Kontakt Prof. Dr. Gerhard Kneitz, Hans- Gebhardt-Str. 40, 97280 Reml<strong>in</strong>gen, Tel.09369-1397, gerhard.kneitz@ bund.net Mit Herz, Verstand und Zeichenstift Gerhard Kneitz, 71, habe »<strong>Natur</strong>schutzgeschichte geschrieben«, sagt BN-Vorsitzender Hubert Weiger über den Artenschützer,Wissenschaftler und Künstler. Das »Rote Ordensband« ist e<strong>in</strong> Beispiel se<strong>in</strong>er bee<strong>in</strong>druckenden Tierportraits. Foto: Markl-Meider Als Gerhard Kneitz im Jahr 1986 die Teilnehmer des ersten Deutschen <strong>Umwelt</strong>tags <strong>in</strong> Würzburg als Gastgeber und Koord<strong>in</strong>ator begrüßen durfte, hatte die Öko-Bewegung ihren Höhepunkt erreicht. Der Zustrom an umweltbewegten Menschen, jungen wie alten, schien nicht abzureißen. Ke<strong>in</strong> Wunder, hatte doch die atomare Katastrophe von Tschernobyl erst wenige Wochen vorher dafür gesorgt, dass die ökologische Frage zur Überlebensfrage geworden war. Dennoch war es nicht alle<strong>in</strong> dem Zeitgeist der 80er Jahre zuzuschreiben, dass die Menschen für e<strong>in</strong>e Veranstaltung, die man sich wie e<strong>in</strong>en alternativen Kirchentag vorstellen kann, massenhaft nach Unterfranken pilgerten. Das hatte se<strong>in</strong>en ganz speziellen Grund nämlich dar<strong>in</strong>, dass Würzburg zu e<strong>in</strong>er der ökologischen Hauptstädte Deutschlands herangereift war. Und dafür wiederum hatte nicht zuletzt Gerhard Kneitz gesorgt. Seit Anfang der siebziger Jahre war der aus Unterfranken stammende Professor für Zoologie Vorsitzender der Würzburger Kreisgruppe des <strong>Bund</strong>es <strong>Natur</strong>schutz (BN). Von den anfänglich 300 Mitgliedern wuchs die Gruppe unter se<strong>in</strong>er Leitung auf über 3500 an. »Menschen für die <strong>Natur</strong> zu begeistern«, so beschreibt es BN-Vorsitzender Hubert Weiger, sei »das Erfolgsgeheimnis von Gerhard Kneitz«. Würzburg und Rio Mit e<strong>in</strong>er »Prozession der aussterbenden Arten«, e<strong>in</strong>em Dosenspektakel, mit überraschenden Aktionen und persönlichem Engagement besetzt die Würzburger Kreisgruppe die <strong>Umwelt</strong>themen der Region. Sie kämpft gegen Flurbere<strong>in</strong>igung und Müllverbrennung, rettet das Zeubelrieder Moor und gründet <strong>Bayern</strong>s erste Ökoläden, sie <strong>in</strong>vestiert <strong>in</strong> Orts-, K<strong>in</strong>der- und Jugendgruppen und baut mitten <strong>in</strong> der Stadt e<strong>in</strong> Ökohaus zum anerkannten <strong>Umwelt</strong>zentrum aus. Kneitz’ Kompetenz, da ist sich Weiger sicher, habe e<strong>in</strong>e »hohe Akzeptanz des <strong>Natur</strong>schutzes <strong>in</strong> der Stadt« geschaffen. Das Wirken des Würzburger Wissenschaftlers geht aber bald über die Heimat h<strong>in</strong>aus – zum Beispiel als 18 <strong>Natur</strong> + <strong>Umwelt</strong> BN-Magaz<strong>in</strong> [3-05] stellvertretender Landesvorsitzender des BN. E<strong>in</strong> Höhepunkt ist 1976 die Gründung des <strong>Bund</strong>es für <strong>Umwelt</strong> und <strong>Natur</strong>schutz Deutschland (BUND), an der Kneitz aktiv mitwirkt. Später leitet er den wissenschaftlichen Beirat des BUND, <strong>in</strong>tegriert dort die unterschiedlichsten fachlichen Positionen und <strong>in</strong>itiiert