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PDF, 2 MB - Landeskrankenhaus

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geriatrie 2 im focus<br />

f Mangelernährung in der Geriatrie<br />

Wenn der Teller<br />

wieder stehen bleibt …<br />

»Essen und Trinken bedeutet für die<br />

meisten Menschen Lust und Genuss.<br />

Es ist ein sinnliches Erlebnis und<br />

ein wichtiger Bestandteil sozialen<br />

Lebens. Die richtige Ernährung ist<br />

bedeutsam für die Gesundheit und<br />

auch für die Lebensqualität im Alter.«,<br />

Zitat: Jörn Rebbe, »Genuss im<br />

Alter«<br />

Wenn aber Lust und Genuss des<br />

Essens immer mehr zum Frust<br />

wird, kann es zu einer der häufi<br />

gsten Erscheinungsbilder in der<br />

Geriatrie, der Mangelernährung,<br />

führen. Etwa 56% der geriatrischen<br />

Patienten weisen ein Risiko für eine<br />

Mangelernährung auf, dies wird<br />

durch ein Ernährungsscreennig<br />

auf der Grundlage anamnestischer<br />

Fragen, der Ermittlung des BMI`s,<br />

regelmäßiger Gewichtskontrollen<br />

und Erhebung der Blutwerte, festgestellt.<br />

Durch einen stetig anwachsenden<br />

Gewichtsverlust und einer<br />

auffällig ausgeprägten Appetitlosigkeit,<br />

sind die Folgen schwerwiegend<br />

und können zu schwerer körperlicher<br />

Schwäche, zu Gangstörungen,<br />

Sturzneigung, vermehrten Morbiditätsverlust,<br />

zu erhöhter Infektionsgefahr<br />

und einer deutlich längeren<br />

stationären Verweildauer führen.<br />

Besonders alarmierend ist, dass<br />

Patienten mit nachgewiesener<br />

Mangelernährung eine deutlich<br />

schlechtere Prognose und eine<br />

eingeschränkte Lebenserwartung<br />

Ein Thema wird in den Medien<br />

immer wieder aufgekocht, weil es<br />

immer akuter wird: Was geschieht<br />

mit den Senioren, wenn sie nicht<br />

mehr alleine leben können? Wir<br />

Deutschen werden immer älter.<br />

Gleichzeitig aber vermag uns Demenz<br />

die Freude auf einen sehr<br />

langen Lebensabend zu verderben.<br />

Sind unsere Eltern davon betroffen,<br />

der Partner, wir selbst?<br />

Dass man als Laie einen alten<br />

Menschen nur bedingt zu Hause<br />

versorgen kann, können die bestätigen,<br />

die es tun oder getan haben<br />

– irgendwann stößt man an seine<br />

Grenzen. Doch ein Seniorenheim<br />

muss nicht die einzige Alternative<br />

sein. An drei Standorten hat<br />

das <strong>Landeskrankenhaus</strong> (AöR)<br />

mit seinen Einrichtungen Geriatrische<br />

Tagesstätten errichtet, wo<br />

sich ausgewiesene Fachleute um<br />

die pfl egebedürftigen Senioren<br />

kümmern: In Alzey seit 2003, in<br />

Andernach wurde vor etwa vier<br />

Jahren aus einem ehemaligen<br />

Schwimmbad eine Tagesstätte<br />

und in Bingen besteht ein Angebot<br />

seit 2011. »Orientierende Tages-<br />

haben. Die häufi gsten Ursachen<br />

sind altersbedingte physiologische<br />

Veränderungen wie nachlassender<br />

Appetit, reduziertes Durstgefühl<br />

und eingeschränkte Geschmackswahrnehmung,<br />

aber auch verschiedene<br />

Erkrankungen, Medikamente<br />

und soziale Isolation.<br />

Für Angehörige und Pfl egepersonal<br />

ist der Umgang mit Patienten,<br />

die unter einer Mangelernährung<br />

leiden, eine anspruchsvolle Aufgabe,<br />

in dem viele Dinge hierbei<br />

berücksichtigt werden sollten. Wie<br />

die individuellen Speisewünsche,<br />

das Anbieten von Zwischenmahlzeiten,<br />

schaffen einer angenehmen<br />

Essensatmosphäre, hochwertige<br />

und kalorienreiche Lebensmittelauswahl<br />

und unter anderen das<br />

Anreichern und Anbieten von kalorienreicher<br />

Zusatznahrung.<br />

Für die meisten Angehörigen<br />

ist es sehr schwer zu begreifen,<br />

warum der zu Pfl egende die Nahrungsaufnahme<br />

verweigert – was<br />

doch so alltäglich erscheint, wird<br />

für manche Patienten regelrecht<br />

zur Qual. Oft klagen sie über ein<br />

Ekelgefühl vor dem Essen, Übelkeit<br />

bis hin zum Erbrechen.<br />

Häufi g tritt das Erscheinungsbild<br />

der Mangelernährung auch<br />

bei Demenzpatienten auf, hierbei<br />

sind die Ursachen ähnlich wie<br />

bei anderen Patienten. Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass sie oft<br />

