Moral Hazard Definition: Die Gefahr, dass ein Vertragspartner ...
Moral Hazard Definition: Die Gefahr, dass ein Vertragspartner ...
Moral Hazard Definition: Die Gefahr, dass ein Vertragspartner ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Moral</strong> <strong>Hazard</strong><br />
<strong>Definition</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Gefahr</strong>, <strong>dass</strong> <strong>ein</strong> <strong>Vertragspartner</strong> größere Risiken <strong>ein</strong>geht<br />
als ohne Vertrag, weil der Vertrag die eventuellen negativen Folgen dem<br />
(oder den) anderen <strong>Vertragspartner</strong>(n) aufbürdet.<br />
Typischer Fall: Versicherung. Der Versicherungsnehmer ist vor<br />
finanziellem Schaden geschützt und geht deshalb <strong>ein</strong> größeres Risiko<br />
<strong>ein</strong>, als wenn er den eventuellen Schaden selbst tragen müsste.<br />
Ein <strong>Moral</strong> <strong>Hazard</strong> Problem setzt voraus, <strong>dass</strong> nach Vertragsabschluss<br />
asymmetrische Information auftritt, so <strong>dass</strong> die Auszahlung des<br />
Vertrages nicht auf das nur <strong>ein</strong>seitig bekannte Ereignis bedingt werden<br />
kann. <strong>Die</strong> asymmetrische Information kann<br />
(i) entweder die Aktionen des Versicherten betreffen, die von der<br />
Versicherung nicht beobachtbar oder verifizierbar sind<br />
(verborgene Aktion) oder<br />
(ii) den Zustand der Welt, der das Ergebnis der Aktionen des<br />
Versicherten be<strong>ein</strong>flusst und auf den der Versicherungsnehmer<br />
nicht in geeigneter Weise reagiert.<br />
Beispiel: Fahrradversicherung gegen <strong>Die</strong>bstahl ohne Selbstbeteiligung.<br />
(i) Der Versicherte kauft <strong>ein</strong> billiges Schloss, das leicht zu<br />
aufzubrechen ist und erhöht dadurch das Risiko <strong>ein</strong>es<br />
<strong>Die</strong>bstahls.<br />
(ii) Der Versicherte erfährt, <strong>dass</strong> in <strong>ein</strong>er bestimmten Strasse häufig<br />
Fahrräder gestohlen werden, parkt s<strong>ein</strong> Rad aber dennoch dort.<br />
1
Beispiel aus der Makroökonomie: Versicherung gegen Arbeitslosigkeit<br />
bei voller Lohnfortzahlung. Arbeitnehmer hat k<strong>ein</strong>en Anreiz sich in s<strong>ein</strong>er<br />
Arbeit zu bemühen oder <strong>ein</strong>en neuen Arbeitsplatz anzunehmen.<br />
Lösungen des <strong>Moral</strong>-hazard Problems in der Versicherungswirtschaft:<br />
- gegen manche Risiken kann man sich nicht versichern.<br />
- Selbstbeteiligung: Wenn der Versicherte <strong>ein</strong>en Teil des<br />
Schadens selbst trägt, dann wird der Anreiz zu riskantem<br />
Verhalten geringer.<br />
- Selbstbeteiligung + Risikoaversion: Ist der Versicherte<br />
hinreichend risikoavers, so kann <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e Selbstbeteiligung<br />
ausreichen, um das moralische Risiko zu eliminieren.<br />
Betrachte folgendes Beispiel: Ein gutes Fahrradschloss kostet x Euro<br />
mehr als <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>faches Schloss. <strong>Die</strong> Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit <strong>ein</strong>es <strong>Die</strong>bstahls<br />
verringert sich mit gutem Schloss um 10%. Das Fahrrad ist 200 Euro<br />
wert.<br />
Im Erwartungswert lohnt sich der Kauf des guten Schlosses, wenn x < 20<br />
(10% von 200). Wenn der Radfahrer k<strong>ein</strong>e Versicherung hat, wird er das<br />
