m/w - Engadiner Post
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Samstag, 1. März 2008 11<br />
HFT-Ball an der Academia Engiadina<br />
«Wild & Glamorous»<br />
An der Höheren Fachschule<br />
für Tourismus der Academia<br />
Engiadina (HFT) fand am<br />
letzten Samstag zum elften<br />
Mal der legendäre HFT-Ball<br />
statt. Dieses Jahr stand er unter<br />
dem Motto «Born to be<br />
wild & glamorous».<br />
(pd) Veranstalter war ein Studenten-Organisationskomitee<br />
unter<br />
der Leitung von Fabian Obris. Sie<br />
inszenierten eine perfekte Gelegenheit,<br />
um sich wieder einmal ins elegante<br />
Abendkleid oder den Anzug zu<br />
werfen und dieses Outfit wild aufzupeppen.<br />
Nachdem die Gäste über den roten<br />
Teppich das schwarze Schulgebäude<br />
der Academia Engiadina betreten<br />
hatten, tauchten sie in eine komplett<br />
andere Welt ein. Das üblicherweise<br />
nüchterne Foyer des Gebäudes hatte<br />
sich in ein glitzerndes und funkelndes<br />
Entree verwandelt. Hier erwarteten<br />
die Besucher eine Cocktail-Bar sowie<br />
ein ausgiebiges Buffet der Extraklasse.<br />
Den kulinarischen Höhepunkt<br />
bildete das Überraschungsdessert in<br />
der gemütlich eingerichteten Retro<br />
Lounge. Dieses bestand aus einem<br />
Schokoladenbrunnen mit diversen<br />
Früchten und liess die Herzen der<br />
Besucher höher schlagen.<br />
Während der programmfreien<br />
Zeit unterhielten DJ Tabelizm und<br />
DJ Dansky die Gäste mit ihrem abwechslungsreichen<br />
Musik-Mix. Gegen<br />
23.00 Uhr begann das Konzert<br />
der Band «Da Sign & The Opposite».<br />
SAMEDAN<br />
(pd) Zum fünften Mal lud die Academia<br />
Engiadina zu einer naturwissenschaftlichen<br />
Forumsreihe ein. Am<br />
Montag fand die letzte von drei Veranstaltungen<br />
zum Thema Symbiosen<br />
statt. Prof Dr. Redouan Bshary von<br />
der Universität Neuchâtel referierte<br />
über weit verbreitete Kooperationen<br />
bei Rifffischen.<br />
Bshary erforschte, nach einem<br />
Studium in Verhaltensökologie, das<br />
Verhalten von Affen an der Elfenbeinküste<br />
und wechselte 1997 zu den<br />
Rifffischen, die wie er sagte, viel interessanter<br />
seien als Affen.<br />
In seinem Vortrag ging Bshary auf<br />
die Kooperation zwischen Putzer-<br />
und anderen Fischen sowie auf die<br />
kooperative Jagd ein. Beim Putzerfisch<br />
handelt es sich um eine Fischart,<br />
die anderen Fischen das Maul von<br />
Parasiten reinigt. Interessant ist, dass<br />
auch Raubfische sich an so genannten<br />
Putzerstationen (Putzerfischkolonie)<br />
reinigen lassen, ohne die Putzer zu<br />
fressen.<br />
Putzerfische verhalten sich also gegenüber<br />
Raubfischen bedingungslos<br />
kooperativ und nützen nur Fried-<br />
Die vier witzigen Jungs begeisterten<br />
das Publikum. Nach dem Konzert<br />
verblieb etwas Zeit, um sich erneut<br />
mit Getränken zu versorgen oder etwas<br />
auszuruhen. Natürlich hatten die<br />
Tanzwilligen weiterhin die Gelegenheit,<br />
das Tanzbein zur Musik der DJs<br />
zu schwingen.<br />
Um 01.00 Uhr folgte der Air-Guitar-Contest.<br />
Hier stellten insgesamt<br />
acht Teilnehmer ihr Können unter<br />
Beweis. Sie traten jeweils zu zweit<br />
auf der Bühne gegeneinander an.<br />
Ihr Ziel war es, ohne Instrument ein<br />
möglichst ausgefallenes und echt<br />
wirkendes Gitarrenspiel vorzuführen.<br />
Eine Jury aus den Bandmitgliedern<br />
beurteilte die Leistung und das<br />
Publikum entschied daraufhin, wer<br />
