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Altern als Chance - Alexianer Krankenhaus GmbH

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22<br />

o r d E n t l i c H E s<br />

leben und<br />

glauben im Einklang<br />

Schwierige Zeiten für die<br />

katholische Kirche in Deutschland.<br />

Die Debatte um kirchliche<br />

Moralvorstellungen, die<br />

Zusammenlegung von Gemeinden<br />

und nicht zuletzt die Missbrauchsfälle<br />

sorgen für negative<br />

Presse. Jahr für Jahr treten<br />

zehntausende Katholiken aus<br />

der Kirche aus. Dennoch gibt<br />

es auch die anderen: Männer<br />

und Frauen, die den entgegengesetzten<br />

Weg einschlagen. Sie<br />

lassen sich im Erwachsenenalter<br />

taufen und werden dadurch<br />

Christen. Im Bistum Münster<br />

waren es 2010 immerhin 172,<br />

bundesweit 3.033 Männer und<br />

Frauen.<br />

Warum sich Erwachsene taufen lassen<br />

die gründe sind<br />

verschieden<br />

Oliver Lücke, Referent für Katechese<br />

im Bischöflichen Generalvikariat<br />

Münster, ist realistisch:<br />

„Viele Taufbewerber haben den Glauben <strong>als</strong> Lebensorientierung<br />

für sich entdeckt. Andere betrachten die Taufe ganz pragmatisch<br />

<strong>als</strong> Weg, sich in ein katholisch geprägtes Umfeld zu integrieren.<br />

Wer im katholischen Münsterland dazugehören möchte, der ist am<br />

besten auch Mitglied der Kirchengemeinde. Andere lassen sich taufen,<br />

weil sie einen katholischen Ehepartner haben oder ihre <strong>Chance</strong>n<br />

auf einen Arbeitsplatz bei kirchlichen Arbeitgebern erhöhen<br />

wollen.“<br />

Die Suche nach Gott ist ein zentrales Motiv. „Viele sind mit der<br />

eigenen inneren Lebenssituation unzufrieden“, erläutert Benediktinerpater<br />

Gottfried Meier. „Sie spüren, dass da noch etwas anderes<br />

sein muss.“ Pater Gottfried bereitet seit 2002 in Marienfeld im<br />

Münsterland Männer und Frauen auf die Taufe vor. Ob die Taufe<br />

auch schon einmal verweigert oder aufgeschoben wurde? Pater<br />

Gottfried hat so etwas noch<br />

nicht erlebt: „Die Menschen,<br />

die kommen, wollen ja getauft<br />

werden.“ Und auch wenn<br />

sich jemand schwertue, könne<br />

man das doch bei der Vorbereitung<br />

ins Gespräch bringen.<br />

Seit der Wiedervereinigung ist<br />

die Zahl erwachsener Taufbewerber<br />

gestiegen. Aber längst<br />

nicht jeder stammt aus den<br />

neuen Bundesländern. Auch<br />

in katholisch geprägten Landstrichen<br />

gibt es zunehmend<br />

Erwachsene, die <strong>als</strong> Kinder<br />

nicht getauft wurden. Zu den<br />

Bewerbern zählen Deutsche<br />

wie Nichtdeutsche, manchmal<br />

auch Angehörige anderer<br />

Religionsgemeinschaften.<br />

„Die Mehrzahl ist zwischen 25<br />

und 40 Jahren alt“, weiß Pater<br />

Gottfried. Aber es gibt natürlich<br />

auch ältere und jüngere<br />

Täuflinge. Denn <strong>als</strong> Erwachsener<br />

gilt in der Kirche, wer das 14. Lebensjahr vollendet hat.<br />

intensive Vorbereitung<br />

Wird ein Kind getauft, beschränkt sich die Vorbereitung oft auf<br />

ein Gespräch des Taufpriesters mit den Eltern und Paten. Bei der<br />

Erwachsenentaufe dauert die Vorbereitung, der sogenannte Katechumenat,<br />

mehrere Monate. Er findet für gewöhnlich in den Pfarrgemeinden<br />

selbst statt. Im Regelfall ist die Wohnortpfarrei auch die<br />

erste Anlaufstelle für Interessierte. Der Pfarrer meldet die Täuflinge<br />

dann beim Bistum an.<br />

Das idealtypische Modell des Bistums Münster teilt den Katechumenat<br />

in drei Phasen auf: Nach ersten Begegnungen findet eine<br />

Feier der Aufnahme in den Katechumenat statt. In der zweiten<br />

Phase lernen die Bewerber die wichtigsten Inhalte des katholischen<br />

Glaubens kennen: das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser und die<br />

