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Leipzig lebt »bachisch« Interview mit Dr. Dettloff Schwerdtfeger

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<strong>Leipzig</strong>er Volkszeitung 19.6.2008<br />

Forum Thomanum<br />

Einstimmig<br />

für den<br />

Musikcampus<br />

SPD-Stadträtin Traudl Weise sprach sogar<br />

von einer „Sternstunde für <strong>Leipzig</strong>“.<br />

Gemeint ist die Gesamtkonzeption für<br />

den Musikcampus Forum Thomanum,<br />

die der Stadtrat gestern einstimmig beschloss.<br />

Da<strong>mit</strong> bekannte <strong>Leipzig</strong> sich zu<br />

dem Projekt und sagte zu, grob geschätzt<br />

etwa 12,5 Millionen Euro beizusteuern.<br />

So sollen dem Thomanerchor<br />

künftig in seinem Alumnat bessere Bedingungen<br />

geboten werden. Kulturbürgermeister<br />

Georg Girardet: „Die Räume<br />

für die Thomaner sind sehr spartanisch,<br />

diesen Zustand müssen wir dringend<br />

ändern.“ So soll das Alumnat ausgebaut<br />

und um eine Mensa erweitert werden.<br />

„Mittelfristig möchten wir 120 Sänger<br />

um Chor haben. Ohne einen Ausbau des<br />

Alumnates funktioniert das aber nicht.“<br />

Erwogen wird außerdem, den Bereich<br />

Sebastian-Bach-Straße/Schreberstraße<br />

als verkehrsberuhigte Zone auszubauen.<br />

Girardet würdigte das „bürgerschaftliche<br />

Engagement“ des Verein Forum<br />

Thomanum, ohne welches das Projekt<br />

nicht umzusetzen wäre. Wie berichtet,<br />

ist <strong>mit</strong> der Villa Thomana gerade ein<br />

Musik- und Probenzentrum für den<br />

Chor eröffnet worden, außerdem ein<br />

neuer Kindergarten entstanden. Der<br />

Verein plant außerdem noch eine<br />

Grundschule, die allerdings in freier Trägerschaft<br />

ohne städtischen Zuschuss<br />

entstehen soll. M. O.<br />

Swing aufpfropfen, sondern ihn vorfin<br />

den. Viel muss er nicht tun, um beispielsweise<br />

im arg strapazierten ersten<br />

Präludium des Wohltemperierten Kla-<br />

Von PETER KORFMACHER<br />

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als<br />

sei von den komponierenden Bach-Söhnen<br />

Johann Christian (1735–1782) am<br />

weitesten vom Stamm aufgeschlagen: In<br />

Italien hat er sich beim berühmten Padre<br />

Martini den letzten Schliff geholt, ist<br />

zum Katholizismus übergetreten, hat<br />

sich schon aus diesem Grunde weit entfernt<br />

vom Schema, dessen die Brüder<br />

sich in ihrem geistlichen Schaffen notgedrungen<br />

bedienten. <strong>Dr</strong>um fällt sein Magnificat<br />

in vielerlei Hinsicht aus dem Rahmen<br />

des Thomanerkonzerts in der ausverkauften<br />

Thomaskirche am Samstagabend.<br />

„Bach und seine Söhne“ heißt, <strong>mit</strong>tlerweile<br />

dürfte es sich herumgesprochen<br />

haben, das Motto des Festivals. Und<br />

besser als dieses passte noch kein Konzert<br />

des Jahrgangs dazu: Vier Söhne,<br />

am Schluss der Vater. Die ästhetische<br />

Stoßrichtung des Programms von Thomaskantor<br />

Georg Christoph Biller<br />

schärft die Sinne für das, was man gemeinhin<br />

als musikalischen Fortschritt<br />

bezeichnet. Denn in der Familie Bach<br />

waren Vergangenheit, Gegenwart und<br />

Zukunft eng verschränkt. Und ohne all<br />

