Verbandsberichte 2008 - AWO Bundeskonferenz 2012
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VB <strong>2008</strong> druckfrei:Layout 1 13.08.2009 13:49 Uhr Seite 27<br />
| Positionspapier „Zukunft der Eingliederungshilfe“<br />
Die Behinderungshilfe und die Psychiatrie sind in<br />
den vergangenen Jahren wie kaum ein anderer<br />
Bereich im sozialen System von sozialpolitischen<br />
Änderungen und konzeptionellen Weiterentwicklungen<br />
gekennzeichnet. Generell geht es um die<br />
Frage: Wie stellt sich die jetzige Lebenssituation von<br />
behinderten Menschen in unserer Gesellschaft dar<br />
und wie müssen wir das künftige Leistungsprofil der<br />
<strong>AWO</strong>-Einrichtungen und Dienste verändern, damit<br />
behinderte und psychisch kranke Menschen als<br />
gleichberechtigte Bürger und Bürgerinnen in die<br />
Gesellschaft integriert sind.<br />
Die Sozialpolitik für Menschen mit Behinderungen<br />
steht vor einem grundlegenden Wandel, der als<br />
Paradigmenwechsel – von der Fürsorge zur Selbstbestimmung<br />
und Teilhabe – betrachtet werden<br />
kann. Es entwickelten sich neue Ansätze für das<br />
Zusammenleben von Menschen mit und ohne<br />
Behinderung. Unter Schlagworten wie „Empowerment“,<br />
„Partizipation“ oder „Inklusion“ finden sie<br />
Einzug in die Arbeit mit und für Menschen mit<br />
Behinderungen. Insbesondere die Leitidee der „Inklusion“<br />
führt dabei für alle am Prozess Beteiligten<br />
zu einem Wechsel der Perspektiven.<br />
Entscheidende Bedeutung für diese neue Entwicklung<br />
hat das am 13. Dezember 2006 von der Generalversammlung<br />
der Vereinigten Nationen verabschiedete<br />
Übereinkommen über die Rechte von<br />
Menschen mit Behinderungen. Die Übereinkunft<br />
zielt darauf ab, Menschen mit Behinderungen als<br />
gleichberechtigte Bürger anzuerkennen, die ein<br />
selbstbestimmtes Leben führen und von der Gesellschaft<br />
erwarten können, dass sie sich im Rahmen<br />
ihrer Möglichkeiten für Barrierefreiheit einsetzt und<br />
die Diskriminierung behinderter Menschen bekämpft.<br />
Mit ihrem Positionspapier „Zur Zukunft der Eingliederungshilfe<br />
– neue Weichenstellung in der Sozialpolitik“<br />
legt die <strong>AWO</strong> Leitthesen vor, die ihr Handeln<br />
zur Verwirklichung der gleichberechtigten und<br />
uneingeschränkten Teilhabe von behinderten Menschen<br />
am Leben in der Gemeinschaft bestimmen.<br />
Mit den Thesen wird sich die <strong>AWO</strong> in die politische<br />
Diskussion einbringen und Veränderungen zur Weiterentwicklung<br />
der Eingliederungshilfe anregen:<br />
1. These<br />
Eingliederungshilfe – ein gesellschaftlicher Auftrag<br />
Für die <strong>AWO</strong> heißt der Auftrag: Solidarisches Handeln<br />
und Unterstützung behinderter Menschen bereiten<br />
den Weg zu einem selbstbestimmten Leben.<br />
2. These<br />
Eingliederungshilfe – ein Leben lang<br />
Für die <strong>AWO</strong> ist eine an das Lebensalter geknüpfte<br />
Begrenzung von Eingliederungshilfe inhuman und<br />
nicht akzeptabel.<br />
3. These<br />
Eingliederungshilfe – Inklusion schafft Chancen<br />
Für die <strong>AWO</strong> bedeutet dies: Mit Inklusion verbindet<br />
sich die Forderung gemeinsamen Lebens und Lernens<br />
aller Menschen von Anfang an.<br />
4. These<br />
Eingliederungshilfe – nicht ohne Selbstbestimmung<br />
und Autonomie<br />
Für die <strong>AWO</strong> gilt: Wir verwirklichen Selbstbestimmung<br />
und Autonomie behinderter Menschen durch<br />
den Abbau von Barrieren, die ihrer Partizipation am<br />
gesellschaftlichen Leben entgegenstehen.<br />
5. These<br />
Eingliederungshilfe – nur mit Teilhabe<br />
und Mitbestimmung<br />
Für die <strong>AWO</strong> heißt das: Weit über gesetzliche bestehende<br />
Möglichkeiten hinaus muss behinderten Menschen<br />
ein selbstverständliches Recht auf Mitbestimmung<br />
eingeräumt werden. „Nichts ohne sie, nichts<br />
über sie“ kennzeichnet künftig das verbandliche Handeln<br />
der <strong>AWO</strong> in all ihren Diensten und Angeboten.<br />
6. These<br />
Eingliederungshilfe – und Arbeit<br />
Die <strong>AWO</strong> ruft zu einem Pakt für Arbeit und Beschäftigung<br />
für behinderte Menschen auf. Alle Akteure<br />
am Arbeitsmarkt müssen sich intensiver als bisher<br />
engagieren.<br />
7. These<br />
Eingliederungshilfe – Teil des Ganzen<br />
Die <strong>AWO</strong> hält eine grundlegende Klärung im Zusammenspiel<br />
von Eingliederungshilfe, Krankenversicherung<br />
und Pflege für dringend notwendig. Es muss<br />
sichergestellt werden, dass jeder behinderte Mensch<br />
die ihm wegen seines individuellen Bedarfs zustehende<br />
Pflegeleistung erhält. Ebenso muss jeder<br />
Pflegebedürftige Zugang zu der ihm wegen einer<br />
Behinderung zustehenden Leistung erhalten, egal in<br />
welcher Wohn- und Lebenssituation er sich befindet.<br />
Fachpolitik<br />
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