17. März 2024
- Die Grazer Merkur Arena wird „Hooligan-sicher" - Runder Tisch zur Jugendkriminalität in Graz - Vandalismus und Rattenplage im Volksgarten - Runder Tisch zum Gesundheitssystem
- Die Grazer Merkur Arena wird „Hooligan-sicher"
- Runder Tisch zur Jugendkriminalität in Graz
- Vandalismus und Rattenplage im Volksgarten
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2 die seite zwei<br />
www.grazer.at <strong>17.</strong> MÄRZ <strong>2024</strong><br />
E D I T O R I A L<br />
von<br />
Tobit<br />
Schweighofer<br />
✏ tobit.schweighofer@grazer.at<br />
Wie man eine<br />
Idee im Keim<br />
erstickt<br />
W<br />
enn Politiker gewählt<br />
werden und dann<br />
keine guten Ideen<br />
haben, ist das schon ziemlich<br />
ärgerlich. Noch ärgerlicher ist<br />
es aber, wenn sie gute Ideen<br />
anderer gefährden, weil sie<br />
sie auf ihre eigenen Fahnen<br />
heften wollen. Bürgermeisterin<br />
Elke Kahr ist in dieser<br />
Woche genau dieses „Kunststück“<br />
gelungen. Bei unserem<br />
Runden Tisch zu Thema<br />
Jugendkriminalität (siehe<br />
Seiten 12/13), für den Kahr<br />
absagte, wurde von Jugendstadtrat<br />
Kurt Hohensinner die<br />
Idee eines Aktionsplans ins<br />
Spiel gebracht, der im Sinne<br />
der Sache überparteilich<br />
gegen Jugendkriminalität<br />
arbeiten sollte. Alle anwesenden<br />
Experten waren sich<br />
darin einig, dass es am<br />
klügsten wäre, die Bürgermeisterin<br />
zu bitten, dies zu<br />
koordinieren. Als diese davon<br />
Wind bekam, ließ sie umgehend<br />
eine Presseaussendung<br />
herausgeben, in der sie<br />
verkündete, alleine einen<br />
„Jugenddialog“ gegen die<br />
Kriminalität zu starten. Keine<br />
Rede vom Runden Tisch,<br />
keine Rede von den Experten,<br />
keine Rede vom Jugendstadtrat.<br />
Dieser reagierte aufgrund<br />
des Ideen- und Zuständigkeitsraubes<br />
verständlicherweise<br />
ziemlich verschnupft<br />
– wie sehr sich das auf die<br />
Zusammenarbeit auswirkt, ist<br />
offen. Der (wichtigen) Sache<br />
war diese Vorgehensweise<br />
aber auf keinen Fall dienlich.<br />
Tobit Schweighofer, Chefredakteur<br />
SONNTAGSFRÜHSTÜCK<br />
MIT ...<br />
Die liebsten<br />
Melange-<br />
Platzerln sind<br />
gefunden:<br />
Schauspielhaus-Intendantin<br />
Andrea<br />
Vilter hat sich<br />
in Graz schon<br />
gut eingelebt.<br />
<br />
ERWIN SCHERIAU<br />
... Intendantin Andrea Vilter<br />
Die aus Deutschland stammende Leiterin des Schauspielhauses spricht<br />
über das Grazer Publikum, entspannte Sonntage und schlaflose Nächte.<br />
Wie haben Sie sich in Graz eingelebt?<br />
Einerseits bin ich schon gut angekommen und<br />
fühle mich sehr vertraut mit der Stadt, andererseits<br />
gibt es momentan so viel Arbeit, dass ich gar<br />
nicht so sehr dazu komme, viel zu machen und<br />
andere Veranstaltungen zu besuchen.<br />
Wie gefällt es Ihnen?<br />
Graz ist eine wahnsinnig schöne Stadt mit fantastischem<br />
Wetter, viel kulturellem Leben, die Wege<br />
sind sehr kurz und die Menschen viel freundlicher,<br />
als ich das von Berlin gewohnt bin! Das Einzige,<br />
das ich an Graz nicht so mag, ist, dass es so<br />
weit weg ist von dem Ort, an dem meine Kinder<br />
sind – die sind nämlich in Berlin geblieben.<br />