Schloss zu <strong>ein</strong>em Preis x < 20 kaufen.<br />
Bei Versicherung ohne Selbstbeteiligung besteht k<strong>ein</strong> Anreiz das teure<br />
Schloss zu kaufen, sofern x > 0.<br />
Selbstbeteiligung von 10%: Wenn das Rad gestohlen wird, erleidet der<br />
Versicherungsnehmer <strong>ein</strong>en Verlust von 20 Euro. Durch das bessere<br />
Schloss kann er die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit für diesen Verlust um 10%<br />
reduzieren. Ist der Versicherungsnehmer risikoneutral, dann wird er das<br />
Schloss nur kaufen, wenn x < 2.<br />
2
Angenommen der Versicherungsnehmer ist sehr risikoavers. Der Kauf<br />
<strong>ein</strong>es Schlosses wirkt wie <strong>ein</strong>e weitere Versicherung durch die <strong>ein</strong><br />
Verlust von 20 € mit Wkt. 10% vermieden werden kann. Das<br />
Sicherheitsäquivalent liegt (je nach Risikoaversion) zwischen 2 und 20 €.<br />
Ein hinreichend risikoaverser Versicherungsnehmer ist bereit, 10 € für<br />
<strong>ein</strong> Schloss zu zahlen, um den Verlust von 20€ mit 10% Wkt. zu<br />
vermeiden.<br />
Warum entsteht im Bankensektor moral hazard?<br />
Beispiel aus Aschinger (S. 64ff)<br />
Anlagebetrag 100 €, Anlagedauer 1 Jahr<br />
2 mögliche Anlagen:<br />
Anlage S zahlt mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 105 € (Zustand 1)<br />
� erwarteter Ertrag 110<br />
� Standardabweichung σ =<br />
mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 115 € (Zustand 2)<br />
( 115<br />
−110)<br />
2<br />
+ ( 105<br />
2<br />
−110)<br />
2<br />
= 5<br />
Anlage R zahlt mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 60 € (Zustand 1)<br />
� erwarteter Ertrag 95<br />
� Standardabweichung σ =<br />
Effizient: Anlage S<br />
mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 130 € (Zustand 2)<br />
( 60<br />
− 95)<br />
2<br />
+ ( 130 − 95)<br />
2<br />
2<br />
= 35<br />
3
Betrachte <strong>ein</strong>e Bank, die zwischen den beiden Anlagen entscheidet. <strong>Die</strong><br />
Bank finanziert sich zu 100% aus Depositen und hält nur <strong>ein</strong>e Anlage.<br />
Der Depositenzins beträgt 4%.<br />
Anlage S => Gewinn der Bank im Zustand 1: 105 – 104 € = 1 €<br />
Gewinn der Bank im Zustand 2: 115 – 104 € = 11 €<br />
� erwarteter Gewinn = 6 €<br />
Anlage R => Im Zustand 1 deckt der Ertrag nicht die Kosten:<br />
60 – 104 € < 0<br />
=> Bank ist pleite. Ausschüttung an Eigentümer = 0<br />
Der Verlust wird von Depositären getragen.<br />
Gewinn der Bank im Zustand 2: 130 – 104 € = 26 €<br />
� erwarteter Gewinn = 13 €<br />
Anlage R verspricht dem Eigentümer der Bank <strong>ein</strong>en höheren erwarteten<br />
Gewinn als Anlage S, obwohl Anlage S <strong>ein</strong>en höheren Erwartungswert<br />
und <strong>ein</strong>e geringere Varianz der Auszahlungen aufweist.<br />
� Bank wird Anlage R wählen.<br />
versprochene Rückzahlung an die Depositäre: 104 €.<br />
Depositäre können absehen, <strong>dass</strong> die Bank Anlage R wählt.<br />
im Zustand 1: Bank ist pleite und kann nur 60 € zurückzahlen.<br />
im Zustand 2: 104 €<br />
� erwartete Rückzahlung = 82 € < 100 €<br />
� Depositäre werden der Bank k<strong>ein</strong> Geld leihen.<br />
Marktzusammenbruch.<br />
4
Eine Depositenversicherung würde dies beheben, aber dann würde die<br />
Depositenversicherung mit Wkt. ½ <strong>ein</strong>en Verlust von 44 € erleiden. Der<br />
