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extra Mai 20<strong>06</strong><br />

DER SPIELBERGER THOMAS TKADLETZ STEIGT ABERMALS AUS (TEIL 2)<br />

Von den südindischen Weinbergen<br />

zu den Ausläufern des Himalaya<br />

Gestärkt vom guten Wein, der guten<br />

Luft in den Weinbergen und der herrlichen<br />

Aussicht von der Terrasse der Shulavinothek<br />

kehre ich zurück nach Nasik. Überraschenderweise<br />

habe ich keine Probleme,<br />

die richtige Richtung einzuschlagen, ein<br />

Lastwagen nimmt mich ein Stück weit mit<br />

und der erste Rikshafahrer, dem ich begegne,<br />

bringt mich ohne Umwege in die<br />

Stadt. Und da schlägt er unerwartet mit aller<br />

Wucht wie ein Blitz ein: ein gewaltiger<br />

Kulturschock. Der Wein und die gelassene<br />

Atmosphäre am Land haben Verspannungen<br />

gelöst, die Wahrnehmung verfeinert.<br />

Die Eindrücke trommeln wie wild auf meine<br />

Sinne. Die Vielzahl der Gerüche schmerzen<br />

in meiner Nase, die Glocken der Tempel,<br />

der Singsang der Priester, das Dröhnen<br />

der Mopeds fordern meine Ohren aufs äußerste,<br />

meine Augen haben Mühe zwischen<br />

den komisch anmutenden heiligen<br />

Männern, den dreckigen Bettlern, wunderschönen<br />

Frauen und zahnlosen alten Weibern<br />

den Weg ins Hotel zu finden. Doch ich<br />

schaffe es mit letzter Kraft, schließe mich<br />

ein und verfluche wieder einmal den Tag,<br />

an dem ich beschlossen habe, nach Indien<br />

zu fahren. Ich suche nach einem Ausweg<br />

aus dieser Lage, aber es gibt keinen, außer.....Schlaf.<br />

Ich schlafe und vergesse. Und<br />

am nächsten Morgen werde ich durch ein<br />

Lachkonzert vor meinem Fenster geweckt.<br />

HaHaHoHoHo. Lachyoga. Schon bei meiner<br />

Ausbildung fand ich das lachhaft, obwohl<br />

ich weiß, dass es wirkt. Und es hat<br />

auch an diesem Morgen in Nasik gewirkt.<br />

Ich muss unweigerlich und gegen meinen<br />

Nach der Kommunion im Shulaweingut geht die Reise weiter in Richtung Himalaya.<br />

Über einen Zwischenstopp im Herzen des Subkontinents, von wo Mahatma Gandhi<br />

seinen indischen Freiheitskampf dirigiert und seine Experimente mit der Wahrheit<br />

betrieben hatte, gelange ich zu den Ausläufern des Himalaya. Nach Rishikesh, dem<br />

Yogaparadies in den Bergen, wo die große Ganga ihren Weg in die Ebene findet.<br />

Die Hütte von Mahatma Gandhi<br />

Willen über dieses Grüppchen lachen und<br />

dieses Lachen will den ganzen Tag nicht<br />

mehr weichen. Die Kakophonie des Vortags<br />

ist jetzt ein harmonisches Klangerlebnis,<br />

die Gerüche sind betörend, ich kann mich<br />

nicht sattsehen an dieser wahnsinnigen,<br />

prächtigen Vielfalt an Leben. Trotzdem will<br />

ich nicht länger bleiben, Nasik ist trotz allem<br />

eine große Stadt, ich suche Ruhe. In<br />

den Upanishaden, den alten Weisheitslehren,<br />

findet man diese Ruhe und auch die<br />

Wahrheit irgendwo im Herzen. Also mache<br />

ich mich am nächsten Tag auf den<br />

Weg ins Herz Indiens, nach Nagpur, dem<br />

geografischen Zentrum des Subkontinents.<br />

Dort steht das Ashram Mahatma Gandhis,<br />

der bekannten,<br />

großen Seele<br />

Indiens. Von<br />

dort aus hat er<br />

seinen gewaltlosenFreiheitskampf<br />

geführt.<br />

S t a y a g r a h a<br />

hatte er es genannt,<br />

was soviel<br />

heißt, wie<br />

das Ergreifen der Wahrheit. Wahrheit war<br />

für ihn unvergänglich. Gewaltlosigkeit ist<br />

Wahrheit, Gewalt ist nicht Wahrheit, also<br />

muss die Gewaltlosigkeit siegen, wenn man<br />

sie ergreift. Ich finde an diesem Ort die Ruhe,<br />

die ich brauche. Der Ashram wirkt wie<br />

ein belebtes Freilichtmuseum, alte Männer<br />

spinnen noch immer ihren revolutionären<br />

Faden mit dem Handspinnrad, die Bewohner<br />

sind freundlich und einladend, das Essen<br />

ist biologisch und gesund. Leider war<br />

Gandhi nicht nur gegen jede Gewalt, sondern<br />

auch gegen Genuss. Das Essen und<br />

das Leben an sich, ist also nicht nur gesund<br />

sondern auch fad. Gewürze werden<br />

als überflüssiger Schnickschnack betrachtet<br />

und das im Land der Gewürze. Also<br />

bleibt mir nichts anderes übrig, als den<br />

Ort zu verlassen. Weiterzuziehen Richtung<br />

3<br />

Norden, Richtung Himalaya. Und schon ein<br />

paar Tage später erreiche ich Rishikesh, die<br />

Welthauptstadt des Yoga, Shangrila der<br />

Wahrheitssucher, Paradies der Esoteriker<br />

und Tor zum Himalaya. Ich bin überwältigt<br />

von der Schönheit dieses Ortes, vom<br />

Angebot an Kursen, von den teilweise lustig<br />

aussehenden westlichen Teilzeit-Yogis,<br />

vom köstlichen Essen, den Wäldern,<br />

von der beinahe noch jungfräulichen Ganga,<br />

der großen Göttin, die wir sündhafterweise<br />

zu einem Mann, zum Ganges degradiert<br />

haben. Soviel Schönheit auf einmal<br />

ist schwer zu verdauen, es kommt wie es<br />

kommen muss....die Verdauung geht auf<br />

Urlaub und ich mache das Klo zu meinem<br />

Lebensmittelpunkt. Der Göttin sei Dank<br />

beruhigt sich mein Magendarmtrakt schon<br />

nach kurzer Zeit. Ich danke es ihr mit einem<br />

heiligen Bad in ihren erfrischenden<br />

Fluten, verbringe die Tage an den weißen<br />

Stränden der großen Mutter und komme<br />

so schnell wieder zu Kräften und auch zu<br />

der Überzeugung, dass ich auch hier nicht<br />

finde, was ich suche. Ich mache mich also<br />

wieder auf den Weg. In Kathmandu will<br />

ich die Wahrheit über den Konflikt finden,<br />

der Nepal seit Jahren nicht zur Ruhe kommen<br />

lassen will.

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