Liebe Kinder! - Reformierte Siebenten-Tags-Adventisten in Österreich
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haben. […]- Rundschreiben An unsre<br />
lieben Geschwister, 2. August 1914. 5<br />
Zwei Tage später, am 4. August<br />
1914, richtete He<strong>in</strong>rich F. Schubert<br />
se<strong>in</strong> berüchtigtes Schreiben an das<br />
Kriegsm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. „…Während<br />
wir auf dem Grunde der Heiligen<br />
Schrift stehen und uns befleißigen,<br />
die Grundsätze des Christentums<br />
auszuleben, und daher auch den<br />
von Gott e<strong>in</strong>gesetzten Ruhetag, den<br />
Sonnabend (Sabbat), halten und jede<br />
Arbeit an demselben vermeiden, so<br />
halten wir uns doch verpflichtet, für<br />
die Verteidigung des Vaterlandes e<strong>in</strong>zustehen<br />
und auch am Sonnabend<br />
(Sabbat) unter diesen Umständen<br />
die Waffen zu führen […] Wir haben<br />
diesen unsern Grundsatz unseren<br />
Mitgliedern mitgeteilt und außerdem<br />
alle Geme<strong>in</strong>den ersucht, besondere<br />
Gebetsversammlungen anzusetzen,<br />
und von Gott den Sieg der deutschen<br />
Waffen zu erflehen. Sollte es dennoch<br />
vorkommen, dass e<strong>in</strong>gezogene <strong>Adventisten</strong><br />
den Dienst am Sabbat oder<br />
das Nehmen der Waffen verweigern,<br />
so wären wir Ew. Exzellenz sehr zu<br />
Dank verbunden, wenn die zuständigen<br />
unterstellten Kommandobehörden<br />
von unserm Grundsatz Kenntnis<br />
erhielten [...].“ 6<br />
Die Entstehung<br />
der Reformationsbewegung<br />
Auf den Seiten 92-101 se<strong>in</strong>es Buches<br />
erwähnt Johannes Hartlapp dann e<strong>in</strong>ige<br />
Verantwortungsträger, die Zweifel<br />
an der Haltung ihrer Leiter ausdrückten,<br />
oder sich zu e<strong>in</strong>em schwachen<br />
Protest ermannten. Leider übergeht<br />
er den starken Widerstand, der sich<br />
daraufh<strong>in</strong> von der Basis der Geme<strong>in</strong>schaft<br />
her, entwickelte. Auch die rigorose<br />
Gegenreaktion der Leitung mit<br />
Ausschlüssen und Geme<strong>in</strong>deauflösungen<br />
wird kaum erwähnt.<br />
Erst auf Seite 121 erfahren wir, dass<br />
das „grundsätzliche Verhalten der<br />
‚großen Geme<strong>in</strong>de’ zu den Protestgruppen<br />
schmerzhaft verdeutlicht,<br />
dass von Gewissensfreiheit <strong>in</strong> der<br />
Militärfrage und darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Adventgeme<strong>in</strong>den ke<strong>in</strong>e<br />
Rede se<strong>in</strong> konnte.“ Hier bestätigt er<br />
auch, dass e<strong>in</strong>zelne Reformer sogar<br />
notariell ausgeschlossen wurden.<br />
5 Ebenda, S. 89<br />
6 Ebenda, S. 90,91<br />
Jahrgang 85, nr. 2<br />
Für den Historiker beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de<br />
erst mit den Anfängen e<strong>in</strong>er<br />
Organisation. Während wir Reformer<br />
unseren Anfang auf die Ereignisse<br />
von 1914 datieren, schreibt J. Hartlapp<br />
auf S.101: „Aus den Gruppen opponierender<br />
<strong>Adventisten</strong> bildete sich<br />
schon 1915 e<strong>in</strong>e schwach organisierte<br />
Gruppierung, die sich den Namen<br />
Reformationsbewegung (Reformbewegung)<br />
gab. Über die Ereignisse der<br />
ersten Wochen nach Kriegsbeg<strong>in</strong>n<br />
liegen ke<strong>in</strong>e Berichte vor. Es sche<strong>in</strong>t<br />
sicher zu se<strong>in</strong>, dass noch 1914 e<strong>in</strong>zelne<br />
<strong>Adventisten</strong> wegen Kriegsdienstverweigerung<br />
verurteilt wurden, wenn<br />
auch die Behörden anfänglich von<br />
drastischen Strafen absahen.“<br />
(In der Fußnote wird aber auf e<strong>in</strong><br />
gutes Dutzend Beiträge zu den Ereignissen<br />
dieser Zeit aus Sicht der Reformation<br />
und STA verwiesen).<br />
Wie wurde die Geschichte<br />
aufgearbeitet?<br />
Als sich 1918 abzeichnete, dass der<br />
Krieg für Deutschland verloren war,<br />
