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Bock E-Paper 2024 KW15

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2<br />

Hintergrund<br />

<strong>Bock</strong> | Dienstag, 9. April <strong>2024</strong><br />

«Jeder Einbruch ist einer zu viel»<br />

Am Mittwoch, 27. März, schlug eine Täterschaft die Scheibe der Spielgruppe Winkelried ein und hinterliess im Innenbereich eine Verwüstung.<br />

In den letzten Monaten ereignen sich immer wieder Einbrüche und Diebstähle. Auch aus der Bevölkerung werden zunehmend Stimmen laut,<br />

die Massnahmen fordern. Der «<strong>Bock</strong>» sprach mit der Spielgruppenleiterin Margreth Bollinger und Patrick Caprez, Mediensprecher der Polizei.<br />

EINBRUCH<br />

SCHAFFHAUSEN<br />

Mevina Portner<br />

Am Mittwoch, 3. April, begrüssen die Kinder<br />

der Spielgruppe Winkelried den «<strong>Bock</strong>»<br />

mit strahlenden Augen, denn er kam nicht<br />

mit leeren Händen. Jedes Kind erhielt einen<br />

eigenen Osterhasen. Grund dafür war die<br />

erschreckende Meldung, die den «<strong>Bock</strong>»<br />

am Donnerstag, 28. März, erreichte: In der<br />

Spielgruppe Winkelried wurde am Mittwochnachmittag<br />

vom 27. März zwischen<br />

12.15 Uhr und 18.15 Uhr eingebrochen<br />

und die Täterschaft verwüstete den ganzen<br />

Raum. Darunter auch die Osternester der<br />

Kinder. Als kleine Geste des Mitgefühls<br />

machte sich der «<strong>Bock</strong>» gleich auf den Weg,<br />

um die Geschenke zu überreichen und mit<br />

der Spielgruppenleiterin Margreth Bollinger<br />

über den Vorfall zu sprechen.<br />

Täter noch nicht gefasst<br />

«Am Mittwochabend erhielt ich einen Anruf<br />

von zwei Passantinnen», so die Spielgruppenleiterin<br />

Margreth Bollinger. «Sie<br />

berichteten mir, dass die Scheibe eingeschlagen<br />

und der Raum völlig verwüstet wurde.»<br />

Scherben lagen überall herum, die Täterschaft<br />

riss Spiele aus den Regalen, öffnete<br />

Schubladen und zerstörte Spielzeuge. Schon<br />

einige Tage davor bemerkte sie, dass draussen<br />

Zeichnungen der Kinder zerrissen wurden.<br />

Ausserdem lag am Mittwochmorgen ein<br />

Pflasterstein vor der Türe. «Schon dort übermannte<br />

mich ein mulmiges Gefühl», erzählt<br />

die Leiterin. «Trotzdem war ich sehr schockiert,<br />

als ich vom Einbruch erfuhr, denn die<br />

Spielgruppe liegt versteckt und wir hatten<br />

Das Erfolgsrezept<br />

heisst langeweile<br />

KOLUMNE – POLITIK<br />

SCHAFFHAUSEN<br />

Simon Stocker<br />

Im Ständerat gibt<br />

es oft knappe<br />

Mehrheiten und die<br />

Kunst besteht deshalb<br />

darin, andere<br />

für ein Anliegen zu<br />

gewinnen. In der<br />

letzten Session diskutierten wir zum<br />

Beispiel ein Impulsprogramm gegen<br />

Gewalt im Alter. Eine halbe Million<br />

Menschen im Alter von 60 Jahren und<br />

älter erfahren in irgendeiner Form physische<br />

oder psychische Gewalt. In einem<br />

Konzept wurden deshalb die notwendigen<br />

Massnahmen, die Finanzierung<br />

und die Aufgabenteilung definiert.<br />

Alles lag für die Umsetzung parat.<br />

Doch dann dies: Der Bundesrat war der<br />

Auffassung, dass dieses Thema in der<br />

alleinigen Zuständigkeit der Kantone<br />

liege. Er wollte deshalb das Konzept<br />

nicht umsetzen.<br />

In einem Vorstoss wurde der Bundesrat<br />

aufgefordert, in Zusammenarbeit<br />

mit den Kantonen das vorliegende<br />

Konzept umzusetzen und zu finanzieren.<br />

Der Nationalrat stimmte mit<br />

grosser Mehrheit zu. Ich versuchte<br />

mich im Ständerat für das Anliegen<br />

einzusetzen. Dafür waren viele Gespräche<br />

