechen, die vis orandi<br />

und das lex credendi durch die ars performandi in Widerspruch setzt, seine<br />

Relevanz verliert.<br />

Die Folgende Untersuchung aktueller homiletischer und vor allem aber liturgietheoretischer<br />

und -praktischer Literatur geht der Frage nach, wound wie<br />

im Gottesdienst <strong>Israel</strong> vorkommt. Dabei zeigt sich eine Diskrepanz zwischen<br />

kirchenoffiziellem Anspruch und liturgiepraktischer Wirklichkeit. Zugleich wird<br />

aber auch deutlich, dass israeltheologische Aspekte in Liturgie und Predigt nicht<br />

nur ›nachträglich‹ und neu, sondern auch inhärent in tradierten Formen vorhanden<br />

sind. Gerade Letzteres stärkt die liturgieimmanente Begründung, dass<br />

<strong>Israel</strong> der Raum gegebenwerden muss, den es als Volk Gottes immer schon hat.


4.1 Gottesdienst in <strong>Israel</strong>s Gegenwart 99<br />

4.1.1 Das <strong>Israel</strong>kriterium <strong>des</strong> Evangelischen Gottesdienstbuches<br />

Bei der Erarbeitung <strong>des</strong> Evangelischen Gottesdienstbuches sind israeltheologische<br />

Überlegungen eingeflossen. 327 So heißt es in der Einführung, in »Teil II.<br />

Maßgebliche Kriterien« unter Punkt 7:<br />

»Die Christenheit ist bleibend mit <strong>Israel</strong> als dem erstberufenen Gottesvolk verbunden.<br />

Der christliche Gottesdienst hat in den Anfängen vieles aus den Traditionen der jüdischen<br />

Hausgottesdienste und der Synagoge geschöpft. Er ist zugleich und im<br />

weiteren Verlauf der Geschichte von anderen Kulturen beeinflusst worden. Durch die<br />

Klarheit ihres <strong>Christus</strong>bekenntnisses, daneben aber auch durch ihre Bindung an das<br />

Alte Testament und ihre Verwurzelung im jüdischen Gottesdienst wird die christliche<br />

Kirche davor bewahrt, sich an heidnische Kulte und Aberglauben zu verlieren. Die<br />

deutschen Kirchen stehen nach den Jahren <strong>des</strong> Holocaust in einer besonderen Schuld<br />

gegenüber den Juden. Ihnen ist ein neuer Anfang zum Dialog geschenkt worden. Das<br />

inzwischen langjährige Gespräch zwischen Juden und Christen hat zu einer intensiven<br />

Arbeit geführt, die die ursprüngliche Verbundenheit neu zum Ausdruck bringt.<br />

Es zeigt auch Folgen für die Gottesdienste der christlichen Kirchen. Der Gottesdienst<br />

ist ein wichtiger Ort, an dem der Berufung <strong>Israel</strong>s gedacht und die bleibende Verbundenheit<br />

mit <strong>Israel</strong> zur Sprache gebracht werden soll. Das Gottesdienstbuch gibt<br />

dafür Anregungen und Vorschläge.« 328<br />

Die ›ursprüngliche Verbundenheit‹ von Juden undChristen soll sich laut diesem<br />

Gottesdienstkriterium imGottesdienst widerspiegeln. Begründet wird das zum<br />

einen mit den gottesdienstlichen Wurzeln in jüdischen und synagogalen Traditionen,<br />

die auch als Hilfe bei der Abgrenzung gegenüber ›heidnischen Kulten<br />

und Aberglaube‹ gesehen werden. Zum Zweiten tritt neben diese historische<br />

Begründung das moralische Argument der ›Schuld gegenüber den Juden‹. Drittens<br />

habe der Dialog dazu geführt, dass auch die theologische Verbundenheit zu<br />

<strong>Israel</strong> wieder ›neu zum Ausdruck‹ gekommen sei.<br />

327<br />

328<br />

Mildenberger, Der <strong>Israel</strong>sonntag – Gedenktag, beschreibt auf S. 20f. wie die Forderungen<br />

der am christlich-jüdischen Dialog Beteiligten die Formulierung <strong>des</strong> 7. Gottesdienstkriteriums<br />

im Evangelischen Gottesdienstbuch mitveranlasst haben. Besonderen<br />

Einfluss hatte dabei die Stellungnahme der KLAK (Konferenz Lan<strong>des</strong>kirchlicher Arbeitskreise<br />

