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Nr. 08/2012 – 13 – <strong>Faßberg</strong><br />
Absturz in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> - Flugunfallalarmübung<br />
auf <strong>de</strong>m Rheinmetall Gelän<strong>de</strong><br />
for<strong>de</strong>rt 120 Einsatzkräfte bis ans Limit<br />
„On Course - on Gli<strong>de</strong> path, 4 Miles out“. Nach <strong>de</strong>n knappen Anweisungen<br />
<strong>de</strong>s Radarlotsen steuert Pilot Peter J. seinen UH1D Hubschrauber <strong>de</strong>s<br />
Transporthubschrauberregiments 10 im Instrumentenanflug sicher durch<br />
<strong>de</strong>n Frühlingsnebel zum Heimatflugplatz Fassberg.<br />
Ein dumpfer Knall und das Aufleuchten mehrerer Warnlampen im Cockpit<br />
reißt die Besatzung aus <strong>de</strong>r gewohnten Routine. Triebwerksausfall! Instinktiv<br />
leitet <strong>de</strong>r Pilot eine sofortige Notlandung ein. Kommandant Kai P.<br />
gelingt es gera<strong>de</strong> noch einen Notruf abzusetzen, bevor die Maschine auf<br />
<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Schießplatzes Rheinmetall Unterlüß hart aufschlägt.<br />
Sofort läuft die Rettungskette an. Noch während <strong>de</strong>r Kontrollturm in Fassberg<br />
Flugunfallalarm auslöst, informiert <strong>de</strong>r Radarlotse via Direktleitung<br />
die Schießleitung <strong>de</strong>r Firma Rheinmetall über die letzte Position <strong>de</strong>s Hubschraubers.<br />
Rheinmetall setzt umgehend seine Werkfeuerwehr in Marsch. Als nur wenige<br />
Minuten später Thomas Schlicht, <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>r Wehr zur Erkundung am<br />
Absturzort eintrifft, bietet sich ihm ein großflächiges Bild <strong>de</strong>r Verwüstung. Der<br />
Hubschrauber ist zerstört. Umherfliegen<strong>de</strong> Trümmerteile <strong>de</strong>s heißen Triebwerkes<br />
haben großflächig die Hei<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>m Schießplatz in Brand gesetzt.<br />
Ein Bunker liegt im Brandbereich. Zu allem Unglück wur<strong>de</strong> ein Werks-Kfz<br />
<strong>de</strong>r Firma Rheinmetall auf Schießbahnkontrollfahrt vom Absturz nur knapp<br />
verfehlt. Beim Ausweichmanöver kam es aber vom Fahrweg ab und blieb<br />
schwer beschädigt auf <strong>de</strong>r Seite liegen. Insgesamt min<strong>de</strong>stens 8 schwerverletzte<br />
Personen - <strong>de</strong>r erfahrene Feuerwehrmann for<strong>de</strong>rt sofort über die<br />
Rettungsleitstelle Florian Celle weitere Unterstützung an.<br />
Unter das Einsatzstichwort: „Massenanfall von Verletzten“ stellte Flugsicherheitsstabsoffizier<br />
Bernd Müller-Keil die diesjährige Großscha<strong>de</strong>nsübung<br />
für die Rettungsdienste <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>flieger, bei <strong>de</strong>r insgesamt über<br />
120 zivile und militärische Einsatzkräfte intensiv die Zusammenarbeit bei<br />
einem Flugunfall üben konnten.<br />
„Wir Hei<strong>de</strong>flieger legen zur Vermeidung von unnötigen Lärmbelästigungen<br />
unsere Flugrouten bewusst über möglichst unbesie<strong>de</strong>ltes Gebiet“<br />
erläutert Müller-Keil <strong>de</strong>n Hintergrund <strong>de</strong>s Übungsszenarios. „So führt<br />
unser Instrumentenanflug quer über die Schießbahn Unterlüß. Wenn<br />
dort, weit im Nor<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n schwer zugänglichen Hei<strong>de</strong>flächen ein Flugunfall<br />
passiert, sind wir froh und dankbar, wenn unsere zivilen Feuerwehrkamera<strong>de</strong>n<br />
rasch vor Ort sind und professionell helfen können, <strong>de</strong>nn<br />
alleine <strong>de</strong>r reine Anfahrtsweg unserer eigenen Rettungsdienste dauert 20<br />
bis 25 Minuten“.<br />
Hauptbrandmeister Hans-Günther Müller von <strong>de</strong>r Heeresflugplatzfeuerwehr<br />
Fassberg hatte mit massivem Einsatz von Brandmaterial,<br />
