kommunalpolitik - GAR NRW
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Inklusion findet Stadt<br />
Gelsenkirchen in Bewegung<br />
Fraglos ist Inklusion eine Generationenaufgabe, zumal - neben den materiellen Voraussetzungen<br />
- eine Veränderung in den Köpfen der Verwaltungsangehörigen und der politischen EntscheiderInnen,<br />
letztlich aber der gesamten Bürgerschaft eintreten muss. Gelsenkirchen hat sich als finanzschwache<br />
Kommune mit vergleichsweise kleinem bürgerlichen Bevölkerungsanteil bereits vor geraumer Zeit auf<br />
den Weg gemacht.<br />
DER PROZESS<br />
Dr. Manfred Beck<br />
Beigeordneter der Stadt Gelsenkirchen<br />
Stellvertretender Vorsitzender des Schul- und Bildungsausschusses<br />
des Städtetages <strong>NRW</strong><br />
Seit vielen Jahren existieren in Gelsenkir-<br />
chen Kooperationen zwischen Behinder-<br />
tenorganisationen, Wohlfahrtsverbänden<br />
und Stadtverwaltung die das Ziel ver-<br />
folgen, bauliche, soziale und mentale<br />
Barrieren gegenüber Menschen mit<br />
Handicaps abzubauen. Im Jahre 2003,<br />
dem „Europäischen Jahr der Menschen<br />
mit Behinderungen“, wurden die Projek-<br />
tansätze in eine regelmäßige vernetzte<br />
Kooperation überführt, die sich im jähr-<br />
lichen Aktionstag „Gemeinsam Barrieren<br />
abbauen“ öffentlich artikuliert.<br />
Im Jahre 2005 wurde die Stabsstelle<br />
eines Behindertenbeauftragten einge-<br />
richtet, die alle Verwaltungsaktivitäten sti-<br />
mulieren, bündeln und controllen sollte.<br />
Im Folgejahr 2006 verabschiedete der<br />
Rat der Stadt eine „Satzung über die<br />
Wahrung der Belange von Menschen mit<br />
Behinderungen“. Sie wurde mit folgen-<br />
den Sätzen eingeleitet:<br />
„Die Stadt Gelsenkirchen ist entschlos-<br />
sen, die Wahrung der Belange von<br />
Menschen mit Behinderungen auch<br />
auf örtlicher Ebene entsprechend den<br />
Zielsetzungen des BGG [Behinderten-<br />
gleichstellungsgesetz] <strong>NRW</strong> nach Maß-<br />
gabe dieser Satzung sicherzustellen.<br />
Sie will darüber hinaus die Beteiligung<br />
der Menschen mit Behinderung an der<br />
Entwicklung Gelsenkirchens zu einer<br />
barrierefreien und behindertenfreundli-<br />
chen Stadt ermöglichen und fördern. Sie<br />
ist sich bewusst, dass das dem Nutzen<br />
aller Bewohnerinnen und Bewohner der<br />
Stadt dient.“<br />
Mit dieser Satzung war Gelsenkirchen<br />
Vorreiter darin, aus Betroffenen Beteilig-<br />
te zu machen, indem festgelegt wurde,<br />
dass die Arbeitsgemeinschaft der Gel-<br />
senkirchener Behindertenverbände und<br />
Selbstorganisationen in alle öffentlichen<br />
Planungs- und Bauvorhaben einbezogen<br />
werden muss und die jeweiligen Vor-<br />
haben im Rahmen einer Arbeitsgruppe<br />
begleitet werden. Alle Maßnahmen müs-<br />
sen die Vorberatung im Beirat für Men-<br />
schen mit Behinderungen durchlaufen.<br />
Die Ratifizierung der UN-Behinderten-<br />
rechtskonvention und die daraus resul-<br />
tierenden Länderbestimmungen stellen<br />
eine neue Qualität dar, weil sie solches<br />
kommunale Engagement flankieren.<br />
Schließlich haben viele Ausschlusspro-<br />
zesse ihren Ursprung außerhalb der<br />
Stadtgesellschaft und viele Handlungs-<br />
felder (z.B. Schule) sind dem unmittelba-<br />
ren Einfluss der Kommune entzogen.<br />
WO STEHT GELSENKIRCHEN HEUTE?<br />
FRÜHKINDLICHE ERZIEHUNG UND BILDUNG<br />
Das in Fachkreisen anerkannte Gelsen-<br />
kirchener System der Familienförderung<br />
(Hausbesuche etc.) arbeitet grundsätz-<br />
lich inklusiv unter Beteiligung der Früh-<br />
förderstelle der Lebenshilfe und nieder-<br />
gelassener Heilpädagogen.<br />
Die Kindertageseinrichtungen arbeiten<br />
ebenfalls grundsätzlich inklusiv mit der<br />
Einschränkung, dass Kinder mit spezi-<br />
fischen Handicaps in „Schwerpunktein-<br />
richtungen“ mit dem entsprechenden<br />
Personal gefördert werden. Im Jahre<br />
2011 wurde ein Mobiler Heilpädagogi-<br />
scher Dienst eingerichtet, der die städti-<br />
schen Kindertageseinrichtungen in ihrer<br />
inklusiven Arbeit unterstützt.<br />
Erforderliche Therapien können in den Ki-<br />
tas durchgeführt werden, so dass Eltern<br />
zusätzliche Wege erspart werden.<br />
SCHULE<br />
Dieses Feld ist in Gelsenkirchen eine<br />
Großbaustelle. In diesem in Landesver-<br />
antwortung liegenden Bereich wurden<br />
über Jahre die Wünsche der Betroffenen<br />
in Richtung eines wachsenden Anteils<br />
von Kindern im sog. „Gemeinsamen<br />
Unterricht für Behinderte und Nichtbehin-<br />
derte“ seitens der staatlichen Schulauf-<br />
sicht ignoriert und versucht, den Ausbau<br />
zu verhindern. Durch personellen Wech-<br />
sel und veränderte Rahmenbedingungen<br />
(Entwurf des 9. Schulrechtsänderungs-<br />
gesetzes) findet eine rasante Entwick-<br />
lung sowohl im Bereich der Primar- wie<br />
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