und die Reformationsbewegung erstarkte,<br />
schien bei manchen Verantwortungsträgern<br />
der STA e<strong>in</strong>e Ernüchterung<br />
e<strong>in</strong>zukehren. Davon berichtet<br />
J. Hartlapp S. 93: „Diese massive<br />
Kritik an jeder Form der Beteiligung<br />
am letzten Krieg der Weltgeschichte<br />
brach schließlich - wenn auch erst<br />
e<strong>in</strong>ige Zeit später - sogar <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Geme<strong>in</strong>schaftsleitung mit großer<br />
Deutlichkeit hervor, als Georg W.<br />
Schubert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sitzung des Divisionsausschusses<br />
offen erklärte, dass<br />
Conradis Haltung die Ursache für das<br />
Entstehen der ‚Abfallbewegung’ gewesen<br />
sei.“ So pflegten die STA lange<br />
Zeit die Reformationsbewegung zu<br />
benennen.<br />
Bis 1920 begegneten sich die <strong>Adventisten</strong><br />
beider Lager <strong>in</strong> diesem<br />
rauen Ton. Hartlapp schreibt: „Wer<br />
gehofft hatte, dass nach dem Ende<br />
des Krieges die verhärteten Fronten<br />
zwischen den beiden Parteien gelockert<br />
werden könnten, wurde leider<br />
enttäuscht. Jetzt brauchte niemand<br />
mehr Rücksicht auf die äußeren Umstände<br />
des Krieges und mögliche<br />
staatliche Restriktionen zu nehmen.<br />
Conradi nutzte die Gelegenheit, um<br />
<strong>in</strong> der ersten Dezemberausgabe des<br />
‚Zionswächters’ noch e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong>e<br />
Begründung des Militärdienstes <strong>in</strong><br />
Kriegszeiten als Ausnahmesituation<br />
zu verteidigen und das Verhalten gegenüber<br />
den Reformern zu rechtfertigen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs räumte er e<strong>in</strong>: „Um<br />
unser Werk vor völliger Stilllegung<br />
zu bewahren, mussten wir wohl oder<br />
übel den Unterschied zwischen uns<br />
und der neuen Absplitterung klarlegen...“.<br />
7<br />
Die Reformer hofften auf e<strong>in</strong>e Klärung<br />
von Seiten der Generalkonferenz.<br />
Die erste Gelegenheit dazu<br />
ergab sich, als der Präsident der GK<br />
1920 nach Deutschland kam. „Auf Antrag<br />
der Gegenbewegung fand im Juli<br />
1920, am Rande e<strong>in</strong>er gesamtdeutschen<br />
Predigertagung, <strong>in</strong> Friedensau<br />
e<strong>in</strong>e Anhörung unter Vorsitz des Präsidenten<br />
der Generalkonferenz Arthur<br />
G. Daniells statt, bei der beide Seiten<br />
ihre Anklagepunkte vortrugen.“ 8<br />
Bei dieser Begegnung legten die<br />
Reformer vier Fragen vor, Conradi als<br />
Sprecher der STA neun. Die Reformer<br />
wollten wissen:<br />
„1. Wie stellt sich die Generalkonferenz<br />
zu der von der deutschen<br />
Leitung seit 1914 getroffenen Entscheidung<br />
bezüglich des vierten<br />
und sechsten Gebotes?<br />
2. Welcher Beweis wird uns erbracht,<br />
dass wir nicht den biblischen<br />
Weg gegen die Brüder e<strong>in</strong>geschlagen<br />
haben [...]?<br />
3. Wie steht die Generalkonferenz<br />
... zu den Zeugnissen von Schw.<br />
White...?<br />
4. Ist unsere Botschaft laut Offb.<br />
14,6-12 national oder <strong>in</strong>ternational?“ 9<br />
Conradi fragte unter anderem:<br />
„1. Hat unsere Leitung <strong>in</strong> Europa<br />
gefehlt, <strong>in</strong>dem sie während der Friedenszeit<br />
den Militärdienst unserer<br />
Brüder sowie den Schulbesuch unserer<br />
<strong>K<strong>in</strong>der</strong> am Sabbat duldete?<br />
2. Waren die Leiter der Gegenbewegung<br />
berechtigt, unter den<br />
schwierigen Umständen, <strong>in</strong> unseren<br />
Geme<strong>in</strong>den dauernd zu wühlen,<br />
Unruhe zu stiften, dieselben zu zerreißen<br />
und sich eigene Geme<strong>in</strong>den<br />
zu gründen...?“ 10<br />
Hartlapp kommentiert diese Fragen<br />
auf S. 142,143 wie folgt: „In den Ausführungen<br />
des Präsidenten der Generalkonferenz<br />
wurde deutlich, dass er<br />
7 Ebenda, S. 138 9 Ebenda, S. 140<br />
8 Ebenda, S. 139 10 Ebenda, S. 140