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Altern als Chance - Alexianer Krankenhaus GmbH

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28 M E d i z i n<br />

M E d i z i n 29<br />

die<br />

schaufenster krankheit<br />

Gefäßerkrankungen werden oft unterschätzt. Dabei können sie<br />

Vorboten sein für Herzinfarkt und Schlaganfall<br />

Herz­ und Gefäßerkrankungen sind bei Frauen und Männern in Deutschland Todesursache<br />

Nummer eins. Allein jeder fünfte Erwachsene über 65 leidet an der peripheren arteriellen<br />

Verschlusskrankheit (PAVK). Bei der PAVK setzen sich die Becken­Bein­Arterien, die Hauptschlagadern<br />

in den Beinen, immer weiter zu. Folge ist eine Minderdurchblutung des Gewebes<br />

und der Muskeln mit starken Schmerzen beim Gehen.<br />

„Bei einer Herzerkrankung sind alle alarmiert. Wenn aber ‚nur’ eine Durchblutungsstörung<br />

vorliegt, unterschätzen viele die Erkrankung“, sagt Privatdozent Dr. Christoph Kalka, Vorstandsmitglied<br />

der Deutschen Gefäßliga. „Die mitunter tödliche Gefahr wird übersehen.“<br />

Gefäßerkrankungen sind sogenannte systemische Erkrankungen. Das bedeutet: Von einer<br />

Gefäßerkrankung ist meist der ganze Körper betroffen. So hat jeder zweite Erkrankte mit<br />

Durchblutungsstörungen in der Becken­Bein­Arterie zusätzlich eine Erkrankung der Herzkranzgefäße,<br />

die koronare Herzkrankheit. „70 Prozent der Betroffenen sterben an den Folgen<br />

eines Herzinfarktes. Die Lebenserwartung von PAVK­Patienten ist zehn Jahre geringer<br />

<strong>als</strong> bei Vergleichspersonen“, verdeutlicht Kalka. „Was die Gefäßerkrankung so gefährlich<br />

macht, ist ihr schleichender Verlauf.“ Die meisten Betroffenen haben keine Beschwerden,<br />

obwohl sich die Krankheit über Jahre hinweg langsam entwickelt. Die Schmerzen kommen<br />

dann meist plötzlich und in Schüben.<br />

Unfreiwillige zwischenstopps<br />

Dieter Farn* aus Brühl bei Köln ist PAVK­Patient. Sein Hausarzt verwies ihn an Dr. Kalka.<br />

„Ich hatte zunächst nur leichte Beschwerden beim Gehen“, erzählt der 63­Jährige. „Dann<br />

konnte ich nur noch einen Kilometer schmerzfrei gehen. Und die Strecke verringerte sich<br />

weiter. Ich blieb immer wieder vor Schaufenstern stehen, weil ich vor Schmerzen nicht<br />

mehr konnte.“ Wegen der unfreiwilligen Zwischenstopps trägt die Krankheit den volkstümlichen<br />

Namen Schaufensterkrankheit.<br />

In den meisten Fällen ist eine Arteriosklerose (Arterienverkalkung) die Ursache für die<br />

Schaufensterkrankheit. „Arterien sind die Blutgefäße, die das sauerstoffreiche Blut zu<br />

den Organen transportieren. Bei der Arteriosklerose werden Fett und Kalk in die Arterien­<br />

*Name von der Redaktion geändert<br />

wand eingelagert. Dadurch wird die Arterie<br />

allmählich geschlossen“, erklärt Kalka.<br />

Die Folge kann eine zunehmende Verengung<br />

der Arterien mit Verminderung des<br />

Blutflusses sein. Durch ein Gerinnsel kann<br />

das Gefäß aber auch plötzlich komplett verstopfen.<br />

Je nachdem, wo das passiert, drohen<br />

Herzinfarkt oder Schlaganfall; am Bein<br />

droht die Amputation einzelner Zehen bis<br />

hin zum gesamten Oberschenkel.<br />

schonende Eingriffe<br />

Der Gefäßexperte führt bei Gehbeschwerden<br />

im Wesentlichen zwei Untersuchungen<br />

durch: Er misst den Blutdruck an den<br />

Knöchelgefäßen und bestimmt hierüber<br />

den sogenannten Knöchel­Arm­Index (ABI),<br />

der die Durchblutung der Beine anzeigt.<br />

Dies erfolgt in Ruhe und nach Belastung<br />

auf dem Laufband mit gleichzeitiger Erhebung<br />

der schmerzfreien Gehstrecke. Farn<br />

hatte auf dem Laufband bereits bei 180<br />

Metern leichte Beschwerden, nach rund<br />

250 Metern konnte er nicht weiter gehen.<br />

Die Ultraschalluntersuchung bestätigte den<br />

klinischen Verdacht und lieferte klare Anzeichen<br />

dafür, dass ein Verschluss in der Oberschenkelschlagader<br />

vorlag.<br />

„Bei Gehbeschwerden rate ich zunächst zu<br />

einer konservativen Behandlung, etwa mit<br />

Gefäßsport, mediterraner Kost und Medikamenten. Wenn die Lebensqualität aber erheblich<br />