Was hat sich mit Ihrer Intendanz am Grazer<br />
Schauspielhaus geändert?<br />
Das ist immer schwierig zu beantworten, man<br />
kommt ja nicht, um alles über den Haufen zu<br />
werfen. Ich habe viele neue Schauspielerinnen<br />
und Schauspieler mitgebracht, und wir haben<br />
eigene Schwerpunkte im Spielplan, wollen beispielsweise<br />
verlorene Stücke wiederentdecken.<br />
Wie geht’s Ihnen mit dem Grazer Publikum?<br />
Ich finde es ganz ehrlich fantastisch! So offen und<br />
interessiert, wir haben sofort einen Vertrauensvorschuss<br />
bekommen, es ist eine einzige Willkommensgeste.<br />
Jetzt ist es unsere Aufgabe, das,<br />
was wir angefangen haben, konsequent weiterzuverfolgen<br />
und nicht nachzulassen.<br />
Was hat Ihre Liebe zum Theater entfacht?<br />
Das kann ich gar nicht so genau sagen, das ist schon<br />
als Kind passiert. Ich wollte schon damals in Aufführungen,<br />
habe meinen Vater überredet, mit mir<br />
zu gehen, oder habe mich später alleine aufgemacht.<br />
Ich hatte auch schon als Schülerin ein Abo.<br />
Gab’s auch mal einen anderen Berufswunsch?<br />
Eher von außen, eine Lehrerin wollte mal, dass<br />
ich Medizin studiere. Und ich habe ja auch mit<br />
einem Literaturstudium angefangen – ich war<br />
schon immer eine leidenschaftliche Leserin.<br />
Was lesen Sie da?<br />
Jetzt natürlich sehr viel Fachliteratur und Recherche<br />
für den neuen Spielplan. Das letzte Buch, das<br />
ich privat mit großer Begeisterung gelesen habe,<br />
war „Vernon Subutex“ von Virginie Despentes.<br />
Wie verbringen Sie sonst Ihre Freizeit?<br />
Ganz ehrlich, momentan hab ich wenig, aber<br />
grundsätzlich setzen mein Mann und ich uns<br />
gerne aufs Radl, kehren vielleicht irgendwo zu<br />
Kaffee und Kuchen ein. Sonntags machen wir<br />
einen Spaziergang und erkunden die Umgebung.<br />
Gibt’s da auch ein ausführliches Frühstück?<br />
Ein entspanntes, meistens mit Müsli. Daneben<br />
arbeiten wir noch ein bisschen, dann nehmen<br />
wir uns den Nachmittag frei.<br />
Es heißt, Theatermenschen sind nachtaktiv<br />
und brauchen viel Kaffee ...<br />
Nachtaktiv bin ich tatsächlich auch, aber ich bin<br />
eher eine Genusskaffeetrinkerin – und da trinke<br />
ich am liebsten Melange und am Nachmittag<br />
auch nicht mehr. Da bin ich bürgerlicher geworden,<br />
als man sich das vielleicht vorstellt! (lacht)<br />
Was bereitet Ihnen schlaflose Nächte?<br />
Na ja, die allgemeine Weltlage und auch die politische<br />
Lage in Österreich und Deutschland und<br />
welche Kräfte sich da zeigen. Wir müssen unsere<br />
demokratischen Werte verteidigen. Ich glaube,<br />
dass wir da resilient sind, ist ein Irrglaube. Wenn<br />
wir zu weit nach rechts abrutschen, ist das für<br />
niemanden mehr gut. Ich hoffe, es gibt da genügend<br />
Widerstand – dafür müssen wir auch im<br />
Theater einstehen! <br />
VERENA LEITOLD<br />
Andrea Vilter wurde am 8. Februar 1966 in Köln geboren.<br />
Sie studierte Literatur- und Theaterwissenschaft<br />
in Mainz und Berlin und arbeitete währenddessen<br />
bereits an unterschiedlichen Theatern. Sie<br />
ist Professorin für Dramaturgie und Regie an der<br />
Kunsthochschule Berlin-Weißensee und seit dieser<br />
Saison Intendantin des Grazer Schauspielhauses.