im Hintergrund und ein sachliches<br />

Statement im Rat notwendig.<br />

Der Ständerat stimmte schliesslich mit<br />

schon öfters mit Leuten zu kämpfen, die hier<br />

Unordnung hinterliessen.» Bis dahin sah<br />

Margreth Bollinger aber noch keinen Grund,<br />

um die Polizei einzuschalten. Hier wusste<br />

sie aber, dass es sich nicht um eine harmlose<br />

Verwüstung handelte, und informierte<br />

sofort die Polizei. Ob es sich bei der Täterschaft<br />

um Kinder oder Erwachsene handelt,<br />

ist zurzeit noch unklar. Vor Ort entdeckte<br />

die Polizei aber Spuren, die auf Schulkinder<br />

hindeuten, was bei Margreth Bollinger auf<br />

Unverständnis stösst: «Hier wurde klar eine<br />

Grenze überschritten und der Vorfall kann<br />

nicht mehr als harmloser Kinderstreich deklariert<br />

werden». Die Kriminalstatistik<br />

der Schaffhauser Polizei zeigt auf, dass im<br />

Jahr 2023 von 1815 straffälligen Personen<br />

118 minderjährig, sprich unter 18 Jahre alt<br />

sind. «Oft stammen junge Täter aus schwierigen<br />

Familienverhältnissen», meint Patrick<br />

Caprez, Mediensprecher der Schaffhauser<br />

Polizei. «Sie erlebten vielleicht Aggressivität<br />

oder hatten nie ein richtiges Zuhause.<br />

Das ist keine Entschuldigung für Kriminalität,<br />

kann aber ein Kind massiv prägen.»<br />

Trotzdem meint der Mediensprecher, dass<br />

momentan nicht auszuschliessen sei, dass<br />

der Einbruch in die Spielgruppe Winkelried<br />

auch durch Erwachsene verübt worden sein<br />

könnte: «Wir von der Polizei sprechen von<br />

‹der Täterschaft› und schliessen keine Möglichkeit<br />

aus, bis wir die Verantwortlichen<br />

ermittelt haben.»<br />

Steigende Zahlen<br />

Einbrüche und Diebstähle nahmen in den<br />

letzten Monaten im Kanton Schaffhausen<br />

zu. Nun sind auch schon die Jüngsten<br />

unserer Gesellschaft davon betroffen.<br />

21 zu 19 Stimmen zu. Der Einsatz für<br />

die Sache hat sich gelohnt und kommt<br />

vielen älteren Menschen zugute.<br />

In der laufenden Session hatten wir<br />

auch ein Geschäft zum Thema Weinbau.<br />

Da ging es um die Förderung des<br />

Schweizer Weins und entsprechende finanzielle<br />

Beiträge. Hier ist der Kanton<br />

Schaffhausen in besonderer Weise betroffen.<br />

Obwohl die zuständige Kommission<br />

das Geschäft ablehnen wollte,<br />

bildete sich eine Allianz der Weinbau-<br />

Kantone. Gemeinsam erreichten wir,<br />

dass die Motion angenommen wurde.<br />

Von diesem Entscheid profitiert der<br />

Schaffhauser Wein.<br />

In Bundesbern, aber auch hier in<br />

Schaffhausen gab und gibt es viele<br />

Politikerinnen und Politiker, die jedes<br />

Mikrophon und jeden Leserbrief<br />

nutzen, um grosse Töne zu spucken.<br />

Wahl- und Abstimmungsergebnisse,<br />

das Stimmvolk und die politische<br />

Gegnerschaft werden verunglimpft.<br />

Schuld sind immer die anderen und<br />

nur die eigene Lösung ist die beste.<br />

Dagegen hilft nur eins: Auf die Menschen<br />

hören, Probleme benennen,<br />

Lösungen suchen und mit anderen<br />

zusammen Allianzen schmieden. Das<br />

grösste Erfolgsrezept in der Politik<br />

ist die Langeweile. Damit ärgert man<br />

zwar die eigene Partei wie auch die<br />

Gegnerschaft, aber ich mache seit<br />

vielen Jahren positive Erfahrungen<br />

damit. Und ich werde es noch viele<br />

Jahre so machen.<br />

In den letzten Monaten ereignen sich immer wieder Einbrüche und Diebstähle. So auch in der Spielgruppe Winkelried. Die Täterschaft stieg durch<br />

das Fenster ein und richtete eine totale Verwüstung an. Dabei zerstörten sie auch die Osternester der Kinder.<br />

