kommunalpolitik - GAR NRW
kommunalpolitik - GAR NRW
kommunalpolitik - GAR NRW
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
noch immer verbreitete Prämisse, dass<br />
die Teilhabe in einer Gesellschaft vor<br />
allem über gemeinsam geteilte kulturelle<br />
Werte vermittelt werden muss, den Blick<br />
auf die pluralistische soziale Wirklichkeit.<br />
Es stellt sich somit die Frage, ob das<br />
deutsche Schulsystem geeignet ist, für<br />
sehr unterschiedliche SchülerInnen zeit-<br />
gemäße Grundlagen für deren späteres<br />
Leben zu schaffen.<br />
INKLUSION ALS HERAUSFORDERUNG<br />
Die erste grundlegende Forderung für<br />
die Anerkennung und Wertschätzung<br />
von Heterogenität von Lehrenden und<br />
Lernenden im Bildungswesen, liegt darin<br />
sich vom Defizit-Konzept zu lösen. Sozio-<br />
kulturelle Einflüsse und Hintergründe, wie<br />
die Zusammensetzung von unterschiedli-<br />
chen Biographiemustern sollten nicht als<br />
„Abweichung und Störung“, sondern als<br />
Normalität betrachtet werden. Das Iden-<br />
titätskonzept mehrerer Kulturen ist dann<br />
nicht instabil und anders, sondern normal<br />
und selbstverständlich.<br />
Dies bedeutet auch, dass „aus der Ver-<br />
mischung von Kulturen originale Kulturen<br />
entstehen können, ohne diejenigen voll-<br />
ständig zu zerstören aus denen sie her-<br />
vorgehen“. Diese Forderung richtet sich<br />
in aller Deutlichkeit gegen die Erwartung<br />
an eine homogene oder monolithische<br />
„Leitkultur“, sei sie nun deutsch, abend-<br />
ländisch, humanistisch oder christlich.<br />
GELEBTE INKLUSION<br />
Vielmehr gilt es eine inklusive Praxis<br />
im Schulalltag zu entwickeln, die die<br />
gesellschaftliche Realität widerspiegelt.<br />
Das Konzept der Inklusion versucht die<br />
Teilhabe und Beteiligung von Menschen<br />
an gesellschaftlichen Aktivitäten wie zum<br />
Beispiel in der Schule, der Kommune<br />
oder im Verein auf allen Ebenen und<br />
in vollem Umfang zu ermöglichen. Die<br />
Idee der gelebten Inklusion schafft eine<br />
Kultur in der Vielfalt Normalität per se<br />
vorhanden ist und die Individualität als<br />
einen Teil der Vielfalt darstellt. Es geht<br />
nicht mehr darum sich zu „integrieren“,<br />
sondern sich von vornherein als Teil<br />
der Gesellschaft wahrzunehmen. Die<br />
Heterogenität von SchülerInnen wird<br />
f o r u m<br />
nicht der Schule angepasst, sondern<br />
vielmehr hat die Schule die Aufgabe sich<br />
auf die Heterogenität der SchülerInnen<br />
einzustellen. Der Begriff Inklusion wird<br />
seit der Ratifizierung der UN-Behinder-<br />
tenrechtskonvention als geltendes Recht<br />
beschrieben, auch wenn sie Menschen<br />
mit Behinderungen fokussiert. In diesem<br />
Zusammenhang bedeutet Inklusion ein<br />
Menschenrecht, das allen Individuen in<br />
einer Gesellschaft zusteht.<br />
Inklusion stellt somit einen Paradigmen-<br />
wechsel zum vorherrschenden Begriff<br />
Integration dar und fordert auf verschie-<br />
denen Ebenen (Person, Interaktion,<br />
Handlung, Institution und Gesellschaft)<br />
einen Veränderungsprozess.<br />
Der gesellschaftliche Ort Schule als<br />
Institution sollte dazu beitragen, den<br />
Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt<br />
zu (er)lernen, Rassismus zu bekämpfen<br />
und Vielfalt als Bereicherung innerhalb<br />
der Gesellschaft wahrzunehmen. Dazu<br />
gehört zweifelsohne die Beschäftigung<br />
mit Rassismen und Nationalismen aus<br />
Mehrheits- und Minderheitenperspektive.<br />
MODELLPROJEKT MIBOCAP<br />
Das Modellprojekt MiBoCap der Inte-<br />
grierten Gesamtschule Holweide in Köln<br />
hat in einem Zeitraum von drei Jahren in<br />
praktischer Arbeit mit Jugendlichen mit<br />
Behinderung und Migrationsgeschichte<br />
ein Konzept zur zielgruppenspezifischen<br />
Berufsorientierung entwickelt und erprobt.<br />
Der Schwerpunkt lag in der Beratung zur<br />
Berufsorientierung von Kindern und Ju-<br />
gendlichen mit Migrationsgeschichte und<br />
Behinderung. Es wurden Kompetenzen<br />
vermittelt und die vorhandenen Stärken<br />
gefördert, die für eine Berufs- und Le-<br />
bensplanung erforderlich sind. Das Ziel<br />
war es, SchülerInnen mit Migrationsge-<br />
schichte mit jedweder Behinderungsform<br />
in Praktika auf den ersten, zweiten und<br />
dritten Arbeitsmarkt zu vermitteln und<br />
den Übergang von der Schule in den<br />
Beruf/Arbeit zu begleiten und zu fördern.<br />
Zudem wurden die Eltern informiert und<br />
begleitet und somit verstärkt in den Be-<br />
rufswahlprozess einbezogen.<br />
www.netzwerk-iss.de/<br />
iss-kinder-u-jugendhilfe/mibocap<br />
Angela Hebeler und Karima Benrahim im Gespräch.<br />
FORUM KOMMUNALPOLTIK 4 | 2012 13