das, was der große Thomaskantor in die<br />

Wiegen legte, hätte die Folgegeneration<br />

nie und nimmer so viel Einfluss gewinnen<br />

können. hätte die Klassik anders<br />

ausgesehen. Denn der musikalische Zeitenwechsel<br />

um die Mitte des 18. Jahrhunderts,<br />

er kam auch und vor allem<br />

aus <strong>Leipzig</strong>. Man hört es deutlich auch<br />

im erwähnten Magnificat, das in seiner<br />

Knappheit sozusagen zwischen Bach<br />

Loussier Trio Fahrt aufnimmt, die<br />

<strong>Dr</strong>ums mehr <strong>Dr</strong>uck machen, der Bass<br />

immer weitere Kreise zieht, der 73-jährige<br />

Meister am Klavier die Harmonik<br />

und Mozart klemmt, mal nach h-moll-<br />

Messe klingt und mal auch nach Haydn,<br />

aber immer feierlich und würdevoll.<br />

Auch die modernsten unter den Söhnen<br />

haben sich in ihrer geistlichen Musik<br />

bisweilen zurückgenommen, auch<br />

der zur Bilderstürmerei tendierende<br />

Carl Philipp Emmanuel (1714–1788).<br />

Seine Osterkantate „Anbetung dem Erbarmer“<br />

ragt aber <strong>mit</strong> ihrem monumentalen<br />

Chorbeginn dennoch weit in jene<br />

Epoche, die die Nachwelt <strong>mit</strong> Wien verbindet.<br />

Immer wieder nimmt der edle<br />

homophone Satz überraschende harmonische<br />

Wendungen, und unter dem repräsentativen<br />

Trompeten-Panzer des<br />

„Halleluja“ brodelt die Zukunft.<br />

Was auch für die Kantate „Groß und<br />

mächtig, stark und prächtig“ Johann<br />

Christoph Friedrichs (1732–1795) gilt.<br />

LEIPZIG<br />

die uneitle Tiefe des eigenen Ansatzes:<br />

Selbst in den ausladenden Soli auf dem<br />

wunderbar warm röhrenverstärkten<br />

Kontrabass, der filigran bedienten<br />

Das Accompagnato „Nun liegt der Feind<br />

besieget“ klingt schon nach „Schöpfung“,<br />

die furiose Bass-Arie „Laß die<br />

Lästerzungen wüten“ nach Oper. Und<br />

obwohl der Erstgeborene, Wilhelm Friedemann<br />

(1710–1784), in seiner Johannistags-Kantate<br />

„Es ist eine Stimme“<br />

noch am nächsten am Vater scheint, ist<br />

auch er um Moderne bemüht, die exaltierten<br />

Koloraturen des Eingangschors<br />

zeigen es, die nur virtuos von der Orgel<br />

umspielte empfindsame Sopran-Arie<br />

„Der Trost gehöret nur vor Kinder“, das<br />

wunderbar schlichte Alt-Rezitativ „Dein<br />

Heiland läßt die Bahn“.<br />

In Anbetracht der Modernität der Söhne<br />

gehört, auch wenn es die Zeitgenossen<br />

bisweilen anders sahen, der Vater<br />

längst nicht zum alten Eisen, wie sein<br />

rätselhafter Chor „Nun ist das Heil und<br />

Die Villa Thomana, das Probezentrum des Thomanerchores, gehört zum Musikcampus, den der Verein Forum Thomanum bis 2012<br />

Schritt für Schritt ausbauen will. Der Stadtrat will das Projekt ideell und finanziell fördern. Foto: Andreas Döring<br />

St dtrat entschärft Streit <strong>mit</strong> Siedlern<br />

li r dies mehrheitlich wünschen<br />

form: Loussiers Ansage, nun folge das<br />

fünfte Brandenburgische – in drei Sätzen<br />

– wirkt beinahe wie eine <strong>Dr</strong>ohung.<br />

Aber wie die <strong>Dr</strong>ei da vorn das konzer-<br />

Die Gene schlagen immer durch<br />

Biller, Bach, Söhne, Thomaner und Akademie für Alte Musik in der Thomaskirche<br />