die Nahrungsaufnahme vergessen<br />

f Geriatrische Tagesstätten<br />

»Wenige sind so spezialisiert«<br />

struktur und Aktivitäten stehen<br />

gleichrangig neben der qualitativ<br />

hochwertigen Pfl ege«, wird auf<br />

der Internetseite geworben.<br />

Diese drei Einrichtungen sind<br />

natürlich nicht die einzigen auf<br />

dem Markt. Doch, erklärt Karl-<br />

heinz Saage, Direktor des Heimbereichs<br />

der RMF Andernach, hier<br />

ist man spezialisiert, hier hat man<br />

ganz bewusst im Hinterkopf, dass<br />

man aus der Psychiatrie kommt.<br />

Foto: fotofund – Fotolia.com<br />

und kaum ein Hunger-<br />

und Sättigungsgefühl<br />

verspüren. Bei<br />

Demenzpatienten ist<br />

es besonders wichtig, wichtig, alle fünf<br />

Sinne miteinzubeziehen, besonders<br />

das Sehen und Tasten, hierzu<br />

eignen sich sehr gut Imbissstationen<br />

mit kleinen Knabbereien oder<br />

Fingerfood. Dadurch können die<br />

Patienten auf das Besteck verzichten,<br />

welches ihnen doch oft ein<br />

Hindernis darstellt. Da sich die<br />

Geschmackswahrnehmung im<br />

Alter und bevorzugt bei Demenzpatienten<br />

ändert, kann stärkeres<br />

Würzen die Nahrungsaufnahme<br />

verbessern, aber nicht zu salzig<br />

und zu sauer: Dies wird häufi g<br />

als Bitter empfunden. Viele Patienten<br />

bevorzugen Süßspeisen,<br />

da die Geschmacksnerven für<br />

süß am längsten erhalten bleiben.<br />

Auch durch fortscheitende<br />

Demenz oder hinzukommende<br />

Erkrankungen wie z.B. Schlaganfall,<br />

kann die Nahrungsaufnahme<br />

durch Schluckstörungen oder Lähmungserscheinungen,<br />

behindert<br />

werden, hierzu eignet sich das Anpassen<br />

der Konsistenz und Hilfsmittel,<br />

die die Nahrungsaufnahme<br />

erleichtern sollten.<br />

Die adäquate Deckung des Energiebedarfs<br />

und die Erhaltung einer<br />

bestmöglichen Lebensqualität<br />

sind in dieser Betreuungssituation<br />

als vorrangige Ziele zu sehen.<br />

Schlussendlich können die Bemühungen<br />

noch so groß sein. Der<br />

Patient entscheidet, was er isst<br />

und wie viel, man kann ihm nur<br />

die notwendige Unterstützung anbieten.<br />

Anne Lembert, Diätassistentin,<br />

Bad Münster π<br />

Das bedeutet, die Beschäftigten, die<br />

aus der Pfl ege und der Altenhilfe<br />

kommen, kennen die möglichen Verhaltensauffälligkeiten<br />

der alten Menschen,<br />

können gezielt damit umgehen,<br />

neue erkennen. »Es gibt relativ<br />

viele Tagespfl egeeinrichtungen, aber<br />

wenige sind so spezialisiert«, weiß<br />

Karlheinz Saage. Das zeigt sich u.a.<br />

auch in einer anderen Toleranzschwelle.<br />

Die speziell ausgebildeten<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

fakten zu den gts im bereich des landeskrankenhauses:<br />

- Erst prüfen, dann binden: Die Geriatrischen Tagesstätten bietet auf<br />

Wunsch die Möglichkeit, an unverbindlichen Schnuppertagen teilzunehmen.<br />

- Von Fachleuten geprüft: Der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen)<br />