Christen und Juden) zum Entwurf der Erneuerten Agende, s. Buschbeck u. a.,<br />

Lobe mit Abrahams Samen. Über die Entwicklung <strong>des</strong> Evangelischen Gottesdienstbuches<br />

und die Berücksichtigung israeltheologischer Aspekte s. Evangelischer Arbeitskreis<br />

Kirche und <strong>Israel</strong> in Hessen und Nassau, Streit um das Gottesdienstbuch, und<br />

s. Schwier, Erneuerung der Agende, 313–335.<br />

Vgl. VELKD/EKU, Evangelisches Gottesdienstbuch, 16.


100 4Evangelischer Gottesdienst und <strong>Israel</strong><br />

Das Gottesdienstkriterium positioniert sich somit in zwei Richtungen: Einmal<br />

wird die theologische Absage an antijudaistische Modelle, die im Gottesdienst<br />

keinen Platz mehr haben sollen, erteilt. Zum Zweiten wird davon auch<br />

die Liturgietheologie und Liturgietheorie beeinflusst, indem das ganze Gottesdienstgeschehen<br />

als der ›Ort, an dem der Berufung <strong>Israel</strong>s gedacht und die<br />

bleibende Verbundenheit mit <strong>Israel</strong> zur Sprache gebracht werden soll‹, beschrieben<br />

wird.<br />

Untersucht man das Evangelische Gottesdienstbuch hinsichtlich der Umsetzung<br />

dieses siebten Kriteriums, zeigt sich, dass in den ausgeformten Liturgien<br />

I 329 und II, 330 die das Evangelische Gottesdienstbuch im Ordinariumsteil<br />

anführen, kein <strong>Israel</strong>bezug enthaltenist. Bis auf den aaronitischen Segen und ein<br />

alttestamentliches Zitat (Ez 36,27) im Schuldbekenntnis von Liturgie Ifindet sich<br />

in der vorgeschlagenen Standardform <strong>des</strong> evangelischen Ordinariums kein <strong>Israel</strong>bezug.<br />

Außerdem ist bei den beiden Stellen unsicher, ob der <strong>Israel</strong>bezug<br />

überhaupt dem Gottesdienstbesucher ersichtlich ist, da weder ›<strong>Israel</strong>‹ noch ›Judentum‹<br />

hier als Begriffe vorkommen. Es muss außerdem festgehalten werden,<br />

dass das Beten oder Sprechen alttestamentlicher Verse kein Zeichen eines expliziten<br />

erneuerten <strong>Israel</strong>bezugs ist, da das Alte Testament Teil <strong>des</strong> christlichen<br />

Kanons ist und als solcher Teil <strong>des</strong> christlichen Selbstverständnisses immer<br />

schon war und ist.<br />

Das Evangelische Gottesdienstbuch (»Erneuerte Agende«) weiß um den Zusammenhang<br />

von Theologie und Doxologie, genauso wie um die Notwendigkeit<br />

von Tradition und aktuellen Stücken. Interessant ist, dass neben das Leitkriterium<br />

7ein weiteres neues Kriterium gesetzt wurde:<br />

6: »Liturgisches Handeln und Verhalten bezieht den ganzen Menschen ein; es äußert<br />

sich auch leibhaft und sinnlich.« 331<br />

Gerade in der Zusammenschau dieser beiden Kriterien zeigt sich, wie wichtig es<br />

ist, formale und inhaltliche Aspekte <strong>des</strong> Gottesdienstgeschehens miteinander ins<br />

Gespräch zu bringen und gegenseitig und füreinander zu befragen. Die vorliegende<br />

Arbeit fragt daher genau nach diesen drei Aspekten und ihrer konstruktiven<br />

und kritischen Interdependenz: Performativität, Liturgik und <strong>Israel</strong>theologie.<br />

Dahinter steht die Überzeugung, dass das, was im Gottesdienst geschieht,<br />

den hermeneutischen Rahmen davon bildet, was sich theologisch prägt, und dass<br />

zugleich theologische Axiome Einfluss haben auf die Erfahrung, die die Gläubigen<br />

im performativen Geschehen <strong>des</strong> Gottesdienstes machen.<br />

329<br />

330<br />

331<br />

Vgl. VELKD/EKU, Evangelisches Gottesdienstbuch, 61–85.<br />

Vgl. VELKD/EKU, Evangelisches Gottesdienstbuch, 133–148.<br />

VELKD/EKU, Evangelisches Gottesdienstbuch, 16.


