Natur + Umwelt - Bund Naturschutz in Bayern eV
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Renaissance des Rhönschafs<br />
Weit größere offene Flächen s<strong>in</strong>d das Markenzeichen<br />
e<strong>in</strong>er prägnanten Landschaft am Nordende <strong>Bayern</strong>s,<br />
das »Land der offenen Fernen«. So nennen Wanderer<br />
und Segelflieger die Rhön. Dass die weiten Höhenzüge<br />
auch e<strong>in</strong> Paradies für kle<strong>in</strong>e Segler wie den Großen Perlmuttfalter<br />
oder den Lilagoldfalter bleiben, dazu trägt<br />
das Rhönschaf-Projekt des <strong>Bund</strong>es <strong>Natur</strong>schutz bei.<br />
Gestartet wurde es <strong>in</strong> den achtziger Jahren. Schmetterl<strong>in</strong>ge<br />
waren dabei vor allem Sympathieträger für e<strong>in</strong><br />
noch ungewohntes <strong>Natur</strong>schutzkonzept. Das Ziel war<br />
klar: Retten Sie e<strong>in</strong> Schmetterl<strong>in</strong>gsparadies! So lautete<br />
das Motto e<strong>in</strong>er Spendenaktion zur Bewahrung der<br />
Offenland-Biotope <strong>in</strong> der Hohen Rhön. Doch der Weg<br />
war selbst unter <strong>Natur</strong>schützern umstritten. Gerhard<br />
Kneitz, damals stellvertretender BN-Vorsitzender<br />
(siehe Portrait auf Seite 18), favorisierte das Rhönschaf<br />
als Landschaftspfleger. E<strong>in</strong> Job, den das robuste und<br />
zugleich edle Schaf trotz des rauen Klimas und der kargen<br />
Vegetation Jahrhunderte lang perfekt erledigt<br />
hatte. Arbeitslos wurde es, als Kunstdünger und moderne<br />
Agrartechnik E<strong>in</strong>zug hielten. Das Rhönschaf<br />
drohte auszusterben und benötigte selber Schutz.<br />
E<strong>in</strong> Haustier schützen? Das g<strong>in</strong>g manchem Artenschützer<br />
zu weit. Sie befürchteten, seltene Pflanzen<br />
würden gefressen und zertreten, und wollten die Schafe<br />
lieber schlachten. Dazu kam es zum Glück nicht.<br />
Vielmehr erwarb der BN mit den Spendengeldern e<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Herde Rhönschafe und westlich des Dorfes<br />
G<strong>in</strong>olfs 33 Hektar Weideland. Als Schäfer engagierte<br />
der BN Josef Kolb, e<strong>in</strong>en staatlich geprüften Landwirtschaftsmeister<br />
– der bis dah<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Fensterfabrik<br />
arbeiten musste.<br />
Heute ist er überzeugter Rhönschäfer und Biobauer,<br />
der nicht mehr per Werkvertrag sondern als Pächter<br />
nahezu kostendeckend wirtschaftet. Se<strong>in</strong>e Herde von<br />
rund 400 Tieren hält er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geräumigen Stall und<br />
treibt sie nur bei Bedarf auf die Gassenwiesen. Was<br />
anfangs niemand vermutet hätte: Das Rhönschaf wurde<br />
durch entsprechende Vermarktung und Zusammenarbeit<br />
mit Wirten, Hotels und Metzgern von der<br />
bloßen Delikatesse zu e<strong>in</strong>em zugkräftigen Werbeträger<br />
für die Region. Auch auf hessischer und Thür<strong>in</strong>ger Seite<br />
der Rhön erlebt das Schaf se<strong>in</strong>e Renaissance. Insgesamt<br />
dürfte der Bestand auf 4000 Tiere gewachsen se<strong>in</strong>.<br />
Die Schmetterl<strong>in</strong>ge gerieten darüber etwas <strong>in</strong> Vergessenheit.<br />
Selbst als Sympathieträger stehen sie heute<br />
im Schatten des Schafs. Immerh<strong>in</strong><br />
hat die Untere <strong>Natur</strong>schutzbehörde<br />
kürzlich e<strong>in</strong>e<br />
Untersuchung zur aktuellen<br />
Schmetterl<strong>in</strong>gsfauna <strong>in</strong> Arbeit<br />
genommen. Die Ergebnisse<br />
werden zeigen, wie sehr die<br />
Schmetterl<strong>in</strong>ge von »ihrem«<br />
Projekt profitiert haben.<br />
