Gemeindezeitung 3/2012 - Teil1 (7,15 MB) - .PDF - Hof bei Straden
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Seite 8 Gemeinde <strong>Hof</strong> <strong>bei</strong> <strong>Straden</strong> Ausgabe 3/<strong>2012</strong><br />
„Gemeinden sind die Orte der Wahrheit“<br />
Haltung, Haftung und Hingabe sollten<br />
das politische Handeln bestimmen.<br />
Vor rund 2.000 Gemeindevertretern begann<br />
die Haupttagung des 59. Österreichischen Gemeindetages<br />
in Tulln/NÖ. In seiner Rede ging<br />
Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer<br />
auf die Leistungen der Gemeinden in der<br />
aktuellen Krise ein: "Hätten alle Staaten und<br />
politischen Ebenen so gut gewirtschaftet, wie<br />
die Gemeinden, dann hätten wir heute keine<br />
Krise", so Mödlhammer, der darauf hinwies,<br />
dass die Gemeinden mit Ausnahme von 2009<br />
und 2010 stets ihre Maastricht-Ziele erreicht<br />
haben. Im Jahr 2011 haben die Gemeinden<br />
sogar einen Gesamtüberschuss von 400 Mio.<br />
Euro erwirtschaftet. "Dass Österreich insgesamt<br />
über diese Krise einigermaßen gut hinweggekommen<br />
ist, ist auch dem Wirtschaftsmotor<br />
Gemeinde zu verdanken, wir sind die<br />
größten öffentlichen Investoren des Landes",<br />
so der Gemeindebund-Chef.<br />
Mödlhammer kritisierte aber auch, dass den<br />
Gemeinden zunehmend Aufgaben übertragen<br />
werden, ohne, dass zuvor über die Finanzierung<br />
gesprochen wird. "Es kann nicht sein,<br />
dass andere politische Ebenen immer nur anschaffen,<br />
was sie wollen und die Gemeinden<br />
sollen das dann durchführen und bezahlen", so<br />
Mödlhammer. "Dazu kommt, dass Gesetzesvorhaben<br />
so lange schöngerechnet werden,<br />
bis die Kosten auf ein verträgliches Maß sinken."<br />
Ein Beispiel dafür sei die neue Eisenbahnkreuzungsverordnung.<br />
"Am Anfang lagen<br />
die errechneten Kosten <strong>bei</strong> mehr als zwei Milliarden<br />
Euro. Nun hat man sie auf weniger als<br />
250 Mio. Euro heruntergerechnet und glaubt,<br />
dass die Sache damit erledigt ist." Mödlhammer<br />
verlangt nun eine Prüfung aller neuen Gesetzesentwürfe<br />
durch den Rechnungshof. "Der<br />
RH soll sich die Einmal- und die Folgekosten<br />
anschauen, bevor ein Gesetz in Kraft tritt."<br />
Mödlhammer forderte auch das Recht für die<br />
kommunalen Interessensvertretungen ein, Vereinbarungen<br />
mit dem Bund oder den Ländern<br />
zu schließen. "In der Kinderbetreuung etwa<br />
schließt der Bund mit den Ländern so genannte<br />
<strong>15</strong>a-Vereinbarungen ab. Betroffen davon<br />
sind aber in hohem Maße die Gemeinden. Wir<br />
wollen das Recht haben, für uns selbst Vereinbarungen<br />
mit dem Bund oder den Ländern abzuschließen",<br />
so der Gemeindebund-Chef.<br />
Vertrauensverlust in die politischen<br />
Ebenen ist dramatisch<br />
Wichtiger Teil von Mödlhammers Ausführungen<br />
war auch die Frage des politischen Vertrauens.<br />
"Der Vertrauensverlust in alle politischen<br />
Ebenen ist dramatisch", so Mödlhammer.<br />
"Wir in den Gemeinden genießen hier<br />
noch die größte Wertschätzung, leiden aber<br />
auch darunter, dass die Menschen die Nase<br />
voll haben von politischen Spielchen auf den<br />
höheren Ebenen."<br />
Der Gemeindebund werde auf diese Entwicklung<br />
reagieren und mit Hilfe der Kampagne<br />
"Meine Gemeinde sorgt dafür..." auf die vielfältigen<br />
Leistungen der Gemeinden hinweisen.<br />
"Die Menschen wissen oft gar nicht, was die<br />
eigene Gemeinde alles leistet", so Mödlhammer.<br />
Mit unserer Kampagne, die ausschließlich<br />
über die <strong>Gemeindezeitung</strong>en erfolgen wird,<br />
werden wir diese Leistungen wieder stärker ins<br />
Bewusstsein rücken. "Die Gemeinden sind die<br />
Orte der Wahrheit, hier zeigt sich täglich, warum<br />
wir die mit Abstand bürgernächste Einheit<br />
sind."<br />
Erfolgreiche Kommunalpolitiker müssten sich<br />
das Vertrauen täglich neu erar<strong>bei</strong>ten. "Haltung,<br />
Haftung und Hingabe" seien die wichtigsten<br />
Eigenschaften für Politiker jeder Ebene. "Die<br />
Gemeinden sind die Orte der Wahrheit, hier<br />
kann man den Menschen nichts vormachen",<br />
so Mödlhammer, der sich erneut gegen die<br />
Zwangszusammenlegung von Gemeinden aussprach.<br />
"Ich lasse es mir auch nicht gefallen,<br />
dass wir hier manchmal als Reformverweigerer<br />
hingestellt werden. Wir wollen nur, dass die<br />
Menschen eingebunden werden, die das betrifft<br />
und nichts von oben herab verordnet<br />
wird." Die Menschen seien mündig genug, um<br />
mitzuentscheiden, ob ihre Gemeinde mit einer<br />
anderen zusammengelegt werden soll.<br />
Es sei bislang nirgendwo belegt worden, dass<br />
größere Einheiten effizienter oder günstiger<br />
ar<strong>bei</strong>ten, als kleine. "Das Gegenteil ist der Fall.<br />
Unsere Berechnungen zeigen, dass die Personalkosten<br />
in kleinen Gemeinden deutlich geringer<br />
sind, als in großen Städten", so Mödlhammer.<br />
"Ich warne eindringlich davor, hier eine<br />
Struktur zu zerschlagen, die man danach nie<br />
wieder herstellen kann."<br />
Bericht: Österreichischer Gemeindebund