Schlesischer Gottesfreund
Schlesischer Gottesfreund
Schlesischer Gottesfreund
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
63. JAHRGANG – MÄRZ 2012 – NR. 3<br />
ISSN 1861- 9746 Verkaufspreis: 3,– Euro H 6114<br />
<strong>Schlesischer</strong> <strong>Gottesfreund</strong><br />
NACHRICHTEN UND BEITRÄGE AUS DEM EVANGELISCHEN SCHLESIEN<br />
Die Bethauskirche von Kammerswaldau, dem heutigen Komarno, bildet mit der alten katholischen Pfarrkirche ein einmaliges<br />
Ensemble. Nach Jahren des Verfalls wird nun viel unternommen, die Bethauskirche zu erhalten. (S. 37) Foto: Neß
Geistliches Wort 34<br />
GEISTLICHES WORT<br />
Das Gute Wort S. 34<br />
BEITRÄGE<br />
Trauer ... und … Dankbarkeit S. 35<br />
Pastor Herbert Rutz S. 36<br />
Die Kammerswaldauer<br />
Bethauskirche S. 37<br />
Ein großer König S. 40<br />
Ein junger Christ auf einer Südseeinsel sagte einmal<br />
zu einem deutschen Besucher im Laufe eines<br />
Gesprächs: „Sieh, Jesus hat zwei Dinge getan: er hat<br />
den Menschen, die in Not waren, geholfen, und er hat ihnen<br />
das Gute Wort gesagt.”<br />
Das Gute Wort, damit meinte er das Evangelium. Wie<br />
schlicht dieser Ausdruck! In Berichten aus Westafrika war<br />
ähnliches zu finden. Das Evangelium wurde von den Hörern<br />
als ein Gutes Wort bezeichnet. Wir wissen, daß unser<br />
deutsches Wort „Frohe Botschaft” sprachlich das Fremdwort<br />
Evangelium richtiger wiedergibt. Aber ob es uns nicht<br />
guttäte, wenn wir diesen allzu gewohnten Ausdruck einmal<br />
beiseite ließen? Vielleicht gibt es doch ein neues Aufhorchen,<br />
wenn wir das Evangelium mit manchen Brüdern in<br />
der weiten Welt einmal schlicht das Gute Wort nennen! Das<br />
Gute Wort Gottes, das Evangelium, ist eine Weltbotschaft.<br />
Es wendet sich an alle Menschen ohne Unterschied der<br />
Nation, des Geschlechtes und des Alters. Dieses Gute Wort<br />
wird heute in aller Welt gesagt. Menschen aus allen Völkern,<br />
die es hören, versammeln sich in der Gemeinde Jesu<br />
Christi.” –<br />
Diese Sätze sind zitiert aus einem weithin vergessenen<br />
Buch eines auch schon weithin vergessenen Mannes, durch<br />
dessen Leben und Wirken konkret geworden ist, was im<br />
Matthäus-Evangelium berichtet ist vom Heiland der<br />
Heiden: „Sie werden kommen vom Osten und vom Westen<br />
und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu<br />
Tisch sitzen.” (Matth. 8,5-13)<br />
Und mit diesen Zeilen im „<strong>Gottesfreund</strong>” soll an diesen<br />
Mann erinnert werden: Carl Paeschke, ehemals Superintendent<br />
und Pfarrer der Kirchengemeinde Niesky.<br />
Die Sendepforte<br />
Aktion früheres<br />
ev. Kirchspiel Karzen S. 41<br />
MELDUNGEN<br />
Ja, na klar, die Mittmann's S. 43<br />
BUCHEMPFEHLUNG S. 44<br />
VERANSTALTUNGEN S. 45<br />
AUS DER LESERGEMEINDE S. 46<br />
Wenn – in vorstehender Andacht – über die Verbindungen<br />
von Niesky zur weltweiten Missionsarbeit berichtet<br />
wird, darf die Arbeit der evangelischen Brüdergemeine<br />
nicht unerwähnt bleiben. Auf dem brüderischen Gottesacker<br />
liegt Georg Schmidt begraben, der bereits im 18.<br />
Jahrhundert (von 1737 bis 1744) im südlichen Afrika tätig<br />
war und bei den dortigen Missionskirchen unvergessen<br />
Das Gute Wort<br />
Ein wertvolles Dokument kehrt nach<br />
Schweidnitz zurück – Beitrag S. 43<br />
Carl Paeschke stammte aus Bunzlau und wurde dort im<br />
Jahre 1893 geboren. Nach dem Theologiestudium und einer<br />
Hauslehrerzeit trat er 1929 in das Berliner Missionshaus.<br />
Trotz einer guten fachlichen Ausbildung durfte er<br />
aber nicht als Missionar ausreisen, weil die Ärzte ihn als<br />
nicht tropentauglich ansahen. So wurde er zum Missionsinspektor<br />
berufen. Elf Jahre lang war er als Lehrer und<br />
Seminarleiter im Berliner Missionswerk tätig.<br />
1940 hat er dann das Gemeindepfarramt in Thommendorf<br />
bei Bunzlau übernommen. Von dort ist er zum 1.<br />
Dezember 1944 zum Superintendenten des Kirchenkreises<br />
Niesky berufen worden. Hier durchlebte er die Wirren des<br />
Kriegsendes, hier war er 19 Jahre lang Pfarrer und Superintendent.<br />
Am 31. Dezember 1966 ist er in den Ruhestand<br />
gegangen, der 2. Dezember 1969 ist sein Todestag.<br />
Die Verbindung zum Berliner Missionshaus haben Carl<br />
Paeschke und seine Frau Kaethe immer aufrecht erhalten.<br />
Die Kirchengemeinde hat bei Gemeindeabenden viele<br />
Mitarbeiter und Gäste des Missionshauses kennenlernen<br />
dürfen; und ein Kreis von Frauen hat auch noch viele Jahre<br />
nach dem Tod von Carl Paeschke durch selbstgefertigte<br />
Produkte die großen Basare des Missionswerkes in Berlin<br />
unterstützt.<br />
Als Frucht der bleibenden Verbundenheit mit der weltweiten<br />
Missionsarbeit konnte Carl Paeschke 1955 eine thematische<br />
Sammlung von Kurzberichten aus der Arbeit der<br />
Mission drucken lassen, die als Hilfe für Verkündigung und<br />
Unterweisung dienen konnte und 1956 eine zweite Auflage<br />
erfuhr. Der Titel des Buches: „Das Gute Wort in der Welt.”<br />
Hans-Wolfgang Hennig �<br />
ist. Und in der Ödernitzer Straße von Niesky steht ein großer<br />
roter Backsteinbau, bis 1924 das Missionshaus der<br />
Brüdergemeine. Die „Sendepforte” dieses Hauses trägt<br />
bis heute die Inschrift „Gehet hin in alle Welt und prediget<br />
das Evangelium.” Diese Schrift ist aber erst seit 1989<br />
wieder sichtbar; in der DDR-Zeit war sie mit Sperrholz<br />
vernagelt, die Überdeckung durfte nicht entfernt werden.<br />
Hans-Wolfgang Hennig
35<br />
Am 21. Januar wurde Ingeborg Gräfin von Pfeil und Klein<br />
Ellguth, verstorben am 22. Dezember 2011 in Dresden,<br />
unter großer Anteilnahme auf dem Pfeil'schen Erbbegräbnis<br />
in Kreisewitz/Krzyzowice beigesetzt.<br />
Vor wenigen Wochen erst schrieb sie die Zeilen nieder,<br />
die nun über dem Abschied von dieser kleinen<br />
großen Frau stehen sollen: Trauer, Wehmut und …<br />
Dankbarkeit. Auch da ging es um Abschied, ging es um<br />
Erinnern und Loslassen. Doch es war nicht die Ahnung des<br />
eigenen nahen Endes, die ihr die Feder führte, sondern der<br />
Blick in seinerzeit jüngste Vergangenheit. Etwas war zur<br />
Vollendung gekommen, ein Wunsch war in Erfüllung<br />
gegangen, ein Wunsch, den sie so unendlich lang gehegt<br />
hatte und dessen Erfüllung – nicht minder lang – ungewiß,<br />
unwahrscheinlich, ja unmöglich schien. „Es war, als rücke<br />
mir die verlorene Heimat so unendlich viel näher, als wir<br />
am 10. April 2011 die Asche meiner 1979 verstorbenen<br />
Mutter im Grab meines schon 1942 vorausgegangenen<br />
Vaters im Kreisewitzer Erbbegräbnis zur letzten Ruhe betten<br />
durften. Mein Herz ist so voller Freude und Dankbarkeit.<br />
Endlich sind meine Eltern, die sich stets dem Wohle<br />
(…) aller verpflichtet fühlten, wieder vereint.”<br />
Ingeborg Gräfin von Pfeil hat in ihrem Leben viel zu<br />
Papier gebracht, beträchtliche Schreibarbeit vollführen<br />
müssen, das brachte ihr Beruf mit sich, doch soll davon an<br />
späterer Stelle die Rede sein. Sie hat aber auch ein Buch<br />
Trauer, Wehmut und … Dankbarkeit<br />
ANDREAS NEUMANN-NOCHTEN<br />
BEITRÄGE<br />
geschrieben, dessen Vollendung ihr in besonderer Weise<br />
am Herzen lag: „Tief im Herzen Freud und Schmerz”. Und<br />
was einerseits als Titel für eine ausführliche Darstellung<br />
von Kreisewitz, der dortigen Kirche und des Pfeilschen<br />
Erbfriedhofes stehen soll, darf getrost auch als Motto ihres<br />
Lebenskreises verstanden werden.<br />
Ingeborg, Gräfin von Pfeil und Klein Ellguth erblickte<br />
1931 als Tochter des deutschen Konsuls in Eger und<br />
Reichenberg Walter von Pfeil… und dessen Gemahlin<br />
Fredemarie, geb. von Oheimb, das Licht der Welt. In oben<br />
erwähntem Buch beschreibt sie ihre glückliche Kindheit in<br />
Kreisewitz. Dort, beim Bruder, Günther von Pfeil, fand die<br />
Familie Zuflucht, nachdem ihr Vater kurz nach Machtantritt<br />
der Nationalsozialisten als „vaterlandsloser Geselle”<br />
aus dem Staatsdienst entlassen worden war. Ja, es waren<br />
glückliche Jahre, umsorgt von einer liebevollen Mutter und<br />
einem zugewandten humorvollen Vater. Dessen früher Tod<br />
im Jahre 1942 ist ein erster schwerer Einschnitt im Leben<br />
Ingeborgs. Nur wenige Jahre werden ihr in Kreisewitz verbleiben.<br />
Dann ereilt sie und ihre Familie das Schicksal der<br />
Vertreibung. Stationen ihrer abenteuerlichen Flucht sind<br />
Reichenberg, Böhmisch-Leipa und Hof in Bayern. Das<br />
Leben in der Fremde – Hamburg-Sülldorf wird nach manchen<br />
Zwischenstationen ihr erstes neues Zuhause – ist<br />
ganz und gar geprägt durch das selbstlose, fürsorgliche<br />
Handeln der Mutter. Während sich die älteren Geschwister<br />
ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen, kann sie<br />
sich noch ganz gar unter der mütterlichen Obhut auf das<br />
„Leben vorbereiten”. Das hält für sie nach Schulabschluß<br />
und Ausbildung eine anstrengende, wiewohl erfüllende<br />