müsste aus Prämien oder Steuern bezahlt werden.<br />
Am Ergebnis der Investition in die ineffiziente Anlage R würde sich nichts<br />
ändern.<br />
Eigenkapitalanforderung: <strong>Die</strong> Bank muss mindestens <strong>ein</strong>en Anteil x<br />
ihrer Forderungen durch Eigenkapital finanzieren<br />
(entspricht der Selbstbeteiligung des Versicherten im Schadensfall).<br />
Wie hoch muss das EK s<strong>ein</strong>, damit die Bank Anlage 1 wählt? Ein Anteil<br />
1-x wird durch Depositen finanziert. Depositenzins 4%<br />
Anlage S zahlt mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 105 € (Zustand 1)<br />
mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 115 € (Zustand 2)<br />
Gewinn der Bank im Zustand 1: 105 – (1 – x) 104 € = 1 + 104 x<br />
Gewinn der Bank im Zustand 2: 115 – (1 – x) 104 € = 11 + 104 x<br />
� erwarteter Gewinn = 6 + 104 x<br />
Anlage R zahlt mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 60 € (Zustand 1)<br />
mit Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit ½: 130 € (Zustand 2)<br />
Gewinn der Bank im Zustand 1: 60 – (1 – x) 104 € = 104 x - 44<br />
Falls x < 44/104 = 42,3%, ist die Bank pleite.<br />
Gewinn der Bank im Zustand 2: 130 – (1 – x) 104 € = 104 x + 26<br />
� erwarteter Gewinn = ⎨<br />
⎩ ⎧104x<br />
− 9<br />
52x<br />
+ 13<br />
falls<br />
falls<br />
x ≥ 0,<br />
423<br />
x < 0,<br />
423<br />
5
Reicht <strong>ein</strong>e EK-quote von x < 42,3%?<br />
Erwarteter Gewinn aus S: 104 x + 6<br />
Erwarteter Gewinn aus R: 52 x + 13<br />
Wann ist der erwartete Gewinn aus S größer als aus R?<br />
104 x + 6 > 52 x + 13 52 x > 7 x > 13,46%<br />
Wenn die Bank mindestens 13,46% EK investiert, dann hat sie <strong>ein</strong>en<br />
Anreiz Anlage S anstatt R zu wählen.<br />
Das Problem ist die beschränkte Haftung („limited liability“). Im Verlustfall<br />
haftet der Eigentümer nur bis Höhe des Eigenkapitals. Darüber<br />
hinausgehende Verluste werden von Fremdkapitalgebern (Depositären)<br />
getragen (externer Effekt). Im Gewinnfall fließt der zusätzliche Gewinn<br />
<strong>ein</strong>er riskanteren Anlage an den Eigentümer der Bank.<br />
<strong>Die</strong>ses Problem tritt im Prinzip bei jedem Unternehmen auf.<br />
Aber: An kl<strong>ein</strong>en Unternehmen sind die Manager meist maßgeblich<br />
beteiligt. <strong>Die</strong>jenigen, die entscheiden, haben auch viel zu verlieren. Je<br />
nach Rechtsform gibt es außerdem <strong>ein</strong>e Nachschusspflicht (Haftung<br />
durch <strong>ein</strong>en Teil des Privatvermögens). Wenn der Eigentümer dann auch<br />
noch risikoavers ist, hat er k<strong>ein</strong>en Anreiz übermäßige Risiken<br />
<strong>ein</strong>zugehen.<br />
1. Je höher der EK-Anteil desto geringer das moralische Risiko<br />
2. Je größer die Risikoaversion, desto geringer das moralische<br />
Risiko.<br />
6
Institutionelle Anleger verhalten sich eher risikoneutral.<br />
� Je größer der Anteil institutioneller Anleger an den EK-gebern,<br />
desto schlechter kann der EK-Anteil den Anreiz zu riskantem<br />
Verhalten kompensieren.<br />
- <strong>Die</strong>s betrifft Aktiengesellschaften eher als GmbHs.<br />
- Hedgefonds und Investmentbanken haben fast nur<br />
institutionelle Eigentümer (meist andere Banken oder Fonds)<br />
� Bei Hedgefonds und anderen Bankeigenen Finanzinstituten ist<br />
das moralische Risiko besonders groß.<br />
