Sachsenwald aktuell - Kurt Viebranz Verlag
Sachsenwald aktuell - Kurt Viebranz Verlag
Sachsenwald aktuell - Kurt Viebranz Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
statt genoss. Dies umso mehr, als<br />
er die hohen Kiefern an der<br />
Grenze des Nachbargrundstücks<br />
entdeckte und fortan entschloss,<br />
sich allabendlich dort aufzubäumen;<br />
vielleicht gäbe es ja doch<br />
Tiger im <strong>Sachsenwald</strong>.<br />
In Aumühle wurde es wieder<br />
Frühling. Und der war auch unserem<br />
exotischen Besucher in die<br />
Keulen gefahren. Pavo schillerte<br />
in prachtvollsten Farben, schlug<br />
Rad und raschelte vernehmlich<br />
mit den Schwanzfedern. Waren<br />
ihm in Indien ob soviel Manneskraft<br />
gleich ein halbes Dutzend<br />
Pfauendamen hinterher gelaufen,<br />
so wollte sich hier jedoch nicht<br />
einmal eine versprengte Truthenne<br />
einstellen. Pavo balzte wie ein<br />
Minnesänger. Nun schafften seine<br />
Rufe es sogar noch ein paar Straßen<br />
weiter. Doch nicht einmal die<br />
Eier legenden Haushennen ließen<br />
sich becircen. Sie hielten sich lieber<br />
an ihren Hahn, da wusste<br />
man, was man hatte.<br />
Doch weiterhin erschallten<br />
pünktlich ab 21 Uhr die weit tragenden<br />
durchdringenden Rufe<br />
durch die stillen Straßen unseres<br />
Ortes. Entsetzt flüchtete der Dorfkater<br />
durch die Hecke, als sei der<br />
Scheitan ihm auf den Fersen.<br />
Pfauen gehören ja bekanntlich zur<br />
größten Gattung der Hühnervögel<br />
(Ordnung: Galliformes). Somit<br />
konnte man den Gesang der<br />
Nachtigall aus der Kehle von Pavo<br />
auch sicherlich nicht erwartet haben<br />
– aber so etwas?<br />
Einen Harem brachte er nicht zusammen,<br />
aber seine Nachbarschaft<br />
komprimierte sich zu Bewunderern,<br />
aber auch zu Mitmenschen,<br />
die die Rufe dieses merk-<br />
würdigen »Muezzin« nicht gerade<br />
als melodiös empfanden. Die<br />
Ausdauer ließ staunen und Pavos<br />
Gastgeber mühten sich um Schadensbegrenzung<br />
und Beschwichtigung<br />
der Gestörten.<br />
Und Pavos Rufe brachten Aufmerksamkeit.<br />
»Das hört sich ja<br />
toll an«, sagten die einen, »das<br />
klingt ja grausig«, meinten die anderen.<br />
Ich hörte den »orientalischen<br />
Lautenschläger« dort oben<br />
in seiner Kiefer natürlich auch, besonders,<br />
wenn wir an ersten warmen<br />
Frühlingsabenden noch auf<br />
der Terrasse saßen. Da mich aber<br />
Glockengeläut, das Krähen eines<br />
Hahnes, das Bellen des Nachbarhundes<br />
und eben die Rufe des<br />
Pfaus nicht zum Briefeschreiben<br />
veranlassen, besuchte ich den<br />
Pfau stattdessen und bat um einen<br />
Fototermin.<br />
Kamera und Teleobjektiv beeindruckten<br />
den Prachtvollen. Als<br />
wisse er, worum es ginge legte er<br />
eine Balz hin, bis der Chip glühte.<br />
Er stolzierte durch den Garten wie<br />
Kate Moss über den Laufsteg und<br />
schlug ein Rad nach dem anderen.<br />
Vielleicht half auch das Zureden<br />
