Liebe Kinder! - Reformierte Siebenten-Tags-Adventisten in Österreich
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6<br />
EINE BUCHBESPRECHUNG<br />
UND IHRE GESCHICHTE<br />
Im Oktober 2008 erschien <strong>in</strong><br />
Deutschland der Band von Johannes<br />
Hartlapp:<br />
„<strong>Siebenten</strong>-<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong><br />
im Nationalsozialismus“,<br />
Verlag V & R Unipress, Gött<strong>in</strong>gen,<br />
684 Seiten, 76 Euro,<br />
ISBN: 978-3-89971-504-0.<br />
Hartlapp lehrt an der Theologischen<br />
Hochschule Friedensau Kirchen- und<br />
Adventgeschichte. In diesem Monumentalwerk<br />
beschreibt er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
nüchternen Stil e<strong>in</strong>e der dunkelsten<br />
Seiten der Adventgeme<strong>in</strong>de, ohne<br />
viel zu beschönigen oder zu verheimlichen.<br />
Als Historiker ist er ja, anders<br />
als der Apologet, der Objektivität verpflichtet<br />
und an Fakten gebunden.<br />
Se<strong>in</strong>e Arbeit ist das Ergebnis jahrelanger<br />
Nachforschungen <strong>in</strong> Dutzenden<br />
von Archiven der ehemaligen DDR,<br />
der Bundesrepublik Deutschland,<br />
der Generalkonferenz der STA <strong>in</strong> den<br />
USA usw. Zudem hat er Hunderte<br />
von Briefen und Gesprächen ausgewertet.<br />
Jede Aussage, auch die explosivste,<br />
wird mit der entsprechenden<br />
geschichtlichen Quelle belegt.<br />
Das Buch verfolgt also ke<strong>in</strong>en<br />
Zweck der religiösen Propaganda<br />
oder Proselytenmacherei, sondern<br />
ist e<strong>in</strong> sachliches Handbuch der zeitgenössischen<br />
Kirchengeschichte<br />
und zeichnet nach, wie die Adventgeme<strong>in</strong>de<br />
dem Druck der Regierung<br />
im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg<br />
nachgab. Der Autor spannt e<strong>in</strong>en Bogen<br />
von den Anfängen bis etwa 1950<br />
und schildert auch den heldenhaften<br />
Widerstand der Mitglieder der Reformationsbewegung,<br />
e<strong>in</strong> Widerstand,<br />
den sie häufig mit dem Leben bezahlen<br />
mussten.<br />
In der Botschaft der drei Engel, (Offb.<br />
14, 6-13) mit ihrem Höhepunkt <strong>in</strong> Vers<br />
12, sahen die <strong>Adventisten</strong> ihre eigentliche<br />
Legitimation und Aufgabe: „Hier<br />
ist Geduld der Heiligen! Hier s<strong>in</strong>d die<br />
da halten die Gebote Gottes und den<br />
Glauben an Jesus!“ Gemäß diesem<br />
Bekenntnis konstituierten sie sich im<br />
Oktober 1861 als Geme<strong>in</strong>schaft mit<br />
folgendem Bekenntnis:<br />
„Wir, die Unterzeichneten, vere<strong>in</strong>igen<br />
uns hiermit als e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft,<br />
mit dem Namen <strong>Siebenten</strong>-<br />
<strong>Tags</strong>-<strong>Adventisten</strong>. Wir geloben, die<br />
Gebote Gottes und den Glauben an<br />
Jesus Christus zu halten.“ 1 Dies war<br />
ihr Glaubensbekenntnis und die Satzung,<br />
wozu sie sich hiermit verpflichteten.<br />
J. Hartlapp führt nun aus, wie<br />
es zu den tragischen Abweichungen<br />
hiervon, vor allem während der beiden<br />
Weltkriege kam.<br />
Was er allerd<strong>in</strong>gs auf fast 700 Seiten<br />
ausführt, können wir <strong>in</strong> diesem Rahmen<br />
nur kurz skizzieren:<br />
E<strong>in</strong> neuer Anfang<br />
<strong>in</strong> Deutschland unter<br />