als Sprecher des Arbeitskreises <strong>Natur</strong>schutz e<strong>in</strong>e Reihe bundesweit bedeutender Projekte. E<strong>in</strong>es der bekanntesten ist die Rettung des Rhönschafes, e<strong>in</strong>er alten Haustierrasse, die 1985 kurz vor dem Aussterben steht (siehe Seite 17). Professor Gerhard Kneitz Die Evolution <strong>in</strong> Person <strong>Natur</strong>schutz basiert auf Wissen und braucht Visionen. Gerhard Kneitz bereichert die deutsche <strong>Umwelt</strong>bewegung um beides – und das seit 30 Jahren. E<strong>in</strong> Portrait des Würzburger Zoologie-Professors von Christoph Markl-Meider Sucht man <strong>in</strong> all den <strong>Umwelt</strong>aktionen und <strong>Natur</strong>schutzprojekten, die Kneitz <strong>in</strong> den vergangenen drei Jahrzehnten <strong>in</strong>itiiert, organisiert und unterstützt hat, e<strong>in</strong>en »grünen Faden«, so f<strong>in</strong>det man den am ehesten <strong>in</strong> der direkten Begegnung mit dem so sanftmütig wie weise wirkenden Menschen. Dann gel<strong>in</strong>gt es dem visionären Wissenschaftler, die Augen für bislang nicht gesehene Zusammenhänge zu öffnen. Und die reichen von Ernst Haeckels Anfängen der Ökologie vor fast 150 Jahren bis zur aktuellen Beendigung des »rot-grünen Projekts« durch <strong>Bund</strong>eskanzler Gerhard Schröder. Aktiv und doch gelassen Spätestens seit se<strong>in</strong>er Teilnahme am »Erdgipfel« <strong>in</strong> Rio 1992 ist der Zoologie-Professor Verfechter e<strong>in</strong>es evolutionären <strong>Natur</strong>schutzbegriffs. »Damals ist mit der Anerkennung des Eigenwerts der Arten als biologisches Gedächtnis der Evolution e<strong>in</strong> Meilenste<strong>in</strong> markiert worden«, zeigt er sich überzeugt. Heute dagegen sieht er den <strong>Umwelt</strong>schutz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er extrem schwierigen Situation. »Manche sagen, es sei schon so wahns<strong>in</strong>nig viel passiert. Und me<strong>in</strong>en: zu viel«, mahnt er. Auch e<strong>in</strong> wichtiges Rio-Nachfolgeprojekt <strong>in</strong> Deutschland könnte nach dem »Cut« des Kanzlers scheitern. Zahlreiche Experten, darunter Gerhard Kneitz für den BUND, hatten sich im Auftrag des <strong>Bund</strong>esumweltm<strong>in</strong>isteriums daran gemacht, bis Ende 2005 erstmals e<strong>in</strong>e umfassende <strong>Natur</strong>schutzstrategie für Deutschland vorzulegen. »Jetzt s<strong>in</strong>d die Befürchtungen groß«, gesteht er, »dass uns e<strong>in</strong> Wechsel zurückwirft.« Obwohl dies nicht der erste Rückschlag im Leben des <strong>Natur</strong>schützers wäre, ist ihm Resignation fremd. »Dazu haben wir ke<strong>in</strong>en Grund«, gibt sich Kneitz optimistisch. Dann zieht er Zeichenstift und Papier heraus und widmet sich als Künstler ganz gelassen den schönen Seiten der <strong>Natur</strong>.
Totholz lebt Weil sich die Fruchtkörper des Pilzes Bulgaria <strong>in</strong>qu<strong>in</strong>ans – im Bild unten aufbrechend, oben voll geöffnet – später schwarz färben, holt man sich beim Anfassen schmutzige F<strong>in</strong>ger. Daher stammt der »ungerechte« deutsche Name Schmutzbecherl<strong>in</strong>g für dieses lebende Farbtöpfchen, hier fotografiert auf Buchenr<strong>in</strong>de im Gramschatzer Wald bei Würzburg. Foto: Thierfelder