<strong>Leipzig</strong>er Volkszeitung 14.6.2008<br />

ohann Sebastian Bach war nicht nur<br />

JVater, er war seinen Kindern auch Lehrer.<br />

Und so folgt das Bachfest <strong>mit</strong> dem<br />

„Bach und seine Söhne“ den Spuren des<br />

Thomaskantors in der Zukunft, während<br />

der vorige Jahrgang seiner Herkunft<br />

nachspürte. Der Lehrer Bach, Oberbürgermeister<br />

Burkhard Jung betont dies zur<br />

Festival-Eröffnung gestern Abend in der<br />

ausverkauften Thomaskirche ebenso in<br />

seinen launig-lockeren Begrüßungsansprache<br />

wie Christoph Wolff vom künstlerischen<br />

Direktorium in seiner knappen<br />

instruktiven Einführung, war kein Zuchtmeister.<br />

Er war ein Pädagoge, der die reichen<br />

wie unterschiedlichen Begabungen<br />

und Handschriften seiner Sprösslinge<br />

nicht nivellierte.<br />

Dies zeigt der Schwerpunkt des Eröff-<br />

nungskonzerts, eine vom amtierenden<br />

Thomaskantor Georg Christoph Biller zusammengestellte<br />

vollständige Messe: Johann<br />

Sebastians Messe G-Dur und sein<br />

Choral „Christe, du Lamm Gottes“ rahmen<br />

das C-Dur-Credo seines Jüngsten Johann<br />

Christian und das „Heilig“ des<br />

Zweitältesten Carl Philipp Emanuel. Weit<br />

entfernen sich die Söhne vom Vater. Doch<br />

obschon bei Johann Christian in der<br />

Chorbehandlung schon die lapidare Sinnlichkeit<br />

Haydns aufleuchtet und bei Carl<br />

Philipp Emanuel die Stimmen ihr Heilig<br />

<strong>mit</strong> einer Expressivität formulieren, die in<br />

Thomaskantor Georg-Christoph Biller. Foto: Volkmar Heinz<br />

Familiäre Zukunft<br />

Thomaner eröffnen das Bachfest in der Thomaskirche<br />

die Romantik weist, ist beinahe immer fügt wurde, und eine veritable Sensation.<br />

der Vater anwesend, beispielsweise in Thomasorganist Ullrich Böhme, der <strong>mit</strong><br />

den prachtvollen Orchester-Figurationen. Präludium und Fuge G-Dur BWV 541 tra-<br />

Ergänzt wird das etwas kleinteilige ditionsgemäß die ersten Festival-Töne<br />

Programm durch die doppelchörige Mo- anschlägt, spielt den <strong>Leipzig</strong>ern und ihtette<br />

„Jauchzet dem Herrn, alle Welt“, die ren Gästen aus aller Welt eine Erstauffüh-<br />

unter nicht vollständig geklärten Umstänrung: die im März in Halle gefundene<br />

den aus Sätzen Johann Sebastian Bachs Choralfantasie „Wo Gott der Herr nicht<br />

und Georg Philip Telemanns (der Taufpa- bei uns hält“ – unerhörte Töne des größte<br />