von den beiden jeweils der Bessere<br />
war. Im Finale überzeugte Hans Bolt<br />
mit seiner ausgelassenen Vorführung<br />
und ging somit als Air-Guitar-Hero<br />
hervor. Er hatte damit das Recht, das<br />
IT-Girl des Abends zu küren.<br />
Während des ganzen Abends hatten<br />
alle Gäste die Möglichkeit, die<br />
Frau mit dem schönsten oder ausgefallensten<br />
Outfit zu nominieren. Es<br />
lag nun beim Air-Guitar-Hero, anhand<br />
von Fragen à la Herzblatt seine<br />
Favoritin auszuwählen. Er setzte<br />
der schönen Julia Bösch die IT-Girl-<br />
Krone auf.<br />
Als Abschluss des Programms<br />
folgte eine Verlosung diverser Preise<br />
unter allen Ballgästen. Den Abend<br />
liessen die Besucher im rockig eingerichteten<br />
Karaoke-Raum, an einer<br />
der drei Bars oder in der gemütlichen<br />
Retro Lounge ausklingen.<br />
Naturwissenschaftliche Reihe an der Academia<br />
PONTRESINA<br />
Eine der Schattenseiten Tibets ist<br />
sein Umgang mit Blinden, denn wer<br />
mit Blindheit geschlagen ist, so der<br />
Glaube, kann nur besessen sein oder<br />
im früheren Leben ein Sünder gewesen<br />
sein. So geschieht es, dass blinde<br />
Kinder diffamiert, eingesperrt oder<br />
gar zum Betteln verkauft werden.<br />
In diesem Umfeld hat die im Alter<br />
von zwölf Jahren erblindete Tibetologin<br />
Sabriye Tenberken eine Blindenschule<br />
aufgebaut, in der blinde<br />
Kinder Tibetisch lesen und in Braille-Schrift<br />
schreiben lernen – und das<br />
nötige Selbstvertrauen gewinnen,<br />
um ihr Leben zu meistern.<br />
Zusammen mit dem amerikanischen<br />
Bergsteiger Erik Weihenmeyer,<br />
der als erster Blinder den<br />
fische unbewusst aus. Nun stellt sich<br />
die Frage, wie sich Friedfische dagegen<br />
schützen können, dass sie von<br />
den Putzerfischen «betrogen» werden.<br />
Forscher haben beobachtet, dass<br />
die Fische entweder einfach wegschwimmen<br />
oder aggressiv werden<br />
und die Putzer verscheuchen. Falls<br />
die Fische später wieder einmal zurückkommen,<br />
erkennen die Putzer<br />
diese wieder und versuchen, sie mit<br />
einer Massage zu versöhnen.<br />
Auf die mutualistische Jagd von<br />
Fischen ist Bshary am Beispiel von<br />
Zackenbarsch und Muräne eingegangen.<br />
Arbeiten die beiden zusammen,<br />
bleibt der Beute keine Fluchtmöglichkeit<br />
mehr. Zackenbarsche<br />
fordern deshalb die Muränen durch<br />
deutliche Zeichen zur gemeinsamen<br />
Jagd auf, um dadurch höhere Beutezahlen<br />
zu erzielen. Prof. Dr. Redouan<br />
Bshary beschloss die Veranstaltung<br />
mit der Anmerkung, dass viele Fische<br />
mutualistisch jagen und die Rollen<br />
dabei fest vorgegeben sind.<br />
Sein Vortrag wurde mit einem grossen<br />
Applaus belohnt.<br />
Sechs blinde Kinder auf dem Dach der Welt<br />
Mount Everest bezwang, entstand<br />
ein gewagtes, erlebnispädagogisches<br />
Projekt: Mit sechs blinden tibetischen<br />
Kindern wollen sie den Lhakpa Ri,<br />
einen 7000 Meter hohen Nebengipfel<br />
des Everests, bezwingen. Das Kamerateam<br />
von Lucy Walkers hat diese<br />
aussergewöhnliche Expedition, die<br />
von den Kindern sehr viel Mut und<br />
Selbstvertrauen fordert, zu einem<br />
beeindruckenden Dokumentarfilm<br />
gestaltet, der auch durch seine fantastischen<br />
Aufnahmen aus dem Himalaya-Gebirge<br />
begeistert.<br />
Der Film «Blindsight» ist am kommenden<br />
Dienstag und Mittwoch um<br />
20.30 Uhr im Cinéma Rex zu sehen.<br />
(Einges.)<br />