4.1 Gottesdienst in <strong>Israel</strong>s Gegenwart 101<br />

4.1.2 »Predigen in <strong>Israel</strong>s Gegenwart« –homiletische Hinweise<br />

Da seit den 90er Jahren Praxisempfehlungen ausgegeben werden, wie <strong>Israel</strong><br />

vor allem in der Predigt, aber auch im Gottesdienst insgesamt vorkommen soll,<br />

empfiehlt sich der Blick auf diese Praxishilfen sowie die diese Praxis reflektierende<br />

theoretische Literatur.<br />

Im Bereich der homiletischen Praxis hat die nötige Auseinandersetzung mit<br />

dem Verhältnis von Kirche und <strong>Israel</strong>, mit der Bedeutung der bleibenden Erwählung<br />

<strong>Israel</strong>s und der Mitschuld der Kirche am Holocaust bereits in den 70er<br />

Jahren begonnen. Schon seit 1972 gibt Aktion Sühnezeichen Friedensdienste<br />

jährlich eine Predigthilfe für den <strong>Israel</strong>sonntag heraus, die EKD veröffentlichte<br />

1979 das »Arbeitsbuch Christen und Juden« und 1986, 1988 und 1990 erschienen<br />

drei Bände »Predigen in <strong>Israel</strong>s Gegenwart. Predigtmeditationen« der<br />

EKD-Studienkommission »Kirche und Judentum«. 332 Außerdem erscheinen seit<br />

1996 jährlich Arbeitshilfen zum 10. Sonntag nach Trinitatis, die vom Haus<br />

kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Kirche in Hannover herausgegeben<br />

werden. 333 Eine weitereForm der Predigthilfeliteratur, die sich dezidiert<br />

mit dem Blick auf das Judentum beim Predigen beschäftigt, sind dievon Studium<br />

in <strong>Israel</strong> e.V. herausgegebenen »Predigtmeditationen im christlich-jüdischen<br />

Kontext«, 334 angereichert und theologisch vertieft mit Aufsätzen sowohl christlicher<br />

als auch jüdischer Theolog*innen. 335<br />

Ein homiletisches Kriterium bietet erstmals die zweite EKD-Studie »Christen<br />

und Juden II« von 1991, die sich nicht nur als dokumentarische Erhebung <strong>des</strong><br />

Vorfindlichen versteht, sondern auch einen »Beitrag zur theologischen Neuorientierung<br />

im Verhältnis zum Judentum« 336 leisten möchte:<br />

»Was die christliche Predigt über Juden und ihren Glauben aussagt, sollte sachgerecht<br />

sein, so daß ein im Gottesdienst anwesender jüdischer Hörer sich darin wieder erkennen<br />

könnte. Dieses Kriterium gilt auch dann, wenn kein Jude gegenwärtig ist.« 337<br />

Diese Studie nimmt die Predigt als Ort der <strong>Israel</strong>beschäftigung in den Blick. Dies<br />

zeigt sich in der gesamten Anlage der Studie: Zu Beginn wird darauf hingewiesen,<br />

dass »christliche Schriftauslegung, kirchliche Lehrtradition und Geschichtsschreibung<br />

daraufhin zu prüfen [sind], ob sie antijüdischen Einstellun-<br />

332<br />

333<br />

334<br />

335<br />

336<br />

337<br />

Vgl. Volkmann, Vom Judensonntag zum <strong>Israel</strong>sonntag, 20–42.<br />

Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Lan<strong>des</strong>kirche Hannovers,<br />

Das höchste Gebot.<br />

Z. B. Studium in <strong>Israel</strong> e.V., Predigtmeditationen 2019. Zur Perikopenreihe II (2019).<br />

Z. B. Studium in <strong>Israel</strong> e.V., Plus-Punkte.<br />

EKD, Christen und Juden II, 7.<br />

EKD, Christen und Juden II, 58.