Unternehmen haben <strong>ein</strong>en Anreiz sich durch FK zu finanzieren, um<br />
dadurch den Hebel („leverage“) zu vergrößern. In Banken sind die Hebel<br />
traditionell sehr groß, da sie als Intermediäre agieren.<br />
� Banken finanzieren sich zu ca. 90% durch Fremdkapital.<br />
� Je geringer der EK-Anteil, umso höher das moralische Risiko.<br />
Um das moralische Risiko zu beschränken werden Banken reguliert.<br />
→ Basel I und II<br />
7
Basel I (1988 beschlossen, 1992 in Kraft getreten): Kredite an<br />
Privatkunden müssen mit mind. 8% EK hinterlegt s<strong>ein</strong>.<br />
� Der durchschnittliche EK-Koeffizient von Banken in den G-10-<br />
Staaten stieg von 1988 biss 1992 von 9,3% auf 11,2%.<br />
Deutsche Banken haben heute EK-Anteile von 10% – 14%.<br />
� Übererfüllung der Quote. Warum?<br />
Der Hauptgrund ist <strong>ein</strong>en Puffer zu schaffen: Wenn Verluste<br />
entstehen, wird das EK abgeschmolzen. Eine Bank, die nur 8%<br />
EK hat muss bei Verlusten Kredite zurückfordern oder<br />
verkaufen, um wieder auf 8% zu kommen.<br />
Dazu <strong>ein</strong> Beispiel: Ausgangssituation<br />
Forderungen an<br />
Privatkunden 100 Mio<br />
H S<br />
Depositen (FK) 92 Mio<br />
EK 8 Mio<br />
Angenommen, es fallen Forderungen in Höhe von 1 Mio aus.<br />
� Verlust von 1 Mio reduziert das EK<br />
H S<br />
Forderungen 99 Mio Depositen (FK) 92 Mio<br />
EK 7 Mio<br />
=> EK-quote ist jetzt nur noch 7/99 = 7,07%.<br />
Um auf 8% zukommen, muss die Bank entweder frisches EK<br />
<strong>ein</strong>werben oder Forderungen an Privatkunden auflösen.<br />
8
Hier: Bank löst Forderungen in Höhe von 11,5 Mio auf und erwirbt<br />
dafür Staatspapiere, die k<strong>ein</strong>er EK-quote unterliegen.<br />
H S<br />
Forderungen 87,5 Mio Depositen (FK) 92 Mio<br />
Staatsbonds 11,5 Mio EK 7 Mio<br />
=> EK-quote liegt wieder bei 7/87,5 = 8%.<br />
<strong>Die</strong> vorzeitige Auflösung von Forderungen ist jedoch meist mit<br />
Verlusten verbunden.<br />
Beispiel: Verkauf von Forderungen zu 95% des Nennwertes. Ein<br />
Verkauf von Forderungen über 11,5 Mio erlöst dann nur 0,95 * 11,5<br />
= 10,925 Mio. Es entsteht <strong>ein</strong> weiterer Verlust von 5% auf die<br />
verkauften Forderungen (0,05 * 11,5 = 0,575 Mio)<br />
H S<br />
Forderungen 87,5 Mio Depositen (FK) 92 Mio<br />
Bonds 10,925 Mio EK 6,425 Mio<br />
=> EK-quote liegt nur bei 6,425/87,5 = 7,34%.<br />
Wenn die Auflösung von Forderungen mit Verlusten verbunden ist,<br />
dann müssen weit mehr Forderungen verkauft werden, um den EK-<br />
Anteil wieder auf 8% zu bringen.<br />
9
Rechenaufgabe: <strong>Die</strong> Bank mit der Bilanz aus der<br />
Ausgangssituation muss Forderungen in Höhe von 1 Mio<br />
abschreiben. Der Verkauf von Forderungen ist nur zu 95% des<br />
Nennwertes möglich. Wie viele Forderungen muss die Bank<br />
verkaufen, um wieder <strong>ein</strong>e EK-quote von 8% zu erreichen?<br />
H S<br />
Forderungen 99 – x Depositen (FK) 92<br />
Bonds 0,95 x EK 7 – 0,05 x<br />
=> EK-quote<br />
7 − 0,<br />
05x<br />
≥<br />
99 − x<br />
⇔<br />
8%<br />
⇔<br />
7 −<br />
0,<br />
03x<br />
≥ 0,<br />
08⋅<br />
99 − 7<br />
0,<br />
05<br />
⇔<br />
x ≥<br />
x ≥<br />
0,<br />
08(<br />
99<br />
− x)<br />
0,<br />
08⋅<br />
99<br />
0,<br />
03<br />
− 7<br />
=<br />
30,<br />
667<br />
=> <strong>Die</strong> Bank muss Forderungen im Umfang von ca. 30,7 Mio<br />
verkaufen.<br />
H S<br />
Forderungen 68,3 Mio Depositen (FK) 92 Mio<br />