Kultur- und Tourismussachverständige am Silser Wissenschaftscafé (von links): Urs Wohler, Rafael Enzler, Mirella<br />
Carbone, Vera Kaiser und Stefan Forster. Foto: Marie-Claire Jur<br />
Diskussionsrunde in Sils<br />
Kultur und Tourismus: Eine heikle Partnerschaft<br />
Die aktuellste Ausgabe des<br />
Wissenschaftscafés beugte<br />
sich über das spannungsreiche<br />
Verhältnis Kultur/Natur<br />
– Tourismus. Die Nachfrage<br />
nach authentischen<br />
Kultur- und Naturerlebnissen<br />
für Touristen steigt. Dabei<br />
besteht die Gefahr, in Folklorismus<br />
zu verfallen.<br />
Marie-Claire Jur<br />
«Kultur und Natur: Stiefkinder des<br />
Tourismus?» lautete das provokativ<br />
formulierte Thema einer Diskussionsrunde,<br />
die im Pavillon der Silser<br />
Chesa Fonio Kultur- und Natursachverständige,<br />
Touristiker und ein interessiertes<br />
Publikum zusammenführte.<br />
Der Anlass vom Mittwoch war das<br />
erste von acht «Wissenschaftscafés»,<br />
die das Institut für Kulturforschung<br />
Graubünden dieses Jahr in Sils und<br />
Chur organisiert. Die öffentliche Gesprächsreihe<br />
greift aktuelle Themen<br />
aus allen Bereichen der Gesellschaft<br />
auf.<br />
An der Silser «Baderleda» vom<br />
Mittwoch nahmen verschiedene<br />
Sachverständige teil: Vera Kaiser,<br />
Kultur- und Marketing-Direktorin<br />
des St. Moritzer Hotels Laudinella<br />
sowie Kulturverantwortliche für die<br />
Destination Engadin/St. Moritz, Urs<br />
Wohler, Direktor der Engadin/Scuol<br />
Tourismus AG sowie Präsident der<br />
Bündner Vereinigung Kultur und<br />
Tourismus, Rafael Enzler, Mitglied<br />
der Geschäftsleitung von Schweiz<br />
Tourismus und dort für den Bereich<br />
Finanzen, Controlling und Sponsoring<br />
zuständig. Ferner beteiligte sich<br />
auch Stefan Forster, der für die Zürcher<br />
Hochschule für angewandte<br />
Wissenschaften eine Fachstelle führt,<br />
die seit einem Jahr nachhaltige Projektstrategien<br />
für den Bündner Tourismus<br />
entwickelt (Center Capricorn<br />
in Wergenstein). Die lockere<br />
Gesprächsrunde, der rund vierzig<br />
Personen, ein Grossteil davon Einheimische,<br />
folgten, wurde von Literaturwissenschafterin<br />
Mirella Carbone<br />
moderiert, die mit ihrem Mann<br />
Joachim Jung das Silser Kulturbüro<br />
Kubus leitet, das Südbündner Kultur<br />
vermittelt und erforscht.<br />
Das Wichtigste vorweg: Über die<br />
Schicksalsgemeinschaft Kultur – Na-<br />
tur – Tourismus liesse sich tagelang<br />
reden, im Verlauf einer eineinhalbstündigen<br />
Gesprächsrunde lassen<br />
sich nur einige Aspekte aufgreifen,<br />
gewisse Problembereiche aufzeigen,<br />
Lösungsansätze skizzieren. Das allein<br />
selig machende Patentrezept für<br />
ein optimales Zusammengehen von<br />
Kultur und Tourismus beziehungsweise<br />
Natur und Tourismus durfte<br />
man von dieser Gesprächsrunde<br />
nicht erwarten, bei der von Beginn<br />
weg auch Votanten aus den Zuhörerreihen<br />
«mitmischten».<br />
Authentizitätssehnsucht<br />
Dass Kultur und Natur Stiefkinder<br />
des Tourismus sein sollten, wurde<br />
nicht explizit bestätigt. Mit Verweis<br />
auf das breite Kulturangebot im<br />
Oberengadin, speziell in Sils und<br />
St. Moritz, aber auch auf die Naturschönheiten<br />
Südbündens, die allen,<br />
Gästen wie Einheimischen offen stehen,<br />
steht die Region nicht schlecht<br />
da. Allerdings wächst die touristische<br />
Nachfrage nach authentischer Kultur<br />
und Natur. Vera Kaiser schätzt, dass<br />
zehn Prozent aller Übernachtungen<br />