Tätigkeit im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik<br />
Deutschland bereit. In dieser Weise einer Familientradition<br />
folgend, hat sie erfahren dürfen, was es heißt ein ruheloses<br />
Leben zu führen. Sie sah viele Länder und Kontinente, hat<br />
im Schnitt alle fünf Jahre ihr Wirkungsfeld neu erfahren<br />
und beleben müssen. In einem Gespräch im Jahr 2005 formulierte<br />
sie es folgendermaßen: „Ich habe an zahllosen<br />
Orten gelebt und mich wohlgefühlt, aber Heimat ist mir<br />
immer mein geliebtes Schlesien geblieben, das trug ich im<br />
Herzen. Ich kann da nur mit Erich Kästner sagen ´Man<br />
kann einen Menschen aus der Heimat vertreiben, aber nicht<br />
die Heimat aus dem Menschen`.” Und sie durfte ihrer<br />
Heimat wieder sehr nahe kommen, privat wie dienstlich.<br />
Sie und ihre Familie halfen den neuen Bewohnern von<br />
Kreisewitz lange vor der politischen Wende mit Geld und<br />
Sachspenden beim Wiederaufbau der stark in Mitleidenschaft<br />
gezogenen Kirche ihres Heimatdorfes. Sie selbst<br />
arbeitete in dieser Zeit als deutscher Kulturattaché in Warschau.<br />
Mit dem Aufbau des Deutschen Vizekonsulats in<br />
Oppeln wandte sie sich am Ende ihres Berufslebens nochmals<br />
einer quasi zweiten Lebensaufgabe zu, zukunftswirksam<br />
einen Beitrag zu gutem deutsch-polnischen Miteinander<br />
zu leisten. Nach dem Ausscheiden aus dem Dienst<br />
blieb sie diesem selbstgesteckten Ziel treu, ja sie verstärk-
BEITRÄGE 36<br />
te noch ihr kulturelles und humanitäres Engagement. Als<br />
Mitglied in zahlreichen kulturellen Vereinigungen der deutschen<br />
Schlesier, so im Verein Haus Schlesien in Königswinter,<br />
in der Stiftung Kulturwerk Schlesien in Würzburg,<br />
in der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Universität<br />
Breslau (Wroc aw) und im Förderverein des Schlesischen<br />
Museums zu Görlitz war sie unermüdlich tätig. In den kulturellen<br />
Vereinigungen, die sie durch ihr Engagement mittrug,<br />
setzte sie sich nachdrücklich für eine Öffnung gegenüber<br />
polnischen Interessenten und für eine Intensivierung<br />
der Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Polen ein.<br />
Diese Zusammenarbeit voranzubringen ist Gräfin Pfeil<br />
zum wesentlichen Inhalt ihres Lebens geworden. Dafür<br />
nahm sie die Mühe auf sich, ständig zwischen ihren beiden<br />
Wohnsitzen – Görlitz und Lomnitz im Hirschberger Tal –<br />
unterwegs zu sein.<br />
Mittelpunkt ihrer Aktivitäten war der von ihr 1993 mitgegründete<br />
Verein zur Pflege schlesischer Kunst und<br />
Kultur e.V. (VSK), dessen Arbeit sie seither maßgeblich<br />
mitprägte. Der Verein steht deutschen und polnischen<br />
Bürgern gleichermaßen offen und betreibt ein Kulturzentrum<br />
in Schloss Lomnitz im polnischen Schlesien. Dort<br />
führt er Kulturveranstaltungen und Tagungen durch, zeigt<br />
Ausstellungen, organisiert denkmalpflegerische Projekte<br />
und Kulturreisen. Gräfin Pfeil war an zahlreichen Projekten<br />
des Vereins beteiligt oder hat sie maßgeblich inspiriert, so<br />
die Sanierung der Gruftkapellen an der Hirschberger<br />
Gnadenkirche, die Wiederherstellung der historischen<br />
Engler-Orgel in der Breslauer Elisabethkirche, die Rettung<br />
des Fachwerkbethauses von Schönwaldau.<br />
Über Jahre hinweg organisierte Gräfin Pfeil Rezitations-<br />
und Aufsatzwettbewerbe für Schüler im deutsch-polnisch-tschechischen<br />
Grenzraum. Um diesen Teil ihrer<br />
Aktivitäten zu intensivieren, gründete sie 2003 das<br />
„Jugendforum Euroregionen e.V.”. Der von ihr geleitete<br />
Verein war seitdem durch eigene Wettbewerbe und durch<br />
deutsch-polnische Jugendbegegnungen in Kreisau und<br />
Muhrau hervorgetreten.<br />
Als engagierte evangelische Christin hielt sie Bibelstunden<br />
ab und organisierte als aktives Mitglied der Johanniter<br />
einen „Besuchsdienst Schlesien”, dessen Aufgabe darin<br />
besteht, durch regelmäßige Besuche den meist alten<br />
deutschstämmigen evangelischen Christen im Hirschberger<br />
Tal Hilfe und Unterstützung zur Bewältigung des Alltags<br />
Im Frühjahr 1952, als Pastor Rutz mit seiner Familie in<br />
das „Lutherheim” auf dem Kirchplatz an der Friedenskirche<br />
zog, bekam die deutsche evangelische Kirchgemeinde<br />
in Schweidnitz wieder einen ansässigen Seelsorger.<br />
Pastor Rutz war einer der weisesten Menschen die ich in<br />
meinem Leben kennengelernt habe.<br />
Pastor Herbert Rutz<br />
Zu seinem 100. Geburtstag<br />
DOROTHEA BOCK-DROZDOWICZ<br />
zukommen zu lassen. Gräfin Pfeil hat sich durch ihr ungewöhnlich<br />
starkes Engagement um die Aussöhnung zwischen<br />
Deutschen und Polen verdient gemacht. Ihr Lebensweg<br />
und ihr Wesen haben sie dafür in einzigartiger Weise<br />
prädestiniert: die Liebe zu ihrer Heimat Schlesien und zu<br />
den Bewohnern des Landes, gleich welcher Nationalität,<br />
ihre Beharrlichkeit und ihr Humor, ihr profundes kulturgeschichtliches<br />
Wissen, ihre Erfahrungen aus langjähriger<br />
Arbeit im diplomatischen Dienst, ihre aus eigenem Erleben<br />
gewonnenen Kenntnisse der Lebenswirklichkeit im polnischen<br />
Schlesien.<br />
Vieles von dem leuchtete noch einmal auf, in Grußworten,<br />
in Abschiedsreden, in der Predigt, an jenem 21. Januar<br />
in der festlich hergerichteten uralten Kirche von Kreisewitz.<br />
Buchstäblich bis zum letzten Platz gefüllt und ganz<br />
und gar erfüllt von guten Gedanken und Erinnerungen wurde<br />
auf wunderbare Weise noch einmal spürbar, was Gräfin<br />
Pfeils Handeln bewirkt hat. Ihre zahlreiche Familie, der<br />
deutsche Generalkonsul Dr. Zeitz, Freunde und Weggefährten<br />
aus Polen und Deutschland und vor allem und an<br />
hervorgehobener Stelle die heutigen Kreisewitzer, erinnerten,<br />
sangen und beteten gemeinsam. Und plötzlich war da<br />
etwas, was vielleicht nur in solchen Augenblicken zustande<br />
kommen kann: da war ein Gleichklang, ein Miteinander,<br />
dessen Ursprung nicht Trauer und Wehmut, sondern allein<br />
tiefempfundene Dankbarkeit ist. �<br />
Abbildungen: Porträt S. 35, ANN; Die Pfeil´sche Grabstätte auf<br />
dem Kirchhof in Kreisewitz; Foto: ANN<br />
P. Herbert Rutz wurde, vor 100 Jahren, am 13. März 1912,<br />
in Gieschewald, Kreis Kattowitz geboren, 1937 ordiniert<br />
und war von da an, bis Januar 1945, Pastor an der ev.<br />
Kirche in Nikolai. Nach dem II. Weltkrieg wurde er arbeitslos.<br />
Dank seiner Kenntnis der polnischen Sprache konnte er<br />
in dieser Zeit sich und seine Familie materiell sicher stel-
37<br />
Die Pastoren Steckel (links), Rutz (rechts) und Senior Gerstenstein<br />
(Mitte) aus Breslau, bei der Jubiläumsfeier der Friedenskirche<br />
1952 Foto: Archiv GES<br />
len, indem er als Buchhalter in einem der staatlichen<br />
Betrieb in Gleiwitz arbeitete. Davon erfuhr, im Sommer<br />
1951, die deutsche ev. Gemeinde in Schweidnitz, und man<br />
bat Pastor Rutz, sich ihrer anzunehmen, da man schon fast<br />
drei Jahre ohne einen eigenen Seelsorger sei. Er tat es auch<br />
umgehend in zahlreichen Gastgottesdiensten an der Friedenskirche<br />
und im weiten Umfeld in Niederschlesien. Nach<br />
langen Verhandlungen mit den zuständigen Behörden<br />
konnte er im Frühjahr des Jahres 1952 nach Schweidnitz<br />
umziehen und wurde amtlich (seitens der Kirchenleitung in<br />
Warschau) als Pastor für deutsche Gemeinden in Niederschlesien<br />
eingesetzt.<br />
P. Rutz entwickelte eine jugendfrische Dynamik an<br />
unser Kirche. Es gab laufend Taufen und Hochzeiten (bis<br />
zu fünf Paare bei einem Festgottesdienst) und regelmäßig<br />
traten die Kinder zur Konfirmation an. Unermüdlich nahm<br />
er auch die Strapazen auf sich, die er auf den Reisen zu den<br />
auswärtigen Gemeinden und einzelnen Personen erleiden<br />
mußte. Es stand ihm ja weder ein eigenes Auto noch das<br />
spätere, weitgehende Verbindungsnetz der Buslinien zur<br />
Verfügung. So fuhr er oft per Rad oder wurde mit einem<br />
Die Kammerswaldauer Bethauskirche<br />
Ein katholischer Pfarrer sorgt sich um den Erhalt eines evangelischen Glaubensdenkmals<br />
DR. GERHARD SCHILLER<br />
Auf den Seiten des internationalen Fotoforums<br />
„www.fotocommunity.de“ hat der Hobbyfotograf<br />
Ryszard Basta unter dem Stichwort des schlesischen<br />
Ortsnamens „Kammerswaldau/Komarno“ ein schönes<br />
Bild seiner ehemaligen evangelischen Bethauskirche<br />
ins Netz gestellt. Der markante achteckige Bau ähnelt den<br />
von den Weihnachtsschnitzereien aus dem Erzgebirge<br />
bekannten von 1776-79 erbauten Seiffener Kirche mit ihren<br />
umstehenden Sängerknaben. Wie sie vermittelt die Kam-<br />
BEITRÄGE<br />
Pferdewagen abgeholt. Zu alldem arbeitete er weiterhin in<br />
einem weltlichen Beruf (anfangs wieder als Buchhalter und<br />
ab 1955 als Religionslehrer in der Schweidnitzer deutschen<br />
Volksschule. Seine Frau und seine Tochter Eveline standen<br />
ihm bei Allem tatkräftig zur Seite.<br />