Bonds 29,165 Mio EK 5,465 Mio<br />
=> EK-quote = 5,465/68,3 = 8%<br />
Um die ineffiziente Auflösung von Forderungen in Reaktion auf<br />
<strong>ein</strong>en unerwarteten Forderungsausfall zu vermeiden, halten die<br />
Banken normalerweise mehr EK als nötig.<br />
10
Kritik an Basel I<br />
1. K<strong>ein</strong>e Berücksichtigung des tatsächlichen Risikos, alle Kredite an<br />
Privatkunden werden gleich behandelt. Manche Staatsanleihen sind<br />
riskanter als Kredite an solvente Privatkunden.<br />
� <strong>Moral</strong>-hazard-Problem (Risikoarbitrage): Banken haben <strong>ein</strong><br />
Interesse daran, besonders riskante Kredite zu vergeben.<br />
Fehlender Anreiz zu effizienter Risikoallokation und<br />
Risikobewertung.<br />
2. Der Markt wird über die Risikopositionen nicht informiert. Anleger<br />
können nicht unterscheiden zwischen <strong>ein</strong>er Bank, die hohe Risiken<br />
<strong>ein</strong>geht, und <strong>ein</strong>er Bank mit niedrigen Portfoliorisiken.<br />
� Banken, die hohe Risiken <strong>ein</strong>gehen, können höhere<br />
Depositenzinsen versprechen. Da die Anleger das Risiko nicht<br />
beobachten können, wechseln sie von sicheren zu unsicheren<br />
Banken. Sichere Banken werden aus dem Markt gedrängt.<br />
Um diese Probleme zu beheben, wurde Basel II ver<strong>ein</strong>bart<br />
(verpflichtend seit Anfang 2008)<br />
3 Säulen:<br />
1. Mindestkapitalanforderung<br />
2. Bankenaufsicht / supervision<br />
3. Marktdisziplin / Offenlegungspflicht<br />
11
ad 1. Mindestkapitalanforderung<br />
Neu: Risikogewichtung, Einbeziehung des operationellen Risikos<br />
(Verlustrisiko durch das Versagen bankinterner Prozesse)<br />
Umsetzung bietet 2 Möglichkeiten:<br />
(i) Standardansatz,<br />
EK-quoten abhängig von externen Ratings der <strong>ein</strong>zelnen Kredite<br />
• Option 1 – Risikogewichtung <strong>ein</strong>er Bank um <strong>ein</strong>e Stufe höher als diejenige des<br />
Sitzstaates, wobei <strong>ein</strong>e Begrenzung auf 100 % festgelegt wird.<br />
• Option 2 – Risikogewichtung entsprechend dem externen Rating der <strong>ein</strong>zelnen Bank<br />
(ii) Interne Ratings / „value-at-risk“-Modelle<br />
erlauben den Banken eigene Bewertungsmodelle zu konstruieren,<br />
in denen auch die Korrelationen zwischen den Risiken<br />
verschiedener Kredite <strong>ein</strong>bezogen werden können.<br />
<strong>Die</strong> Modelle müssen von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden.<br />
Nachteil: hoher Aufwand<br />
12
ad 2. Bankenaufsicht<br />
- Gegebenenfalls höhere EK-quote für besondere Risiken<br />
(Zinsänderungsrisiko, strategische Risiken, Marktrisiko im<br />
Konjunkturzyklus)<br />
- Kontrolle des Risikomanagements<br />
ad 3. Marktdisziplin<br />
Ziele:<br />
halbjährliche Veröffentlichung von Eigenkapital, Risikopositionen<br />
und Risikomessverfahren<br />
1. höhere EK-Ausstattung und effizientes Risikomanagement.<br />
Dadurch reduzierte Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit <strong>ein</strong>es Bankenzusammen-<br />
bruchs.<br />
2. geringere moral-hazard-Effekte, Vermeidung von Risikoarbitrage<br />
3. Signalfunktion: <strong>Die</strong> Fähigkeit EK aufzunehmen signalisiert den<br />
Märkten die Risiko<strong>ein</strong>schätzung der Bankeigentümer<br />
4. Beschränkung des Wettbewerbs. <strong>Gefahr</strong>, <strong>dass</strong> ohne EK-quoten <strong>ein</strong><br />