Foto: Schlag<strong>in</strong>tweit<br />
Vom Rhönschaf-Projekt des<br />
BN profitieren Schäfer, Schaf und<br />
Schmetterl<strong>in</strong>g.<br />
Foto: Klieber, Beck<br />
Der Apollofalter (Parnassius<br />
apollo) verschw<strong>in</strong>det<br />
aus se<strong>in</strong>en<br />
offenen, felsigen<br />
Lebensräumen, wenn<br />
diese etwa nach Aufgabe<br />
der Beweidung zuwachsen. In die Arnsberger Leite könnte er dank<br />
der Entbuschungsaktionen der BN-Aktiven bald wieder zurückkehren.<br />
Ste<strong>in</strong>iger Weg für den Apollo<br />
Schafe als Landschaftspfleger und kul<strong>in</strong>arisches Wahrzeichen<br />
e<strong>in</strong>er Region – das funktioniert seit e<strong>in</strong>igen<br />
Jahren auch im Altmühltal. Zum<strong>in</strong>dest dort, wo die<br />
Weidegründe nicht zu unwirtlich s<strong>in</strong>d. Genau das ist<br />
aber das Besondere am <strong>Natur</strong>schutzgebiet Arnsberger<br />
Leite. Der steile Felsabbruch im Altmühl-Bogen von<br />
Arnsberg ist so unwegsam, dass sich früher fast nur<br />
<strong>Natur</strong>freunde h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wagten. Hier auf Trespen-Trockenrasen<br />
und Wacholderheide fanden sie e<strong>in</strong>e Fülle<br />
seltener und gefährdeter Arten wie Brand-Knabenkraut,<br />
Federgras oder Apollofalter (siehe Foto).<br />
Die Schäfer aber ließen den unergiebigen Steilhang<br />
l<strong>in</strong>ks liegen. Spätestens fünf Jahre nach jedem der seltenen<br />
Auftriebe verbuschte der Hang, die Artenfülle<br />
brach zusammen und Beweidung wurde vollends<br />
unmöglich. Dem Gestrüpp rückt die BN-Kreisgruppe<br />
Eichstätt seit etwa 1980 mit Astschere und Säge zu<br />
Leibe. Erst zaghaft, dann immer beherzter. 1995 gelang<br />
es schließlich, die BN-eigene Fläche von 8,2 Hektar im<br />
Zentrum des <strong>Natur</strong>schutzgebiets stark auszulichten<br />
und die Felsen wieder freizulegen. Sogar e<strong>in</strong> Triftweg<br />
wurde angelegt, um den Schäfern den Auftrieb zu<br />
erleichtern. Doch ke<strong>in</strong>er, der bisher vorbeikam, ließ<br />
se<strong>in</strong>e Schafe ausreichend grasen. Zu verlockend s<strong>in</strong>d<br />
Konkurrenzstandorte wie die Gungold<strong>in</strong>ger Heide.<br />
So verbuscht die Fläche erneut. Als Folge beobachten<br />
die <strong>Natur</strong>schützer seit geraumer Zeit e<strong>in</strong>en Rückgang<br />
der seltenen Falter, allen voran der Apollo. Er ist<br />
e<strong>in</strong>e Charakterart für felsige Landschaften. Mit Verbuschung<br />
oder Aufforstung verschw<strong>in</strong>det aber der Weiße<br />
Mauerpfeffer, die Futterpflanze der Apolloraupen.<br />
Heute leben nur noch isolierte Populationen, die sich<br />
wegen zu großen Distanzen nicht mehr mischen können.<br />
Auf der Arnsberger Leite wurde der Apollo zuletzt<br />
vor acht Jahren gesichtet. Ihn als verschollen oder gar<br />
ausgestorben zu bezeichnen, wäre zu früh. Doch se<strong>in</strong><br />
Verschw<strong>in</strong>den zeigt deutlich, wie empf<strong>in</strong>dlich e<strong>in</strong>st<br />
sehr verbreitete Arten auf den Landschaftswandel reagieren.<br />
Für die Eichstätter Schmetterl<strong>in</strong>gsfreunde heißt das<br />
vor allem: Ansporn für weitere Aktionen und Warten –<br />
auf Schäfer und Apollo. Und sollte der Falter die acht<br />
Kilometer vom nächsten Habitat nicht aus eigener<br />
Kraft schaffen, könnte ja vielleicht doch e<strong>in</strong> »echtes«<br />
Schmetterl<strong>in</strong>gsprojekt helfen.<br />
[3-05] <strong>Natur</strong> + <strong>Umwelt</strong> BN-Magaz<strong>in</strong> 17<br />
Für die Rückkehr<br />
des Apollofalters<br />
räumen BN-Aktive<br />
alle H<strong>in</strong>dernisse<br />
aus dem<br />
Weg.