mit Anita Ammersfeld und Hannes Gastinger Regie: Thomas Schendel
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theaterWal<br />
AusgAbe sepTember 2009 ☎ 512 42 00<br />
peter menasse<br />
politiker werden für ihre Leistungen viel<br />
zu wenig bedankt. Stets zum Wohle der<br />
Menschen tätig, müssen sie öfter Schimpf<br />
über sich ergehen lassen, als sie Schande anzurichten<br />
imstande sind. Nur einige wenige<br />
kommen in den Genuss einer echten Zuwendung,<br />
indem zum Beispiel eine Straße, ein<br />
Platz oder ein Boulevard nach ihnen benannt<br />
wird. Unsere Recherchen zeigen ein sehr uneinheitliches<br />
Bild, was diese Art der Ehrung<br />
betrifft. Oft werden wenig bedeutende Politiker<br />
auf bedeutenden Plätzen verewigt, dann<br />
wieder echte Heroen <strong>mit</strong> kleinen Stiegen in<br />
Außenbezirken belohnt oder es gehen wichtige<br />
Schicksalslenker überhaupt ganz leer<br />
aus.<br />
Der berühmte Wiener Hassprediger <strong>und</strong> Antise<strong>mit</strong><br />
des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts, der „Kommissar<br />
zur Ordnung der Israelitischen Angelegenheiten“<br />
Johann Arnezhofer muss sich trotz seiner<br />
Wortgewalt, die von Anderen folgsam in<br />
körperliche Gewalt gegen Juden umgemünzt<br />
wurde, <strong>mit</strong> einer kleinen Gasse zufrieden geben.<br />
Zumindest darf er sich aber darauf verlassen,<br />
dass die Wiener Politik sein Gässlein<br />
<strong>mit</strong> Zähnen <strong>und</strong> Klauen gegen alle Wünsche<br />
auf Umbenennung verteidigt.<br />
Besser getroffen hat es ein anderer Antise<strong>mit</strong>,<br />
der Bürgermeister Karl Lueger. Er wurde für<br />
sein Wirken <strong>mit</strong> einem großen Innenstadtplatz<br />
<strong>und</strong> einem Abschnitt der Ringstraße<br />
belohnt. So steht er jetzt in einer Reihe <strong>mit</strong><br />
Schubert, der Oper <strong>und</strong> den Schotten.<br />
Lebende Politiker werden in diesen demokratischen<br />
Zeiten kaum <strong>mit</strong> einer Straße gewürdigt.<br />
Erstaunlicherweise hält sich sogar<br />
der Freistaat Kärnten an diese Usance. Die<br />
Lippitzbachbrücke wurde erst nach dem Tod<br />
34 theaterWal<br />
des Landeshauptmanns in Jörg Haider-Brücke<br />
umbenannt. Vermutlich werden weitere<br />
Verkehrswege folgen.<br />
Manche Politiker wiederum sind bereits bei<br />
Amtsantritt in Besitz einer Straßenbezeichnung.<br />
Die ÖVP hat derzeit in Wien eindeutig<br />
die Nase voran. Der inzwischen abgetretene<br />
Spezialist für das Rabattwesen im Schuhhandel<br />
ist nahe dem Rathaus <strong>mit</strong> der Bartensteingasse<br />
verewigt. Der <strong>mit</strong> wenigen Aufgaben<br />
belastete Wissenschaftsminister der Republik,<br />
der auch ÖVP-Chef <strong>mit</strong> einer ebenso geringen<br />
Anzahl an Parteigängern <strong>und</strong> Wählern ist,<br />
kann zwei Straßen für sich reklamieren. Die<br />
Johannesgasse in der Wiener Innenstadt <strong>und</strong><br />
die Hahngasse im neunten Bezirk fügen sich<br />
harmonisch zum kleinen Schwarzen.<br />
Seine Schattenministerin von der SPÖ muss<br />
sich hingegen trotz Bildung, Kunst <strong>und</strong> Kultur<br />
<strong>mit</strong> der Schmiedgasse in Wiener Neustadt<br />
begnügen. Proletarisch korrekt, aber doch ein<br />
wenig entfernt vom Wiener Machtzentrum.<br />
Immerhin kann sie sich da<strong>mit</strong> trösten, dass es<br />
keine Neugebauergasse in Österreich gibt.<br />
Die Erste Nationalratspräsidentin verfügt<br />
hingegen über eine Straße am Alsergr<strong>und</strong>, die<br />
Pram(m)ergasse. Für den Dritten Präsidenten<br />
gibt es bei uns absolut keinen Platz.<br />
Eine bereits ältere Konstruktion in Wien ist<br />
nach dem amtierenden B<strong>und</strong>espräsidenten<br />
benannt. Die Fischerstiege ist gut gebaut,<br />
hat erfolgreich den Stürmen der Zeit getrotzt<br />
<strong>und</strong> hält sicherlich noch eine weitere<br />
Amtsperiode.<br />
Das führt uns zu den Prölls. Unweit der Erzbischofgasse<br />
im 13. Bezirk von Wien liegt sie,<br />
kolumne<br />
spielraum<br />
Von straßen, brücken <strong>und</strong> boulevards<br />
Oder: wo bitte liegt die menassegasse?<br />
die Pröllgasse. Ohne jetzt allzu verschwörungstheoretisch<br />
zu denken, muss doch erwähnt<br />
werden, dass aus diesem Wiener Gemeindebezirk<br />
der ehemalige B<strong>und</strong>eskanzler<br />
Wolfgang Schüssel stammt, dem im Übrigen<br />
keine Ortsbezeichnung gewidmet ist. Welchem<br />
Pröll nun die kleine Gasse in Hietzing<br />
gehört, ist noch nicht geklärt. Hier haben wir<br />
einen spannenden Wettlauf um die Ämter<br />
B<strong>und</strong>espräsident <strong>und</strong> B<strong>und</strong>eskanzler zu erwarten.<br />
Wer zuerst ankommt, dem gehört<br />
die Straße.<br />
In unserer, keine Vollständigkeit für sich beanspruchende<br />
Aufzählung sei noch die Gussenbauergasse<br />
in Wien Alsergr<strong>und</strong> erwähnt.<br />
Sucht man im Internet nach einer Faymanngasse<br />
wird man allerdings enttäuscht. Hier<br />
schlägt das Suchsystem die in Wieden gelegene<br />
Faulmannstraße vor. Davon aber distanzieren<br />
wir uns hier in aller Form <strong>und</strong> <strong>mit</strong><br />
Bedauern.<br />
Sprachlich am Schönsten wäre die Benennung<br />
eines Straßenzuges in Menassegasse. Und ob<br />
meiner Verdienste um den theaterWal auch<br />
höchst gerechtfertigt.<br />
Foto: Peter Rigaud