Altern als Chance - Alexianer Krankenhaus GmbH
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t i t E l<br />
„Ältere Konsumenten wollen moderne Produkte, wollen in der<br />
Werbung Menschen mit echten grauen Haaren und Falten. So wie<br />
im Jugendwahn der Code des richtigen Turnschuhs gilt, so gilt im<br />
Marketing für Ältere der Code des authentischen Gesichts“, meint<br />
Reidl. Ein überraschendes Ergebnis. Lange propagierten Marketingexperten<br />
ein einheitliches Konsumverhalten und kategorisierten<br />
nach Altersstufen. Alle Bedürfnisse in einen Topf zu stecken, erwies<br />
sich aber <strong>als</strong> Irrtum. Studien in den USA und Großbritannien haben<br />
das gezeigt.<br />
Das gefühlte Alter<br />
Fazit: Die bloße Zugehörigkeit zu einer Altersgruppe macht aus<br />
niemandem einen Best Ager. Die Erklärung ist simpel, denn jeder<br />
Mensch ist anders. Es kommt auf das persönliche Empfinden, <strong>als</strong>o<br />
auf das gefühlte Alter an. Davon weiß auch der 56jährige Komiker<br />
Helge Schneider ein Lied zu singen. In einem Interview sagte er<br />
2011 im WAZMedienportal „Der Westen“: „Ich könnte nicht mehr<br />
in die Disco gehen bis morgens um vier. Aber ich kann dafür morgens<br />
früher aufstehen. Außerdem kann man im Alter sogar lustiger<br />
sein. Da sieht man vieles nicht mehr so ernst wie in der Jugend … “<br />
Text: Britta Ellerkamp<br />
Im Alter in die<br />
Wohngemeinschaft<br />
Bremens Ex-Bürgermeister<br />
Henning Scherf über seine<br />
Erfahrungen mit Deutschlands<br />
wohl berühmtester<br />
Alters-WG und seine<br />
Vorstellungen vom Altwerden<br />
„Postpubertäre Romantiker“ wurden Henning Scherf (73) und<br />
seine Frau Luise von ihren Kindern genannt, <strong>als</strong> sie ihnen vor mehr<br />
<strong>als</strong> 20 Jahren das Projekt einer AltersWG vorstellten. „Unsere Kinder<br />
waren sich sicher, dass unser Vorhaben nicht funktionieren<br />
wird“, erinnert sich Scherf. Weit gefehlt – heute leben acht Personen<br />
im Alter zwischen 30 und 70 Jahren in Bremens Innenstadt in<br />
der Wohngemeinschaft, die von Anfang an <strong>als</strong> Mehrgenerationenhaus<br />
gedacht war.<br />
t i t E l 17<br />
Der Jurist, ehemalige Richter, ExBildungs und Justizsenator und<br />
Bremens ExRegierungschef Henning Scherf spricht voller Elan und<br />
mit viel Leidenschaft über die Wohngemeinschaft: „Unsere Türen<br />
sind immer offen, und auch unsere Kinder und Enkelkinder genießen<br />
heute unsere Wohngemeinschaft.“ Jedes Paar, jeder Single hat<br />
eine eigene Wohnung, die auch abgeschlossen werden kann. „Das<br />
hat in all den Jahren aber noch keiner von uns getan“, versichert<br />
Scherf.<br />
„Wenn ich über das Leben in unserer AltersWG berichte, muss ich<br />
auch über den Tod sprechen, da er auch zum Leben gehört”, sagt<br />
Henning Scherf. Die Vorstellung, allein sterben zu müssen, mache<br />
ihm Angst. „In unserer WG, so hoffe ich, werde ich, wenn die Zeit<br />
gekommen ist, von der Familie und Freunden sicher gut betreut.“<br />
Auf zu neuen Ufern<br />
„Man muss sich Gedanken über das Altwerden machen“, fordert<br />
Scherf auf. Er selbst habe nach dem Ende seines Arbeitslebens<br />
mehr Kraft, neue Dinge und Aufgaben anzugehen und sich einzubringen.<br />
Seit einiger Zeit spielt er Orgel. „Ich bin kein Virtuose auf<br />
dem Instrument, aber es macht einfach Spaß“, stellt er fest.<br />
„Mir ist es noch nie so gut gegangen“, bilanziert Scherf seine<br />
Situation. Wichtig sei, Struktur in sein tägliches Rentnerleben zu<br />
bringen. Hierzu gehören das gemeinsame Kochen in der Wohngemeinschaft<br />
genauso wie die Musik, das Malen und sportliche<br />
Aktivitäten. Alt werden, aktiv sein, gebraucht werden und Gesellschaft<br />
gestalten – hierfür plädiert Henning Scherf und engagiert<br />
sich in verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten. Er ist Schirmherr<br />
HelpAge Deutschland, Präsident des deutschen Chorverbandes<br />
und Vorsitzender von „pan y arte“, einer Organisation, die sich um<br />
Kunst und Kultur in der Entwicklungsarbeit kümmert, um nur drei<br />
seiner vielen Aktivitäten zu nennen.<br />
Schluss mit der Panikmache!<br />
„Leider wird das Alter von vielen immer noch <strong>als</strong> Angst und<br />
Panikthema vermittelt. Damit muss endlich Schluss sein“, verlangt<br />
Scherf. Er wünscht sich, dass sich Senioren über ihre <strong>Chance</strong>n,<br />
etwas Sinnvolles und Erfüllendes nach dem Berufsleben zu<br />
tun, bewusst sind. „Es ist ein großes Geschenk, dass wir anders<br />
alt werden <strong>als</strong> unsere Eltern und Großeltern und nach der Berufstätigkeit<br />
ein neues Leben beginnen dürfen.“ Ehrenamtliche Aufgaben<br />
könnten Struktur in den Rentneralltag bringen. „Das hilft nicht<br />
nur anderen, sondern kann dem eigenen Leben einen Sinn geben“,<br />
folgert Scherf – getreu seinem Motto: „Alt ist, wer mit 50 Prozent<br />
seiner Gedanken in der Vergangenheit ist. Jung ist, wer mit 50 Prozent<br />
seiner Gedanken in der Zukunft ist.“<br />
Text: Georg Beuke