prüfte die geriatrischen Einrichtungen. Die GTS Andernach<br />

erhielt im letzten Jahr die Note »Sehr Gut« (1,0).<br />

- Ein Arbeitgeber, der sich kümmert: Beschäftigte mit zu pfl egenden<br />

Angehörigen (Ehepartner, Eltern, Großeltern) erhalten die Möglichkeit<br />

auf einen Rabatt. Das ist ein Angebot des Arbeitgebers zur Unterstützung<br />

und zur Erhaltung des Arbeitsplatzes im Falle der Pfl ege<br />

von Angehörigen.<br />

wissen, wie sie mit den individuellen<br />

Auffälligkeiten umzugehen haben.<br />

Spätestens wenn man selbst einen<br />

Angehörigen in einer solchen Tagesstätte<br />

weiß, wird man diese Kompe-<br />

f Biografi e in der Geriatrie<br />

Erinnerung geben –<br />

Erinnerung leben<br />

Im Laufe eines langen Lebens<br />

kommt es zu vielen Schlüsselerlebnissen<br />

in denen Personen,<br />

Orte, Ereignisse eine wichtige Rolle<br />

gespielt haben. Diese Erlebnisse<br />

bilden den Rahmen der Lebensgeschichte<br />

eines jeden Menschen und<br />

seiner persönlichen Identität. Sie<br />

zeigt, wer wir sind und in welcher<br />

Beziehung wir zu unserer Umwelt<br />

stehen.<br />

Derzeit leben ca. 1,2 Millionen an<br />

Demenz erkrankte Menschen in<br />

Deutschland, für die es zu Problemen<br />

führen kann, sich an Erlebnisse<br />

ihres Lebens zu erinnern, besonders,<br />

wenn diese erst kurze Zeit<br />

zurück liegen. Der teilweise oder<br />

völlige Verlust der Fähigkeit, sich<br />

an Ereignisse zu erinnern, führt<br />

bei dem an Demenz erkrankten<br />

Menschen zu Frustration, Desorientierung<br />

und sozialem Rückzug.<br />

Was ist und was kann<br />

ein Erinnerungsalbum?<br />

So wie eine Brille das Sehen unter-<br />

tenzen zu schätzen wissen.<br />

Grundsätzlich gibt es keinen Anfang<br />

und kein Ende der Betreuung.<br />

Bestenfalls hat man ein Transportproblem.<br />

So gab es etwa in Andernach<br />

schon Anfragen aus Königswinter<br />

(Nähe Bonn). Hier steht die<br />

lange Fahrtzeit im Weg, was nicht<br />

nur Kosten bedeutet, sondern auch<br />

eine große Belastung für die Senioren.<br />

Da stößt dann auch das Angebot,<br />

die Gäste der Tagesstätte abzuholen<br />

und abends wieder nach<br />

Hause zu bringen, an seine Grenzen.<br />

Diese Grenzen sind sonst<br />

aber sehr gering. Der Aufenthalt<br />

in der Geriatrischen Tagesstätte<br />

darf keine Belastung sein, andere<br />

dürfen nicht darunter leiden, z.B.<br />

durch zu starke Aggressionen oder<br />

Suchtverhalten.<br />

Nickerchen am Nachmittag<br />

Die alten Menschen sollen den Tag<br />

in angenehmer Atmosphäre mit<br />

sinnvollen Aktivitäten verbringen.<br />

Mahlzeiten werden gemeinsam<br />

eingenommen. Es gibt etwa eine<br />

Zeitungsrunde am Morgen, auf<br />

den gewohnten Spaziergang muss<br />

nicht verzichtet werden, wer ein<br />