Pastor Rutz war 40 Jahre alt, als er zu uns kam. Jeder<br />
wußte, daß er gesundheitliche Schwierigkeiten hatte, aber<br />
er klagte nie und niemand ahnte, wie schwerkrank er war.<br />
Als er nach 5 Jahren urplötzlich, und aus dem vollen Leben<br />
heraus diese Welt verließ, war es für alle die ihn kannten,<br />
verehrten und liebten, ein tiefer Schock. Es fällt mir<br />
schwer, in einem so kurzen Beitrag die Gefühle zu<br />
beschreiben, die Pastor Rutz uns einprägte und hinterließ.<br />
Er war einer dieser Geistlichen, die es auf wunderbare<br />
Weise verstehen, sogar hartherzige Menschen zu überzeugen,<br />
daß es ohne Nächstenliebe kein Glück auf Erden gibt.<br />
Magister Dietmar Neß veröffentlichte 1987 in dem<br />
„Schlesischen <strong>Gottesfreund</strong>” Jahrgang 38 Nr. 5, einen sehr<br />
anschaulichen und ausführlichen Artikel über die damalige<br />
Tätigkeit von Pastor Rutz. Hier einen Satz daraus: „Ganz<br />
zweifellos ist die 300-Jahr-Feier der Friedenskirche in<br />
Schweidnitz der Höhepunkt seines Wirkens gewesen. Die<br />
große Festgemeinde, die aus ganz Schlesien zusammenkam,<br />
– (man schätzte 3000 Personen), – in der er die<br />
Festpredigt hielt unter dem großen und immer wieder variierten<br />
Thema‚ ´Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf<br />
Erden`” – ja, das war ein Ereignis für ganz Schweidnitz.<br />
Jetzt besuchen unsere Kirche Touristen aus aller Welt,<br />
und so mancher von ihnen hält, am Haupteingang der Kirche<br />
links, auf dem alten Friedhof vor dem Grab von Pastor<br />
Rutz andächtig inne. Andere sind von seinem ausdrucksvollem<br />
Porträt tief beeindruckt, welches in der Galerie der<br />
Pastoren in unser Taufkappelle hängt. – So ist er bis heut<br />
noch unter uns.<br />
Swidnica, im Januar 2012<br />
Der vorstehende Artikel ist – mit freundlicher Erlaubnis<br />
der Autorin, die ein rühriges Mitglied der Schweidnitzer<br />
Gemeinde und wohl vielen unserer <strong>Gottesfreund</strong>-Leser<br />
auch bekannt ist – ein Vorabddruck aus dem Christophori-<br />
Boten. �<br />
merswaldauer Bethauskirche – tief eingeschneit – auch<br />
heute noch ein besonderes Weihnachtsgefühl. Das schöne,<br />
wenn auch sichtlich angeschlagene Bethaus von<br />
Kammerswaldau findet ungebrochen seine Bewunderer. Im<br />
Internet kann man eine ungewöhnlich große Anzahl von<br />
Bemerkungen zu Ryszard Bastas Foto lesen. Dort wird sein<br />
trauriger Zustand beklagt. So heißt es etwa: „Und so verkommt<br />
wieder ein Stück wertvoller Kulturbesitz –<br />
unwiederbringlich. Wenn nicht ein Wunder geschieht. Aber
BEITRÄGE 38<br />
wo geschehen noch Wunder in unserer Zeit.“ Oder: „Sehr<br />
schönes altes Gemäuer. Vielleicht fühlt sich ja mal jemand<br />
dafür verantwortlich, um so ein Kleinod nicht verfallen zu<br />
lassen – zu wünschen wäre es.“ Und: „Vielleicht wird sie<br />
noch gerettet. Wäre nämlich sehr schade um dieses Bauwerk.“<br />
Bethauskirche Kammerswaldau Foto: Neß<br />
Wo aber liegt Kammerswaldau und wie ist seine<br />
Bethauskirche entstanden? Das heutige Komarno<br />
liegt 11 km östlich von Jelenia Góra/Hirschberg.<br />
Wer von dort der Nationalstraße Nr. 3 nach Breslau folgt<br />
und in Maciejów/Maiwaldau nach links abbiegt, erreicht es<br />
nach nur 4 km. Bereits aus dem Jahre 1305 stammt die<br />
erste urkundliche Erwähnung der Ortschaft als „Kemreswalde“.<br />
Als erster Besitzer von Kammerswaldau läßt sich<br />
1549 Balthasar von Zedlitz fassen. Seine Familie ist nach<br />
Angabe des genealogischen Familienvereins der „von<br />
Zedlitz“ um 1270-80 aus dem Voigtland nach Schlesien<br />
eingewandert. Mehrere Jahrhunderte waren die von Zedlitz<br />
im Besitz dieses Gutes. 1686 verkaufte der Stadtrat von<br />
Hirschberg „die Obergerichte über Kammerswaldau dem<br />
Friedrich von Zedlitz für 100 Rthlr. baare Zahlung“ (HEN-<br />
SEL 1797). Im Jahr 1770 gehörte Kammerswaldau dann<br />
Johann August Baron von Bothmar (+1804). Nach seinem<br />
Tod ging Kammerswaldau an einen General Lindner über.<br />
Er besaß es nur etwa bis 1830. Bis 1837 war das Gut darauf<br />
in Besitz der „Frau Landrätin“ von Stosch, einer geborenen<br />
von Mustowska. 1837 kauften es schließlich der<br />
„Geheime Kommerzienrat“ Johann Friedrich (1784-1842)<br />
und seine Ehefrau Luise Lösch, geb. Hollmann (*Wolfenbüttel<br />
1802; +Kammerswaldau 1861) aus Breslau. Sie und<br />
ihre Nachfahren lebten auf dem dortigen Schloß, das sich<br />
auch heute noch glücklicherweise in einem recht gutem<br />
Zustand befindet. Ihr Sohn, Heinrich Balthasar von Loesch<br />
(*Kammerswaldau 1838; +wohl 1922), „Landesältester,<br />
Kreisdeputirter, Rittmeister a. D. und Mitglied der deut-<br />
schen Adelsgenossenschaft sowie Rittergutsbesitzer auf<br />
Kammerswaldau“, erbte 1861 den elterlichen Besitz. Er<br />
wurde 1872 geadelt, seitdem schreibt sich die Familie mit<br />
„oe“. Dessen Sohn wiederum, Ernst Heinrich von Loesch,<br />
verheiratet mit Martha, geborene von Boyneburgk, sollte<br />
der letzte Kammerswaldauer Gutsbesitzer sein. Er starb<br />
1945 in einem Flüchtlingslager in Hoyerswerda an Diphtherie.<br />
Sein Sohn, Achim von Loesch, wurde als letzter<br />
Spross seiner Familie am 16. Juli 1923 noch in Kammerswaldau<br />
geboren. Dr. Achim von Loesch, heute in hohem<br />
Alter von 88 Jahren in Frankfurt am Main lebend, hat sich<br />
noch 2001 die Mühe gemacht, mit dem Büchlein „Kammerswaldau:<br />
Die Geschichte eines schlesischen Dorfes,<br />
seines Schlosses und seines Rittergutes“ seinen Heimatort<br />
vor der Vergessenheit zu bewahren. Zur Geschichte der<br />
Bethauskirche schreibt er: „Trotz der Einschränkung, nur<br />
Bethäuser zu errichten, empfanden die Evangelischen die<br />
Erlaubnis, eigene Gottesdiensträume zu erbauen, als großen<br />
Gewinn. Anfangs fehlte es vielen noch am nötigen<br />
Geld. Deshalb begann man in Kammerswaldau das Bethaus<br />
erst zu bauen, als sich die wirtschaftliche Lage nach<br />
dem Siebenjährigen Krieg wieder gebessert hatte. Als es<br />
soweit war, errichtete man die neue Bethaus-Kirche im<br />
Mittelpunkt des Dorfes in unmittelbarer Nähe der alten<br />
katholischen Kirche.“ – Es folgt sodann eine kleine Bauund<br />
Kunstgeschichte der Bethauskirche. Als ihren<br />
Grundriß wählte man ein Oktogon, was wohl einerseits der<br />
augenblicklichen Mode (siehe Seiffen!), andererseits aber<br />
vor allem dem beengten Bauplatz geschuldet war. 1769<br />
legte man den Grundstein, 1772 weihte man das neue<br />
Gotteshaus ein. Erbauer war der Maurermeister Demus aus<br />
Hirschberg, die Baukosten hatten 4.000 Taler betragen.<br />
Schon zuvor war das Pfarrhaus errichtet worden. Erst im<br />
Jahr 1822, zum 50-jährigen Jubiläum des Bethauses, setzte<br />
man auf sein Dach einen Turm, den man bewußt der Turmspitze<br />
der benachbarten katholischen Kirche aus dem 17.<br />
Jahrhundert anglich, um ein einheitliches Bild zu gewinnen.<br />
Ein Kuriosum war zudem, daß die Evangelischen ihre<br />
neue Kirchenglocke aus statischen Gründen nicht im Turm<br />
ihres Bethauses aufhängten, sondern nach freundlicher Genehmigung<br />
im soliden Turm der katholischen Kirche. Hier<br />
wurde Ökumene wahrhaftig gelebt! Es ist eine in Schlesien<br />
selten anzutreffende Besonderheit, evangelische und katholische<br />
Kirche inmitten eines Ortszentrums so nahe beieinander<br />
zu sehen. Das auch stilistisch harmonische Ensemble<br />
des katholischen und des evangelischen Gotteshauses gab<br />
dem alten Kammerswaldau – und gibt dem heutigen Komarno<br />
sein unverwechselbares Ortsbild.<br />
In Anlehnung an die bestehenden Friedens-, Gnadenund<br />
anderen großen Bethauskirchen in Schlesien wurden<br />
auch im kleinen Kammerswaldau im Inneren des<br />
Bethauses zwei Emporen hochgezogen. Das ganze Dorf<br />
hätte so auf den drei Ebenen der Kirche Platz nehmen können!<br />
Vielleicht dachte man damals an Zuwachs, doch 1786,<br />
nicht lange nach Vollendung des Bethauses, lebten in<br />
Kammerswaldau nur 20 Bauern, 28 Gärtner und 160<br />
Häusler – zusammen mit ihren Familien gerade einmal<br />
etwa 1.010 Personen. Die Kanzel, von der im Sinne des
39<br />
evangelischen Glaubens mit seinem Leitsatz „sola scriptura“<br />
die Predigt als Herzstück des evangelischen Gottesdienstes<br />
verkündet wurde, fand ihren Platz beinahe in der<br />
Mitte des Kirchenraumes.<br />
Die Orgel wurde, wie damals allgemein üblich, an der<br />
Altar und Kanzel gegenüberliegenden Wand auf der ersten<br />
Empore aufgestellt. Geschaffen hat sie der Orgelbaumeister<br />
Meinert aus Hirschberg im Jahr 1791 zum fünfzigjährigen<br />
Jubiläum der Wiedererlangung der Glaubensfreiheit.<br />
Denn bereits im Jahr 1741 hatte die damalige Gutsherrin<br />
von Kammerswaldau, die verwitwete Baronin von Tschammer,<br />
von ihrem neuen Landesherren, Friedrich II., eine<br />
königliche Konzession zur Wiederherstellung des evangelischen<br />