Ludwig Richard Conradi<br />
„Vom ersten Tag se<strong>in</strong>es Wirkens<br />
als adventistischer Missionar prägte<br />
Conradi fast für e<strong>in</strong> halbes Jahrhundert<br />
die deutschen und darüber h<strong>in</strong>aus<br />
die mittel- und osteuropäischen<br />
Adventgeme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Lehre und Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />
maßgeblich. Die Identifikation<br />
g<strong>in</strong>g so weit, dass se<strong>in</strong>e Probleme<br />
schließlich auch die Probleme<br />
der deutschen STA wurden, deren<br />
Wirkung noch <strong>in</strong> der Gegenwart zu<br />
verspüren ist. […] Um e<strong>in</strong> möglichst<br />
großes Geme<strong>in</strong>dewachstum zu errei-<br />
1 A. Spald<strong>in</strong>g, Orig<strong>in</strong> and History…, 1949, Bd. I, S. 305<br />
chen, löste er sich <strong>in</strong> späteren Jahren<br />
von jenen theologischen Ansichten<br />
se<strong>in</strong>er amerikanischen Vorbilder,<br />
die <strong>in</strong> Deutschland auf heftigen Widerstand<br />
stießen, (Heiligtumslehre,<br />
E.G.White)“. 2<br />
“E<strong>in</strong>s aber ist unbestritten, Conradi<br />
hatte seit se<strong>in</strong>er Taufe 1878 nichts<br />
mit den Visionen von Ellen G. White<br />
anzufangen gewusst und sie als Prophet<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>frage gestellt oder gar abgelehnt.<br />
Vor dem Ausschuss der Mitteleuropäischen<br />
Division erklärte er:<br />
»Ihre Auslegungen waren für mich nie<br />
maßgebend.«“ 3<br />
Den Grund, dass Conradi se<strong>in</strong>e Pläne<br />
durchsetzen konnte, bis h<strong>in</strong> zur<br />
Gründung e<strong>in</strong>er europäischen Generalkonferenz<br />
<strong>in</strong> Rivalität zur amerikanischen,<br />
erklärt J. Hartlapp so: „Die<br />
Gründung der Europäischen Generalkonferenz<br />
ist wahrsche<strong>in</strong>lich nur deshalb<br />
möglich geworden, weil Conradi<br />
<strong>in</strong> Arthur G. Daniells e<strong>in</strong>en Freund<br />
und Mitstreiter gefunden hatte, der<br />
se<strong>in</strong> Missionskonzept befürwortete,<br />
mittrug und den man im gleichen Jahr<br />
zum Präsidenten der Generalkonferenz<br />
wählte.“ 4<br />
(Hier<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den wir auch e<strong>in</strong>e Erklärung<br />
für die parteiische Stellungnahme<br />
Daniells gegen die Vertreter der<br />
Reformationsbewegung bei den Friedensauer<br />
Verhandlungen 1922).<br />
Durch diesen E<strong>in</strong>fluss geprägt,<br />
schrieb Guy Dail, Sekretär der Division<br />
beim Ausbruch des Krieges<br />
1914, Folgendes an die Geme<strong>in</strong>den<br />
<strong>in</strong> Deutschland:<br />
„1. Als Nachfolger Christi sollten wir<br />
<strong>in</strong> diesen Tagen durch die Kraft Gottes<br />
uns als treue, gehorsame, zum Dienst<br />
bereite Untertanen unseres Landes<br />
zeigen […]<br />
2. Sollten wir, soweit wir im Heer stehen,<br />
oder <strong>in</strong>s Heer e<strong>in</strong>treten müssen,<br />
unsere militärischen Pflichten freudig<br />
und von Herzen erfüllen […] Aus Josua<br />
6 ersehen wir, dass die <strong>K<strong>in</strong>der</strong><br />
Gottes von den Kriegswaffen Gebrauch<br />
gemacht haben und auch am<br />
Sabbat den Kriegsdienst versehen<br />
2 Hartlapp, a.a.O., S, 35<br />
3 Ebenda, S. 227<br />
4 Ebenda, S. 49<br />
Der Sabbatwächter