im Hotel Laudinella auf Kulturtouristen<br />
zurückzuführen sind, die<br />
eigens wegen Kursen oder Veranstaltungen<br />
anreisen. Auch Stefan Forster<br />
und Rafael Enzler bestätigten, dass<br />
die Nachfrage nach Kultur- und Naturangeboten<br />
eindeutig steige und<br />
mittlerweile 70 bis 80 Prozent des<br />
Schweizer Tourismusangebots ausmache.<br />
Wie Forster präzisierte, falle<br />
dabei die Sehnsucht der Gäste nach<br />
Regionalität, Authentizität und Ortsgebundenheit<br />
speziell ins Gewicht.<br />
Hier gelte es touristische Angebot<br />
zu entwickeln. Dass dies eine Gratwanderung<br />
bedeutet, stellte sich im<br />
Verlauf der Diskussion schnell heraus,<br />
denn es gilt hier teils gegensätzliche<br />
Interessen unter einen Hut zu<br />
bringen. Denn Kommerzialität und<br />
Authentizität sind gegensätzliche<br />
Tendenzen. Urs Wohler, der den<br />
Aufbau der Bündner Marke «Klein<br />
und fein» entwickelte und seit zwei<br />
Jahren auf das Unterengadin abgestimmte<br />
Angebote ausarbeitet, betonte,<br />
dass man sich hier in einem<br />
heiklen Bereich bewege, der viel<br />
Sensibilität erfordere. Da es sich um<br />
Angebote rund um die Alltagskultur,<br />
also die gelebte Einheimischenkultur<br />
handle, müsse man behutsam vorgehen.<br />
An diese Vorsicht gemahnte<br />
auch Stefan Forster, der von einem<br />
partizipativen Aufbau von Angeboten<br />
sprach, die das Verständnis der<br />
Einheimischen für ihre eigenen Werte<br />
und das Einverständnis diese nach<br />
aussen zu vermitteln, voraussetzt.<br />
Eine Gefahr bestehe nämlich darin,<br />
dass der Tourismus die angestammte<br />
Kultur durchaus zerstören könne. Als<br />
weiterer zerstörerischer Faktor für<br />
einen naturnahen Tourismus wurde<br />
ein überbordender Zweitwohnungsbau<br />
genannt. Ein Fakt sei aber auch,<br />
dass der Tourismus kultur- und naturerhaltend<br />
wirken könne. Angebote<br />
wie «Ferien in Baudenkmälern»,<br />
ein Programmteil von Schweiz<br />
Tourismus, belegten dies.<br />
Balanceakt<br />
An diesem Punkt der Diskussion<br />
tat sich ein Problemkreis auf, nämlich<br />
derjenige, dass die Einheimischen –<br />
wohl aus der diffusen Angst heraus,<br />
ihre ureigene Kultur zu verlieren –<br />
die Tendenz haben, sich abzuschotten.<br />
Das Kunststück für die Touristiker<br />
besteht nun offenbar darin, die<br />
Einheimischen davon zu überzeugen,<br />
Fremde nicht auszugrenzen, sondern<br />
an ihren Gebräuchen (beispielsweise<br />
Chalandamarz) teilhaben zu lassen.<br />
Aus dem Publikum bemerkte eine<br />
Votantin, dass Anteilnahme und Austausch<br />
eine gegenseitige Angelegenheit<br />
seien. Dass eine echte Kulturvermittlung<br />
nur funktioniere, wenn beide<br />
Seiten, Einheimische wie Gäste, Interesse<br />
aneinander bekundeten. Dies<br />
bedinge eine offene Geisteshaltung<br />
und Gesprächsbereitschaft. Hier sei<br />
jeder gefordert, nicht nur professionelle<br />
Kommmunikatoren innerhalb<br />
der Tourismusbranche, lautete die<br />
von mehreren Podiumssachverständigen<br />
und Zuhörern geteilte Einschätzung.<br />
Als eine weitere Gefahr bei der<br />
Entwicklung von kulturellen Tourismusangeboten<br />
wurde der Folklorismus<br />
genannt. Im Sommer Chalandamarz-Umzüge<br />
zu vermitteln<br />
hat nichts mehr mit Authentizität zu<br />
tun. Solche Bräuche sollten jenseits<br />
vom Zeitpunkt ihres Stattfindens<br />
am besten informativ, also über Ausstellungen<br />
und Vorträge, vermittelt<br />
werden.