Gottesdienstes erhalten. In den folgenden Jahrzehnten<br />
erfuhr der Innenraum des Bethauses eine weitere reiche<br />
Ausstattung.<br />
Orgelempore der Bethauskirche Foto: Archiv GES<br />
Die Gutsherrin, Frau von Bothmer, stiftete 1793 einen<br />
Taufstein aus Kaufunger Marmor sowie ein Taufbecken<br />
und eine Kanne aus Silber, die bis 1945 im Gebrauch der<br />
Gemeinde war. 1816 erhielt das Gotteshaus einen gläsernen<br />
Kronleuchter, und 1914 – fast einhundert Jahre später –<br />
wurde aus den Mitteln der „Traubibelstiftung“ der Familie<br />
von Loesch eine repräsentativen Bibel als Kanzelbibel<br />
angeschafft. Sie fand als einziges Ausstattungselement des<br />
Bethauses ihren Weg nach Deutschland und kann auch heute<br />
noch in der Kammerswaldauer Betstube in Alfeld/Leine<br />
besichtigt werden.<br />
Bis aus Kammerswaldau 1946 Komarno wurde, hegten<br />
und pflegten die Mitglieder der alten Gemeinde ihre geliebte<br />
Bethauskirche. Nach Flucht und Vertreibung der deutschen<br />
Schlesier und der Ansiedlung von polnischen<br />
Neubürgern, die zum großen Teil aus heute ukrainischen<br />
Gegenden stammten, wurde das ehemalige evangelische<br />
Bethaus zunächst baulich etwas verändert, um eine Zeit<br />
lang als katholische Kirche genutzt werden zu können.<br />
Schließlich wurden die Heilige Messe jedoch wie seit alters<br />
her gewohnt wiederum in der alten katholischen Kirche<br />
gefeiert. Die alte evangelische Bethauskirche blieb dage-<br />
BEITRÄGE<br />
gen erstmals seit ihrer Entstehung ungenutzt und war so<br />
fortan dem Verfall preisgegeben. Es sollte auch nichts nützen,<br />
daß sie bereits am 23. September 1965 von den polnischen<br />
Behörden unter dem Register Nr. A/909/1408 unter<br />
Denkmalschutz gestellt worden war.<br />
Erst mit Augustyn Oleksy, der Anfang Juli 1983 die<br />
Pfarrstelle in Jelenia Góra-Macieów/Maiwaldau übernahm,<br />
keimte neue Hoffnung für das schöne Bethaus auf, denn<br />
Komarno/Kammerswaldau gehört noch heute zu seinem<br />
Kirchspiel. Von Antritt seines Pfarramtes an zeigte sich<br />
Pfarrer Olesky von dem einmaligen Ensemble von katholischer<br />
Kirche und evangelischem Bethaus im Dorfzentrum<br />
in Kammerswaldau angetan und sann darüber nach, wie er<br />
wohl das wertvolle Gebäude restaurieren, zukünftig nutzen<br />
und damit seiner Rettung zuführen könne. Die für die vor<br />
allem von der Landwirtschaft lebenden polnischen Dörfer<br />
schwere Vor- und Nachwendezeit ließ aber lange Zeit keinen<br />
Raum zu handeln offen. Trotzdessen reifte bei Pfarrer<br />
Olesky langsam der Plan, das alte Bethaus zukünftig als<br />
Begegnungsstätte verschiedener Religionen und zu einem<br />
kulturellen Treffpunkt auszubauen, wo z. B. Konzerte, Vorträge<br />
und auch Feste stattfinden können. Doch nicht zuletzt<br />
sollte das markante achteckige Bethaus auch um seiner<br />
selbst willen als einzigartiges Denkmal schlesischer Kulturgeschichte<br />
gerettet werden.<br />
Um zunächst die dringendsten Renovierungs- und Sicherungsarbeiten<br />
durchführen zu können, beantragte<br />
Pfarrer Olesky bereits vor einigen Jahren bei der Behörde<br />
für Denkmalschutz des Breslauer Marschallamts eine<br />
finanzielle Unterstützung. 2009 wurde dem eingereichten<br />
Antrag mit der Gewährung eines Zuschußes in Höhe von<br />
90.000 Z oty endlich entsprochen – aber nur unter der<br />
Bedingung, nochmals die gleiche Summe von anderen<br />
Unterstützern zu erlangen. Der damalige Bürgermeister der<br />
Stadt Jannowitz/Janowice Wielckie, zu der die Ortsgemeinde<br />
Kammerswaldau kommunalrechtlich gehört,<br />
erklärte sich bereit, die weiteren 90.000 Z oty zur Restaurierung<br />
des Bethauses aus dem Gemeindebudget beizusteuern.<br />
Die nötigsten Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten<br />
liefen also im Juli 2010 an und waren bis Dezember desselben<br />
Jahres wie geplant abgeschlossen. Nun brachten aber<br />
die polnischen Kommunalwahlen im November letzten<br />
Jahres einen Wechsel im Bürgermeisteramt von Janowice<br />
Wielckie mit sich. Der neue Amtsinhaber sah sich nach einem<br />
Kassensturz nicht mehr in der Lage und willens, die<br />
Unterstützungszusage seines Amtsvorgängers aufrecht zu<br />
erhalten. Der Fortgang der Restaurierungsarbeiten muß<br />
seitdem eine Zwangspause einlegen. – Doch Pfarrer Olesky<br />
gibt die Hoffnung nicht auf, die Arbeiten, zunächst durch<br />
Spenden unterstützt, bald wieder anschieben zu können.<br />
Neben der regionalen polnischen Presse hat er auch zu den<br />
alten deutschen Schlesiern, ihren Vereinen, Stiftungen und<br />
Zeitschriftenredaktionen mit der Bitte um Unterstützung<br />
Kontakt aufgenommen: Zur „Schlesischen Bergwacht“, zu<br />
„Schlesien heute“, zum „Hirschberger Heimatbund“, zur<br />
„Erika-Simon-Stiftung“, zum „Verein zur Pflege <strong>Schlesischer</strong><br />
Kunst und Kultur (VSK)“ mit seinem „Gruß aus<br />
Lomnitz“ und zu vielen anderen Einrichtungen und Privat-
BEITRÄGE 40<br />
personen. Das schöne Bethaus soll unbedingt vor dem Verfall<br />
gerettet werden. Von deutscher Seite war man sich<br />
schnell einig, daß ein Erfolg am besten durch die Bündelung<br />
aller Kräfte zu erreichen sei. Man kam überein, alle<br />
möglichen Hilfsleistungen über ein von Gerhard Hartmann<br />
(am 16. Februar 1945 in Kammerswaldau geboren und in<br />
der dortigen Bethauskirche getauft, seit 1999 Heimatbetreuer<br />
von Kammerswaldau und seit 2008 Vorsitzender des<br />
Heimatbundes Hirschberg) eingerichtetes Spendenkonto<br />
laufen zu lassen. Gleichzeitig will man die polnische wie<br />
deutsche Öffentlichkeit auf dieses außergewöhnliche<br />
Bethaus und die kultur- und glaubensgeschichtliche Wich-<br />
„Friedrich der Große gründet Städte und Dörfer in Schlesien”;<br />
alte Ansichtskarte nach einem Bild von Koberstein<br />
Am 24. Januar 2012 war der 300. Geburtstag von<br />
König Friedrich II. von Preußen (1712 - 1786), dem<br />
man später den Titel „der Große” beigelegt hat. Im<br />
Volk spricht man bis heute vom „Alten Fritzen”. Sein in<br />
Kupfer gestochenes Porträt hing über dem Schreibtisch<br />
meines Vaters in Breslau, und so kam ich früh mit ihm in<br />
Berührung. Ich war neun oder zehn Jahre alt, da durfte ich<br />
an einer Führung durch das Breslauer Schloß teilnehmen<br />
und sah im großen Saal den Thron Friedrichs, was mich<br />
sehr beeindruckte.<br />
Wir evangelischen Schlesier waren diesem König dankbar,<br />
denn er beendete die Folgen der Gegenreformation in<br />
Schlesien und brachte Glaubensfreiheit für die Evangelischen.<br />
Als er 1740 mit 28 Jahren seinem Vater Friedrich<br />
Wilhelm I, dem Soldatenkönig, auf dem Thron folgte, war<br />
noch die Zeit des Absolutismus in Europa. Der Sonnenkönig<br />
Ludwig XIV (1638 - 1715) konnte von sich sagen: „Der Staat<br />
bin ich!” Anders Friedrich der Große, der in seinem Antimachiavell<br />
von 1739 schrieb: „Der Fürst von echter Art ist<br />
nicht da zum Genießen, sondern zum Arbeiten. Der Herrscher<br />
– weit entfernt der unbeschränkte Herr seines Volkes zu<br />
sein – ist selbst nichts anderes als sein erster Diener.”<br />
Ein großer König<br />
REINHARD LEUE<br />
tigkeit seines Erhalts aufmerksam machen. Die gesammelten<br />
Spendengelder sollen zunächst für besonders herausragende<br />
Elemente des Bethauses – wie z. B. die Eingangstür<br />
– verwendet werden, um auf diese Weise den Baufortschritt<br />
zu dokumentieren, neue Unterstützer für das Projekt zu<br />
gewinnen und die polnischen Behörden zu überzeugen, daß<br />
sich ihr weiteres Engagement unbedingt lohnt und internationale<br />
Anerkennung findet.<br />
Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Projekt<br />
haben, hier die Adresse von Gerhard Hartmann:<br />
Im Tale 1, 38259 Salzgitter, Tel. +49(0)5341/31830;<br />
mobil: +49(0)172/5992356. �<br />
Kurz nach seiner Thronbesteigung ließ er einen Auftrag<br />
ergehen an den Minister für kirchliche Angelegenheiten:<br />
„Die Religionen müssen alle toleriert werden, und der<br />
Fiscal muß nur darauf achten, daß keine der anderen Abbruch<br />
tut. Denn in diesem Land soll jeder nach seiner<br />
Façon selig werden.” Dadurch durchbrach er offiziell als<br />
Erster Fürst in Europa die alte Regel, die nach den Religionskämpfen<br />
des 30jährigen Krieges und seit 1555 internationales<br />
Staatsrecht waren: „Cuius regio, eius religio”;<br />
frei übersetzt: der Glaube des Herrschers gilt auch für sein<br />
Volk. Friedrich verbot, daß in den Kirchengebeten für ihn<br />
die Anrede „Majestät” gebraucht wurde, er ließ Münzen<br />
einziehen, die unter seinem Schriftzug „Von Gottes<br />
Gnaden” trugen, und er ließ nicht zu, daß seine Bediensteten<br />
vor ihm niederknieten. Nach dem geglückten Friedensschluß<br />
1763 von Hubertusburg, der die drei „Schlesischen<br />
Kriege” beendete, fand Friedrich die langatmigen Gnadengebete<br />
für den König und seine Familie deplaziert und er-<br />
