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schwerpunkt - Evangelische Gemeinde zu Düren

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22 EINBLICKE<br />

Chrismon: An welche Personen<br />

denken Sie, wenn Sie durch<br />

Deutschland reisen?<br />

Ich denke an Dietrich Bonhoeffer, an<br />

Pastor Martin Niemöller, an all die<br />

wunderbaren Mitglieder der Bekennenden<br />

Kirche. Und dann denke ich<br />

an die so wundervollen Menschen in<br />

der EKD (<strong>Evangelische</strong> Kirche<br />

Deutschland) und an deren Entwicklungsabteilung<br />

KED (Kirchlicher<br />

Entwicklungsdienst), die so unglaubliche<br />

Hilfe für uns geleistet haben.<br />

Und an die Frauen, die so treu den<br />

Früchte-Boykott unterstützt haben.<br />

Dennoch, Deutschland ist nicht nur<br />

das Land der Reformation, sondern<br />

auch das Land mit dem bösartigsten<br />

Rassismus, den die Welt je<br />

erlebt hat. Welche Bedeutung hat<br />

die deutsche Geschichte für ihr<br />

Denken über unser Land?<br />

Natürlich kann niemand, der bei Trost<br />

ist, den Holocaust einfach vergessen.<br />

Die Täter waren keine Heiden, sie<br />

gehörten <strong>zu</strong> einem der entwickeltsten<br />

Völker dieser Welt, es waren keine<br />

Barbaren, sondern Christen. Und oft<br />

scheint es so, als hätte die Welt daraus<br />

nichts gelernt. Ich denke aber<br />

auch an Menschen wie Willy Brandt,<br />

an andere Ihrer Kanzler oder Präsidenten,<br />

die bereit waren, um Vergebung<br />

<strong>zu</strong> bitten. Auch auf diese Weise<br />

konnten die Deutschen der Welt ein<br />

Licht zeigen, einen Weg aus der Dunkelheit<br />

zeigen. Dass das Gute kommen<br />

kann, so wie Gutes aus dem<br />

Schrecken des Kreuzes kommt, dass<br />

ein so grauenhaftes Foltergerät wie<br />

das Kreuz transfiguriert werden kann.<br />

Das Christentum scheint in manchen<br />

Gegenden Deutschlands kaum<br />

mehr lebendig <strong>zu</strong> sein, besonders in<br />

den größeren Städten des Ostens<br />

gibt es viel Entfremdung vom<br />

Christentum. Können Sie sich vorstellen,<br />

wie die Christen in Deutschland<br />

wieder mit ihrer Religion versöhnt<br />

werden könnten?<br />

Viel <strong>zu</strong> oft stellen wir uns vor, dass<br />

Versöhnung etwas leicht Erreichbares<br />

ist, und bilden uns sogar ein, dass es<br />

ein einmaliges Geschehen ist. Wahre<br />

<strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düren</strong>, Oktober / November 2007<br />