102 4Evangelischer Gottesdienst und <strong>Israel</strong><br />

gen Vorschub leisten oder sich gar als Waffe gegen das Judentum mißbrauchen<br />

lassen«. 338<br />

Die Beschäftigung mit <strong>Israel</strong> und das Engagement im jüdisch-christlichen<br />

Dialog hattenEinfluss auf die Entwicklung <strong>des</strong> neuen Perikopenbuchs 339 ,indem,<br />

nun vermehrt alttestamentliche Texte zur Predigt vorgegeben sind. 340 Eigene<br />

Proprien für den 27. Januar, den Gedenktag der Opfer <strong>des</strong> Nationalsozialismus,<br />

und für den 9. November als Gedenktag der Novemberpogrome wurden<br />

zusätzlich bereitgestellt. 341<br />

Für die Gestaltung <strong>des</strong> <strong>Israel</strong>sonntages am 10. Sonntag nach Trinitatis gibt<br />

das Perikopenbuch zwei Möglichkeiten 342 vor: Es kann die Freude über <strong>Israel</strong> an<br />

diesem Sonntag ihren Ausdruck finden und über das Verhältnis von Kircheund<br />

<strong>Israel</strong> nachgedacht werden, oder dieser Sonntag wird als Gedenktag der Zerstörung<br />

begangen mit Blick auf die Schuld der Kircheinder Shoa und der Trauer<br />

über das Leiden der Juden. 343 Die Besonderheit, dass es nun beim 10. Sonntag<br />

nach Trinitatis zwei Themenvorschläge mit dazu ausgearbeiteten Perikopen und<br />

liturgischen Textvorschlägen gibt, zeigt die Wichtigkeit dieses Sonntags hinsichtlichder<br />

Bestimmung <strong>des</strong> christlich-jüdischen Verhältnisses als gegenwärtig<br />

drängende Frage (vgl. Kap. 4.2.1 <strong>Israel</strong>sonntag). 344<br />

Im Bereich der homiletischen Theorie beschäftigt sich Christian Stäblein<br />

mit dem Predigen nach dem Holocaust und untersucht dafür Predigten von 1945<br />

bis heute. 345 Seine These lautet, dass Predigen nach dem Holocaust immer ein<br />

338<br />

339<br />

340<br />

341<br />

342<br />

343<br />

344<br />

345<br />

EKD, Christen und Juden II, 7.<br />

Das derzeit gültige Perikopenbuch wurde von der Liturgischen Konferenz mithilfe eines<br />

längeren Revisionsprozesses erarbeitet und schließlich 2018 zum Gebrauch in den<br />

Kirchen der EKD herausgegeben, s. EKD, Perikopenbuch.<br />

Von einer »annähernde[n] Verdoppelung <strong>des</strong> Anteils alttestamentlicher Texte in der<br />

Perikopenordnung« und der guten Resonanz aus den Gemeinden dazu berichtet Deeg in:<br />

Deeg/Schüle, Die neuen alttestamentlichen Perikopen, 36.<br />

Vgl. EKD, Perikopenbuch, 558–563 und 659–662.<br />

Vgl. EKD, Perikopenbuch, 395–408.<br />

S. dazu Volkmann, Vom Judensonntag zum <strong>Israel</strong>sonntag, 116. Bei Irene Mildenberger<br />

finden sich wichtige Hinweise zu ›Chancen‹ und ›Stolpersteinen‹ bei der inhaltlichen<br />

Gestaltung dieses Sonntags, vgl. Mildenberger, 10. Sonntag nach Trinitatis.<br />

Die Beschäftigung mit diesem Sonntag und seinen Texten nimmt zum Beispiel bei Deeg/<br />

Schüle, Die neuen alttestamentlichen Perikopen, viel Raum ein: Anstelle der üblichen<br />

sechs bis acht Seiten pro alttestamentlicher Perikope werden auf die Besprechung der<br />

Perikopen für den 10.S.n. Tr. fast dreißig Seiten verwendet, vgl. 350–379. Neben der<br />

Stellung dieses Kapitels genau in der Buchmitte stellt es auch hinsichtlich <strong>des</strong> Umfangs<br />

das zentrale Kapitel <strong>des</strong> Perikopenbuches dar.<br />

S. Stäblein, Predigen nach dem Holocaust. Wichtige homiletische Beiträge liefert auch<br />

Alexander Deeg, die aus dem jüdisch-christlichen Dialog und dem akademischen Austausch<br />

mit jüdischen Kollegen und deren Ansätzen entstehen. Z. B. Deeg, Predigt und


4.1 Gottesdienst in <strong>Israel</strong>s Gegenwart 103<br />

»Predigen aus dem Gedenken an den Holocaust« 346 sein muss. Der Maßstab<br />

dafür ist die »richtige Wahrnehmung <strong>des</strong> jüdischen Gegenübers«, 347 die er in<br />