Friedrich, der mit dem Thronfolger und zwei Adjutanten links<br />
an der Tafel sitzt, empfängt eine Deputation der schlesischen<br />
Stadt Greiffenberg.<br />
In: Geschichte Friedrichs des Großen. Geschrieben<br />
von Franz Kugler. Gezeichnet von Adolph Menzel. Neue durchges.<br />
Aufl. Leipzig, 1856
41<br />
ließ eine Order an die Feldprediger, sie sollten sich fürderhin<br />
beschränken auf: „In Sonderheit empfehlen wir dir, lieber<br />
Gott, deinen Knecht, unsern König.”<br />
Kaum hatte Friedrich II. den Thron bestiegen, begann er<br />
in Preußen mit seinen Reformen. Am ersten Tag gab er den<br />
Befehl an die Armee, nicht mehr mit Absicht und Übermut<br />
das Volk zu schikanieren. Am zweiten Tage ließ er wegen<br />
der zu erwartenden schlechten Ernte die staatlichen Kornkammern<br />
öffnen und das Korn zu moderaten Preisen an die<br />
Armen verkaufen. Am dritten Tag verbot er das „Fuchteln”,<br />
also die Stockschläge für Kadetten. Am vierten Tage<br />
schaffte er den Gebrauch der Folter bei Kriminalfällen ab.<br />
Am fünften verbot er die „gewohnten Brutalitäten” bei der<br />
Soldatenwerbung. Friedrich war wirklich ein toleranter<br />
BEITRÄGE<br />
Im Blickpunkt: Aktion früheres ev. Kirchspiel Karzen, Kreis Strehlen<br />
Evangelische Kirche in Karzen um 1900 Alte Ansichtskarte<br />
Diese Aktion wurde vorbereitet, organisiert und zusammen<br />
mit Helfern aus dem heutigen Karczyn<br />
durchgeführt von Frau Gisela Schmidek. Hier die<br />
einzelnen Etappen der Aktion im Telegrammstil:<br />
1) Ausgangspunkt war im Herbst 2010 die Reinigungsaktion<br />
auf dem bis dahin völlig verwilderten ehemaligen<br />
deutschen Friedhof. Der polnische katholische Pfarrer hatte<br />
diese Aktion angeregt und der Bürgermeister durchgeführt.<br />
2) Kurz vor Weihnachten „Sonderbrief” von Frau<br />
Schmidek an frühere Gemeindeglieder von Karzen mit<br />
einem Aufruf zu Spenden für einen Gedenkstein auf dem<br />
Friedhof aus Granit. Ein Spendenkonto wird angegeben.<br />
Ein Foto vom Gedenkstein auf dem Tschammendorfer<br />
Friedhof (Kreis Neumarkt), errichtet 2006, als Muster abgedruckt.<br />
Der vorgeschlagene Text: „Zum Gedenken an die<br />
CHRISTOPH SCHOLZ<br />
Herrscher. Den Evangelischen in Schlesien erlaubte er den<br />
Bau von über 150 Gotteshäusern, wenn auch meist als<br />
Bethäuser ohne Glockenturm. In seinen beiden Testamenten<br />
von 1752 und 1768 lautete der erste Satz: „Es ist Pflicht<br />
jedes guten Staatsbürgers, seinem Vaterlande zu dienen und<br />
sich bewußt zu sein, daß er nicht für sich allein auf der Welt<br />
ist, sondern zum Wohl der Gesellschaft beizutragen hat.”<br />
Man hat sich immer wieder gefragt, ob Friedrich noch als<br />
Christ zu gelten habe oder eher als der „Philosoph auf dem<br />
Thron”. Er wollte nicht, daß mit Gottes Namen „Schindluder”<br />
getrieben wurde, so sein Ausdruck. Aber er war und<br />
blieb getaufter evangelischer Christ seiner Reformierten<br />
Kirche und hatte Hofprediger, und er hatte eine fromme<br />
Mutter, die er über alles liebte. �<br />
VVeerraannssttaallttuunnggsshhiinnwweeiiss::<br />
FFrriieeddrriicchh ddeerr GGrrooßßee steht auch im Zentrum der diesjährigen Tagung des Vereins für schlesische Kirchengeschichte.<br />
Sie findet in Zusammenarbeit mit dem Berlin-Brandenburger Kirchengeschichtsverein vom 2. bis 5. September in Berlin statt.<br />
Deutschen des Kirchspiels Karzen, mit den Dörfern Naßbrockguth,<br />
Teichvorwerk, Grögersdorf, Pudigau, Klein-<br />
Jeseritz, Tiefensee, Rothschloß, Kurtwitz, die hier und fern<br />
der schlesischen Heimat die letzte Ruhe gefunden haben.”<br />
Frau Schmidek schreibt in ihrem „Sonderbrief” weiter:<br />
„Über diesen Text wird sich jeder sehr freuen, denn wir<br />
Letztgeborenen sind darin mit eingeschlossen, fühlen uns<br />
mit allen Vorfahren unseres jahrhundertealten großen<br />
Kirchspiels vereint.”<br />
Frau Schmidek schlägt vor, die Einweihung des<br />
Gedenksteins mit einer Busreise durch Schlesien zu verbinden.<br />
Ein bewährter Reiseleiter wird eine fünftägige Fahrt<br />
organisieren. Die Teilnehmer werden am letzten Tag bei<br />
der Feier zur Einweihung, dem Höhepunkt der Fahrt, rechtzeitig<br />
ankommen.<br />
3) Anfang 2011: Es gehen genügend Spenden ein und es<br />
finden sich genügend Teilnehmer für die Bus-Reise (54<br />
Personen!). Im Mittelpunkt der Reise sollen ein ökumenischer<br />
Gottesdienst, die Einweihung des Denkmals und der<br />
Besuch der Heimatdörfer stehen<br />
4) Kurz vor Pfingsten 2011: Der Friedhof war inzwischen<br />
recht ordentlich hergerichtet und der Platz für den<br />
Gedenkstein festgelegt. Bis es soweit war, gab es für Frau<br />
Schmidek reichlich Unruhe und Streß. Der polnische, katholische<br />
Pfarrer und der dortige Bürgermeister trugen für<br />
die Säuberungsaktion die Verantwortung; über den Gedenkstein<br />
und dessen Gestaltung war Einigung erzielt.<br />
5) 12.6. 2011, der Pfingstsonntag, ist Einweihungstag:<br />
a) Besuch von Strehlen und in den Dörfern des<br />
Kirchspiels. Dort gab es für jeden fünf Stunden Zeit. An<br />
den Tagen vorher standen im Programm auch Breslau,<br />
Kirche Wang, Krummhübel, Oberschreiberhau, Friedenskirche<br />
in Schweidnitz, Liegnitz und Bunzlau.
BEITRÄGE 42<br />
Wenn auch der Zustand der alten Ansichtskarte zu wünschen<br />
übrig läßt, so vermittelt sie wenigstens doch einen Eindruck<br />
vom Innern der Karzener Kirche.<br />
b) Ökumenischer Gottesdienst in der neuen Kirche<br />
von Karczyn. Pfarrer Dawid Mendrok aus Breslau von<br />
evangelischer Seite, der während der Feier auch noch als<br />
Dolmetscher gute Dienste leistet, und Ortspfarrer Andrzej<br />
Romaniuk für die Katholiken predigen. Während des<br />
Gottesdienstes erfolgt die Übergabe eines Ölgemäldes der<br />
früheren Karzener Kirche, die 1954 -1958 gesprengt und<br />
abgerissen worden war. Frühere und heutige Dorfbewohner<br />
singen gemeinsam allen bekannte Kirchenlieder.<br />
c) Einweihung des Gedenksteins auf dem Friedhof:<br />
„Die Wildnis war verschwunden, die Hauptwege frisch<br />
geharkt, die Grüfte endlich fest verschlossen...”. Der<br />
Granitstein steht an der Friedhofskapelle auf einem gut<br />
behütetem Ort. Beide Pfarrer sprechen und erinnern an die<br />
leidvolle Vergangenheit. Ein Ehrenkranz wird von dem ehemaligen<br />
Karzener Heilmann und dem Ortsbürgermeister<br />
von Karczyn Wyskwarski niedergelegt. Auf der einen<br />
Schleife wird der verstorbenen Deutschen, auf der anderen<br />
der verstorbenen Polen in Galizien gedacht. Ein Fernsehteam<br />
aus Breslau filmt die Feier und interviewt Frau<br />
Schmidek. Noch am gleichen Abend gibt es im aktuellen<br />
Programm des Regionalsenders Ausschnitte der Feier. Erfreulich<br />
ist besonders die rege Beteiligung der polnischen<br />
Dorfbewohner.<br />
d) Im Dorfsaal begegnen sich Polen aus Karczyn<br />
und Deutsche aus dem früheren Karzen. Warmes Essen,<br />
Kaffee und Kuchen vereinen die Menschen, organisiert<br />
vom Bürgermeister. Kowalczyk. Er ist der Enkel einer ehe-<br />
maligen Schulkameradin von Frau Schmidek aus dem Jahr<br />
1932. Beide haben tatkräftig zum Gelingen der Aktion beigetragen.<br />
6) Es folgen Ausschnitte aus der Rede von Frau Schmidek<br />
in der Kirche bei der Übergabe des Bildes von der alten<br />
Karzener Kirche, sicher für beide Seiten ein höchst emotionaler<br />
Akt:<br />
„Liebe Gemeinde,...Ich stehe nun hier, in der neuen<br />
Kirche; nie hätte ich davon geträumt, niemals wollte ich,<br />
sowie auch Heimatfreunde, diese neue Kirche betreten. Sie<br />
ging uns nichts an, sie würde uns immer fremd bleiben.<br />
Denn die Sprengungen unserer ehemaligen Heimatkirche<br />
1954 hatten uns alle schwer getroffen, bis ins Mark erschüttert.<br />
Unser geliebtes Gotteshaus wurde zum Trümmerhaufen.<br />
Nach Verlust unserer Heimat hatten wir nun keinen<br />
Ort mehr der seelischen Heimkehr. Auch Gedanken zu<br />
unseren Verstorbenen und Gebete auf dem Friedhof haben<br />
sich in Trauer verirrt in diesem Urwald. Unsere Seele fand<br />
keinen Frieden. Unter den Zerstörungen der Gräber, den<br />
Verwüstungen haben wir auch in der Ferne sehr gelitten ...<br />
Heute sind wir alle voller Freude, daß der hintere Teil des<br />
Friedhofs wieder begehbar ist, die offenen Gräber geschlossen<br />
sind und wir anschließend den Gedenkstein auf<br />
dem Friedhof enthüllen werden. Ich möchte mich daher im<br />
Namen der Heimatfreunde bei allen Beteiligten bedanken,<br />
die wesentlich zum Gelingen beigetragen haben ... Wir sind<br />
hier auf einem uralten Kirchplatz, historisch nachgewiesen<br />
ist die Jahreszahl 1161 auf der Kirchturmfahne des damaligen<br />
Marienkirchleins ... Am 16. August 1857 wurde der<br />
Grundstein der früheren Karzener Kirche gelegt... Auch die<br />
damalige Kirche wurde mit sehr großer Unterstützung der<br />
Gemeinde gebaut.<br />
Die stolze Kirche schaute mit ihrem hohen Turm in<br />