Interview mit Erzbischof Desmond Tutu ( Südafrika )<br />

Versöhnung ist aber ein Prozess. Und<br />

die Opfer von Ungerechtigkeit und<br />

Unterdrückung können oft vom Christentum<br />

entfremdet werden. Denn auf<br />

eine Weise haben wir da<strong>zu</strong> geneigt<br />

an<strong>zu</strong>nehmen, dass wer gut ist, auch <strong>zu</strong><br />

Wohlstand kommt. Und wir haben<br />

vergessen, dass im Herzen unseres<br />

Glaubens das Kreuz steht. Und dass<br />

unser Erlöser vielleicht nur beim Pöbel<br />

beliebt war - und dass er nicht gekreuzigt<br />

worden wäre, wenn er beliebt<br />

gewesen wäre. Wir vergessen immer,<br />

dass er von Christen niemals als von<br />

einer Mehrheit sprach. Er nannte sie<br />

das Salz. Das ist aber nicht das ganze<br />

Mahl. Er nannte sie Hefe, und die Hefe<br />

ist nicht der ganze Brotlaib, nur ein<br />

Teil mit sehr wichtigem Einfluss.<br />

Manchmal sind wir so von unserem<br />

Erfolg eingenommen, dass wir vergessen:<br />

Unser Glaube ist einer der Gnade,<br />

Gnade, Gnade. Dass wir begnadet und<br />

beschenkt sind. Und nicht ein Glaube<br />

der Leistung. Wir sind so beeinflusst<br />

durch die Kultur des Erfolges.<br />

Sie sprechen von Glauben als Geschenk.<br />

Aber haben Christen nicht<br />

auch einen Auftrag? Kürzlich gab<br />

es starken Protest gegen ein Treffen<br />

der führenden Politiker der G8-<br />

Staaten in Heiligendamm. Meinen<br />

Sie, Christen sollten sich an solchen<br />

Protesten beteiligen?<br />

Ich meine, dass es wichtig ist. Und mir<br />

ist es wichtig, dass vier wichtige Dinge<br />

auf so einer Konferenz besprochen<br />

werden. Vor wenigen Jahren haben<br />

nur wenige Menschen über die Umwelt<br />

gesprochen. Man hielt sie für<br />

seltsam, man musste einer Grünen<br />

Partei angehören.<br />

Heute ist dies ein wichtiges Anliegen<br />

geworden, weil Leute darauf bestanden<br />

haben, dass es wichtig ist. In gleicher<br />

Weise haben Leute gegen den<br />

Krieg im Irak protestiert. Das hat die<br />

USA und ihre Alliierten nicht davon<br />

abgehalten, das Land <strong>zu</strong> erobern. Aber<br />

heute sehen wir, wer Recht hatte. Man<br />

kann sehen, wie in vielen Ländern die<br />

Krieg unterstützenden Politiker Wahlen<br />

verlieren.. Herr (George) Bush ist<br />

heute einer der unbeliebtesten Politiker<br />

in den USA. Aber 2003, wenn<br />

man irgendetwas gegen ihn sagte, die<br />

Leute wären bereit gewesen, einen <strong>zu</strong><br />

lynchen. Auch hier gilt: Christen müssen<br />

nicht versuchen, erfolgreich <strong>zu</strong><br />

sein. Sondern sie sollen immer für die<br />

Wahrheit gerade stehen. Damit letztlich<br />

die Wahrheit triumphiert.<br />

Sie waren 19 Jahre alt, als die Unterscheidung<br />

nach Rassen in Südafrika<br />

Gesetz wurde. Was hieß es für<br />

Sie persönlich, von da an als<br />

Mensch zweiter Klasse angesehen<br />

<strong>zu</strong> sein?<br />

Ich habe immer gesagt, es war oft<br />

nicht einmal so sehr der Schmerz der<br />

Diskriminierung. Natürlich war der<br />

Schmerz unserer Leute sehr groß. Aber<br />

es war so, dass sich Opfer solcher<br />

Ungerechtigkeit nach und nach fragen<br />

mussten, ob sie vielleicht nicht Gottes<br />

Kinder waren. Ob sie vielleicht nicht<br />

ganz so menschlich geschaffen war<br />

wie die anderen. Und ich habe immer<br />

gesagt, dass das die schrecklichste<br />

Konsequenz von Unterdrückung und<br />

Ungerechtigkeit ist. Es war eine Blasphemie,<br />

ein Kind Gottes daran zweifeln<br />

<strong>zu</strong> lassen, dass es ein Kind Gottes<br />

sei.<br />

Würden Sie sagen, dass Glaube an<br />

Gott wichtig ist, wenn man sich in<br />

einem Kampf befindet?<br />

Ich hätte ohne nicht überleben können.<br />

Ich sage nicht, Atheisten könnten<br />

nicht gegen Ungerechtigkeit kämpfen,<br />

ich bin mir sicher, sie können es.<br />

Aber sehen Sie, was erhielt uns in den<br />

dunkelsten Momenten des Kampfes?<br />

Wir erinnerten uns, dass wir einen<br />

Gott haben, der Partei für die Hungrigen,<br />

die Armen nimmt. Und dass dieser<br />

Gott letztlich gewinnt. Dass dieser<br />

Gott sagt: Ich habe dein Leiden gesehen,<br />

ich komme herab. Der Gott des<br />

Exodus ist derselbe Gott, den wir erwarteten,<br />

und der nun auch herabkommen<br />

würde und uns erlösen würde.<br />

Sie verwenden oft Wörter wie<br />

"schwarzer Stolz", "Selbstvertrauen",<br />

"Trotz". Viele Menschen<br />

lernen, im Christentum gehe es<br />

mehr um "Bescheidenheit",<br />

"Gottvertrauen" und die "Bereitschaft<br />

<strong>zu</strong> dienen". Ist das kein Widerspruch?

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