Pyrotechnik und <strong>de</strong>r Hilfe von „erschreckend echt“ geschminkten<br />
Schwerstverletzten auf <strong>de</strong>r Schießbahn Nord <strong>de</strong>s Rheinmetall Gelän<strong>de</strong>s<br />
ein beängstigend realistisches Unfallbild geschaffen, dass die beteiligten<br />
Retter unter hohen Leistungsdruck stellt.<br />
Etwas überraschend für die ersteintreffen<strong>de</strong>n Kräfte <strong>de</strong>r Werkfeuerwehr<br />
Rheinmetall stehen somit zunächst nicht die Brandbekämpfung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>flächen,<br />
son<strong>de</strong>rn vor Allem die Maßnahmen zur Menschenrettung,<br />
sowie die medizinische Ersthilfe und Betreuung <strong>de</strong>r zahlreichen Unfallopfer<br />
vordringlich im Fokus. Die zivilberufliche Ausbildung <strong>de</strong>r Rheinmetall-Feuerwehrfrau<br />
Gabi Stang als Rettungsassistentin wird dabei<br />
zum unschätzbaren Vorteil. Mit hohem körperlichen Einsatz, all ihrem<br />
Fachwissen und manch hartem, kurzen Kommando leitet sie an <strong>de</strong>n weit<br />
verteilten Einsatzstellen ihre männlichen Kamera<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r ersten Notfallversorgung<br />
an.<br />
So geht’s Jungs. Arbeitsmedizinerin Stang gibt bei <strong>de</strong>r Patientenversorgung<br />
die Richtung vor.<br />
Die jetzt nachrücken<strong>de</strong> Freiwillige Feuerwehr Unterlüß greift sofort unterstützend<br />
ins Rettungsgeschehen ein. Schwerpunkt ist dabei die Befreiung<br />
<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Rheinmetallarbeiter, die blutend und kaum ansprechbar<br />
in ihrem Fahrzeug eingeklemmt sind. Mit schwerem Gerät schaffen die<br />
Wehrmänner einen Zugang für Klaus-Werner Bunke, <strong>de</strong>n medizinischen<br />
„First Respon<strong>de</strong>r“ <strong>de</strong>s DRK Unterlüß, <strong>de</strong>r ohne zu Zögern in das verkeilte<br />
Wrack kriecht und die zwei Patienten zunächst erst einmal untersucht<br />
und vorläufig stabilisiert.<br />
Schnell wird <strong>de</strong>utlich, dass eine schonen<strong>de</strong> Rettung <strong>de</strong>r Bei<strong>de</strong>n ohne<br />
das weitere Aufschnei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lkw nicht möglich ist. Die Zeit drängt, die<br />
Verletzungen sind lebensbedrohlich. Während Klaus-Werner Bunke im<br />
Wrack die Verletzten schützt, wird draußen mit vereinten Kräften und<br />
<strong>de</strong>m Einsatz schwerer Feuerwehrtechnik das Fahrzeug zerlegt. Ganz<br />
„nebenbei“ bekämpfen Löschtrupps <strong>de</strong>n Hei<strong>de</strong>-Flächenbrand und in einiger<br />
Entfernung wird an sicherem Ort die Verletztensammelstelle eingerichtet.<br />
Bei all <strong>de</strong>n Arbeiten sind die Unterlüßer Einsatzkräfte noch auf sich alleine<br />
gestellt. „Das ist realistisch!“ sagt OTL Müller-Keil. „Bis auf <strong>de</strong>n Uelzener<br />
Rettungshubschrauber Christoph 19 brauchen alle bo<strong>de</strong>ngebun<strong>de</strong>nen<br />
Rettungsdienste, die durch die Celler Rettungsleitstelle nachalarmiert<br />
wer<strong>de</strong>n, zu solch einer Unfallstelle hier im äußersten Zipfel <strong>de</strong>s Nordkreises<br />
min<strong>de</strong>stens 20 Minuten Anfahrtszeit - bis dahin ist also äußerster<br />
Einsatz von je<strong>de</strong>m Einzelnen gefragt!“<br />
27 Minuten nach <strong>de</strong>m Absturz erreichen die Notdienste <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>flieger<br />
aus Fassberg mit 11 weiteren Einsatzfahrzeugen die Absturzstelle.<br />
Für die zahlreichen Zuschauer aus <strong>de</strong>r Firmenleitung von Rheinmetall,<br />
<strong>de</strong>s Transporthubschrauberregiments 10 und <strong>de</strong>r Polizeidirektion Lüneburg<br />
überraschend, bleibt die von allen erwartete „Action“ zunächst aus.<br />
Der stv. Leiter <strong>de</strong>r Werkfeuerwehr Rheinmetall, Thorsten Schöbel, zitiert<br />
