April/Mai 2024 - coolibri
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28 | Kunst<br />
Kemnade International im Jahre 1993.<br />
Foto: Bestand Stadt Bochum, Presseamt, Fotograf: Beifuß<br />
AUSSTELLUNG FEIERT FESTIVAL<br />
Das Kunstmuseum Bochum will zu 50 JAHREN KEMNADE INTERNATIONAL<br />
die Verhältnisse zum Tanzen bringen. Max Florian Kühlem weiß, wie.<br />
WEine Museumsausstellung über<br />
ein Musikfestival? Was erst einmal<br />
merkwürdig klingt, ergibt<br />
total Sinn: Das Festival Kemnade<br />
International, das heute<br />
Ruhr International heißt und Ende <strong>Mai</strong> wieder<br />
an der Jahrhunderthalle Bochum stattfindet,<br />
nahm damals seinen Anfang am Kunstmuseum<br />
Bochum. Und eben dieses Haus beschäftigt sich<br />
ab dem 27.4. mit seiner Geschichte und großen<br />
Wirkung unter dem Titel „Die Verhältnisse zum<br />
Tanzen bringen – 50 Jahre Kemnade International.“<br />
Während der Planungsphase der Ausstellung rief<br />
das Team um die Kuratorin und stellvertretende<br />
Direktorin Eva Busch auch Bürger:innen auf, Material<br />
und Erinnerungen aus der Geschichte des<br />
Festivals einzusenden. Außerdem ging es aktiv<br />
auf Menschen zu, die eine wichtige Rolle gespielt<br />
haben – wie zum Beispiel den damaligen Museums-Kurator<br />
Michael Fehr, der die Idee zum Festival<br />
hatte. Er dockte damit an die Instrumentensammlung<br />
an, die bis heute im Bochumer Haus<br />
Kemnade ausgestellt ist, und fragte sich: Warum<br />
nicht eine Veranstaltung, die verschiedenen Musikkulturen<br />
und damit aus unserer Sicht außergewöhnlichen<br />
Instrumenten eine Bühne bietet?<br />
Kemnade International fand zum ersten Mal<br />
1974 statt.<br />
Kuratorin Eva Busch erinnert an die historischen<br />
Umstände: „1973 war Anwerbestopp und gleich-<br />
zeitig wurde klar, dass Menschen, die als sogenannte<br />
Gastarbeiter:innen gekommenen waren,<br />
bleiben würden. Es ergab sich gesellschaftlich eine<br />
Situation, wo migrantische Kulturproduktion<br />
stärker wurde. Es haben sich aber auch Rassismus<br />
und Ressentiments gebildet. Da bildete das<br />
Festival ein klares Statement und ein Einstehen<br />
für die Menschen, die hergerufen wurden.“<br />
Schnell setzte das Fest nicht nur auf Musik, sondern<br />
auch auf Kunst, Literatur und Tanz – und<br />
auf die Vernetzung und das Wissen Vieler.<br />
Visionär<br />
Aus heutiger Sicht war es visionär, weil es nicht<br />
in einem Prozess von einer deutschen Leitungsschicht<br />
von oben herab organisiert wurde, sondern<br />
damals schon auf die Mitarbeit von Migranten-Selbstorganisationen<br />
setzte. Es wurde zu einem<br />
herausragenden Beispiel der reichen, lange<br />
schon migrantisch geprägten Kultur der Region.<br />
Auch der Ausstellungsraum im Museum soll wie<br />
ein Festival werden, eine Plattform vielstimmiger<br />
Klänge und Erinnerungen.<br />
Mit bespielbaren Instrumenten, Installationen,<br />
Film- und Archivmaterialien lädt die Schau ein,<br />
zusammenzukommen und auch heute die Verhältnisse<br />
zum Tanzen zu bringen – zum Beispiel<br />
bei Partys auf der Dachterrasse. Aktuelle Künstler:innen<br />
haben sich für sie mit der Geschichte<br />
von Kemnade International beschäftigt: Donja<br />
Nasseri zum Beispiel hat 92 Kinderbilder gefunden,<br />
die in 1970er-Jahren beim Festival ausgestellt<br />
wurden. Türkische Kinder malten zum<br />
Thema „Ich spiele in Bochum“ und die Künstlerin<br />
errichtet daraus eine Installation, die fragt:<br />
Was heißt es, neu anzukommen, sich einzurichten,<br />
immer in Bewegung zu bleiben?<br />
Definitiv immer in Bewegung bleiben werden Besucher:innen,<br />
wenn am 25. und 26.5. im und um<br />
die Jahrhunderthalle Bochum die Jubiläumsausgabe<br />
des Festival stattfindet, das mittlerweile<br />
Ruhr International heißt. Die auftretenden Acts<br />
werden erst nach und nach bekannt gegeben,<br />
aber dass sie hochkarätig werden und Popmusik<br />
rund um den Globus feiern, ist jetzt schon klar.<br />
Auf jeden Fall dabei sind ADG7 (Ak Dan Gwang<br />
Chil), die für ihre koreanische Popmusik, die sie<br />
auf traditionellen Instrumenten spielen, bereits<br />
mehrfach preisgekrönt wurden.<br />
Dazu kommen wie immer Essens-, Info- und Verkaufsstände,<br />
die tolle Einblicke in andere Kulturen<br />
bieten – die alle irgendwie mit dem Ruhrgebiet<br />
verbunden sind und seine vielgestaltige<br />
Identität bilden.<br />
Die Verhältnisse zum Tanzen bringen – 50 Jahre<br />
Kemnade International:<br />
27.4.-8.9. Kunstmuseum Bochum; kunstmuseumbochum.de<br />
Ruhr International: 25.+26.5. Jahrhunderthalle<br />
Bochum; ruhr-international.de