Abgrenzung zuAntijudaismus und Philojudaismus beschreibt:<br />

»Nicht die Nennung von Unterschieden und Differenzen ist für die Beziehung und das<br />

Gegenüber problematisch, sondern eine damit verbundene Herabwürdigung und eine<br />

Instrumentalisierung <strong>des</strong> Gegenübers zur Selbstbestimmung. Nicht die Benennung<br />

und Betonung von Gemeinsamkeiten zwischen Christentum und Judentum ist für die<br />

Beziehung problematisch, sondern eine damit verbundene Idealisierung, die das<br />

Gegenüber zum Zwecke der eigenen Identitätsfindung instrumentalisiert und hierbei<br />

zum Verschwinden bringt.« 348<br />

Für die Predigt beschreibt Stäblein dafür vier Grenzen der angemessenen Rede:<br />

Predigt darf nicht Täter- und Opferperspektive vermischen oder gar die Seite<br />

der Opfer vereinnahmen, sie muss sich der Gefahren von Medialisierung und<br />

Instrumentalisierung bewusst sein, um Verdrängung und eigene Entlastung zu<br />

vermeiden. Zuletzt muss sich solche Predigt einer einfühlsamen undeben nichtstandardisierten<br />

Sprache bedienen, zu der an rechterStelle auch das Schweigen<br />

gehört. 349<br />

4.1.3 Niederschlag israeltheologischer Aspekte in liturgischer<br />

Literatur<br />

Die Beschäftigung mit dem Gottesdienst als Ganzem erfolgt dann in der dritten<br />

Studie der EKD »Christen und Juden III« aus dem Jahr 2000. Hier werden<br />

die jüdischen Wurzeln <strong>des</strong> christlichen Gottesdienstes besprochen, die Lieder<br />

<strong>des</strong> Evangelischen Gesangbuchs und das im Evangelischen Gottesdienstbuch<br />

neu dazugekommene Proprium ›Christen und Juden‹ in den Blick genommen.<br />

Außerdem erfährt der 10. Sonntagnach Trinitatis als <strong>Israel</strong>sonntag ausführliche<br />

Behandlung. Des Weiteren werden Praxisvorschläge aus dem Evangelischen<br />

Gottesdienstbuch,den Evangelischen Kirchenvon Kurhessen-Waldeckund Bayern<br />

346<br />

347<br />

348<br />

349<br />

Derascha. Andere aktuelle und sehr interessante Homiletiken lassen die Beschäftigung<br />

mit <strong>Israel</strong> außen vor, z. B. Stetter, Predigt als Praxis der Veränderung, der wichtige<br />

Anregungen zur Prägkraft von Sprache im Gottesdienst liefert, einen liturgischen <strong>Israel</strong>bezug<br />

aber nicht herstellt.<br />

Stäblein, Predigen nach dem Holocaust, 311.<br />

Stäblein, Predigen nach dem Holocaust, 311.<br />

Stäblein, Predigen nach dem Holocaust, 151 f.<br />

Vgl. Stäblein, Predigen nach dem Holocaust, 125–127.


<strong>Jennifer</strong> <strong>Ebert</strong>, Dr. theol., Jahrgang 1983, studierte Evangelische Theologie<br />

in Erlangen und Prag. Sie ist Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen<br />

Kirche in Bayern, Geschäftsführerin und theologische Referentin <strong>des</strong><br />

Evangelischen Bun<strong>des</strong> in Bayern e.V. sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

beim Projekt »Die Kirchen und das Judentum – Dokumente von<br />

2001 bis 2020« (EKD) am Institut für christlich-jüdische Studien und<br />

Beziehungen an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau.<br />

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der<br />

Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten<br />

sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.<br />

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und Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

Das Buch wurde auf alterungsbeständigem Papier gedruckt.<br />

Cover: Kai-Michael Gustmann, Leipzig<br />

Coverbild: Teilansichten <strong>des</strong> Turms der Evangelischen Zionskirche zu Berlin<br />

und der Neuen Synagoge (Oranienburger Straße) zu Berlin<br />

Satz: 3w+p, Rimpar<br />

Druck und Binden: BELTZ Grafische Betriebe, Bad Langensalza<br />

ISBN 978-3-374-07504-1 // eISBN (PDF) 978-3-374-07505-8<br />

www.eva-leipzig.de

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