eingeschränkt ist oder eine bedeutsame Durchblutungsstörung vorliegt, kann der Verschluss<br />

mit einem Katheter aufgedehnt werden“, nennt Kalka Möglichkeiten der Behandlung.<br />

Ein Katheter besteht aus einem langen mit einem entfaltbaren Ballon verbundenen<br />

Kunststoffschlauch, der in die Arterie eingeführt wird. Wenn der Ballon mit Luft gefüllt<br />

wird, drückt er den Kalk in die Gefäßwand zurück und die Verstopfung ist gelöst.<br />

Eine weitere Methode ist die Aufdehnung des Gefäßes mit einem „Stent“, einem kleinen<br />

Rohr, das in die Arterie gesetzt wird und sie so offen hält. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich<br />

die Arterie mit Stent wieder schließt, liegt bei 20 bis 30 Prozent binnen eines Jahres.<br />

Im Unterschied zu chirurgischen Eingriffen wird der Patient bei diesen „interventionellen“<br />

Verfahren örtlich betäubt, nur winzige Hautschnitte sind nötig. In der Regel kann der Patient<br />

nach einer Bettruhe von sechs bis zwölf Stunden aufstehen und am Folgetag wieder<br />

ganz normal gehen.<br />

gesunde lebensweise<br />

Regelmäßige Nachuntersuchungen sind wichtig, um Komplikationen entgegenzuwirken.<br />

„Es ist nicht ganz einfach, die Gefäße unter Kontrolle zu halten“, betont Kalka, „weil die<br />

Gefäßverkalkung sich ständig weiterentwickelt.“ Der Patient muss durch seinen Lebensstil<br />

an seiner Gesunderhaltung mitwirken. Rauchen, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte<br />

und eine bestehende Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) erhöhen das Risiko für die Entstehung<br />

und das Fortschreiten einer Gefäßerkrankung. „Wer seinen Gefäßen etwas Gutes<br />

tun will, sollte sich deshalb ausgewogen ernähren mit viel Gemüse und wenig Fleisch, sich<br />

regelmäßig bewegen, nicht rauchen und wenig Alkohol, sonst aber mindestens anderthalb<br />

Liter Flüssigkeit täglich trinken“, gibt Kalka praktische Tipps.<br />

Dieter Farn hat sich nach seiner Katheterbehandlung sehr gut erholt und achtet auf seinen<br />

Lebensstil. Seit dem Eingriff ist er Mitglied in einer Gefäßsportgruppe. Gemeinsam<br />

mit anderen trainiert er einmal wöchentlich unter fachlicher Anleitung. Die Teilnehmer<br />

gehen gemeinsam, auch auf den Zehen und über verschiedene Materialien, sie machen<br />

Streck­ und Dehnübungen. Dieter Farn hat<br />

seine Lebensqualität zurückerlangt: Endlich<br />

ist er auch wieder wie vor seinen Beschwerden<br />

<strong>als</strong> Fußball­Schiedsrichter unterwegs –<br />

ohne Schmerzen!<br />

Text: Karina Kirch / Manuela Wetzel<br />

Foto: Mascha Lohe<br />

Weitere Informationen:<br />

www.deutsche­gefaessliga.de<br />

der Experte<br />

Privatdozent Dr. med.<br />

Christoph Kalka (46),<br />

Facharzt für Innere<br />

Medizin und Angiologie,<br />

ist Chefarzt<br />

der Inneren Medizin I<br />

– Kardiologie / Angio-<br />

logie am Marien-<br />

hospital Brühl. Er hat einen Lehrauftrag der<br />

Universität zu Köln und ist Vorstandsmitglied<br />

der Deutschen Gefäßliga e. V. Die Angiologie<br />

befasst sich <strong>als</strong> Teilgebiet der Inneren Medizin<br />

mit Gefäßerkrankungen. Für ihre Forschung zur<br />

Schaufensterkrankheit erhielten Kalka und seine<br />

frühere Forschungsgruppe am Universitätsklinikum<br />

in Bern (Schweiz) in den letzten Jahren<br />

mehrere Preise.

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