unsere fruchtbare Landschaft. Sie war das Wahrzeichen in<br />
dieser Gegend, weithin sichtbar, sogar bei klarem Wetter<br />
vom Zobten aus.. Das Glockengeläut wurde bis in alle acht<br />
umliegenden Ortschaften des Kirchspiels getragen...<br />
Zum heutigen Festtag haben wir das Ölgemälde der<br />
ehemaligen Karzener Kirche mitgebracht. Das Bild hing 22<br />
Jahre in der Paul-Gerhardt-Kirche in Lüneburg. Dort kommen<br />
wir nicht mehr zusammen. Wir wollten das Ölbild<br />
nicht einem Museum übergeben, sondern hoffen – nach<br />
reiflichen Überlegungen – , daß die Kirche von Karczyn für<br />
das Gemälde der richtige Ort ist. Hier ist das Bild zu Hause.<br />
Im Namen der Kirchengemeinschaft Karzen möchten wir<br />
Herrn Pfarrer Romaniuk und der Kirchengemeinde Karczyn<br />
das Ölbild als unseren großen teuren Schatz überreichen<br />
und anvertrauen. Bitte, behüten Sie es und halten Sie<br />
es in Ehren.<br />
Der Karzener Kirche wurde 1858 der Name „Zum<br />
Frieden Gottes” gegeben. Die neue Kirche von Karczyn<br />
wurde auf dem Grundstein der gesprengten Kirche gebaut.<br />
Beide Kirchen haben somit ein- und dasselbe<br />
Fundament! Nehmen Sie alle das bewußt an und lassen Sie<br />
sich von der gemeinsamen Botschaft „Zum Frieden Gottes”<br />
in Ihren Alltag begleiten: „Denn der Frieden Gottes,<br />
welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsere<br />
Herzen und Sinne in Jesus Christus – Amen”
43<br />
Anmerkung 1:<br />
Pfarrer Romaniuk erzählte während der Veranstaltung<br />
Frau Schmidek von seinen Plänen: a) Er werde das Ölbild<br />
anstrahlen lassen. b) Er werde der Kirche den Namen<br />
„Zum Frieden Gottes” geben. c) Er beteuerte ihr auf dem<br />
Friedhof: Er werde seine Ehre dafür einsetzen, daß dieser<br />
Friedhof vollkommen renoviert wird.<br />
Ja, na klar, die Mittmanns<br />
Zur Rückgabe eines „Fundations-Scheins” an die Schweidnitzer Friedenskirche<br />
DR. STEPHAN ADERHOLD<br />
Der 13. Januar 2012 brachte die Geschichte des<br />
Schweidnitzer Ehepaars Mittmann ins Rollen. Um<br />
es vorweg zu sagen: es ist eine wunderbare Geschichte<br />
mit großartigen Hauptdarstellern und einem guten<br />
Ende. Denn an diesem Tag wurde dem UNESCO-Welterbe<br />
der Schweidnitzer Friedenskirche ein Stück Geschichte<br />
zurückgegeben. Und diese Geschichte soll hier erzählt werden.<br />
Sie beginnt am 24. Mai 1758. An diesem Tag wurde<br />
von der Kanzlei der Friedenskirche ein Dokument paraphiert,<br />
daß von einer Stiftung des Samuel Mittmann und<br />
seiner Gattin Maria Elisabeth, verwitwete Klein, geb. Hoffmann,<br />
berichtet. In dieser Donationsurkunde bzw. in diesem<br />
„Fundations-Schein” legen die Stifter fest, daß an<br />
jedem Mittwoch vor Himmelfahrt eine „Vorbereitungs-<br />
Andacht” abzuhalten sei. Hierzu legierten sie 1758 dem<br />
„Aerarium Ecclesiae” – der Schatzkammer bzw. Kirchkasse<br />
– ein Kapitel von 500 fl. (Gulden), das sie ein Jahr<br />
später, am 21. Dezember 1759, nochmals um 100 fl. erhöhten.<br />
Die Mittmanns hatten genaue Vorstellungen über die<br />
Ausgestaltung ‚ihrer' Vorbereitungspredigt und sorgten sich<br />
auch um die musikalische Ausgestaltung. Sie legten folgendes<br />
fest:<br />
|| alljährlich in der Mitwoche der Christi Him= | mel<br />
fahrt eine Vorbereitungs=Andacht zu einer see= | ligen<br />
Himmelfahrt gehalten, diese besagten Tages | sich um<br />
7. Uhr vor der Predigt mit den Liedern: | Jesu meine<br />
Stärcke p Herr JESU Christ wahr Mensch | und Gott p<br />
Ach wie betrübt sind frommer Seelen p | angefangen,<br />
auf der Cantzel mit dem Liede: | Süßester JESU wohin<br />
bistu kommen p fortgesetzet, | nach der Predigt aber mit<br />
dem Liede: Gedencke | mein p und nach dem Seegen<br />
mit dem Liede: Auf | Christi Himmelfahrt ich bau p sie<br />
wiederum beschlos= | sen. [...]<br />
(Kursivsetzungen von Stephan Aderhold.) ||<br />
Samuel und Elisabeth Maria Mittmann stifteten der<br />
Schweidnitzer Friedenskirche nicht nur diese Andacht, sondern<br />
errichteten auch eine Stiftung für die Schweidnitzer<br />
Schule, wie bereits 1786 J. W. A. Kosmann beschrieb.<br />
„Frau Maria Elisabeth Wittmannin [sic.] gebohrene<br />
Hofmannin hat in ihrer milden Stiftung 2000 Rthlr. der<br />
gestalt legiert: daß von den davon jährlich eingehenden<br />
Intreßen [Zinsen] die Lehrer in der lateinischen und<br />
MELDUNGEN<br />
Anmerkung 2:<br />
Frau Schmidek ist im Augenblick gesundheitlich angeschlagen<br />
und hat mich deshalb ausführlich informiert und<br />
beauftragt, einen Kurzbericht über das erfolgreiche Ereignis<br />
an den „Schlesischen <strong>Gottesfreund</strong>” zu senden. Mit<br />
großer Hochachtung vor dieser trotz ihres hohen Alters tatkräftigen<br />
und mutigen Frau. C.S. �<br />
deutschen Schule paribus ratis 120 Rthlr. empfangen<br />
sollen. Es ist auch einigemal so ausgezahlt worden; da<br />
aber um 1778 die Intreßen gefallen, und laut Königl.
MELDUNGEN 44<br />
OberAmts Rescripts alle Stiftungen von da an annoch<br />
mit 4 Procent 2 Jahre lang bezahlt werden sollen – so<br />
wird auch jetzo noch nicht mehr als 80 Rthlr. ausge<br />
zahlt.” (Johann Wilhelm Andreas Kosmann, Die<br />
Geschichte der Stadt Schweidnitz., Breslau, bey<br />
Wilhelm Gottlieb Korn 1786, S. 144.)<br />
Die Akte dieser ‚Studienstiftung’ ist heute noch im<br />
Schweidnitzer Kirchenarchiv erhalten und auch die<br />
‚Himmelfahrtsstiftung’ kann dorthin wieder zurückkehren.<br />
Und dies ist der zweite Teil dieser Geschichte: denn dieses<br />
Dokument, das sich in einem konservatorisch einwandfreien<br />
Zustand befindet, aus sechs paginierten Seiten (pag.<br />
32-34, verso et recto) besteht und mit einem Rotulus<br />
(Deckblatt mit Inhaltsangabe) versehen ist, ging dem<br />
Schweidnitzer Archiv verloren. Es kann heute nicht mehr<br />
festgestellt werden, wann dieser Schaden entstand. Am 13.<br />
Januar 2012 informierte mich Herr Paul Exner, daß er im<br />
Jahre 2000 ein ungeordnetes Sammelkonvolut an Handschriften<br />
von einem Auktionshaus erwarb, dieses nun gesichtet<br />
habe und darin diese Urkunde fand. Herr Exner war<br />
sofort bereit, der Schweidnitzer Friedenskirche das Dokument<br />
– besser: ein Stück Geschichte – zurückzugeben.<br />
Die nötigen (bürokratischen) Formalitäten dieser Rückgabe<br />
wurden dankenswerterweise ganz unbürokratisch vom<br />
Bundesstaatsminister für Kultur und Medien der Bundesrepublik<br />
Deutschland, hier ist besonderer Dank Herrn Dr. Ro-<br />
Bereits vor über einem Jahr erschien beim „Spiegel” ein<br />
Heft, das sich sich mit den Vertriebenen und ihren Herkunftsgebieten<br />
befaßt . Das ließ und läßt aufhorchen.<br />
Die Deutschen im Osten Europas –<br />
Eroberer, Siedler, Vertriebene;<br />
Herausgeber: Annette Großbongardt, Uwe Klußmann,<br />
Norbert F.Pötzl;<br />
in der Reihe Spiegel Geschichte, 290 S.,<br />
DVA München 2011,<br />
19,99 €<br />
Es handelt sich um das Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit<br />
von 18 Verfassern, fast ausschließlich<br />
Spiegel-Mitarbeitern; dazu kommen je ein Beitrag<br />
der bekannten Historikern Norbert Conrads und Dieter<br />
Langewiesche und zwei Interviews mit den Historikern<br />
Andreas Kossert auf deutscher Seite, Mitarbeiter bei der<br />
Stiftung „Flucht, Vertreibung und Versöhnung” und<br />
Krzysztof Ruchniewicz, Mitglied im Beirat der genannten<br />
Stiftung auf polnischer Seite.<br />
Historisch wird sehr weit ausgeholt, z.B. bis zur Siedlungsgeschichte<br />
in Schlesien ab dem 12. Jhd., dem Anfang<br />
des Deutschen Ritterordens im Preußenland und der Anwerbung<br />
von deutschen Bauern, Handwerkern, Mönchen<br />
und Wissenschaftlern durch Könige und Fürsten in Böh-<br />
bert Peters auszusprechen, vom Auswärtigen Amt und von<br />
der Union Evangelischer Kirchen geregelt. Bleibt festzuhalten,<br />
daß Apostelgeschichte 20, 35 im Jahr 1758 wie im<br />
Jahr 2012 Recht und Bestand hat und immer eine Aufforderung<br />
an uns ist: Geben ist seliger denn Nehmen!<br />
Fotos: S. 43: Siegel auf Stiftungsurkunde mit den Unterschriften:<br />
|| D. Siegmund Hahn. | Maximilian Rudolph Helveticus. |<br />
Johann Gottlieb Hahn. | Johann Melchior Theuermeister. | Kirchenvorsteher<br />
allhier.||; Herr Paul Exner und Stephan Aderhold<br />
bei der Rückgabe mit der Donationsurkunde. (S.44) �<br />
Ein Fortschritt, aber kein Durchbruch ...<br />
CHRISTOPH. SCHOLZ<br />
men, Schlesien, Rußland und Ungarn, mehrere Jahrhunderte<br />
hindurch.<br />
Durch relativ kurze Beiträge zwischen 5 und 10 Seiten<br />
zerbröselt der Inhalt. Er wirkt eher wie ein bunter Flickenteppich,<br />
nicht wie eine geschlossene Komposition.<br />
Es gibt keine neue Deutung, keine neuen Forschungsergebnisse.<br />
Das war wohl auch nicht zu erwarten und auch<br />
nicht angestrebt. Die wesentlichen historischen Fakten<br />
werden, journalistisch griffig und mit „spitzen” Titeln versehen,<br />
dargeboten.<br />
Wichtig scheinen mir die Beiträge über die Zeit des II.<br />
