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FORUM WARE - DGWT

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NACHHALTIGKEIT 5<br />

bzw. meta-physischen Pol. Im Zuge der praktischen Umsetzung der Ich-Gestaltung, der Ich-Entwicklung<br />

kommt nun zu der Dimension des Bezugsrahmens Innen - Außen eine weitere Dimension hinzu: die Dimension<br />

der physischen Materialität. Erst durch die Einbeziehung des Körpers, also durch das sichtbare Tun in den<br />

Prozess - Schütz beschreibt das als den „Vollzug des Pragma in der Leibbewegung“ (Schütz 1937/2003) –<br />

kommt Wirkung zustande. Der Individuationsprozess vollzieht sich immer auch im Spannungsfeld zweier<br />

weiterer Pole: dem physisch-materiellen und dem nicht-physischen, immateriellen Pol. Sowohl Sein als auch<br />

Wirken können immer auch nach dem Ausmaß physisch-materieller und nicht-physischer oder immaterieller<br />

Anteile betrachtet werden.<br />

<strong>FORUM</strong> <strong>WARE</strong> 38 (2010) NR. 1 - 4<br />

Abb. 2: Spannungsfelder der materiellen Dimension<br />

Der physisch-materielle Pol<br />

Zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse, also für das sog. „nackte“ Überleben, braucht der Mensch materielle<br />

Güter – Nahrungsmittel und Hilfsmittel, diese herzustellen, diese zu transportieren usf. Er braucht Güter<br />

um sich zu schützen, sich fortzubewegen und sich in seinem Umfeld zu behaupten. Der technisch-ökonomische<br />

Fortschritt ermöglichte eine immer effizientere Produktion immer mehr und immer komplexerer Güter,<br />

die nicht nur der Befriedigung physischer Bedürfnisse dienen. Hinzu kommt das Phänomen der Entlastung:<br />

das Nutzen vieler Konsumgüter erleichtert die alltäglichen Verrichtungen und tragen so zur physischen Entlastung<br />

der Menschen bei, dadurch werden wiederum Ressourcen frei, die (u.a. auch) für die Befriedigung<br />

nicht physischer Bedürfnisse genutzt werden können.<br />

Der nicht-physische immaterielle Pol (auch: der meta-physische Pol)<br />

Es fällt heute schwer zu glauben, dass der Mensch nur Physis und damit nur eine „Art biochemischer<br />

Melange“ sei (Howanietz and Spohn 1990). Der Geist, die Seele eines Menschen sind mit heutigen naturwissenschaftlichen<br />

Mitteln zwar nicht nachweisbar und bleiben daher für viele vorerst Phantom. Dennoch: ein<br />

Ich-Wesen trifft Entscheidungen, spürt Gefühle, steckt sich Ziele, die über Materielles hinausgehen, die materiell<br />

nicht ausreichend erklärbar und erreichbar sind. Und es scheint so, als führe dieser meta-physische Pol des<br />

Seins zu Bedürfnissen, die durch physische Güter, durch Konsumgüter nicht oder nur beschränkt befriedigbar<br />

sind.<br />

Wie in der Folge ausgeführt wird, sind materielle Güter, Dinge, Konsumgüter, Alltagsgegenstände nicht nur<br />

dem physischen Pol zuzuordnen und somit spielen Waren im Zuge Sein- und Wirken-Wollens eine wesentliche,<br />

in mancher Hinsicht unterschätzte, Rolle.<br />

3. Die Dialektik der Dinge: Identifikationspotenzial und Verpersönlichung<br />

Wenn man, wie Karl Marx, den Menschen nicht als Selbstbewusstsein (wie Georg Wilhelm Friedrich Hegel),<br />

sondern als ein in der gegenständlichen Welt tätiges Gattungswesen auffasst (Brockhaus 2004: 205), dann<br />

entfaltet sich der Mensch in der „tätigen Auseinandersetzung mit der Natur“ (dialektischer Materialismus).<br />

Dann ist die Materialisierung, die Vergegenständlichung von Ideen, die sowohl im Herstellprozess ebenso wie<br />

im Gebrauch von Gütern stattfindet, eine Entäußerung des Menschen, in welcher sich der Einzelne wiedererkennen,<br />

bestätigen und selbst verwirklichen kann.<br />

Aber der Umgang mit physisch-materiellen Gütern, mit Gegenständen, ist also ein über das Ding an sich<br />

hinausgehendes und vor allem kulturelles Phänomen. Dieses Phänomen umfasst mehr als den reinen Gebrauch<br />

eines Gutes, weil das den Gütern eigene Potenzial über die, durch ihre Verwendung erzielbare Bedürfnisbefriedigung<br />

hinausgeht – und dennoch nie alle Erwartungen erfüllt. Die Bedeutung von Gütern geht daher<br />

weit über ihre physisch-funktionalen Eigenschaften hinaus. Gerade in der Verknüpfung dieser „objektiven“<br />

Eigenschaften mit dem den Gütern inhärenten nicht-physischen Potenzial zur Identifikation und Projektion<br />

liegt jener Beitrag den Güter im Zuge des Individuationsprozesses leisten (können).

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