Carl Philipp Emanuels) zusammengeten aller Thomaskantoren in seiner Kir-<br />

Die Thomaner eröffnen das Bachfest 2008. Foto: Wolfgang Zeyen<br />

<strong>Leipzig</strong>er Volkszeitung 23.6.2008<br />

die Kraft“ nachdrücklich beweist: Die<br />

Neuerungen der Söhne, sie sind eher<br />

formaler oder struktureller Art, die Gene<br />

dagegen, sie kommen vom Vater – und<br />

sie schlagen immer durch.<br />

Das programmatisch vielleicht erhellendste<br />

Konzert des Bachfestes zeigt<br />

gleichzeitig das derzeit erfreuliche Niveau<br />

der Thomaner. Ihr Kantor scheint<br />

die Kräfte in diesem Jahr gut eingeteilt<br />

zu haben. Denn die jugendliche Frische<br />

des Chorklangs geht tief unter die Haut.<br />

Natürlich hört man den etwas gesuchten<br />

Linien Wilhelm Friedemanns an, dass<br />

sie nicht so geschmeidig in der Kehle liegen<br />

wie die des Vaters. Aber der Glanz<br />

von der Empore ist weitaus wichtiger als<br />

dieses oder jenes Bläschen. Und auch<br />

die doppelchörigen Sätze lassen diesmal<br />

wenig Raum für Nörgeleien.<br />

Auch für die Akademie für Alte Musik<br />

nicht, die sich wieder um den instrumentalen<br />

Originalklang kümmert. Mit<br />

drahtigen Streichern, warmem Holz,<br />

glänzendem Blech – in dessen Spitzentönen<br />

es dennoch zu mehr Ungereimtheiten<br />

kommt, als zu wünschen stünde.<br />

Das Solistenquartett beherrschen Preisträger<br />

des <strong>Leipzig</strong>er Bach-Wettbewerbs:<br />

Christine Maria Rembeck (Sopran), Julius<br />

Pfeifer (Tenor) und Markus Flaig<br />

(Bass) führen schlanke, bewegliche, natürliche<br />

Stimmen. Der warme, abgerundete,<br />

sinnlich leuchtende Alt Susanne<br />

Langners stiehlt ihnen dennoch die<br />

Donne<br />

Schau. Schon ihr tief empfundenes Rezi-<br />

tativ „Dein Heiland läßt die Bahn“ lohnt<br />

den Besuch dieses <strong>mit</strong> knapp eineinviertel<br />

Stunden etwas kurz geratenen Konzerts.<br />

Stehende Ovationen.<br />

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che. Ein bewegender Moment, der unerheblich<br />

erscheinen lässt, dass sich die Experten<br />

nicht einig sind, ob das Werk vor<br />

1705 (Wolff), 1708/09 (Böhme) oder<br />

1710–13 (Glöckner) entstanden ist.<br />

Die Thomaner zeigen sich unter Biller,<br />

dem 16. Amtsnachfolger Bachs, in guter<br />

Form, vor allem in den Oberstimmen. Sei<br />

es in den prunkenden Koloraturen der<br />

Motette, dem würdevollem stile antico<br />

des Kyrie, der kristallinen Schönheit von<br />

Johann Christians Credo, der weichen<br />

Weihe des „Heilig“ oder als gedoppelte<br />

Solisten im „Domine Deus“. Die reaktionsschnellen<br />

Streicher von La Stravaganza<br />

Köln halten das Niveau. Die Männersolisten<br />

allerdings verbreiten bei aller So-<br />

lidität eher keinen internationalen Festi-<br />

val-Glanz: Bass Matthias Weichert fehlt<br />

unten das, was den Bass ausmachte, und<br />

in den Koloraturen bisweilen der Überblick.<br />

Tenor Martin Lattke tendiert <strong>mit</strong><br />

seiner schönen, weichen Stimme zum<br />

Säuseln. Die Kölner Trompeten zeigen ein<br />

Gefährdungspotenzial, das auch in Historistenkreisen<br />

<strong>mit</strong>tlerweile überwunden<br />

sein müsste.<br />

Dem Gesamteindruck schadet das<br />

kaum: Bach und seine Söhne in seiner<br />

Kirche <strong>mit</strong> seinem Chor unter seinem<br />

Nachfolger, das funktioniert immer. Begeisterter<br />

Jubel. Bachfest ist!.<br />

Peter Korfmacher

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