Weltkriegs und die Schicksale der Vertreibung der Deutschen<br />
aus den ehemals deutschen Ostprovinzen und ihren<br />
osteuropäischen Siedlungsräumen.<br />
Über die Einstufung als Tragödie gibt es keine Diskussion,<br />
umso mehr aber darüber, ob sie allein und ausschließlich<br />
mit Hitler und seinem 3. Reich zu erklären ist, nach<br />
dem Motto, alles, was zwischen 1939 und 1946 in Ostdeutschland<br />
und Osteuropa passiert ist, kann nur als Rache<br />
und Vergeltung von Russen, Polen, Tschechen usw. erklärt<br />
werden, als Antwort auf die Verbrechen Hitlers, der SS und<br />
mancher deutschen Soldaten in diesen Ländern. Dies zieht<br />
sich als roter Faden durch viele Beiträge, z.B.die Titel „die<br />
Zeit der Abrechnung”, S.201ff. und –„Hitlers letzte Opfer”,<br />
S.235ff., gemeint sind wir Deutsche, Opfer durch die<br />
Vertreibung. Und dies wird so gesehen, obwohl vorher der
45<br />
Beitrag „die Waisen von Versailles” treffend die erhaben<br />
wirkende Wilsonsche Proklamation des Selbstbestimmungsrechts<br />
der Völker neben die verheerende Durchführung<br />
in Europa in der Zeit danach dargestellt hatte.<br />
Unverständlich scheinen mir die kleinkarierte Kritik an<br />
der Charta der deutschen Heimatvertriebenen, die ja doch<br />
auf Grund ihres Erleidens genug Anlaß zu Rache und<br />
Vergeltung hätten äußern können (S.240f.), und die allzu<br />
pauschale negative Beleuchtung der Vertriebenenpolitiker.<br />
Hervorzuheben sind die beiden letzten Beiträge:1) „Aktenzeichen<br />
ungelöst / Wer sühnt historisches Unrecht? Warum<br />
gab es nie ein Tribunal für die Verbrechen der Vertreibung?”<br />
von Thomas Damstädt, S.270ff. Hier wird die<br />
Zwiespältigkeit des Völkerrechts erfreulich deutlich aufgezeigt,<br />
wenn es um die Vertreibung von uns Deutschen aus<br />
unseren Heimatgebieten geht. Die Rechtsentwicklung seit<br />
den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen 1945, was das<br />
Stichwort „Verbrechen gegen die Menschlichkeit” angeht,<br />
wirkt ermutigend, zu beobachten bei den sogenannten ethnischen<br />
Säuberungen in Bosnien. Gilt das auch für die<br />
EMPFEHLUNG / TERMINE<br />
„Luther” ist die Lösung!<br />
Ungewöhnlich viele Leser beteiligten sich am Weihnachtsrätsel und sandten nur richtige Lösungen ein.<br />
Natürlich ist ´Luther` die Lösung, zumal, wenn es um das<br />
gesuchte Lösungswort des Weihnachtsrätsels geht. Mehr<br />
als fünfzig Einsendungen erreichten die Redaktion und –<br />
auch das gab es erstmals – alle Zuschriften beinhalteten die<br />
korrekte Antwort. Aus der Vielzahl der Karten und Briefe –<br />
herzlichen Dank an all jene, die freundliche Weihnachtsund<br />
Neujahrsgrüße mitgesandt haben – wurden drei<br />
Gewinner gezogen:<br />
Herr Michael Giller<br />
Brüder-Grimm-Weg 2<br />
35510 Butzbach<br />
Frau Helga Zeyher<br />
Dürerweg 8<br />
73614 Schorndorf<br />
EVANGELISCHE GOTTESDIENSTE<br />
IN DEUTSCHER SPRACHE IN SCHLESIEN<br />
Breslau:<br />
an jedem Sonntag um 10 Uhr in der Christophorikirche,<br />
pl. Św. Krzyzstofa 1.<br />
Lauban:<br />
an jedem 4. Sonntag um 9 Uhr in der Frauenkirche,<br />
ul. Kombatantów.<br />
Liegnitz:<br />
am 1. und 3. Sonntag um 13 Uhr<br />
in der Liebfrauenkirche, pl. Pastora Wolfgang Meißlera<br />
Schweidnitz:<br />
an jedem 4. Sonnabend um 9 Uhr in der Friedenskirche,<br />
pl. Pokoju 6.<br />
ANDREAS NEUMANN-NOCHTEN<br />
Deutschen, die Verlierer des Krieges? – 2) „Ein Loch in der<br />
Geschichte” von Jan Puhl. Thema sind die Deutschen in<br />
der Oppelner Woiwodschaft, die bis 1992 unterdrückten<br />
Überreste des Deutschtums.<br />
Bedauerlich allerdings: Kein Wort fällt in den Beiträgen<br />
darüber, daß viele Vertriebene schon in den 70er Jahren Pioniere<br />
der deutsch-polnischen Verständigung waren, auch<br />
durch diakonisches Handeln. Die Gemeinschaft ev. Schlesier<br />
und die Genossenschaft schlesischer Johanniter freuen<br />
sich seit dieser Zeit über die ständigen guten Kontakte zu<br />
der Ev. Augsburgischen Kirche in Polen.<br />
Resümee: Trotz des traditionellen, oben aufgezeigten<br />
unfruchtbaren roten Fadens, die Vertreibung sei allein und<br />
ausschließlich dem verbrecherischen Handeln Hitlers und<br />
seiner allzu vielen Helfer geschuldet, gibt es in dem Buch,<br />
besonders in den drei genannten Aufsätzen durchaus auch<br />
erfreuliche Anzeichen des Abrückens von traditionellen<br />
Mustern und Klischees. Wer könnte das mehr begrüßen als<br />
wir, die wir als „Hitlers letzte Opfer” vorgestellt werden. �<br />
Frau Marie-Luise Gebauer<br />
Bahnhofstraße 60<br />
02826 Görlitz<br />
Zwar ist Weihnachten nun endgültig vorüber, aber die<br />
Preise, die in den nächsten Tagen auf die Reise gehen, lassen<br />
die Erinnerung nochmals wach werden oder stimmen<br />
vorsichtig darauf ein, daß nach einem hoffentlich segensreichen<br />
Jahr eine neue Advents- und Weihnachtszeit unser<br />
harrt.<br />
Neben der Graphik, die die zeichnerische Grundlage für<br />
das Rätsel lieferte – allerdings ohne die unzeitgemäßen<br />
Gegenstände – erwarten die Gewinner eine Kerze mit<br />
gezeichneten Bildmotiv und eine adventlich-weihnachtliche<br />
Motivleuchte. �<br />
Waldenburg:<br />
an jedem 2. Sonntag und jedem 4. Sonnabend um 14 Uhr<br />
in der Erlöserkirche, pl. Kościelny 4.<br />
Bad Warmbrunn:<br />
an jedem 2. Sonnabend und jedem 4. Sonntag in der<br />
Erlöserkirche, pl. Piastowski 18.<br />
Jauer<br />
Friedenskirche<br />
Auf Anfrage: Park Pokoju 2, 59-400 Jawor.<br />
Tel. (+4876) 870 51 45. E-Mail: jawor@luteranie.pl<br />
Pfarramt:<br />
ul. Partyzantów 60, 51-675 Wrocław. Tel. 0048 - 71-3484598.<br />
Pfarrer Andrzej Fober
TERMINE / AUS DER LESERGEMEINDE<br />
VERANSTALTUNGEN DER<br />
GEMEINSCHAFT EVANGELISCHER SCHLESIER<br />
Hamburg<br />
<strong>Schlesischer</strong> Gemeindenachmittag<br />
Freitag, 2. März um 16 Uhr im Gemeindesaal von St. Petri/<br />
Altona, Schmarjestraße 33. Im April kein Termin.<br />
Heidenheim/Brenz:<br />
Gottesdienst<br />
Palmsonntag,1. April um 14.30 Uhr in der Waldkirche<br />
LAG Anhalt/Zerbst<br />
Ausstellung „Schlesien – gestern und heute”<br />
Eröffnung am 6. März um 11 Uhr<br />
Festgottesdienst aus Anlaß des 25jährigen Bestehens der LAG<br />
Sonnabend, 24. März um 14 Uhr in der St. Trinitatiskirche in<br />
Zerbst. Die Festpredigt hält Bischof Ryszard Bogusz.<br />
Anschließend Beisammensein<br />
LAG Baden-Württemberg<br />
Rüstzeit am Sonnabend, den 3. März<br />
im evangelischen Gemeindehaus in Plochingen.<br />
Beginn 9.30 Uhr. Ausklang geben 16 Uhr mit einer Kaffeetafel.<br />
Hauptvortrag: Pfarrer Volker E. Sailer: Sechs Jahre als Bischof in<br />
Sibirien.<br />
Stuttgart<br />
Gottesdienst nach schlesischer Liturgie<br />
Sonntag, den 25. März um 14.30 Uhr in der Schloßkirche<br />
Ulm-Böfingen<br />
Gottesdienst am Palmsonntag<br />
1. April um 14.30 Uhr in der Auferstehungskirche<br />
GEBURTSTAGE AUS DER LESERGEMEINDE<br />
91. Am 11.03. Herr Manfred Böhm, 48167 Münster,<br />
Wolteringstr. 20, früher Freiburg/Schles..<br />
90. Am 20.03. Herr Dr. Joachim Urban, 72793 Pfullingen,<br />
Elsterweg 115.<br />
89. Am 18.03. Siegfried Frhr. v. Richthofen, 64367<br />
Mühltal, Birkenweg 5, früher Gäbersdorf. - Am 28.03. Herr<br />
Gotthold Störmer, 42651 Solingen, Bergstr. 30, früher Auras,<br />
Kreis Wohlau.<br />
88.Am 16.03. Frau Lotte Willms, 26384 Wilhelmshaven,<br />
Oststraße 8, früher Peterswaldau/Eulengeb. � Am 19.03.<br />
Herr Dr. Klaus Knospe, 73779 Deizisau, Silcherstr. 50, früher<br />
Hirschberg, Riesengebirge. � Am 19.03. Frau Adele<br />
Metzger, 76356 Weingarten, Friedrich-Wilhelm-Str. 4, früher<br />
Miechowitz.<br />
86. Am 01.03. Frau Dr. Ruth Schildhauer-Ott, 40595<br />
Düsseldorf, Alfred-Döblin-Str. 19, früher Mechtal Krs.<br />
Beuthen O/S. � Am 05.03. Frau Käthe Jacobi, 13355<br />
Berlin, Grenzstr. 21, früher Waldenburg. � Am 11.03. Herr<br />
Heinz Drieschner, 31698 Lindhorst, Suedstr. 25, früher<br />
Breslau. � Am 19.03. Frau Gerda Hoffmann, 88316 Isny,<br />
Mühlbachstr. 50, früher Penzig OL.<br />
85. Am 07.03. Herr Friedrich Handge, 26524 Berumbur,<br />
Schulstr. 12, früher Siegda, Krs. Wohlau. � Am<br />
07.03. Herr Pfarrer i.R. Gerhard Kiock, 09465 Sehma,<br />
46<br />
Fabrikstr. 42, früher Breslau. � Am 19.03. Frau Charlotte<br />
Beckmann, 57290 Neunkirchen, Adm.-v.Kinsberg-Str. 52,<br />
früher Breslau/Waldenburg.<br />
84. Am 17.03. Frau Ingeborg Grabitzke, geb. Horlemann,<br />
80804 München, Bonner-Str. 17-b-II re, früher<br />
Ohlau. � Am 18.03. Frau Käthe Bartels, E - 28016 Madrid,<br />
Victor de la Serna 20, früher Breslau. � Am 23.03.<br />
Frau Ilse Grohmann, 72406 Bisingen, Georgswalder Str. 6,<br />
früher Liebethal Krs.Bresl. � Am 26.03. Frau Erika<br />
Wendt, geb. Maiwald, 30926 Seelze, Mittelweg 26, früher<br />
Grunau/Rsgb. Krs. Hirschberg. � Am 30.03. Herr<br />
Friedemann Gottschick, 21339 Lüneburg, Alec-Moore-Str.<br />
15, früher Breslau.<br />
