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Altern als Chance - Alexianer Krankenhaus GmbH

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8 i M B l i c k<br />

i M B l i c k 9<br />

Ob Generation X, Golf oder Praktikum –<br />

Altersgruppen zu kategorisieren, liegt im<br />

Trend. Die Medien verwenden den Begriff<br />

immer wieder, um Menschen zu beschreiben,<br />

die im gleichen Zeitraum geboren<br />

wurden. Aufmerksamkeit ist garantiert.<br />

Dabei steckt in einer Generation viel mehr,<br />

<strong>als</strong> ihr Beiname vermuten lässt.<br />

die „gefühlte“ gemeinschaft<br />

„Eine Generation bedeutet auch immer<br />

ein großes Versprechen“, sagt Dr. Ulrike<br />

Jureit, Historikerin und Generationenforscherin<br />

am Hamburger Institut für Sozialforschung.<br />

„Und zwar ein Gemeinschaftsversprechen.<br />

In Zeiten von Globalisierung<br />

Wenn alle am gleichen<br />

strang ziehen …<br />

Der Generationenbegriff bietet Menschen im gleichen Alter eine Plattform<br />

für Gemeinsamkeit − und gleichzeitig <strong>Chance</strong>n zur Veränderung<br />

und schwieriger Identifikation mit der eigenen Nation ist der Generationenbegriff sehr<br />

gefragt. Viele Menschen suchen heute nach Orientierung. Und finden sie in der eigenen<br />

Generation.“<br />

In der Wissenschaft gibt es zwei Modelle einer Generation. Die eine Vorstellung bezieht<br />

sich auf die Familie. Großeltern und Eltern bilden die alten Generationen, Kinder und<br />

Enkel die neuen. Das zweite Modell gibt es etwa seit dem 18. Jahrhundert. Menschen,<br />

die den gleichen Jahrgängen angehören, sind „gefühlt“ verbunden. Sie erfahren<br />

bestimmte Lebensphasen zur gleichen Zeit, stellen sich ähnliche Fragen und können<br />

gemeinsam Antworten suchen.<br />

zwischen Fortsetzung und Erneuerung<br />

Eine Generation birgt ein enormes Potenzial, ob politisch oder gesellschaftlich. Warum<br />

spielt die Vorstellung, einer bestimmten Generation anzugehören, eine solche Rolle?<br />

Das ist die zentrale Frage in der Generationenforschung. Interessant ist zudem, wie<br />

Generationen voneinander lernen können.<br />

Über das Generationenverhältnis werden Werte und Wissen nicht nur weitergegeben.<br />

„Sie werden auch ausgehandelt, verworfen, umgewandelt oder angepasst. Es geht immer<br />

wieder um Fortsetzung und Erneuerung“, verdeutlicht Jureit. Entweder eine Generation<br />

passt sich an oder sie geht auf die Barrikaden. Eine Kampfansage machte zum Beispiel die<br />

1968er­Generation, die sich gegen die bürgerliche Gesellschaft auflehnte. „Jeder politische<br />

Konflikt kann zu einem Generationenkonflikt werden. Vorsicht ist allerdings geboten,<br />

wenn der Generationenbegriff gesellschaftliche Probleme kaschiert“, sagt Ulrike Jureit.<br />

Ein garant für aufmerksamkeit<br />

Auch in den letzten 30 Jahren gibt es zahlreiche Beispiele für „gefühlte“ Gemeinschaften.<br />

1991 schrieb der Kanadier Douglas Coupland einen Bestseller über die „Generation X“. Sie<br />

bezeichnet die in den 1960er­ und 1970er­Jahren geborenen Menschen, die erstm<strong>als</strong> ohne<br />

Kriegserfahrung aufwuchsen. Die „Generation Golf“ hingegen umfasst Menschen, die in<br />

den 1980er­Jahren in der Bundesrepublik eine materiell sorgenfreie Jugend verbrachten.<br />

„Generation Praktikum“ (oder Generation Prekär) steht für eine Altersgruppe, die schlecht<br />

bezahlten Tätigkeiten in unsicheren beruflichen Verhältnissen nachgeht. Die „Generation<br />

C64“ ist nach einem der ersten Computer benannt und bezeichnet diejenigen, die mit<br />

digitalen Technologien aufwuchsen.<br />

„Wenn in den Medien Probleme generationell dargestellt werden, ist ihnen Aufmerksamkeit<br />

sicher“, erklärt Jureit die Häufung der Generationenetikettierung. Das hat auch wirtschaftliche<br />

Vorteile. Neue Generationen verkaufen sich gut – und machen Leser neugierig.<br />

Die Wissenschaft reagierte auf die Fülle der Veröffentlichungen zunächst mit Skepsis, weil<br />

die neuen Generationen unstrukturiert aus dem Nichts zu kommen schienen.<br />

zeichen des Umbruchs<br />

Für Ulrike Jureit ist das Aufkommen neuer Generationen ein Zeichen des Umbruchs.<br />

Eine zentrale Frage der heutigen jungen Generation sei zum Beispiel die berufliche<br />

Perspektive. „Die Menschen, die jetzt aus dem Arbeitsleben ausscheiden, haben noch<br />

ein Rundum­sorglos­Paket. Die heutigen 20­ bis 40­Jährigen werden das nicht mehr<br />

genießen dürfen. Das führt zu Konflikten zwischen den Generationen und lässt die<br />

Gesellschaft aufhorchen“, beschreibt<br />

Jureit die aktuelle Problematik.<br />

Eine Generation kann ihr Potenzial ausschöpfen.<br />

Besonders, wenn sie sich nicht<br />

über einen Kamm scheren lässt. „Den<br />

Begriff <strong>als</strong> bloße Sortierungshilfe zu verwenden,<br />

widerspricht diesem Potenzial“,<br />

verdeutlicht Jureit. Denn: Ein Angehöriger<br />

einer Generation hat immer auch noch viele<br />

andere Orientierungsmuster. Neben der<br />

eigenen Generation spielen Familie, Beruf,<br />

Nationalität und vieles mehr eine Rolle.<br />

Text: Karina Kirch<br />

Fotos: Mascha Lohe<br />

die Expertin<br />

Dr. phil. Ulrike Jureit<br />

(47) ist Historikerin<br />

und Gastwissen-<br />

schaftlerin der<br />

Hamburger Stiftung<br />

zur Förderung von<br />

Wissenschaft und<br />

Kultur. Sie schrieb<br />

das Fachbuch „Generationenforschung“<br />

(Vandenhoeck & Ruprecht).<br />

(Foto: Bodo Dretzke)

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