„race to the bottom“ stattfindet, d.h. <strong>dass</strong> jede Bank versucht <strong>ein</strong>en<br />
höheren Hebel (niedrigere EK-quote) anzusetzen und damit<br />
höhere EK-renditen zu erwirtschaften als die Konkurrenz.<br />
5. Offenlegungspflichten sollen es den Anlegern ermöglichen, die<br />
Risiken von Einlagen in verschiedene Banken besser zu<br />
beurteilen. => Riskante Banken müssen Risikoprämie zahlen.<br />
Preis: ineffizient hohe EK-quoten<br />
13
Markteffekte der Bankenregulierung:<br />
Betrachten wir noch mal das Beispiel der Bank, die Forderungen<br />
verkaufen muss, um die EK-quote zu erfüllen.<br />
Ein Verlust von 1 Mio führt dazu, <strong>dass</strong> Forderungen im Umfang von 30<br />
Mio verkauft werden müssen. Welche Effekte hat dies für den Markt?<br />
Wenn es sich um <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e Bank handelt und die ursprünglichen<br />
Verluste nur bei dieser Bank auftreten, ergeben sich k<strong>ein</strong>e weiteren<br />
Markteffekte.<br />
Wenn viele oder große Banken Forderungen in erheblichem Umfang<br />
verkaufen müssen, dann hat dies Effekte auf die Marktpreise.<br />
=> Preise sinken<br />
=> es müssen noch mehr Forderungen verkauft werden, um die EK-<br />
quote wieder herzustellen.<br />
Feedback-Effekt (<strong>ein</strong> „Teufelskreis“): Sinkende Wertpapierpreise<br />
zwingen die Banken Wertpapiere zu verkaufen, wodurch die<br />
Wertpapierpreise weiter sinken.<br />
=> es können negative bubbles entstehen!<br />
Wer kann den Teufelskreis durchbrechen?<br />
Anleger, die nicht reguliert sind und solche die sich überwiegend durch<br />
EK finanzieren, z.B. Privatanleger.<br />
14
Reformen von Basel II<br />
Hauptprobleme:<br />
1. Ratings sind konjunkturabhängig: Im Boom sind die Ratings gut,<br />
die Banken brauchen wenig EK. In der Rezession werden die<br />
ratings schlechter, die Banken stoßen an die EK-Grenzen.<br />
Eigentlich sollten die ratings konjunkturneutral s<strong>ein</strong>. <strong>Die</strong> Praxis<br />
zeigt jedoch, <strong>dass</strong> dies nicht erreicht wird.<br />
2. In der Rezession treten die meisten Verluste auf, Banken verlieren<br />
EK und müssen u.U. Forderungen verkaufen oder vergeben k<strong>ein</strong>e<br />
neuen Kredite („credit crunch“), weil sie die 8% nicht unterschreiten<br />
dürfen. Damit wirkt die EK-quote prozyklisch.<br />
3. EK-quote soll dafür sorgen, <strong>dass</strong> Banken Anreize zu effizienter<br />
Risikoallokation haben und bieten zugleich <strong>ein</strong>en Puffer vor der<br />
Insolvenz. Es müssen mind. 8% aller Forderungen ausfallen, bevor<br />
das EK aufgebraucht wird.<br />
Wenn die Banken die 8% nicht unterschreiten dürfen, dann werden<br />
sie gezwungen Forderungen unter weiteren Verlusten aufzulösen.<br />
Unter Umständen entsteht hierdurch erst die Insolvenz, die<br />
eigentlich vermieden werden soll.<br />
Lösungsmöglichkeiten:<br />
1. Höhere freiwillige EK-quoten (Puffer)<br />
2. Konjunkturabhängige EK-quoten (hohe Quoten im Boom,<br />
geringere Quoten in der Rezession)<br />
3. Ausnahmen von der 8%-Regel für Banken, die in Schwierigkeiten<br />
geraten (Hier wird es jedoch sehr schwer Ausnahmeregeln zu<br />
finden, die k<strong>ein</strong> moral-hazard-Problem hervorrufen).<br />
4. Variable Setzung der EK-quoten als Instrument der<br />
Konjunkturpolitik (vergleichbar dem Leitzins)<br />
15