Nickerchen braucht, soll selbstverständlich<br />

auch das haben. Wichtig<br />

ist, dass die Gäste ihren individuellen<br />

Gewohnheiten nachgehen<br />

Foto: red.<br />

Foto: Wolfgang Willenberg<br />

05.2012 | 5<br />

stützt, so hilft das Anlegen eines Erinnerungsalbums<br />

beim Erinnern.<br />

Es beinhaltet Bilder, Urkunden,<br />

Zeugnisse, Briefe und Daten von<br />

wichtigen Momenten des Lebens<br />

von der Geburt bis zur Gegenwart.<br />

Zu jedem Eintrag sollte eine kurze<br />

Erklärung geschrieben werden.<br />

Es hilft dem Erkrankten seine,<br />

für ihn wichtige Erlebnisse im<br />

Gedächtnis zu behalten und die<br />

Erinnerung zu unterstützen. Dadurch<br />

wird seine Identität erhalten<br />

und ein Gefühl der Sicherheit, des<br />

Selbstvertrauens und der Selbstachtung<br />

vermittelt. Es unterstützt<br />

die Kommunikation mit den Betroffenen,<br />

die anhand des Albums<br />

aus ihrem Leben erzählen und positive<br />

Bestätigung erhalten.<br />

Den Pfl egenden zeigt es »Erinnerungsanker«<br />

auf, die helfen können,<br />

schwierige Situationen zu entschärfen<br />

oder aufzulösen. Sie lernen,<br />

das Handeln und die Antriebe der<br />

Erkrankten in den jeweiligen Situationen<br />

zu verstehen und können<br />

angemessen darauf reagieren.<br />

Ein Erinnerungsalbum kann<br />

Türen öffnen, wo diese schon verschlossen<br />

schienen. Jeder Mensch<br />

sollte seine eigene Biografi e niederschreiben,<br />

damit seine Werte,<br />

seine Persönlichkeit und seine<br />

Einstellung festgehalten werden<br />

und andere verstehen, warum wir<br />

sind, was wir sind. Gabi Daum, Pfl egeberaterin,<br />

Andernach π<br />

können. Bei selbstverständlichen<br />

Hilfen zur Pfl ege wird bei Bedarf<br />

auch mit dem Hausarzt oder dem<br />

ambulanten Pfl egedienst zusammen<br />

gearbeitet. Pfl ege gestaltet<br />

sich also individuell und orientiert<br />

sich an den psychischen und physischen<br />

Bedürfnissen der Gäste.<br />

Auch Angehörige<br />

erhalten Unterstützung<br />

Im Fokus stehen auf Wunsch aber<br />

auch die eingangs erwähnten pfl egenden<br />

Angehörigen. Wer einen<br />

Angehörigen pfl egt, stößt irgendwann<br />

an seine Grenzen – muss<br />

aber kein schlechtes Gewissen<br />

haben, wenn Angebote wie die<br />

Unterbringung in einer Geriatrischen<br />

Tagesstätte in Anspruch<br />

genommen werden. Angehörige<br />

haben daher die Möglichkeit, an<br />

den Angeboten der Tagesstätten<br />

teilzunehmen. Hinsichtlich der<br />

pfl egerischen Maßnahmen werden<br />

sie beraten und können angeleitet<br />

werden. Dies dient der Entlastung<br />

der häuslichen Pfl ege und<br />

der Vermeidung einer Heimunterbringung<br />

der Gäste. red. π

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