Symbolbild: Mevina Portner<br />

«Jetzt muss gehandelt werden» hört man<br />

immer wieder aus der Bevölkerung rufen.<br />

Auch die Kriminalstatistik zeigt, dass<br />

vor allem Fahrzeugeinbruchdiebstähle<br />

(200 Prozent), Diebstähle aus unverschlossenen<br />

Fahrzeugen (378 Prozent) sowie<br />

Einschleichdiebstähle (55 Prozent) deutlich<br />

zugenommen haben. Hinter vielen dieser<br />

Diebstähle stecken Nordafrikaner mit einem<br />

abgewiesenen Asylantrag. Entsprechend<br />

dürfen sie nicht in der Schweiz arbeiten und<br />

dadurch fehlen ihnen die Perspektiven. «Viele<br />

dieser Tatverdächtigen sind unbelehrbar<br />

und unkooperativ», erklärt Patrick Caprez.<br />

«Ausserdem besteht hier die Herausforderung,<br />

dass wir die Täterschaft oft schnell wieder<br />

freigelassen werden muss und rückfällig<br />

wird.» In der ganzen Schweiz häufen sich<br />

diese Fälle in den letzten Monaten massiv<br />

und immer sind es die gleichen Täter. Diesbezüglich<br />

muss auch der Austausch mit den<br />

anderen Kantonen verbessert werden. «Bei<br />

dieser Problematik appelliert die Polizei an<br />

die Politik, welche das Problem erkannt und<br />

ankündigt hat, die Rahmenbedingungen anzupassen,<br />

damit diese Personen nicht in Versuchung<br />

kommen oder die Ausschaffung<br />

bei einem negativen Entscheid schneller vollzogen<br />

wird», meint der Mediensprecher. Bei<br />

Osterfeige<br />

dieser Thematik hat auch die Schaffhauser<br />

Polizei mit Anschuldigungen zu kämpfen.<br />

Immer wieder wird erwähnt, dass die Polizei<br />

in Schaffhausen zu wenig Präsenz zeige.<br />

Auch dazu hat Patrick Caprez eine klare<br />

Antwort: «Auch wenn man die Polizei nicht<br />

sieht, heisst es nicht, dass sie nicht anwesend<br />

ist. Erfolge verzeichnet die Polizei dann,<br />

wenn sie in Zivilkleidung unterwegs ist.<br />

Niemand würde vor einem Streifenwagen<br />

eine Straftat begehen.» So konnte die Polizei<br />

im letzten Jahr 19 Personen ermitteln, die<br />

einen Einbruchdiebstahl und 27 Personen,<br />

die einen Einschleichdiebstahl verübt hatten.<br />

Zudem sagt Patrick Caprez klar, dass<br />

sich die Zahlen noch deutlich unter dem<br />

Zehnjahresdurchschnitt befinden.<br />

Schutz vor einem Einbruch<br />

Auch mit Präventionsarbeit versucht die<br />

Polizei Einbrüche zu verhindern. Dazu gehört<br />

auch die kostenlose Sicherheitsberatung<br />

der Schaffhauser Polizei. Dabei schauen sich<br />

die Berater das Haus oder die Wohnung an<br />

und zeigen dem Klientel auf, wie das eigene<br />

Heim sicherer gestalten werden kann. Auch<br />

sonst gibt es viele Massnahmen, die vor<br />

einem Einbruch schützen. «Um dem Einbrecher<br />

vorzugaukeln, dass sich jemand im<br />

Haus befindet, sollte Licht im brennen»,<br />

informiert der Mediensprecher der Schaffhauser<br />

Polizei. «Lassen sie ihren Briefkasten<br />

in den Ferien leeren und posten sie nicht in<br />

den sozialen Netzwerken, dass sie nicht zu<br />

Hause sind.» Weiter betont er, Autos und<br />

Wohnungen immer abzuschliessen. Ausserdem<br />

ist es wichtig, bei einem Verdacht lieber<br />

einmal zu viel die Polizei zu informieren. «Einen<br />

100-prozentigen Schutz vor Einbrüchen<br />

gibt es nicht», so Patrick Caprez. «Doch mit<br />

diesen Präventionsmassnahmen kann die<br />

Wahrscheinlichkeit deutlich minimiert werden,<br />

denn jeder Einbruch ist einer zu viel».<br />

Als Reaktion auf den verheerenden Einbruch<br />

in der Spielgruppe Winkelried und die daraus<br />

resultierende Verwüstung, will auch die<br />

Leiterin Margreth Bollinger nicht tatenlos<br />

bleiben und hat entschieden, eine Kamera in<br />

der Spielgruppe zu installieren. «Die Kamera<br />

