open.med Bericht 2007 - Ärzte der Welt e.V.
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1.3. Die begrenzte <strong>med</strong>izinische<br />
Versorgung im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes<br />
Über das Asylbewerberleistungsgesetz krankenund<br />
sozialversichert sind:<br />
• Flüchtlinge im Asylverfahren<br />
• Kriegs- o<strong>der</strong> Bürgerkriegsflüchtlinge<br />
• Flüchtlinge mit Bleiberecht aufgrund einer Altfallregelung<br />
o<strong>der</strong> einer Duldung<br />
• sowie die Ehegatten, Lebenspartner und min<strong>der</strong>jährigen<br />
Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> oben genannten Personen<br />
In den ersten drei Jahren des Aufenthaltes in<br />
Deutschland sind alle Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetztes<br />
(AsylbLG) an eine Unterbringung<br />
in einer Asylbewerberunterkunft und an<strong>der</strong>e Auflagen<br />
gebunden. Die betroffenen Personen erhalten<br />
verschieden Sachleistungen wie Essenspakete und<br />
Hygieneartikel.<br />
Darüber hinaus erhalten Asylbewerber nur<br />
wenige <strong>med</strong>izinische Leistungen. Dazu gehören laut<br />
§ 4 AsylbLG:<br />
• Für Schwangere und Wöchnerinnen ärztliche und<br />
pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe,<br />
Arznei-,Verband- und Heilmittel.<br />
•<br />
<strong>med</strong>izinische Vorsorgeuntersuchungen,<br />
wie in <strong>der</strong> gesetzlichen Krankenversicherung<br />
•<br />
•<br />
•<br />
halbjährliche zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen<br />
für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche unter 18<br />
(danach jährliche Vorsorgeuntersuchungen)<br />
die üblichen Kin<strong>der</strong>impfungen,Tetanus-,<br />
Diphtherie-, Polioimpfungen für Erwachsene (nach<br />
individuellem Risiko auch weitere Impfungen)<br />
Behandlung nur bei akuten o<strong>der</strong> schmerzhaften<br />
Erkrankungen<br />
Chronische Erkrankungen und Behin<strong>der</strong>ungen<br />
werden nur behandelt, wenn akute Schmerzzustände<br />
hinzukommen. Heil- und Hilfsmittel, wie Brillen<br />
o<strong>der</strong> orthopädische Prothesen und physikalische<br />
Therapie werden häufig nicht finanziert.<br />
Alle Leistungen müssen vorher von den Betroffenen<br />
beim zuständigen Sozialbürgerhaus beantragt<br />
und genehmigt werden. Mit einem Krankenschein<br />
kann die erkrankte Person dann zu einem Anbieter<br />
von Gesundheitsleistungen gehen. Nach drei<br />
Jahren des Bezuges können reguläre Leistungen<br />
analog <strong>der</strong> Sozialhilfe bezogen werden, damit sind<br />
auch Praxisgebühren und Zuzahlungen zu leisten.<br />
1.4. Der erschwerte Zugang zum<br />
regulären Gesundheitssystem für Menschen<br />
ohne Papiere<br />
Menschen ohne Papiere werden von keiner<br />
Krankenversicherung aufgenommen. Bei akuten<br />
Erkrankungen, Schmerzzuständen, während <strong>der</strong><br />
Schwangerschaft, bei Impfungen und im begrenzten<br />
Umfang in <strong>der</strong> Bereitstellung von Heil- und<br />
Hilfsmitteln haben aber auch sie einen Anspruch<br />
auf <strong>med</strong>izinische Dienstleistung. Die Kostenerstattung<br />
einer Behandlung erfolgt entwe<strong>der</strong> bar durch<br />
den Patienten selbst o<strong>der</strong> über die zuständigen<br />
Sozialämter. Diese beziehen hierzu jedoch personenbezogene<br />
Daten von Krankenhäusern und<br />
Arztpraxen. Dadurch erhalten sie auch Informationen<br />
über den Aufenthaltstatus des Patienten.<br />
Das Sozialamt ist gemäß dem Aufenthaltsgesetz<br />
(AufenthG, §§ 87, 88) dazu verpflichtet, in <strong>der</strong> Illegalität<br />
lebende Menschen <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>behörde<br />
zu melden. Die Inanspruchnahme <strong>med</strong>izinischer<br />
Hilfe kann somit zur Aufdeckung eines nicht legalen<br />
Aufenthaltes und einer anschließenden Ausweisung<br />
führen. Aus Angst vor diesen Konsequenzen<br />
gehen die meisten Menschen ohne Papiere<br />
nur dann zum Arzt, wenn sie die Behandlung auch<br />
selbst zahlen können.<br />
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