Bibel. Zu den Meilensteinen zählen dabei die Feiern zur Übergabe<br />

des Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers. Bei der zentralen<br />

Zulassungsfeier im Münsteraner Dom stellen die Katecheten<br />

die Taufbewerber dem Bischof vor, in der Regel zu Beginn der Fastenzeit.<br />

Die Taufe selbst erfolgt dann nach alter Tradition in der<br />

Osternacht in der Pfarrkirche. Die dritte Phase der Vertiefung bis<br />

Pfingsten beschließt den Katechumenat. In den meisten Gemeinden<br />

beginnt die Vorbereitung allerdings erst am ersten Advent. Da<br />

nicht jede Gemeinde eine eigene Vorbereitung durchführt, finden<br />

sich Interessierte in Katechumenatsgruppen zusammen, die von<br />

einem erfahrenen Katecheten geleitet werden.<br />

Jede taufe ein Erlebnis<br />

Der Unterricht findet in Marienfeld alle zwei Wochen statt. Meistens<br />

dauert er zwei Stunden. Von der Vorbereitung profitiert auch<br />

das Umfeld, die schon getauften Lebenspartner, die Gemeinde und<br />

selbst die Katecheten. „Jede Taufvorbereitung war für mich ein<br />

Erlebnis“, lächelt Pater Gottfried. An einen Taufbewerber erinnert<br />

er sich besonders gern. Der junge Mann schrieb seine Doktorarbeit<br />

in Kunstgeschichte über die Abtei Marienfeld. Nach Abschluss seiner<br />

Studien ließ er sich 2011 taufen. Er hatte für sich erkannt, dass<br />

sich ihm dieser Ort nur erschloss, wenn er ihn auch aus der Perspektive<br />

des Glaubens betrachtete.<br />

Die Nachbereitung der Taufe ist ebenfalls ein Thema. „Viele Täuflinge<br />

fragen sich: Wo kann ich nachher andocken, mich weiter austauschen?“,<br />

sagt Oliver Lücke. Oft stelle es ein Problem dar, dass<br />

die Bewerber vor der Taufe eher die Exoten in der Gemeinde seien.<br />

Anschließend wären sie dann aber ganz „normale“ Christen. Das<br />

sieht Pater Gottfried ähnlich. Die Gruppe von 2010 etwa ist fest<br />

zusammengeblieben und trifft sich immer noch alle sechs bis acht<br />

Wochen zum Austausch.<br />

taufe, Firmung, Erstkommunion<br />

Wer <strong>als</strong> Kind getauft wurde, geht normalerweise mit acht oder<br />

neun Jahren zur Erstkommunion, später dann zur Firmung. Damit<br />

ist die sogenannte Initiation (Einführung) in das Christsein abgeschlossen.<br />

Ein Erwachsener wird deshalb in der Tauffeier zugleich<br />

gefirmt und geht zur ersten heiligen Kommunion. Auch Erwach­<br />

o r d E n t l i c H E s 23<br />

sene bekommen nach ihrer Taufe eine Kerze und haben einen Tauf­<br />

paten. Das kann der Ehepartner oder ein Freund sein. Wenn nötig,<br />

übernimmt ein Mitglied der Gemeinde diese wichtige Aufgabe.<br />

Und das Taufkleid? Hier muss Pater Gottfried passen. Statt eines<br />

ganzen Kleides wie bei Kleinkindern werde den Neugetauften ein<br />

weißer Taufschal umgelegt. Welche Tauffeier hat ihn besonders<br />

beeindruckt? Pater Gottfried überlegt einen Moment: „Die Taufe<br />

in der Osternacht 2011, da stimmte einfach alles, die äußere Feier<br />

und der innere Mitvollzug.“<br />

Oliver Lücke konstatiert mit Blick auf die Zukunft der Erwachsenentaufe,<br />

dass die Nachfrage „boomt“: „Die Zielgruppe wird größer,<br />

weil die alten Selbstverständlichkeiten wegbrechen.“ Die Zahl der<br />

Getauften könnte freilich höher sein, meint Pater Gottfried. Die<br />

Kirche müsste missionarischer wirken, überzeugt und offen sein.<br />

„Gastfreundliche Seelsorge“ nennt das Pater Gottfried. Ein Weg<br />

für die Kirche in schwierigen Zeiten? „In jedem Falle ein Weg für<br />

die Menschen“, ist Oliver Lücke überzeugt. Die getauften Erwachsenen<br />

bezeugen für ihn, was auch die Kirche verkündet: „Der<br />

Glaube hilft bei einem gelingenden Leben.“<br />

Text: Dr. Ralf Schupp<br />

Fotos: Ralph Man

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