wird über einen externen Speicher verfügen,<br />

damit die Daten auch bei einer Beschädigung<br />

der Kamera gespeichert sind», meint die<br />

Leiterin. «Auch die Fenster werde ich mit<br />

Sicherheitsfolie bekleben, damit keine Scherben<br />

mehr entstehen.» Diese Schritte sollen<br />

nicht nur potenzielle Täter abschrecken,<br />

sondern auch die Gewissheit geben, dass die<br />

Kinder und ihre Umgebung geschützt sind.<br />

Wann immer Ostern vor der Türe steht, steigt auch die betörende<br />

Lust, die Bäuche mit kiloweise Schoggi zu füllen. Das Gehirn verabschiedet<br />

die Winterdepression, weil Serotonin und Endorphine<br />

die Stimmung heben und Glücksgefühle aufbauen. Um der<br />

fröhlichen Stimmung noch mehr Gewicht zu verleihen, werden<br />

gerne auch Wettbewerbe lanciert, wie das der «<strong>Bock</strong>» in Kooperation<br />

mit dem Herrenacker-Gewerbe auch heuer durchführte.<br />

100 vergoldete Hasen fanden Unterschlupf auf Schaffhausens<br />

Piazza Grande und sollten im besten Fall in den Besitz von leuchtenden<br />

Schoggimäuler-Augen gelangen. Eine lässige Idee, damit<br />

insbesondere Kindern eine Freude zu machen, aber auch Erwachsenen,<br />

die ihren inneren Sherlock Holmes oder heimlich die<br />

instinktive Miss Marple reaktivieren wollen. Eigentlich voll süss,<br />

dieses Vorhaben. Diejenigen triumphalen Hasensammelnden,<br />

die den angehefteten «<strong>Bock</strong>»-Kleber samt goldigem Alupapier<br />

im Meeingpoint abgaben, nahmen automatisch an der Verlosung<br />

von diversen Sachpreisen und Gutscheinen teil.<br />

In der Tat pilgerten bei Sonnenaufgang bereits die ersten Hasenjagenden<br />

auf den Herrenacker. Diese Idee hatte auch eine Person<br />

mit ihrem Kind und ging mit diesem gleich frühmorgens um sieben<br />

Uhr auf die grosse Trophäenjagd. Die stolze Ausbeute von<br />

26 Hasen liess sich behändigen und fand den unkonventionellen<br />

Weg in die grosse Einkaufstüte, die das Elternteil stolz auf sich tragend<br />

hervorzauberte. Der sportliche Gedanke, sich so mehr Chancen<br />

auf einen Preis auszurechnen, stand mehr im Vordergrund als<br />

der solidarische Gedanke, dass von diesen Hundert Hasen auch<br />

möglichst Hundert verschiedene lüsterne Mägen gesättigt werden.<br />

Und so kam es, dass noch im Laufe des frühen Samstagmorgen<br />

praktisch alle Schokohasen entdeckt und eingesteckt wurden,<br />

quasi wie der frühe Vogel, der den Wurm schon im Morgengrauen<br />

fängt. Nun – welcher Gedanke zählt denn jetzt? Ist es legitim, nur<br />

an sich zu denken, nur weil diese Aktion mit einem niederschwelligen<br />

Wettbewerb deklariert ist? Gehört es zur heutigen Gesellschaftstauglichkeit,<br />

nicht nach links oder rechts zu schauen, mit<br />

der Einstellung «nach mir die Sintflut»? Oder ist das die grosse<br />

Ausnahme, weil einfach nur jemand kein Herz für andere Kinder<br />

zeigte und über einen Viertel des zu gewinnenden Osterertrags für<br />

sich einsteckte? Darauf angesprochen reagierte die Person uneinsichtig,<br />

als sie Kleber und Alufolien zurück in den Meetingpoint<br />

brachte. Schliesslich hätten die Kinder ja Freude gehabt, was die<br />

26 eingetüteten Hasentrophäen durchaus rechtfertigen würde.<br />

Sonst müsse der «<strong>Bock</strong>» ja nicht solche Aktionen ausrufen, wenn<br />

man nicht mal alle Preise einsammeln dürfe. Darf man für solche<br />

Aussagen oder Einstellungen Verständnis haben oder grenzt das<br />

an Ignoranz gegenüber der restlichen Schaffhauser Bevölkerung?<br />

Die Osterfeige, welche diese Person verbal austeilte, hallt nach und<br />

regt zum Denken an, ob solche nett gemeinten Aktionen überhaupt<br />

noch eine Zukunft haben?<br />

(shb.)

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