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kommunalpolitik - GAR NRW

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Karima Benbrahim<br />

Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit<br />

Bildung für Alle<br />

Heterogenität schafft Inklusion<br />

In den letzten Jahren rückt das Thema „Diversität und Inklusion“ immer mehr in den Fokus<br />

pädagogischer Fragestellungen und stellt die bisherigen Konzepte vor neue Herausforderungen.<br />

Diskriminierungsformen – wie Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Nationalismus<br />

– erfordern besondere Interventionsformen. Es bedarf kultureller Konzepte, die gegen jegliche<br />

Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung vorgehen.<br />

Heute hat bereits jedes dritte Grund-<br />

schulkind in <strong>NRW</strong> einen Migrationshinter-<br />

grund, dennoch schaffen es nur wenige<br />

aus sozial schwachen Familien mit und/<br />

oder ohne Migrationsgeschichte zum<br />

Abitur, das geht aus dem Statistischen<br />

Landesamt <strong>NRW</strong> hervor.<br />

Der Bildungserfolg in Deutschland hängt<br />

laut des UNO-Sonderberichtes stark von<br />

der sozialen und ethnischen Herkunft der<br />

Eltern ab. Das traditionell dreigliedrige<br />

Schulsystem aus Haupt-, Realschule und<br />

Gymnasium benachteiligt SchülerInnen<br />

aus armen und migrantischen Elternhäu-<br />

sern. Somit gelingt es dem Schulsystem<br />

nicht, der zunehmend heterogenen Schü-<br />

lerInnenschaft faire Bildungschancen zu<br />

bieten. Die Vielfalt der kulturellen und<br />

sozialen Hintergründe, der Begabungen,<br />

aber auch der unterschiedlichen Lern-<br />

ausgangslagen stellen Anforderungen an<br />

Schule und Unterricht.<br />

Heterogenität ist hier Realität, jedoch der<br />

konstruktive Umgang damit bleibt häu-<br />

fig aus. Stattdessen befeuern Normen<br />

und Werte, Vorurteile und Bewertungen<br />

weiterhin Spannungen und Kontrover-<br />

sen. Schule und Bildungseinrichtungen<br />

sind Orte der Differenz. Hier setzen sich<br />

Kinder, Jugendliche und PädagogInnen<br />

auseinander, hier können sie voneinan-<br />

der lernen. Der Auftrag lautet „Bildung<br />

und gleiche Chancen für alle“. Daraus<br />

geht der Auftrag hervor, gesellschaftliche<br />

Teilhabe zu ermöglichen.<br />

HOMOGENITÄT ALS NORM<br />

Den Umgang mit Differenzen erlernen?<br />

Das klingt einfach und banal. Die Haltung<br />

der Institution Schule und ihrer Lehrper-<br />

sonen ist traditionell jedoch nicht auf Un-<br />

terschiede eingestellt. Der „monolinguale<br />

Habitus“ beschreibt, dass es zum Kern<br />

des nationalen Selbstverständnisses der<br />

Schule im nationalstaatlich verfassten<br />

Bildungswesen gehört, die vorgefundene<br />

Vielsprachigkeit und kulturelle Pluralität<br />

der SchülerInnenschaft nicht anzuer-<br />

kennen und zu fördern (Ingrid Gogolin<br />

1994).<br />

Bei genauerer Betrachtung gehört das<br />

Herstellen von Homogenität zu den<br />

Grundmustern des deutschen Schulsys-<br />

tems. Die Institution Schule wirkt als Nor-<br />

malisierungsmacht, die Prozesse der Ho-<br />

mogenisierung einleitet und kontinuierlich<br />

weiterführt, etwa durch das systematische<br />

Bemühen um alter- und leistungsgleiche<br />

Klassen. Dabei ist beispielsweise das<br />

„Sitzen-Bleiben“ Einzelner eine Maßnah-<br />

me, um den Bildungsgang der SchülerIn-<br />

nen mit ihrer intellektuellen Entwicklung in<br />

Übereinstimmung zu halten und um die<br />

„Leistungsfähigkeit der aufsteigenden<br />

Klasse“ zu sichern. In diesem Prozess<br />

wirkt das System Schule zugleich indivi-<br />

dualisierend, indem es Abstände misst,<br />

Niveaus bestimmt und Besonderheiten<br />

fixiert und aus der Norm herausfallenden<br />

SchülerInnen, aber auch deren Eltern,<br />

LehrerInnen, den Eindruck vermittelt,<br />

dass sie auf Grund eigener Leistungs-<br />

mängel und geringerer Begabung für ihr<br />

Scheitern verantwortlich sind.<br />

HETEROGENITÄT ALS REALITÄT<br />

Marianne Krüger-Potratz macht darauf<br />

aufmerksam, dass es ein einheitliches<br />

Diskursmuster gibt, das bei der „Deutung<br />

und Rechtfertigung“ von Benachteiligung<br />

von Arbeiterkindern, Dorfbewohnern,<br />

Eingewanderten, ethnischen und reli-<br />

giösen Minderheiten, Frauen/Mädchen<br />

benutzt wird: Individuelles Scheitern wird<br />

dabei kollektiv begründet, und zwar mit<br />

abweichenden kulturellen oder psycho-<br />

sozialen Eigenschaften, die der jewei-<br />

ligen Herkunftsgruppe zugeschrieben<br />

werden – der Abweichung wird dabei<br />

eine Wirkungsmacht zugeschrieben, die<br />

zur Begründung des Scheitern hinrei-<br />

chend ist.<br />

Bemerkenswert ist, dass es einem Bil-<br />

dungssystem, das in dieser Tradition wur-<br />

zelt, schwer fällt, der faktischen Hetero-<br />

genität der Lernenden gerecht zu werden<br />

und die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft<br />

anzuerkennen. Darüber hinaus verstellt<br />

die in den Erziehungswissenschaften<br />

12 FORUM KOMMUNALPOLTIK 4 | 2012 f o r u m

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