83. Am 13.03. Herr Pfarrer i. R. Gotthard Malbrich,<br />
01445 Radebeul, Wichernstr. 6, früher Görlitz. � Am<br />
14.03. Herr Arnulf v. Bock, 40822 Mettmann, Eichendorffstr.<br />
24, früher Breslau. � Am 17.03. Herr Niklas v. Selchow,<br />
22587 Hamburg, Sülldorfer Kirchenweg 2B, früher<br />
Herrenkirch.<br />
82. Am 06.03. Frau Mechthild Thümmel, 17489<br />
Greifswald, Robert-Blum-Straße 11, früher Buchwald/<br />
Rsgb. � Am 15.03. Frau Christa Fritsch, 49196 Bad Laer,<br />
Pfauenhof 17, früher Breslau-Zimpel. � Am 27.03. Frau<br />
Ruth Lipinski, 31785 Hameln, Hühnerborn 12, früher Groß<br />
Peterwitz. � Am 27.03. Herr Heinz Quester, 53347 Alfter,<br />
Buschhovener Str. 46, früher Ohlau.<br />
81. Am 07.03. Herr Otfried Welzel, 80796 München,<br />
Bauerstr. 10, früher Breslau. � Am 08.03. Frau Pastorin i.<br />
R. Dietlinde Cunow, 28865 Lilienthal, Ahnwers Wiese 14,<br />
früher Neumittelwalde/Krs. Groß Wartenberg.<br />
80. Am 15.03. Herr Oberlandeskirchenrat Hans-<br />
Joachim Rauer, 30173 Hannover, Altenbekener Damm 49,<br />
früher Landeshut,Riesengeb. � Am 17.03. Herr Pfarrer<br />
Siegfried Stadali, 73430 Aalen, Spritzenhausplatz 4, früher<br />
Breslau, Wohlau, Heinrichswalde (Glatz), Habelschwerdt.<br />
� Am 21.03. Herr Dr. Joachim Sobotta, 40667 Meerbusch,<br />
Hohegrabenweg 78, früher Glatz/Schlesien. � Am 21.03.<br />
Herr Dekan i.R. Hermann Weinbrenner, 26607 Aurich,<br />
Hohe Ringstr. 2 A.<br />
79. Am 31.03. Herr Pfarrer i. R. Friedhelm Kalkbrenner,<br />
99817 Eisenach, Graf-Keller-Straße 5, früher Breslau.<br />
�Am 31.03. Frau Sigrid Schuster-Schmah, 69124 Heidelberg,<br />
Zwerggewann 2, früher Breslau/ab 1936 Guttentag.<br />
77. Am 01.03. Herr Christoph Scholz, 30938 Burgwedel,<br />
Fritz-Reuter-Weg 29, früher Herzogswaldau. � Am<br />
12.03. Herr Pfarrer i.R. Manfred Bünger, 40822 Mettmann,<br />
Moselstr. 27, früher Magdeburg.<br />
76. Am 07.03. Frau Maria Bünger, 40822 Mettmann,<br />
Moselstr. 27, früher Sprottau. � Am 18.03. Herr Klaus von<br />
Foerster, 14193 Berlin, Trabener Str. 8, früher Ober.<br />
Mittlau.<br />
75. Am 10.03. Herr Pfarrer Klaus Dieter Härtel,<br />
55583 Bad Münster a. St.-Ebernburg, Burgblick 3, früher<br />
Breslau. � Am 19.03. Herr Ernst Kiehl, 06484 Quedlinburg,<br />
Erlenstr. 10, früher Malapone, Kreis Oppeln.<br />
74. Am 10.03. Frau Elisabeth Bräuer, 86946 Mandraching,<br />
Kapellenweg 10, früher Gummersbach.<br />
73. Am 01.03. Herr Pfarrer i.R. Manfred Menzel,
47<br />
42489 Wülfrath, Bringmannshaus 7A, früher Weizenroda.<br />
�Am 18.03. Frau Helga Rößler, 70619 Stuttgart,<br />
Oelsschlägerstr. 20, früher Erfurt. � Am 22.03. Frau Renata<br />
Meyer, 44265 Dortmund, Roholte 6, früher Lauban.<br />
71. Am 01.03. Herr Superintendent i. R. Friedhart<br />
Vogel, 02977 Hoyerswerda, Kirchplatz 2, früher Görlitz.<br />
68. Am 03.03. Herr Dr. Wolfgang Danner, 02827<br />
Görlitz, Am Berge 16 a, früher Breslau.<br />
60. Am 02.03. Ks.-biskup Ryszard Bogusz,<br />
PL-50-077 Wroclaw, ul. Kazimierzka Wielkiego 29. �<br />
„Selbstgesponnen, selbst gemacht,<br />
rein dabei, ist Bauerntracht”<br />
Schlesische Trachten in Wort und Bild<br />
KARIN MÖLLER-GUTJAHR<br />
Wir lassen die Zeitachse der zu beschreibenden<br />
schlesischen Trachten um 1700 beginnen. In der<br />
Zeit nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 -<br />
1763) wird es in Schlesien wichtig, schnell die Kriegsschäden<br />
zu beseitigen.<br />
Unter dem Namen „friderizianische Kolonisation” ist<br />
eine neue Siedlungspolitik in den Geschichtsbüchern<br />
beschrieben. Aus dem altpreußischen Staat wurden Siedler<br />
nach Schlesien geholt, um die nun „wüsten” Bauernhöfe<br />
wieder zu besetzen. Das gelang auf etwa 1500 Höfen.<br />
In der zweiten Regierungshälfte Friedrich des Großen<br />
(1740 - 1786) entstanden auf staatseigenem Boden oder in<br />
den Wäldern die sogenannten Rodedörfer mit je 20 Kleinbauernstellen.<br />
Auf der Karte kann man lineare, langgestreckte<br />
Straßendörfer erkennen. Zumeist waren sie ohne<br />
Herrendorf und anfangs ohne Kirche. Außer den Neugründungen<br />
griff der König auf adeligen Grundbesitz zurück.<br />
Eine neuerrichtete Bauernstelle brachte dem Grundherren<br />
eine Belohnung von 150 Reichstalern ein. Die Dörfer sollten<br />
niemals weniger als acht und mehr als 20 Stellen haben.<br />
Laut Kabinettsorder sollten bis 1777 90 Dörfer gegründet<br />
sein. So konnte sich auf dem Lande eine freie Bauernschaft<br />
entwickeln. Mit dem Bau der Kirche und dem Begräbnisplatz,<br />
hatte das Dorf nun den gesellschaftlichen Lebensmittelpunkt.<br />
Als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zu einem<br />
Dorf, einer Landschaft, einer Region hat sich eine große<br />
Vielfalt von Trachten entwickelt.<br />
Datum: Unterschrift:<br />
Titel:<br />
Nachname:<br />
Vorname:<br />
Straße:<br />
PLZ, Ort:<br />
Geburtsdatum/-ort:<br />
Impressum<br />
SCHLESISCHE TRACHTEN I<br />
Beitrittserklärung:<br />
Ich erkläre hiermit meinen Beitritt zur Gemeinschaft evangelischer<br />
Schlesier e. V. bei einem Mitglieder-Jahrebeitrag von aktuell 30 Euro<br />
für das laufende Kalenderjahr; im Rahmen meiner Vereinsmitgliedschaft<br />
erhalte ich die Zeitschrift „<strong>Schlesischer</strong> <strong>Gottesfreund</strong>” kostenfrei.<br />
Ich möchte kein Mitglied werden, bestelle aber die Monatszeitschrift<br />
„<strong>Schlesischer</strong> <strong>Gottesfreund</strong>” zum Abo-Preis von 36 Euro pro<br />
Jahr.<br />
Bitte senden Sie mir eine Probenummer der Zeitschrift „<strong>Schlesischer</strong><br />
<strong>Gottesfreund</strong>” zu.<br />
Beruf:<br />
persönlicher bzw. familiärer<br />
schlesischer Herkunftsort:<br />
Sollten Sie nicht mit der Veröffentlichung einiger Ihrer persönlichen<br />
Daten in der Geburtstagsliste des „<strong>Gottesfreund</strong>es” einverstanden<br />
sein, kreuzen Sie es bitte in den entsprechenden Kästchen an.<br />
Bitte einsenden an: Gemeinschaft evangelischer Schlesier e.V.<br />
Postfach 1410, D – 32440 Porta Westfalica<br />
oder Stiftung Evangelisches Schlesien<br />
Schlaurother Straße 11, D – 02827 Görlitz<br />
Bankverbindung: Stadtsparkasse Porta Westfalica<br />
BLZ: 490 519 90 Kto.-Nr.: 26 997<br />
Herausgeber:<br />
Gemeinschaft evangelischer Schlesier (Hilfskomitee) e.V.<br />
D 32440 Porta Westfalica, PF 1410, Tel.: 0571-971 99 74,<br />
Bankverbindung: Stadtsparkasse Porta Westfalica<br />
BLZ: 490 519 90 Kto.-Nr.: 26 997<br />
E-mail: info@gesev.de<br />
Verantwortlich für den Inhalt:<br />
Mag. phil. et theol. Dietmar Neß<br />
Wittichenauer Straße 11a, D - 02999 Groß Särchen,<br />
Tel./Fax: 03 57 26 - 5 56 75<br />
E-mail: mag.ness@online.de.<br />
Andreas Neumann-Nochten<br />
Hotherstraße 32, D - 02826 Görlitz<br />
Tel.: 03581 - 878988<br />
E-mail: gottesfreund@nochtenart.de<br />
Beiträge/Grafik/Satz/Layout: Andreas Neumann-Nochten<br />
Herausgegeben in Zusammenarbeit mit der<br />
Stiftung Evangelisches Schlesien und der<br />
Evangelischen Diözese Breslau/Wroclaw.<br />
Druck: MAXROI Graphics GmbH, Görlitz
SCHLESISCHE TRACHTEN I<br />
Die Tracht hat eine Sprache und wer sie versteht, bekommt eine<br />
Menge von Informationen. Sie repräsentiert bäuerliche soziale<br />
Strukturen und war nicht in erster Linie Schmuck ihrer Träger.<br />
Im 17. und 18. Jahrhundert zeigt die Tracht in der Gestaltung<br />
die ausgewiesene gesellschaftliche Stellung, die biographische<br />
Kennzeichnung, den Heimatort und die Religionszugehörigkeit<br />
ihrer Träger. Es gibt aus diesem Grunde keine schlesische Nationaltracht.<br />
Wertvolle Familienandenken werden über Generationen hinweg<br />
behütet. Eine so wertvolle Goldhaube trug die Braut erstmals<br />
zur Trauung mit dem selbstgestickten Weißzeug, der Schürze<br />
und dem Umschlagtuch. Hier ist die Hischberger Stickerei zu<br />
sehen. Eine solche Tracht trug man nur zu den Höhepunkten des<br />
Lebens, wie z.B. der Trauung in der Kirche und zur hohen kirchlichen<br />
Festen im Jahreskreis.<br />
Die Goldhaube (großes Bild) ist hier eine Medaillonhaube<br />
mit eingesetzten braunem Samtstück. Der Goldbrokat ist mit reicher<br />
Klöppelspitze aus Goldlahn, die den typischen schlesischen<br />
Fächer zeigt, umlegt. Reiche<br />
Verzierungen aus kleinen Glasperlen<br />
und kleine runde Metallplättchen,<br />
die sicher im Sonnenlicht<br />
glitzerten, runden die<br />
prunkvolle Ausputzung ab.<br />
Die Haube entstand in der<br />
letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts.<br />
In dieser Zeit wurde das<br />
lange Haar aufgesteckt getragen.<br />
Das Gesicht wird von einer<br />
breiten Spitze umrahmt die in<br />
die Stirn fällt. Die Haube gibt<br />
dem Gesicht Ausdruck und<br />
Würde.<br />
Das kleine Bild oben zeigt<br />
die letzte Trägerin der Familie,<br />
der diese schöne Familienerbstück<br />
gehörte.<br />
Heute befindet sich die<br />
Haube in einem Museum und<br />
ist ein schönes Zeitdokument<br />
vergangener Kultur. �<br />
48