<strong>de</strong>n alten Konfuzius: „Unvorbereitetes weg eilen bringt unglückliche<br />
Wie<strong>de</strong>rkehr! Er stellt klar: „Saubere, ruhige Übergabegespräche und das<br />
sinnvolle Verteilen <strong>de</strong>r Einsatzabschnitte bringen mehr Zeitgewinn und<br />
Einsatzerfolg als je<strong>de</strong> operative Hektik.“<br />
Mit vereinten Kräften wer<strong>de</strong>n die eingeklemmten Fahrer aus <strong>de</strong>m Fahrzeugwrack<br />
befreit<br />
Nach ausführlicher Absprache mit <strong>de</strong>n „Rettungsprofis“ von Feuerwehr<br />
und Sanität übernimmt <strong>de</strong>r Flugsicherheitsoffizier die Leitung an <strong>de</strong>r<br />
Absturzstelle. Die Kräfte <strong>de</strong>r Heeresflugplatzfeuerwehr bekommen <strong>de</strong>n<br />
Einsatzabschnitt Menschenrettung aus <strong>de</strong>m in Brand geratenen Bunker<br />
zugeteilt, während die Fliegerärztin <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>flieger, Oberstabsärztin<br />
Dr. Franziska Grube zunächst die Funktion <strong>de</strong>s Leiten<strong>de</strong>n Notarztes<br />
übernimmt. Noch alleine vor Ort, pen<strong>de</strong>lt sie im Laufschritt zwischen<br />
Trümmerfeld und Verletztensammelplatz, um die von <strong>de</strong>n Einsatzkräften<br />
Geretteten zu sondieren. Sehr schnell wird jetzt klar, dass die Verletzungsmuster<br />
von zwei Patienten tödlich sind. Zwangsläufig muss die<br />
Unterlüßer Wehr nun auch einen Leichensammelplatz einrichten. Schlagartig<br />
bekommt <strong>de</strong>r Großscha<strong>de</strong>nsfall für alle Helfer eine neue, tragische<br />
Dimension.<br />
Als weitere Unterstützung trifft die Notdienstgruppe II vom Fliegerhorst<br />
ein. Die Wachgruppe sperrt sofort das gesamte Einsatzgebiet ab und<br />
ein Tankfahrzeug nimmt auslaufen<strong>de</strong> Treibstoffe aus <strong>de</strong>m Hubschrauberwrack<br />
auf, um weitere Umweltschä<strong>de</strong>n zu verhin<strong>de</strong>rn. Ca. eine Stun<strong>de</strong><br />
nach Auslösung <strong>de</strong>s Flugunfallalarms ist dann auch die letzte gerettete<br />
Person wohl versorgt und fertig zum Abtransport. Endlich: Übungsen<strong>de</strong>!<br />
Die Übungsauswertung unmittelbar vor Ort ergibt dann ein ein<strong>de</strong>utiges<br />
Ergebnis: Die eingesetzten, größtenteils ehrenamtliche Kräfte <strong>de</strong>r Feuerwehren<br />
und <strong>de</strong>r medizinischen Rettungskräfte arbeiteten routiniert und<br />
diszipliniert, mit sichtbar großem Einsatzwillen. Die Zusammenarbeit im<br />
Einsatz klappte nahezu ohne Reibungsverluste. Dabei wur<strong>de</strong>n die gute<br />
medizinische Erstversorgung <strong>de</strong>r zahlreichen Opfer und die klaren Übergabegespräche<br />
von <strong>de</strong>r leiten<strong>de</strong>n Notärztin als „beson<strong>de</strong>rs beeindruckend“<br />
bewertet. Unabhängig von <strong>de</strong>r treffen<strong>de</strong>n Analyse <strong>de</strong>r „Fachfrau“<br />
aber hat die Arbeit aller zivilen und militärischen Rettungskräfte <strong>de</strong>n Beobachtern<br />
und vor Allem <strong>de</strong>n „Opfern“ einen riesigen Vertrauensbeweis<br />
geliefert. Auf <strong>de</strong>n hohen Wirkungsgrad <strong>de</strong>r Rettungskräfte unserer Region<br />
ist sicherer Verlass!<br />
Als für die Beobachter und „Schaulustigen“ die Übung längst been<strong>de</strong>t<br />
scheint, geht sie für die Retter anschließend noch weiter. Denn ein solches<br />
Unfallszenario ist im Erleben nicht nur für die Opfer, son<strong>de</strong>rn beson<strong>de</strong>rs<br />
auch für die Einsatzkräfte im Nachhinein durchaus oftmals eine<br />
echte Katastrophe. Das erlebte Grauen und Chaos am Einsatzort muss<br />
später, wenn die beteiligten Helfer zur Ruhe kommen, von je<strong>de</strong>m für sich<br />
selbst verarbeitet wer<strong>de</strong>n.