seiner Gastgeberin ein wenig, die<br />
ihn genau kannte. Irgendwann<br />
war die Session zu Ende. Er ließ<br />
mich einfach stehen und zog sich<br />
strapaziert in den kühlen Schatten<br />
zurück. Daran muss man sich bei<br />
»Stars« eben gewöhnen. Wir hatten<br />
aber beide, was wir wollten: Er<br />
seinen Auftritt, ich meine Bilder.<br />
Jedem das seine.<br />
Doch natürlich dachten nicht alle<br />
so in unserem Ort, und somit<br />
kam, was kommen musste: Pavo<br />
ging in die Politik. Oder, um korrekt<br />
zu sein: Sie kam zu ihm. Er<br />
war im Rathaus ein »Fall« geworden<br />
und es gab eine Akte mit<br />
Schriftverkehr der widerstreitenden<br />
Geister, aufgeteilt in die Gruppe<br />
der Pavoisten und deren Widersacher.<br />
Die Obrigkeit musste handeln,<br />
schließlich ist in unserem<br />
Ort alles aufs Feinste geregelt. Der<br />
Bürgermeister höchstpersönlich<br />
erschien – scheinbar mit einer<br />
großen Ölkanne, um die Wogen<br />
und Stimmung zu glätten. Es gab<br />
Verstimmungen, letztlich aber<br />
auch einen Kompromiss.<br />
Pavo stand für klärende Gespräche<br />
natürlich nicht zur Verfügung,<br />
er hatte im Garten zu tun. Warum<br />
sollte er sich auch mit Menschen<br />
unterhalten, die seinen Gesang<br />
nicht verstanden und seine Aufenthaltsgenehmigung<br />
nicht verlängern<br />
wollten?<br />
Seine Gastgeber mussten alles für<br />
ihn regeln. So ging er davon, über<br />
alle Berge. Um genau zu sein:<br />
Über die Schwarzen Berge. Jene<br />
bei Harburg, mit einem eigenen<br />
Tiergarten. Hoffentlich haben die<br />
dort wenigstens ein paar hohe<br />
Kiefern. Diejenigen, die sich um<br />
Amtshilfe bemühten, schlafen<br />
jetzt wieder den tiefen, festen<br />
Schlaf der Gerechten, Viele andere,<br />
seine Freunde, sind traurig,<br />
und der Ort um einen Exoten ärmer.<br />
Hatte ich mir eine Abreise Pavos<br />
spektakulär unter einem geschmückten<br />
Baldachin auf einem<br />
weißen Elefanten vorgestellt, so<br />
erfüllte sich dieser Traum nicht. Er<br />
verließ uns de facto in einer großen<br />
Hundebox, auf der Ladefläche<br />
eines PKWs. Seinen Gastgebern<br />
sei Dank, dass sie alles so<br />
trefflich organisierten.<br />
Ihre<br />
Immobilie<br />
ist ein<br />
Unikat.<br />
Wenn nicht, machen<br />
wir sie dazu.<br />
JUTTA BAHR<br />
IMMOBILIEN<br />
Telefon 04104 / 960 690 · Fax 960 691<br />
Vor den Hegen 6 · 21521 Wohltorf<br />
e-mail: jutta-bahr-immobilien@email.de<br />
Der Abschied fiel schwer, behandelt<br />
man so einen Maharadscha?<br />
Was machen wir eigentlich, wenn<br />
er wieder kommt? Taufen wir ihn<br />
dann in »Bruno« um? Schließlich<br />
kann er doch fliegen…<br />
Wir werden ihn besuchen in den<br />
Schwarzen Bergen. Vielleicht ist<br />
seine Stimme noch so selbstbewusst<br />
und mit dem Quäntchen<br />
»Orient«, den ich nun vermisse.<br />
Wollen Sie mit?<br />
Herzliche Grüße<br />
Ihr Günther Spillner<br />
www.nwl-photo.de<br />
6 | 07 | AKTUELL 3